Parlamentskorrespondenz Nr. 430 vom 12.06.2002

POSITIVER VATERSCHAFTSSTREIT UM ABFERTIGUNG NEU IM NATIONALRAT

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Wien (PK) - An die Weisheit von den vielen Vätern des Erfolgs erinnerte zeitweise die Debatte des Nationalrats über das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, gemeinhin als "Abfertigung neu" firmierend. Schon die hohe Zahl von Debattenrednern - rund 40, die Vertreter der Regierung nicht eingerechnet - machte die Bedeutung des Themas deutlich.

Präsident Dr. FISCHER gab vor Eintritt in die Debatte bekannt, dass die schriftliche Anfrage der Grünen (3985/J) an den Sozialminister betreffend "Regieren neu -Postenschacher, Privilegien und Proporz in der PVA" dringlich behandelt wird und um 15 Uhr zum Aufruf gelangt.

Weiters teilte Fischer mit, dass die V-Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer verlangt habe, dem Verfassungsausschuss über den V-F-Antrag 98/A betreffend Änderung der Nationalratswahlordnung die Frist bis 30. Juni zu erstrecken.

Der Vorschlag, das Volksbegehren "Sozialstaat Österreich" in eine Erste Lesung zu nehmen, wurde einhellig gebilligt.

Abgeordneter VERZETNITSCH (S) sprach im Zusammenhang mit der Abfertigung Neu von der "umfassendsten Neuordnung seit den achtziger Jahren". Nunmehr gehöre das bestehende Abfertigungsrecht samt seinen negativen Auswirkungen der Vergangenheit an. Die Abfertigung Neu war aus Sicht des ÖGB-Präsidenten nicht leicht umzusetzen, da ein Abfertigungsantrag 1999 von der ÖVP nicht angenommen wurde, weil diese eine Umwandlung der Abfertigung in eine Pension wollte. Wäre man damals diesem ÖVP-Vorschlag gefolgt, gäbe es keine Abfertigung mehr, sondern Pensionskassen. Erst die Urabstimmung des ÖGB, zeigte sich Verzetnitsch überzeugt, habe zu einem Umdenken in der Wirtschaft und bei der FPÖ geführt und wenige Tage nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses sei man mit der Wirtschaft zu einem Ergebnis gekommen, welches von der Regierung als Basis für die Vorlage genommen wurde. Positiv vermerkte der Redner, dass in Hinkunft kein Unterschied mehr zwischen Vollzeitbeschäftigung und Saisonbeschäftigung gemacht werde und Ersatzzeiten berücksichtigt werden. Bestehende Lücken sollten noch vor Beschlussfassung der Vorlage gemeinsam geschlossen werden, so etwa sollten im Interesse der Arbeitnehmer die Verwaltungsgebühren mit 2 % begrenzt werden.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) betonte, heute gehe es nicht nur um die Abfertigung Neu, sondern auch um die betriebliche Mitarbeitervorsorge. In Hinkunft habe eine Person bis zum Ende ihrer Lebensarbeitszeit Anspruch auf eine Abfertigung, auch Saisonbeschäftigte, Frauen in der Karenzzeit, Lehrlinge, Präsenzdiener und Zivildiener. Diese Abfertigung erhalten sie auch, wenn sie selbst kündigen bzw. kündigen müssen, um eine bessere Stellung anzunehmen. Jeder österreichische Arbeitnehmer habe die Möglichkeit, sich für eine Abfertigung oder für eine Zusatzpension zu entscheiden. Für einen Durchschnittsverdiener wird diese Pension zwischen 5.000 und 6.000 S monatlich liegen. Der Anspruch werde vererbbar sein, was bedeute, dass Ehepartner und Kinder bis zum 27. Lebensjahr bei vorzeitigem Tod des Anspruchsberechtigten die Leistung beziehen können. Auch für die Wirtschaft bringe die Vorlage keine Nachteile, zumal die Zahlungen kalkulierbar und leistbar seien.

