Parlamentskorrespondenz Nr. 133 vom 27.02.2002

NATIONALRATSDEBATTE ÜBER SOZIALTHEMEN

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Wien (PK) In den späten Abendstunden wandten sich die Abgeordneten Sozialthemen zu. Auf der Tagesordnung standen Änderungen des Betriebspensionsgesetzes und des Arbeitsvertragsrechts-Änderungsgesetzes sowie ein Sozialabkommen mit Australien und ein Sozialabkommen mit Jugoslawien.

Abgeordnete SILHAVY (S) wies darauf hin, dass mit der Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes zwei EU Richtlinien zumindest zum Teil umgesetzt würden. Sie kündigte die Zustimmung der SPÖ zum Gesetzentwurf an, da dieser für viele österreichische Arbeitnehmer eine Verbesserung bringe, stellte aber dennoch einen Abänderungs- und einen Entschließungsantrag der SPÖ in Aussicht. Zustimmen wird die SPÖ Silhavy zufolge auch der Änderung des Betriebspensionsgesetzes.

Abgeordneter Dr. FEURSTEIN (V) begrüßte es, dass bei beiden vorliegenden Gesetzentwürfen einvernehmliche Lösungen erzielt werden konnten. Als besonders erfreulich hob er hervor, dass künftig jeder Arbeitnehmer die prämienbegünstigte Pensionsvorsorge in vollem Umfang auch über die betrieblichen Pensionskassen in Anspruch nehmen kann.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) äußerte sich über die angekündigten Abänderungsanträge der SPÖ verwundert und meinte, er könne dazu keine Stellung nehmen, da er sie nicht kenne. In Bezug auf die Änderung des Betriebspensionsgesetzes wies er darauf hin, dass Arbeitnehmer künftig auch dann die steuerliche Begünstigung von Pensionsvorsorgezahlungen bis zu 1000 € voll ausschöpfen könnten, wenn der Arbeitgeber geringere Beiträge leiste. Detailliert erläutert wurden von ihm auch die Änderungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) wies die Darstellung von Abgeordnetem Feurstein zurück, wonach im Sozialausschuss ein konstruktives Klima herrsche und machte geltend, dass Anträge der Opposition immer wieder vertagt würden. Zu den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen kündigte er die Zustimmung der Grünen an, einen großen Fortschritt sieht er in den Vorlagen aber, wie er sagte, "beileibe nicht". Ein von Öllinger eingebrachter Entschließungsantrag hat die vollständige Umsetzung der Kettenverträge-Bestimmungen in der EU-Richtlinie 1999/70/EG zum Ziel, wobei die Grünen insbesondere ein Verbot von Kettenverträgen in allen Arbeits- und Dienstverhältnissen fordern.

Abgeordneter NÜRNBERGER (S) brachte einen Entschließungsantrag der SPÖ ein, der die Beseitigung von Beeinträchtigungen von Arbeitnehmerinteressen und -ansprüchen bei Betriebsübergängen zum Inhalt hat. Konkret fordert die SPÖ u. a. die Ausdehnung des Diskriminierungsverbots für befristet beschäftigte Arbeitnehmer auf alle Dienstverhältnisse und - im Zusammenhang mit Betriebsübergängen - ein Selbstkündigungsrecht für ArbeitnehmerInnen unter Wahrung aller Ansprüche bei schlechter Bonität des Betriebsübernehmers.

Abgeordnete STEIBL (V) machte darauf aufmerksam, dass in Österreich erst elf von hundert Arbeitnehmern eine betriebliche Pensionsvorsorge haben, während es in Schweden zwei Drittel seien. Auch in Großbritannien, USA und Japan rangierten Betriebspensionen an oberster Stelle. Durch die Änderung des Betriebspensionsgesetzes komme es nun zu Verbesserungen für Arbeitnehmer.

Auch Abgeordneter BRUGGER (F) nahm zur Änderung des Betriebspensionsgesetzes Stellung und gab zu bedenken, dass Arbeitnehmer derzeit den steuerbegünstigten Betrag von 1000 € für Pensionsvorsorgezahlungen nicht voll ausschöpfen können, wenn der Arbeitgeber niedrigere Prämien zahle. Das ändere sich jetzt. Positiv qualifizierte er außerdem die ausdrückliche Verankerung des Grundsatzes, dass befristet beschäftigte Arbeitnehmer nicht diskriminiert werden dürfen.

