Parlamentskorrespondenz Nr. 439 vom 05.06.2007

Wählen mit 16, Briefwahl, fünfjährige Gesetzgebungsperiode kommen

Positiver Vaterschaftsstreit um Senkung des Wahlalters

Wien (PK) – 30 Abgeordnete, der Bundeskanzler und der Innenminister kamen in der Debatte über Änderungen beim Wahlrecht zu Wort. Unter einem wurden zwei Regierungsvorlagen (94 d.B. und 88 d.B.) sowie die Anträge 212/A, 8/A, 12/A(E) und 21/A diskutiert. Ein "positiver Vaterschaftsstreit" entwickelte sich dabei um die Frage, welche Fraktion die Forderung "Wählen mit 16" als erste erhoben habe. Nach rund zweieinhalb Stunden Debatte wurde die Wahlrechtsreform – Wählen mit 16, Absenkung des passiven Wahlalters auf 18 Jahre, Briefwahl, Verlängerung der Gesetzgebungsperiode von vier auf fünf Jahre – mit der erforderlichen Verfassungsmehrheit angenommen. Lediglich die FPÖ stimmte gegen die Vorlage.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) begrüßte eingangs die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Man habe endlich eingesehen, sagte sie, dass junge Menschen bei jenen Instrumenten, die ihre Lebenswelt betreffen, mit einbezogen werden müssen. Sie erinnerte an die zahlreichen Anträge der Grünen zur Wahlaltersenkung und meinte, diese sei längst überfällig. Glawischnig-Piesczek befürwortete auch die Briefwahl, da sie der Mobilität der BürgerInnen Rechnung trage. Darüber hinaus werde die Briefwahl Erleichterungen für AuslandsösterreicherInnen bringen. Ein Misstrauen im Vorhinein sei nicht angebracht. Hinsichtlich der Ausschussfeststellung hätte sich die Dritte Nationalratspräsidentin jedoch eine Verpflichtung gewünscht, den Schnellpostdienst für Wahlkarten in Anspruch zu nehmen.

Kritisch merkte Glawischnig-Piesczek an, dass die Wahlrechtsreform aus ihrer Sicht auf halber Strecke stecken geblieben sei. Das Wahlrecht für Menschen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft sei nicht einmal auf kommunaler Ebene verwirklicht worden, und man habe auch keine Maßnahmen gesetzt, dass in Kärnten in Zukunft Minderheiten nicht mehr vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

Vehement sprach sich Glawischnig-Piesczek gegen die Verlängerung der Gesetzgebungsperiode auf fünf Jahre aus. Sie halte dies für eine Verkürzung der Rechte der BürgerInnen, und die Argumente dafür seien lediglich vorgeschoben. Es habe auch keine Diskussion darüber stattgefunden und man habe es verabsäumt, als Ausgleich die Instrumente der direkten Demokratie auszubauen. Auch zur Erweiterung der Kontrollrechte im Parlament selbst habe man sich bis jetzt nicht durchringen können. Glawischnig-Pieszcek brachte abschließend einen Abänderungsantrag der Grünen ein, wonach die Gesetzgebungsperiode weiterhin vier Jahre dauern sollte.    

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) bezeichnete im Gegensatz zu seiner Vorrednerin die Vorlage als ausgewogen. Er wies auch den Vorwurf zurück, man habe darüber nicht ausreichend diskutiert. Seit 1998 werde über diese Fragen debattiert, besonders intensiv im Österreichkonvent. Er, Wittmann, halte es für wichtig, eine Vereinheitlichung der Gesetzgebungsperioden von der EU-Ebene über Bund, Länder und Gemeinden auf fünf Jahre anzustreben. Positiv bewertete Wittmann die Senkung des passiven und aktiven Wahlalters, was eine bedeutende Ausdehnung der Wahlberechtigten um zirka 180.000 Personen bedeute. Schon aus diesem Grund könne man nicht von einer Einschränkung demokratischer Rechte sprechen. Junge Leute zahlten auch Steuer, sagte Wittmann, daher sollten sie auch mitbestimmen können, was mit den Steuern geschieht.

Wittmann verteidigte auch die Einführung der Briefwahl und wies auf die im Verfassungstext und in der Nationalratswahlordnung festgelegten Kriterien hin, die einen Missbrauch verhindern sollen. Schließlich brachte der SPÖ-Mandatar einen Abänderungsantrag von SPÖ, ÖVP und BZÖ ein, wonach sicher gestellt werden soll, dass das BZÖ auch in der Bundeswahlbehörde vertreten ist. Am Ende seines Redebeitrags sprach sich Wittmann dafür aus, die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen zu einem Minderheitenrecht zu machen.