Seinen besonderen Dank richtete Fasslabend an Josef Fink, der bereits vor zehn Jahren für eine Abfertigung bei Selbstkündigung und eine Abfertigung über Pensionskassen eingetreten ist.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) meinte, die Abfertigung Neu sei nach dem Kindergeld die größte sozialpolitische Leistung dieser Bundesregierung. Er erinnerte daran, dass bereits 1991 der F-Abgeordnete Dolinschek die Abfertigung Neu gefordert habe, was man nicht nur in den Zeitungen, sondern auch in der APA nachlesen könne. Ein bisher unfaires System, das die SPÖ noch perfektionieren wollte, gehe nun zu Ende, ein für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen erfolgreiches Projekt werde nun umgesetzt. Der Redner listete die wichtigsten Punkte der Neuregelung auf, unterstrich u.a. die Wahlfreiheit zwischen Pension und Auszahlung des Anspruches und würdigte in diesem Zusammenhang das Engagement der Sozialpartner, der Wirtschaftskammer und der Gewerkschaften.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) verstand nicht, warum die Abfertigung Neu als so großer Erfolg angepriesen werde, gebe es doch auch Nachteile für die Arbeitnehmer. Hätten nach der alten Regelung Arbeitnehmer nach 25 Jahren ein Jahresgehalt als Abfertigung erhalten, erreichten sie die Höhe dieses Anspruches nach neuer Regelung bestenfalls nach 40 Jahren. Für unverständlich hielt Öllinger die Weigerung der Regierungsparteien, dem Vorschlag der Grünen zu folgen und auch für die Bildungskarenz, ein Sabbatical-Jahr oder die Hospizkarenz einen Anspruch auf Abfertigung vorzusehen. Den Grund dafür vermutete der Redner in der Absicht der Regierung, die Abfertigung neu zur zweiten Pensionssäule auszubauen. Dafür reichten die paar 100.000 Schilling, die eine Billa-Verkäuferin beanspruchen könne, aber nicht aus, machte Öllinger geltend und wies überdies auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das neue Besteuerungsmodell der Abfertigung Neu hin. Schließlich ging der Redner auf die Causa Gaugg ein und präsentierte ein Köfferchen mit der Aufschrift "Abfertigung neu" neben einem großen Koffer mit der Aufschrift "200.000 € jährlich für Reinhart Gaugg".

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN sprach von einer großen Reform zu Gunsten der Arbeitnehmer und begrüßte den Abschied von dem unfairen und ungerechten alten System der Abfertigung, das die Hoffnungen von 85 % der Arbeitnehmer, eine Abfertigung zu erhalten, enttäuscht habe. Das neue System bringe allen Arbeitnehmern eine Abfertigung- "das ist gerecht und im Sinne der Bundesregierung", betonte Bartenstein. Zugleich werde ein hohes Maß an Wahlfreiheit eröffnet: Sollte es notwendig sein, könne man bereits während des Berufslebens auf den "Abfertigungsrucksack" zurückzugreifen. Klug werde es aber sein, die Abfertigung anzusparen und sich am Ende des Berufslebens für eine steuerlich begünstigte Zusatzpension zu entscheiden. Der Dank des Wirtschaftsministers galt den Sozialpartnern, ohne deren Konsens das vorliegende große Werk nicht möglich gewesen wäre. "Die Gewinner dieser Reform sind die österreichischen Arbeitnehmer und das ist erfreulich", schloss Minister Bartenstein.

Finanzminister Mag. GRASSER äußerte ebenfalls Freude und Stolz über die neue Regelung der Abfertigung und zeigte sich überzeugt, dass damit einer der größten sozialpolitischen Würfe in den letzten Jahrzehnten gelungen sei. Der Finanzminister strich zunächst die Vorteile des neuen Abfertigungssystems für die Arbeitnehmer hervor und machte auf die steuerbegünstigte Verrentungsmöglichkeit der neuen Abfertigung aufmerksam, die allen Arbeitnehmern zu Gute kommen wird. Aber auch für die Wirtschaft sei das neue System vorteilhaft, denn durch die kontinuierlichen Beitragszahlungen werden die für viele kleine Betriebe existenzbedrohenden Liquiditätsbelastungen vermieden, erläuterte der Minister. Zudem werde die Eigenkapitalbasis der Betriebe gestärkt und damit der Insolvenzursache Nummer 1 entgegengewirkt.