Abgeordneter HORN (S) äußerte sich skeptisch dazu, dass Betriebspensionskassen auch spekulative Anlageformen wählen könnten, und skizzierte, dass nicht zuletzt aufgrund der schlechten Wirtschaftslage der Veranlagungserfolg der Betriebspensionskassen im Jahr 2000 gerade noch 2 Prozent ausgemacht habe und im Jahr 2001 auf ein negatives Ergebnis von -1,3 % zurückgegangen sei. In diesem Sinn brachte Horn einen Entschließungsantrag ein, in dem die SPÖ Reformvorschläge der Regierung zu den Veranlagungsvorschriften für Betriebspensionskassen urgiert, mit dem Ziel eines höheren Maßes an Sicherheit für die Leistungsberechtigten. Weiters verlangt die SPÖ u.a. eine Prüfung durch die Pensionskassenaufsicht.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) erachtet es als Problem, dass es bei Betriebsübergaben derzeit eine lebenslange Haftung des Veräußerers für Abfertigungs- und Pensionsansprüche der Beschäftigten gebe, was auch verfassungswidrig sei. Nunmehr wird diese Frage ihm zufolge praktikabel geregelt, indem man die Haftung auf fünf Jahre beschränke. Nachteile für die ArbeitnehmerInnen drohen Mitterlehner zufolge nicht.

Abgeordneter TRETTENBREIN (F) wertete es als Schritt in die richtige Richtung, dass Arbeitnehmer in Unternehmen ohne Betriebsrat künftig über die sie betreffenden Auswirkungen einer Betriebsübernahme informiert werden müssten. Auch die ausdrückliche Verankerung eines Diskriminierungsverbots für befristet beschäftigte Arbeitnehmer ist für ihn ein großer Fortschritt.

Abgeordneter RIEPL (S) sprach sich für effizientere Umsetzung der Informationspflicht aus. Jeder Arbeitnehmer müsse schriftlich und nicht nur per allgemeinem Aushang informiert werden, weshalb er, Riepl, auch einen entsprechenden Abänderungsantrag einbrachte.

Abgeordneter Dr. TRINKL (V) wies darauf hin, dass es in Österreich bereits eine entsprechende Judikatur gegen Kettenverträge gebe, weshalb diesbezügliche gesetzliche Normen nicht erforderlich schienen. Die Kritik des Abgeordneten Horn wies der Redner als inhaltlich falsch zurück.

Abgeordnete HALLER (F) sprach von Verbesserungen, die diese Novellen mit sich brächten, von denen die Betroffenen fraglos profitieren würden. Konkret würden sich diese Reformen auch auf den Arbeitsmarkt positiv auswirken.

Abgeordnete CSÖRGITS (S) unterstrich die Kritik ihrer Fraktionskollegen, wonach die Gesetzesvorlagen doch einige Lücken aufwiesen, die aufgefüllt werden müssten, wollte man sie vollinhaltlich mittragen können.

Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) wiederholte die Argumente der Sozialdemokraten und resümierte aus ihrer Sicht den Verlauf der Debatte, nochmals Kritik an der Wirtschaftspolitik der Regierung übend.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN erläuterte die Intentionen der Bundesregierung in bezug auf die vorliegenden Gesetzesinitiativen und ging auf einzelne konkrete Details ein. Überdies bedankte er sich für die zu erwartende breite Zustimmung seitens des Hauses.

Die Vorlagen wurden einstimmig angenommen, die Anträge der Opposition blieben hingegen in der Minderheit.

In der Debatte über die Sozialabkommen bemängelte Abgeordneter ÖLLINGER (G), dass der Familienfonds mittlerweile zwar wieder über entsprechende Mittel verfüge, er aber dennoch keine Finanzleistungen für im Ausland lebende Kinder von in Österreich lebenden und arbeitenden ausländischen Mitbürgern ins Werk setze, wie auch die Familienzusammenführung nicht vorangetrieben würde. Dies sei kritikwürdig, meinte Öllinger, der eine Änderung der Familienpolitik der Regierung für dringend geboten hielt.

Abgeordneter DIETACHMAYR (S) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zu den gegenständlichen Vorlagen.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) begründete die seinerzeitige Aufkündigung des damaligen Abkommens mit Jugoslawien und sprach sich für die Annahme der Abkommen in der vorliegenden Form aus.

Abgeordnete GATTERER (V) zeigte sich zufrieden mit den Vorlagen, die ob der Entwicklungen seit der Letztfassung dieser Materien notwendige Adaptionen bedeuteten, weshalb ihre Fraktion ihnen gerne zustimme.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) kritisierte die Sozialpolitik der Regierung als eine aus dem 19. Jahrhundert, dennoch werde man den beiden Sozialabkommen zustimmen, wenngleich man die Arbeit der Regierungsparteien im letzten Ausschuss als ungenügend bemängeln müsse.

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) sprach sich ebenfalls für die Annahme der beiden Vorlagen aus und legte sodann seine Sicht der Ereignisse des letzten Sozialausschusses dar.

Die beiden Abkommen wurden einstimmig angenommen.

(Schluss Soziales/Forts NR)


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