Abgeordneter STRACHE (F) stellte fest, durch dieses Gesetz werde in keiner Weise die Demokratie gestärkt. Einziger positiver Punkt sei die Senkung des Wahlalters, die Abgeordneter Martin Graf bereits 1999 zweimal beantragt habe. Damals seien aber SPÖ und ÖVP dagegen gewesen. Die Senkung des Wahlalters hebe aber das Negative der gesamten Vorlage nicht auf, sagte Strache.

Vor allem in der Briefwahl sah er eine eklatante Gefährdung des geheimen Wahlrechts. Die eidesstattliche Erklärung ist seines Erachtens nicht ausreichend. Mit der Möglichkeit der elektronischen Wahl, wie sie kürzlich der Innenminister vorgeschlagen hatte, wären in einem weiteren Schritt dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, meinte Strache. Die Gesetzesvorlage verdiene den Namen "Demokratiepaket" nicht, bemerkte er, denn in einem solchen müssten beispielsweise die Volksbegehren aufgewertet werden. Strache schlug vor, bei einer Unterstützung von 15 % die Volksbegehren einer verpflichtenden Volksabstimmung zu unterziehen, deren Ausgang für die Bundesregierung bindend ist. Die Antragsteller von Volksbegehren sollten im Plenum ein Rederecht erhalten.

Das gegenständliche Gesetz sehe auch keinerlei Stärkung der Minderheiten im Parlament vor, aber man verlängere die Gesetzgebungsperiode, so seine weitere Kritik. Dabei gehe es nur um eine Absicherung. Er erteilte auch einer Forderung nach der Einführung eines Mehrheitswahlrechts eine klare Absage. Sein Resümee war, eine Zweidrittelmehrheit sei nicht gut für das Land.  

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) befürwortete die Einführung der Briefwahl als eine langjährige Forderung der ÖVP. Die Briefwahl sei keine Neuland, zumal sie in vielen Staaten bereits möglich sei. Die mündigen BürgerInnen sollten das Recht haben, auch auf diese Weise wählen zu können. Außerdem erhofft sich Schüssel durch die Briefwahl eine Erhöhung der Wahlbeteiligung. Dies werde sich auch auf das Wahlrecht für AuslandsösterreicherInnen positiv auswirken, zumal deren Wahlrecht bisher äußerst kompliziert gestaltet war. Mit der Briefwahl werde man in Zukunft auch die Möglichkeit haben, bei Gemeinderats- und Landtagswahlen seine Stimme abzugeben, auch wenn man sich nicht gerade in der Gemeinde oder im betreffenden Bundesland aufhält.

Die Senkung des aktiven und passiven Wahlalters sei eine Premiere in Europa und werde von einem großen Teil der Bevölkerung skeptisch betrachtet, fuhr Schüssel fort. Man gebe aber damit den Jugendlichen die Möglichkeit, in das demokratische System hineinzuwachsen, verteidigte der ÖVP-Klubobmann die Bestimmung. Auf alle Fälle sei man jedoch gefordert, für die Jugendlichen entsprechende Angebote zu schaffen, um sie für die Politik und die Demokratie zu interessieren. Schüssel gab jedoch zu bedenken, dass man im Hinblick auf die volle Strafmündigkeit und die Fahrberechtigung, die mit 18 Jahren gegeben seien, darüber diskutieren werde müssen, wie man eine Balance schaffen könne.

Die Verlängerung der Gesetzgebungsperiode sei im Verfassungskonvent zwei Jahre lang intensiv diskutiert worden, stellte Schüssel weiter fest. Man schaffe damit mehr Kontinuität. Trotz Verlängerung der Gesetzgebungsperiode würden BürgerInnen mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung nun an 60 Wahlgängen teilnehmen können. Vorher seien es 62 gewesen, vor dem Beitritt zur EU 52. Alles in allem sei das vorliegende Gesetz eine sinnvolle Erweiterung der Demokratie.

Auch Abgeordneter SCHEIBNER (B) bezeichnete das Gesetzespaket als eine sinnvolle Weiterentwicklung, wenn auch nur eine kleine. Er erinnerte an den Österreichkonvent, wo 70 ExpertInnen 19 Monate lang über eine umfassende Reform des Bundes-Verfassungsgesetzes diskutiert hatten. Im Vergleich zu den erarbeiteten Vorschlägen sei dies daher nun nur ein kleines Paket. Notwendig wäre es beispielsweise, so Scheibner, die Kompetenzverteilung neu zu regeln. Er trat auch dafür ein, die Gesetzgebung beim Bund zu zentralisieren und die Mitbestimmung des Bundesrates, der sich aus frei gewählten Landtagsabgeordneten zusammensetzen sollte, zu stärken. Man müsste endlich auch einen Grundrechtskatalog vorlegen, die Instrumente der direkten Demokratie aufwerten und die Auswirkungen des EU-Beitritts auf das B-VG ausloten. All das habe man nicht getan, was den Schluss zulasse, mit den nun kleinen vorliegenden Gesetznovellierungen wolle die Regierung kaschieren, dass sie sich auf nichts einigen kann.