Für wichtig hält der Finanzminister die Einbeziehung des Kapitalmarktes und teilte den Abgeordneten mit, dass die Summe des angesparten Abfertigungsvermögens in zehn Jahren bereits 4 Mrd. € ausmachen werde, wovon 1,5 Mrd. € in österreichischen Aktien angelegt werden. So werde Risikokapital geschaffen und ein positiver Struktureffekt für den Wirtschaftsstandort Österreich bewirkt.

Abgeordnete SILHAVY (S) nannte als Hauptmotiv für das neue System der Abfertigung die realen Veränderungen in der Wirtschaft und erinnerte daran, dass es die SPÖ-Sozialministerin Hostasch gewesen sei, die den Grundstein für die heutige Gesetzwerdung gelegt habe. Befriedigung zeigte die Rednerin auch darüber, dass wesentliche Inhalte des SPÖ-Abfertigungsmodells in die Abfertigung neu aufgenommen wurden und dankte für die Einsicht der ÖVP, die das Sozialpartnermodell in seinen wesentlichen Punkten akzeptiert habe. Einige Schwachstellen der Abfertigung neu ließen es aber nicht gerechtfertigt erscheinen, von einer Jahrhundertreform zu sprechen, sagte Silhavy und kündigte einen Abänderungsantrag ihrer Fraktion an, der auf die Beseitigung dieser Schwächen gerichtet sei. Im Einzelnen ging es Silhavy um mehr Sicherheit für die Arbeitnehmer bei der Übertragung alter Abfertigungsansprüche in das neue System, um die Senkung des Verwaltungsaufwandes, da es gelte, künftige Beitragserhöhungen zu vermeiden, und um mehr Ausgewogenheit zwischen Arbeitnehmer- und Unternehmerinteressen bei der Besteuerung von Beträgen, die aus der freiwilligen Abfertigung in das neue System übertragen werden.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) wies auf die wichtige Rolle der Sozialpartner bei der Reform des Abfertigungssystems hin und betonte, dass es auf die Unternehmer und die Betriebsräte ankommen werde, das neue System in den Betrieben zu leben. Mitterlehner bekannte sich zur Beitragsorientierung und wies die Kritik an den geringeren Beiträgen zurück, indem er auf die Einbeziehung von Branchen aufmerksam machte, die bisher keine Abfertigung kannten, etwa die Gastronomie. Vorteilhaft für die Betriebe sei, dass die Verpflichtung des Unternehmens mit der Beitragszahlung erledigt sei, die Haftung liege künftig nicht mehr beim Unternehmen, sondern bei der Abfertigungskasse. Dies erleichtere Umstrukturierungen sowie Betriebsübergaben und es stärke die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, deren Bilanzen von Abfertigungsforderungen entlastet werden, führte Mitterlehner aus. Während die Ersatzzeitenfinanzierung Belastungen für die Betriebe bringe, werden Unternehmen, die über Jahre hin Beträge für treue Mitarbeiter angespart haben mit einem fünfjährigen Abschreibungszeitraum belohnt - eine Regelung, die Mitterlehner ausdrücklich als vertretbar bezeichnete.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F)sprach von einer bedeutenden Reform und zeigte sich persönlich stolz darauf, in den zwölf Jahren seiner Abgeordnetentätigkeit Motor einer Reform gewesen zu sein, die allen Österreichern den Anspruch auf eine Abfertigung bringt. Dass sich die sozialdemokratischen Minister Hums und Hostasch für diese Reform eingesetzt hätten, sei ihm hingegen nicht bekannt, sagte Dolinschek, für den auch die Sozialpartner erst sehr spät aktiv geworden seien. Ein Antrag von ÖGB-Präsident Verzetnitsch, der der heutigen Reform entspricht, stamme aus dem Jahr 1999. Der Eintritt der FPÖ in die Regierung habe diese große Reform möglich gemacht, sagte Dolinschek, der in der Einbindung der Wirtschaft und in dem erklärten Ziel, Mobilitätshemmnisse zu beseitigen, wesentliche Aspekte auf dem Weg zum Erfolg sah. Dank gebührt laut Dolinschek auch Finanzminister Grasser für die Bereitschaft, Abfertigungsauszahlungen in Form einer Pension steuerlich zu begünstigen.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) korrigierte Abgeordneten Fasslabend, der gemeint hatte, jeder Österreicher werde ein Bruttojahresgehalt als Abfertigung erhalten. Das gelte nur für jene, die mindestens 40 Berufsjahre erreichen, erklärte die Rednerin. Die Abfertigung neu sei ein Fortschritt, räumte Haidlmayr ein, zeigte sich aber skeptisch, dass all die Versprechungen, die der Finanzminister heute abgebe, tatsächlich eingehalten werden. Denn wenn die ersten Menschen ihren Abfertigungsanspruch geltend machen werden, werde Finanzminister Grasser schon lange nicht mehr im Amt sein. Verwundert zeigte sich die Rednerin schließlich über den "Stress", den sich Abgeordneter Gaugg mit seiner Gehaltsforderung antue. Laut FPÖ-Statut dürfe er ohnedies nur 66.000 S verdienen.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) kritisierte, dass die Bundesregierung bei der Reform der Abfertigung ihrer Verpflichtung nicht nachkomme, die Auswirkungen dieser Maßnahme auf Männer und Frauen zu überprüfen. Petrovic wandte sich scharf gegen die steuerrechtliche Regelung, da diese ihrer Ansicht nach ein Privileg für Großunternehmen darstelle. Die angesparten Beträge, die ein Gehaltsbestandteil seien, könnten, so die Rednerin, offensichtlich irgendwie verwendet werden. Es seien aber auch nicht alle Unternehmen gleichermaßen in der Lage gewesen, derartige Rücklagen zu bilden, weshalb sie annehme, dass dieser Problemkreis noch die Höchstgerichte beschäftigen werde. Petrovic appellierte an die Regierungsparteien, diese Regelung noch rechtzeitig zu überdenken.

