Parlamentskorrespondenz Nr. 256 vom 10.04.2002

SOZIALAUSSCHUSS: DEBATTE ÜBER JUGENDBESCHÄFTIGUNG UND -AUSBILDUNG

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Wien (PK) - Sieben Anträge und ein Bericht der Arbeitsinspektion standen auf der Tagesordnung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Nach der Kenntnisnahme des Berichts wurde von den Abgeordneten ausführlich über das Thema Ausbildung und Beschäftigung von Jugendlichen debattiert. Die diesbezüglichen Anträge der Sozialdemokraten wurden von der Ausschussmehrheit vertagt. Abgelehnt wurde auch das Verlangen der Grünen, einen Bericht bezüglich der Umsetzung der Behindertenmilliarde vorzulegen.

ARBEITSINSPEKTION ÜBERPRÜFTE BUNDESDIENSTSTELLEN

Im Jahr 1999 wurden von der Arbeitsinspektion 930 Dienststellen des Bundes besucht und dabei 610 Überprüfungen und 411 Erhebungen vorgenommen. Weiters nahm die Arbeitsinspektion an 185 behördlichen Verhandlungen teil und führte 572 sonstige Tätigkeiten, wie Behördenbesprechungen und Beratungen, in den Bundesdienststellen durch. Insgesamt wurden durch die Überprüfungen 26.579 Bedienstete erfasst.

In der Debatte zu diesem Bericht über das Jahr 1999, der im November des vergangenen Jahres dem Parlament zugeleitet wurde, kritisierte S-Abgeordnete Ilse Mertel die verzögerte Diskussion über diesen Bericht und hinterfragte die teilweise noch ausstehende Bestellung von Sicherheitsvertrauenspersonen, die mangelnde ergonomische Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen sowie fehlende Brandschutzmaßnahmen.

Im Bereich des Bundesbedienstetenschutzes werde kontrolliert, während in der Privatwirtschaft großer Wert auf die Beratung gelegt werde, konstatierte Abgeordneter Karl Öllinger von den Grünen. Er interessierte sich u.a. für das Mozarteum Salzburg, das von Beginn an gravierende bauliche Mängel aufgewiesen habe, und für die Geisteswissenschaftliche Fakultät in Salzburg, die "in besseren Barackenbauten" untergebracht sei.

Abgeordneter Josef Trinkl (V) meinte, der Bericht gebe einen guten Überblick über die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst. Wenn in der Wirtschaft die Arbeitsbedingungen von der Arbeitsinspektion in Kooperation mit den Betrieben überprüft und nach Verbesserungen gesucht werde, dann habe dies auch für die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst Geltung zu haben. Zum Mozarteum erklärte er, gravierende Gesundheitsmängel seien nicht zu erwarten, aber es stelle sich die Frage, was man in Zukunft mit diesem Gebäude machen werde.

Auch S-Abgeordnete Heidrun Silhavy bemängelte, dass der Bericht 1999 - Redaktionsschluss sei im März 2001 gewesen - erst in der heutigen Sitzung zur Beratung stehe. Hauptpunkt ihrer Kritik betraf die bestehenden Rahmenbedingungen in den Schulen, vor allem den Platzmangel in den Lehrer- und Konferenzzimmern. In diesem Zusammenhang sprach sie von einer "Ignoranz des Ministeriums".

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) lobte die Übersichtlichkeit und leichte Lesbarkeit des Berichtes. Zudem gab er bekannt, dass sich die meisten Mängel im öffentlichen Dienst auf die Bildschirmarbeitsplätze, die Sozialeinrichtungen und die sanitären Einrichtungen bezogen haben.

Bundesminister Martin Bartenstein machte darauf aufmerksam, dass gemäß dem Bundesbedienstetengesetz die Arbeitsinspektoren die Mängel nur auflisten, aber keine Strafen aussprechen können. Die Bereitschaft der Ressorts, auf die Mängel einzugehen, sei gestiegen, das hänge auch damit zusammen, dass man sich inzwischen an die neuen gesetzlichen Vorschriften gewöhnt habe.

Hinsichtlich des Mozarteums in Salzburg, bei dem es eine Häufung von Leukämieerkrankungen gegeben habe, teilte der Ressortchef mit, dass laut einem Gutachten zwar im Vergleich zum Bundesdurchschnitt vermehrt Leukämieerkrankungen aufgetreten seien, aber kein Zusammenhang mit dem Aufenthalt in diesem Gebäude festgestellt werden konnte.

