Parlamentskorrespondenz Nr. 568 vom 11.07.2002

REFORM DER BUNDESSOZIALÄMTER UND NACHTARBEIT FÜR FRAUEN

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Wien (PK) - Reformen bei den Bundessozialämtern, die Anpassung der Bestimmungen für die Nachtarbeit von Frauen an die Rechtslage in der Europäischen Union sowie zwei mit diesem Thema zusammen hängende Anträge (460 und 571) sowie ein Sozialversicherungsabkommen mit der Slowakei waren ein weiterer Themenblock aus dem Sozialressort, den die Abgeordneten am letzten Sitzungstag zu erledigen hatten.

Abgeordnete SILHAVY (S) beklagte, dass die Regierungsparteien in dieser Materie das Gespräch mit der Opposition nicht gesucht habe, was einmal mehr von der hier geübten "Arroganz der Macht" zeuge. Weiters kritisierte Silhavy die Verschlechterungen beim Arbeitsbeginn, wie die Definitionen des Wirtschaftsministers in dieser Frage generell zurückgewiesen werden müssten. Durch diese Neuregelungen erlitten die betroffenen ArbeitnehmerInnen substantielle Lohneinbußen, was empörend sei. Diese Vorlagen seien nicht sozial und gingen zu Lasten der Werktätigen, weshalb sie, Silhavy, einen entsprechenden Abänderungsantrag einbrachte.

Abgeordnete GATTERER (V) sprach zur Reform der Bundessozialämter und meinte, die befürchtete Verschlechterung sei nicht eingetreten. Vielmehr sei der Entwurf eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung, die für mehr Bürgernähe und Effizienz sorge, zahlreiche Vorteile bringe und zu begrüßen sei.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) teilte die Ansicht ihrer Vorrednerin nicht und zeigte sich unglücklich über den vorliegenden Entwurf. Ihre Bedenken hätten nicht zerstreut werden können, Teile der geplanten Reformen fänden nicht die Zustimmung der Betroffenen. Immerhin aber sei es gelungen, einige wichtige Abänderungen der ursprünglichen Vorlage zu erzielen, wenngleich es wohl bald eine Novellierung geben werde müsse, seien doch einige Bereiche nicht EU-konform, während andere "katastrophale Auswirkungen" für die Betroffenen haben werden würden. Dennoch würden die Grünen diesem Gesetz zustimmen, um Schlimmeres zu verhüten, erklärte die Rednerin.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) bezeichnete die Novelle als "eine gute Reform" und schloss sich den Ausführungen der Abgeordneten Gatterer an. Er brachte einen Abänderungsantrag mit Änderungen technischen Inhalts ein. Dem Nachtarbeit-Anpassungsgesetz erteilte er ebenfalls seine Zustimmung.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN erklärte, er hätte sich gewünscht, die Sozialpartner hätten das Thema Nachtarbeit einer Regelung zugeführt. Dies war allerdings nicht der Fall, sodass er, Bartenstein, diese Lösung auf dem Wege einer Regierungsvorlage initiierte. Der europäische Vergleich weise dieses Modell als durchaus vorteilhaft und mithin arbeiternehmerfreundlich aus, bringe es doch auch erkennbare Verbesserungen für alle Betroffenen, etwa im medizinischen Bereich, betonte der Minister. Dieses Gesetz stelle mithin eine "vernünftige Anpassung" an EU-Regeln dar, die auch im Interesse der Frauen sei.

Abgeordnete BAUER (S) sagte, dieses Gesetz sei keine Errungenschaft für die Arbeitnehmer, vielmehr diene es ausnahmslos wirtschaftlichen Interessen. Die Rednerin verwies auf die zahlreichen gesundheitlichen Schädigungen, die Nachtarbeit evozierte, wovon besonders Frauen betroffen seien. Diese Regelung bedeute überdies eine finanzielle Verschlechterung, weshalb die Sozialdemokratie diese Vorschläge nicht goutieren könne. Konkret brachte Bauer einen Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Situation von NachtarbeiterInnen ein.