Abschließend bat sie den Präsidenten, das Präsidialprotokoll so abfassen zu lassen, dass es der Forderung nach sprachlicher Gleichberechtigung Rechnung trägt.

Abgeordnete CSÖRGITS (S) hob das Verdienst der Sozialpartner bei der Erarbeitung der Abfertigung Neu besonders hervor und unterstrich, dass in Hinkunft auch Frauen mit kurzen Beschäftigungsverhältnissen eine Abfertigung bekommen. Erst durch Druck des ÖGB und der Arbeiterkammer sei es gelungen, die Ersatzzeiten ebenfalls anzurechnen. Der ursprüngliche Entwurf der Regierungsparteien sei nicht so familienfreundlich gewesen, sagte Csörgits.

Abgeordneter Mag. TANCSITS (V) sieht mit der Abfertigung Neu zwei Ziele verwirklicht: einerseits die Abfertigungen zu sichern und andererseits Zusatzpensionen zu ermöglichen. Auch er würdigte das Verdienst der Sozialpartner und meinte, dass ohne diese das Paket wahrscheinlich anders aussehen würde. Dies betreffe insbesondere die Mindeststandards beim Übertrag, wie dies auch ein SP-Abänderungsantrag vorsieht. Man könne aber seitens des Gesetzgebers nicht, so Tancsits, in individuelle Arbeitsvertragsregelungen eingreifen, wenn sich die Sozialpartner darüber nicht einigen könnten. Wer zur Sozialpartnerregelung A sage, müsse auch B sagen. Dass in Schiedsverfahren und in den Aufsichtsräten die Mitglieder vom ÖGB gestellt werden, das müsse man innerhalb der Arbeiterkammern ausdiskutieren, bemerkte Tancsits.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) nannte die Abfertigung Neu ein "System der Fairness" und eine historisch bedeutsame Leistung. Das Gesetz bringe für die ArbeitnehmerInnen eine Menge von Vorteilen, fördere die Mobilität und komme auch den UnternehmerInnen zugute. Vor allem die Klein- und Mittelbetriebe seien oft an den Rand der Existenzbedrohung gelangt. Vorteilhaft werde sich die neue Regelung auch auf die Beiträge für den Insolvenzentgeltsicherungsfonds auswirken, versprach Hofmann und kündigte an, dass die Bundesregierung in weiterer Folge ein Eigenvorsorgemodell für Unternehmen andenken werde. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Realisierung dieses Vorhabens auch gelingen werde. Hofmann dankte insbesondere seinem Klubkollegen Dolinschek, der bereits 1991 eine klubinterne Diskussion über die Neugestaltung der Abfertigung initiiert und 1992 einen Antrag dazu eingebracht hatte.