In der weiteren Diskussion bewertete Abgeordneter Norbert Staffaneller (F) als positiv, dass zum ersten Mal die Dienststellenleiter die Ansprechpartner der Arbeitsinspektoren waren, weil dadurch kleinere Mängel rasch abgestellt werden konnten. Seine Fraktionskollegin Edith Haller betonte die Aussagekraft des Berichtes und verstand die Ablehnung des Berichtes durch die Sozialdemokraten nicht. Auch Abgeordnete Edeltraud Gatterer (V) unterstrich die wertvolle Arbeit des Arbeitsinspektorates; zudem wollte sie wissen, ob man hinsichtlich der Baumängel beim Mozarteum daran denke, rechtliche Schritte zu setzen. Abgeordnete Christine Lapp (S) erkundigte sich nach einem Maßnahmenkatalog, der ihrer Meinung nach der Dringlichkeitsreihung nach Ressorts zu folgen habe. Eine Auflistung der Arbeitsunfälle und der damit verbundenen Krankenstandsdauer wünschte Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G). Ausschussobmann Helmut Dietachmayr machte darauf aufmerksam, dass das Landesverteidigungsressort den ersten Rang bei der Dringlichkeitsreihung einnehme, und forderte mehr Geld für die Menschen in den Kasernen ein. Abgeordnete Sophie Bauer (S) hob gleichfalls die gute Zusammenarbeit mit der Arbeitsinspektion hervor, glaubt aber nicht, dass bei Nichtvorliegen der budgetären Mittel Gespräche vor Ort zur Mängelbeseitigung führen könnten.

Staatssekretärin Mares Rossmann wies darauf hin, dass die Dringlichkeitsreihung nach Ressorts keine Prioritätenreihung darstelle. Die Arbeitsinspektion könne nur erheben und Mängel aufzeigen, aber hinsichtlich der Mängelbehebung sei das jeweilige Ressort gefordert. Weiters machte sie darauf aufmerksam, dass seit der Arbeitnehmerschutzreform der Arbeitsinspektor selbst entscheiden könne, ob er angemeldet oder unangemeldet einer Dienststelle einen Besuch abstatte.

Der Bericht wurde mit der Mehrheit von FPÖ und ÖVP zur Kenntnis genommen und enderledigt.

SPÖ FORDERT SOFORTMASSNAHMEN IN DEN BEREICHEN JUGENDBESCHÄFTIGUNG UND -AUSBILDUNG

Abgeordnete Heidrun Silhavy verlangt in einem SP-Entschließungsantrag (503/A(E) von der Bundesregierung bis spätestens 31. 10. 2001 (laut einem in der Ausschusssitzung eingebrachten Abänderungsantrag bis 30. 6. 2002) ein Sofortmassnahmenpaket für die Verbesserung der Situation auf dem Lehrstellenmarkt. Im konkreten geht es den Sozialdemokraten dabei vor allem um die Verlängerung des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes für den Schulabgangsjahrgang 2001. In einem anderen Antrag, zu dem auch ein Abänderungsantrag eingebracht wurde (Änderung des Datums auf Ende Juli 2002) plädierte die SPÖ auch für eine Reform der Berufsausbildung unter den Aspekten der dauerhaften Schaffung von Ausbildungsplätzen und der Erhaltung der Qualität der dualen Ausbildung. Für die Finanzierung der Ausbildungsoffensive sollten die Beiträge zum Insolvenzausfallgeldfonds herangezogen werden, heißt es in der Initiative weiter. Beide Anträge wurden mit den Stimmen von FPÖ und ÖVP vertagt.

Das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz habe sich bewährt, weshalb es  auch verlängert wurde, erklärte Abgeordneter Gottfried Feurstein (V). Dem Antrag der Sozialdemokraten könne er wenig abgewinnen, da es sinnvoller sei, zunächst die Entwicklungen am Arbeitsmarkt zu beobachten, um dann im Herbst entscheiden zu können, welche Maßnahmen gesetzt werden sollen. Aus diesem Grund brachte er einen Vertagungsantrag ein.

Im Oktober sei es viel zu spät, über entsprechende Maßnahmen nachzudenken, bemängelte Abgeordnete Heidrun Silhavy (S). Die aktuellen Zahlen würden eine deutliche Sprache und eine rasche Reaktion erfordern. Denn allein die Zahl der Lehrstellensuchenden sei im Vergleich zum Vorjahr um 27 % gestiegen, gab sie zu bedenken.

Über dieses wichtige Thema müsse diskutiert werden, forderte auch Abgeordneter Franz Riepl (S), da es darum gehe, rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zu setzen. Nach Auffassung der Sozialdemokraten müsse jeder bzw. jede Fünfzehnjährige einen Ausbildungs- oder Weiterbildungsplatz finden. Dies sei jedoch derzeit nicht der Fall und die jüngsten Zahlen des AMS belegen, dass sich die Situation noch verschärfen wird. Trotzdem gebe es keinerlei Initiativen von Seiten der Regierungsparteien, kritisierte der S-Mandatar.

Die Abgeordnete Barbara Prammer (S) zeigte sich vor allem besorgt darüber, dass nur maximal 2 % der Lehrstellen im Bereich der neuen Lehrberufe zur Verfügung stehen. Die öffentliche Hand müsse ihre Verantwortung übernehmen und zukunftsweisende Akzente setzen, forderte sie. 

Abgeordneter Reinhold Mitterlehner (V) widersprach seinem Vorredner und vertrat die Auffassung, dass die Maßnahmen der Regierung sehr wohl gegriffen haben. Außerdem gebe es die Zusage von Seiten des Ministeriums, dass jedem, der keinen Lehrplatz findet, eine Überbrückung in Form eines zehnmonatigen Lehrgangs angeboten wird. Weiters habe man eine Lehrstellenbörse ins Leben gerufen, zeigte Mitterlehner auf.