Abgeordneter Dr. TRINKL (V) meinte, die heutige Vorlage bedeute auch ein Ende der Diskriminierung der Frau am Arbeitsmarkt. Der Entwurf sei ausgewogen und vernünftig, er sollte daher unterstützt werden, zumal konkrete Details von den Sozialpartnern ausverhandelt werden sollten.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) sprach zur Frage der Schutzbestimmungen für NachtarbeiterInnen und beklagte, dass man sich auf das absolute Minimum beschränkt habe. Hier gebe es keinerlei Grund zum Feiern, vielmehr sei den Bedürfnissen der ArbeitnehmerInnen keineswegs Rechnung getragen worden - "und da hört sich der Spaß dann wirklich auf."

Abgeordneter STAFFANELLER (F) verteidigte die Reform im Bereich der Bundessozialämter und ließ dabei "Betrachtungen aus der Praxis" einfließen. Die Verwaltung werde optimiert, Kosten würden eingespart und die Kundenorientierung verbessert, befürwortete der Redner den vorliegenden Entwurf.

Abgeordnete CSÖRGITS (S) stellte fest, dass Nachtarbeit eine besondere Belastung darstelle, was in späterer Folge zu langwierigen Krankheiten führen könne. Auch das Familienleben, die Sozialkontakte und der Zugang zu Kultur, Bildung und Sport litten unter solchen Arbeitsbedingungen. Mit dieser "Minimallösung" sei mithin eine Chance vertan worden. Die Regierung entziehe sich ihrer sozialen Verantwortung, kritisierte Csörgits.

Bundesminister Mag. HAUPT erläuterte Details zur Reform der Bundessozialämter, wobei er sich bei den für die Erarbeitung dieses Entwurfs Verantwortlichen bedankte. Die Vorlage stelle einen Fortschritt dar und bringe nachhaltige Verbesserungen mit sich. Sie sei damit unterstützenswert.

Abgeordnete STEIBL (V) verteidigte die Neuregelung der Nachtarbeit als zweckdienlich. Alle weiteren Vereinbarungen blieben natürlich auch weiterhin den Sozialpartnern vorbehalten.

Abgeordneter VERZETNITSCH (S) kam auf die Hintergründe zur Neuregelung der Nachtarbeit zu sprechen und meinte, hätte die Regierung den Kollektivvertrag, der damals für die Metallarbeiter ausverhandelt worden sei, übernommen, so gäbe es "diese Debatte heute nicht". Verzetnitsch warb um Verständnis für die NachtarbeiterInnen und unterstrich die Argumente seiner Fraktionskollegin Csörgits.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) bezeichnete die Reform der Bundessozialämter als "wesentlich" und nutzte die Gelegenheit, den MitarbeiterInnen der Sozialämter für ihre effiziente Arbeit zu danken. Im gegenständlichen Fall habe sich der Protest als erfolgreich erwiesen, der ursprüngliche Entwurf sei maßgeblich nachgebessert worden. Die Sozialdemokratie werde darüber wachen, dass diese Zusicherungen auch eingehalten werden.

In einer tatsächlichen Berichtigung erklärte Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F), die von Abgeordnetem Verzetnitsch angesprochene Regelung sei nur eine Sonderregelung für eine Firma.

Abgeordneter NÜRNBERGER (S) widersprach dieser Ansicht und bekräftigte die Darstellung Verzetnitschs.

In der Abstimmung blieben die Anträge der Opposition in der Minderheit, die Vorlagen wurden, teils in der Fassung eines Abänderungsantrages (1142 d.B.) und einstimmig (1142 d.B. und 971 d.B.), teils mehrheitlich (1180 d.B.) angenommen.

(Schluss Bundessozialämter/Forts. NR)