Auch Abgeordneter RIEPL (S) hält die Abfertigung neu für einen Fortschritt. Damit sei eine langjährige Forderung des ÖGB, Anspruch auf Abfertigung auch bei Selbstkündigung zu haben, erfüllt. Ebenso positiv bewertete der Abgeordnete die Einhebung durch die Gebietskrankenkassen. Defizite ortet er beim Übertragungsangebot durch den Arbeitgeber, weshalb er im Namen seiner Fraktion einen Abänderungsantrag einbrachte. Damit solle die Übervorteilung der Arbeitnehmer unterbunden werden.

Abgeordneter Dr. FEURSTEIN (V) unterstrich, dass die ÖVP zum Ergebnis der Bemühungen stehe, aus verschiedenen Modellen etwas Gemeinsames zu schaffen. Dadurch habe man eine Abfertigung für alle und die breitest mögliche Gestaltungsfreiheit für den Einzelnen verwirklichen können. Durch die Steuerfreiheit für jene angesparten Gelder, die verrentet werden, habe man zusätzlich einen klaren Akzent gesetzt. Feurstein brachte abschließend einen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien ein, der sich auf die Verjährungsfrist bezieht und festlegt, dass im Falle einer Streitbeilegung für Vereinbarungen bis 7.500 € die bisherige Besteuerung angewendet werden soll. Darüber hinaus sollen die Präsidenten des Nationalrates und des Rechnungshofes sowie die Volksanwaltschaft mit den Vorsorgekassen eigene Verträge abschließen können.

Abgeordneter STAFFANELLER (F) sprach seinem Klubkollegen Dolinschek sowie allen Beteiligten seinen Dank aus und betonte, dass diese Bundesregierung sehr viel zustande gebracht habe. Konkret strich er die Vorteile der Neuregelung für Frauen und SaisonarbeiterInnen hervor und ging auf die Hemmnisse des alten Systems in Bezug auf die Mobilität ein. Insgesamt komme das neue Gesetz sowohl ArbeitnehmerInnen als auch der Wirtschaft in hohem Maße zugute.

Positiv äußerte sich auch Abgeordnete BAUER (S) zur vorliegenden Gesetzesmaterie. Nun kämen auch jene mit kurzfristigen, zusammenhängenden Arbeitsverhältnissen in den Genuss einer Abfertigung, während früher kurz vor Erwerb eines Anspruchs Kündigungen ausgesprochen worden seien. Besonders krass sei diese Praxis bei Leiharbeitsfirmen zu beobachten gewesen, sagte Bauer. Als einen Meilenstein wollte sie die Neuregelung wegen der vielen Kann- und Soll-Bestimmungen nicht bezeichnen. Als ein Problem betrachtet auch sie das Übergangsrecht und befürchtet Druckausübung seitens der ArbeitgeberInnen auf die MitarbeiterInnen.

Abgeordnete GATTERER (V) wies auf die parteiübergreifende gute Zusammenarbeit hin, wobei die Idee der Gemeinsamkeit im Vordergrund gestanden sei. Abfertigung für alle heiße auch Gerechtigkeit für alle, so Gatterer, und die Abfertigung sei das erste Mal auch weiblich. Als besonders positive Punkte nannte sie die Einbeziehung der Lehrlinge, die Wahlfreiheit, die den mündigen Bürger auch ernst nehme, die Forcierung der Eigenvorsorge und die Unterstützung der Mobilität. Auch sie verlieh ihrer Hoffnung Ausdruck, in weiteren Gesprächen Hausfrauen und UnternehmerInnen in die Vorsorge mit einzubeziehen.

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) nannte die Beschlussfassung der Abfertigung neu einen "großen Tag für die österreichische Sozialpolitik". Die Experten hätten der Neuregelung einhelliges Lob gespendet und er, Pumberger, sei froh darüber, dass die Sozialpartner ins Boot hätten geholt werden können. Abschließend kritisierte er scharf die Abfertigungsansprüche von ÖGB-FunktionärInnen und des BAWAG-Generaldirektors.