Abgeordneter Norbert Staffaneller (F) trat dafür ein, dass das AMS verstärkte Maßnahmen zur Anwerbung von Lehrstellenplätzen setzt.

Die Regierungsparteien wollten offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen, dass die diversen Förderungsmaßnahmen nicht den gewünschten Effekt gehabt haben und seien auch nicht bereit, eine ernsthafte Debatte über dieses Thema zu führen, kritisierte Abgeordneter Karl Öllinger (G). Was den zweiten Antrag der SPÖ hinsichtlich der Jugendausbildung anbelangt, so stimme er diesem grundsätzlich zu. Ablehnend äußerte er sich jedoch hinsichtlich der vorgeschlagenen Finanzierungsvariante, da sie keine langfristige Absicherung darstelle.

Staatssekretärin Mares Rossmann wies zunächst darauf hin, dass von den 2.000 angebotenen Lehrgangsplätzen bis dato nur 1.500 genutzt werden. Sie begrüße auch die Initiative der Wirtschaftskammer, die eine Lehrstellenbörse eingerichtet hat, führte sie weiter aus. Zudem habe man eine Reihe von neuen Lehrberufen geschaffen (z.B. in den Bereichen Telekommunikation, erneuerbare Energie etc.), die leider noch nicht voll angenommen wurden. Man müsse daher einen Gegentrend sowie einen Imagewandel einleiten, damit die Jugendlichen nicht nur die klassischen Lehrberufe ergreifen. Besonders wichtig sei dies auch im Tourismus, wo es wesentlich mehr Lehrstellen als Lehrstellensuchende gibt. Auf ihre Initiative hin können die Jugendlichen nunmehr auch "Wellnesslehrlinge" werden, erläuterte Rossmann, was auch sehr gut angenommen wird. Dieser Beruf biete auch die Chance, einen Arbeitsplatz in unmittelbarer Umgebung des Wohnortes zu finden. Man garantiere, dass kein Jugendlicher auf der Straße stehen müsse, betonte die Staatssekretärin abschließend.

GRÜNE VERLANGEN BERICHT HINSICHTLICH UMSETZUNG DER BEHINDERTENMILLIARDE

Da nicht überprüfbar ist, ob das Ziel der Behindertenmilliarde, tausende bedürfnisgerechte neue Arbeitsplätze am ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung zu schaffen, erreicht wurde, verlangen die Grünen in einem Entschließungsantrag die Erstellung eines Berichts über die Verwendung dieses Geldes und die Finanzierung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für behinderte Menschen. (621/A[E]) - Der G-Antrag wurde mit F-V-Mehrheit vertagt.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) erinnerte den Minister daran, dass er versprochen hat, nach einem Jahr eine Evaluierung der Maßnahmen der Behindertenmilliarde vorzunehmen. Wenn es sich tatsächlich um so ein Jahrhundertwerk handle, wie immer behauptet werde, dann verstehe sie nicht, warum der Minister die Zahlen nicht auf den Tisch lege.

Mit salbungsvollen Worten allein werde man die behinderten Menschen nicht in den Arbeitsmarkt integrieren können, kritisierte die Abgeordnete Christine Lapp (S). Es sei das Recht der Opposition, darüber informiert zu werden, wie und ob die Mittel sinnvoll eingesetzt werden.

Abgeordneter Gottfried Feurstein (V) hielt den Antrag grundsätzlich für sinnvoll, da es wichtig sei, über die Maßnahmen für behinderte Menschen zu sprechen. Er glaube, dass dies auch laufend getan werde und der Minister regelmäßig die Abgeordneten informiere. Ein Bericht sollte aber erst dann vorgelegt werden, wenn die Maßnahmen abgeschlossen sind, sagte er, und brachte deshalb einen Vertagungsantrag ein.

Bundesminister Herbert Haupt machte Abgeordnete Haidlmayr zunächst auf die datenschutzrechtlichen Bedenken aufmerksam. Es sei nicht möglich, die Förderungswerber gänzlich darzustellen. Er halte es auch nicht für sinnvoll, ständig Zwischenberichte erstellen, da er die Akten sämtlicher Bundessozialämter anfordern müsste, was deren Arbeit erheblich behindern würde. Grundsätzlich gebe es eine positive Entwicklung, unterstrich er, aber er könne frühestens Mitte des Jahres konkrete Zahlen vorlegen, da die vorliegenden Daten aufgrund der Anlaufphase nicht aussagekräftig seien. Man habe aber von Anfang an eine Controllinggruppe eingesetzt, die die Vergabe der Mittel genau beobachtet und untersucht, welche Projekte gefördert werden. Außerdem informierte er die Abgeordneten detailliert über die zahlreichen arbeitsmarktpolitischen Aktivitäten, die den behinderten Menschen zugute kommen.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) wies den Minister darauf hin, dass man schwer vermittelbare Personen nicht automatisch mit Behinderten gleichsetzen könne. Aus diesem Grund seien auch seine Zahlenangaben nicht aussagekräftig, kritisierte sie. (Fortsetzung)