Abgeordneter DIETACHMAYR (S) wies darauf hin, dass die bestehenden Abfertigungsansprüche unangetastet blieben. Schwachpunkte ortet er in der Tatsache, dass der Kreis der AbfertigungsbezieherInnen zwar vergrößert, der Kuchen aber nicht angepasst worden sei. Dadurch würden die Abfertigungen geringer ausfallen. Er glaubt auch nicht daran, dass die Höhe der erwarteten Verzinsung erreicht werde, und forderte daher einen Ausgleichsmechanismus für Kapitalmarktschwankungen ein. Dietachmayr befürchtet überdies, dass die Verwaltungskosten den Ertrag entscheidend mindern. In diesem Zusammenhang brachte er seitens der SPÖ einen Abänderungsantrag ein.

Abgeordnete STEIBL (V) strich insbesondere die Rolle der ÖVP bei der Erarbeitung der Neuregelung heraus und bedauerte, dass diese während der Koalition mit der SPÖ nicht möglich gewesen sei. Bereits im Jahr 1996 habe es einen ÖAAB-Beschluss gegeben und Bundeskanzler Schüssel sei vor dreieinhalb Jahren mit dieser Idee bei der SPÖ nicht durchgekommen. Steibl kündigte an, dass die Regierung an Lösungen arbeiten werde, wie man Selbständige, Bauern und Bäuerinnen, freie DienstnehmerInnen und Hausfrauen in die Vorsorge auf freiwilliger Basis einbeziehen könne.

Abgeordnete HALLER (F) unterstrich, die Abfertigung Neu sei eine absolute Win-Situation auch für die Unternehmer, biete sie ihnen doch gegenüber dem alten System wesentlich mehr Rechtssicherheit. Darüber hinaus sei diese Regelung ein Beweis für das Funktionieren der Sozialpartnerschaft, aber auch Ausdruck der Reformkraft der Bundesregierung.

Abgeordnete Dr. MERTEL (S) führte die Lösung hingegen auf die Initiativen des ÖGB zurück und stellte fest, die Ideen der ÖVP hätten sich glücklicherweise nicht durchgesetzt. Denn wäre es nach dem Willen der Volkspartei gegangen, dann gäbe es die Abfertigung nicht ab dem ersten Tag und auch nicht bei Selbstkündigung, betonte sie. Dem gegenüber bringe die nun beschlossene Regelung Vorteile vor allem für Frauen, die keine durchgehende Berufslaufbahn aufweisen.

Abgeordneter Dr. TRINKL (V) erklärte Bundeskanzler Dr. Schüssel zum Vater des Abfertigungsmodells und meinte darüber hinaus, der heutige Beschluss sei auch ein Zeichen für das gute Funktionieren der Sozialpartnerschaft. Wichtig sei es nun, diese Vorsorgemöglichkeit auch allen anderen Berufsgruppen zu eröffnen.

Abgeordneter SODIAN (F) erwartete sich von dem Modell mehr Mobilität für die Arbeitnehmer. Als Wermutstropfen bezeichnete er die Regelung für die Bauarbeiter, da diese keine Rückstellungen ermögliche.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) forderte in einem Abänderungsantrag steuerliche Begünstigungen bei der Übertragung von alten Abfertigungsverhältnissen in neue.

Abgeordneter DONABAUER (V) qualifizierte die Mitarbeitervorsorge neben der Pensionsreform, dem Kinderbetreuungsgeld und der Familienhospizkarenz als weiteren Meilenstein in der Sozialpolitik dieser Regierung. Der Redner begrüßte insbesondere, dass mit dieser Regelung eine verlässliche steuerbegünstigte Zusatzpension geschaffen werden konnte, die sämtlichen Arbeitnehmern zusteht.

Abgeordneter Mag. SCHENDER (F) ortete in dem Modell auch Vorteile für Jugendliche und betonte, erstmals könnten nun Lehrlinge, Präsenz- und Zivildiener sowie Studenten mit Nebenjobs für ihre Altersvorsorge ansparen.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) wies "Vaterschaftsansprüche" der Regierungsparteien zurück und erinnerte daran, dass gerade die ÖVP gegen eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten und gegen den Abfertigungsanspruch ab dem ersten Tag gewesen sei.

Abgeordneter BLASISKER (F) führte hingegen das Modell auf den Einsatz der FPÖ für die Arbeitnehmer zurück und hob insbesondere den Anspruch bei Selbstkündigung als positiv hervor.

Abgeordneter HORN (S) gab darauf zu bedenken, erst der Protest der Opposition und des ÖGB hätte den Anspruch ab dem ersten Tag ermöglicht.

Abgeordneter BÖHACKER (F) zeigte kein Verständnis für "Nörgeleien" und meinte, wichtig sei doch, dass nun sämtliche Arbeitnehmer in den Genuss einer Abfertigung kommen, während früher nur ein Drittel diese Möglichkeit hatte.

Abgeordneter DOBNIGG (S) sah in dem Beschluss ein Indiz für die Problemlösungskompetenz der Sozialpartner. Diese hätten von den Regierungsparteien beabsichtigte Verschlechterungen verhindert.

Abgeordneter TRETTENBREIN (F) bezeichnete die Abfertigung Neu als Kind der FPÖ, insbesondere des Abgeordneten Dolinschek, und meinte, wieder einmal habe sich eine Idee aus dem Süden Österreichs durchgesetzt.

Abgeordneter BRUGGER (F) erinnerte daran, dass ein Großteil der Arbeitnehmer eine Abfertigung nach dem alten System "nur vom Hörensagen" kannte. Die Abfertigung Neu bringe allen Arbeitnehmern, auch im Tourismus, einen Abfertigungsanspruch. Die alte mobilitätshemmende Abfertigungsregelung werde überwunden, auch müssten die kleineren und mittleren Betriebe keine Liquiditätsengpässe mehr befürchten. Die Sozialdemokraten sollten sich die Frage stellen, warum sie die Abfertigung Neu nicht schon in den letzten Jahren beschlossen haben. Die FPÖ könne stolz auf Sigisbert Dolinschek sein, der 12 Jahre lang für die Abfertigung Neu gekämpft hat.

Auch Abgeordneter SEVIGNANI (F) warf den Sozialdemokraten vor, das alte, ungerechte Abfertigungssystem, das einem Zwei-Klassen-System entsprach, so lange am Leben erhalten zu haben. Dank des Einsatzes von Sigisbert Dolinschek konnte es überwunden und die Abfertigung Neu herbeigeführt werden. Als Touristiker begrüßte Sevignani dieses "vorausschauende Modell", von dem hunderttausende Arbeitnehmer in der Tourismusbranche profitieren werden. Tausende Tourismusfachkräfte, die in andere Branchen abgewandert seien, werden in ihren Beruf zurückkehren, weil sie hier wieder Perspektiven sehen.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) machte geltend, dass es für die Abfertigung Neu einer Einigung zwischen zwei Partnern bedurfte, der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Daher habe es länger gebraucht, diese Regelung herbeizuführen, über die nun alle Fraktionen sehr froh seien.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) wies darauf hin, dass die Grünen und viele Experten Bedenken vorgebracht haben, dass die Abfertigung Neu EU-Recht durch das ungleiche Pensionsalter für Männer und Frauen EU-Recht verletze. Außerdem sei die steuerliche Behandlung der Abfertigungspension gegenüber den Pensionskassen möglicherweise gleichheitswidrig - das seien ernste Argumente gegen einzelne Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes, denen die Grünen daher in zweiter Lesung nicht zustimmen werden. Dem Kern der Abfertigung Neu stimmen die Grünen aber in zweiter und dritter Lesung zu.

Die Regierungsvorlagen zum Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz und damit im Zusammenhang stehenden Gesetzesänderungen wurden in dritter Lesung einstimmig angenommen. Die getrennte Abstimmung in zweiter Lesung brachte teils einstimmige, teils mehrheitliche Zustimmung. Der S-F-V-Abänderungsantrag wurde angenommen, die Abänderungs- und Zusatzanträge der SPÖ verfielen der Ablehnung. (Schluss Abfertigung Neu/Forts. NR)