Die Senkung des Wahlalters wurde von Scheibner befürwortet, wobei er betonte, dass es dazu begleitender Maßnahmen bedürfe. Er brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur aufgefordert wird, geeignete Maßnahmen zu setzen, um eine parteipolitische Indoktrinierung im Schulunterricht zu verhindern. Auch gegen die Verlängerung der Gesetzgebungsperiode hatte Scheibner nichts einzuwenden, er sprach sich aber für eine Harmonisierung der Gesetzgebungsperioden auf den verschiedenen Ebenen aus. Die Wahlkampfkostenrückerstattung sollte seiner Ansicht nach an die volle Ausschöpfung der Gesetzgebungsperiode gebunden werden.

Bundeskanzler Dr. GUSENBAUER nannte die Wahlrechtsreform in seiner Stellungnahme "ein gelungenes Paket" und betonte, damit würde nicht nur ein besserer Zugang zum Wahlrecht geschaffen, sondern vielen Menschen zusätzlich das Wählen ermöglicht. "Wählen mit 16" sei eine wichtige Bereicherung für die Politik, bekräftigte er und zeigte sich überzeugt davon, dass sich die Politik künftig stärker um die Anliegen von Jugendlichen bemühen werde. Erfahrungen bei Landtagswahlen hätten zudem gezeigt, dass die Wahlbeteiligung bei 16- bis 18-Jährigen gleich hoch bzw. sogar höher sei als bei anderen Altersgruppen.

Was die Verlängerung der Legislaturperiode betrifft, verwahrte sich der Kanzler gegen das Argument, dies wäre eine Einschränkung der Demokratie. Landtage und Gemeinderäte seien nicht weniger demokratisch legitimiert, nur weil sie alle fünf Jahre oder zum Teil sogar nur alle sechs Jahre gewählt würden, unterstrich er. Gusenbauer gab überdies zu bedenken, dass aufgrund der vielen Fristen, die es gebe, die reale Arbeitsperiode einer Regierung derzeit nur drei Jahre betrage. Positiv äußerte sich der Kanzler auch zur Einführung der Briefwahl.

Die anderen Teile der in Aussicht genommenen Verfassungsreform will Gusenbauer dem Nationalrat, wie er sagte, Schritt für Schritt in Paketen vorlegen.

Innenminister PLATTER zeigte sich überzeugt davon, dass die Wahlrechtsreform ein Mehr an Demokratie bringe. Mit der Senkung des Wahlalters werde signalisiert, "wir leihen der Jugend nicht nur unser Ohr, sondern geben ihr auch eine Stimme", betonte er. Die Jugendlichen hätten Interesse an Politik und seien bereit, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Als entscheidenden Punkt des  Wahlrechtspakets nannte Platter die Einführung der Briefwahl. Durch diesen Schritt werde der Postkasten zur Wahlurne, ohne örtliche Einschränkung und ohne eine Einschränkung durch Öffnungszeiten. Damit trage man dem Umstand Rechnung, dass die Wählerinnen und Wähler immer flexibler und mobiler würden. Die Gefahr, dass es durch die Briefwahl zu einem  Missbrauch des Wahlrechts kommen könnte, sieht Platter nicht. Als nächsten Schritt strebt der Innenminister seiner Darstellung nach die Einführung von E-Voting an.

Abgeordnete ZWERSCHITZ (G) meinte, sie freue sich darüber, dass die Grünen es endlich geschafft hätten, die Senkung des Wahlalters durchzusetzen. Ihre Partei habe "Wählen mit 16" bereits 1992 gefordert, erinnerte sie. Das Interesse der Jugend an Politik wird Zwerschitz zufolge stark davon abhängen, inwieweit die Jugendlichen zu mündigen und entscheidungsfreudigen BürgerInnen herangebildet werden. Zur Verlängerung der Legislaturperiode merkte Zwerschitz an, es wäre sinnvoller, den Wahlkampf zu verkürzen.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) hielt fest, mit der Senkung des Wahlalters werde heute ein Beschluss gefasst, der noch vor wenigen Monaten als undenkbar erschienen sei. Für sie ist es eine Sensation, dass sich die Befürworter dieses Schrittes nunmehr durchgesetzt hätten. Grossmann zufolge bescheinigen Entwicklungspsychologen 16-Jährigen die für das Wählen notwendige Reife. Einzelne Vorkommnisse rechtfertigen es ihrer Ansicht nicht, ein düsteres Bild von der heutigen Jugend zu zeichnen.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) übte Kritik an einzelnen Punkten der Wahlrechtsreform und bemängelte überdies, dass es über das Gesetzespaket keine öffentliche Debatte gegeben habe. Die SPÖ habe die Briefwahl bisher aus gutem Grund abgelehnt, meinte sie, diese widerspreche dem persönlichen und geheimen Wahlrecht. Durch die Verlängerung der Legislaturperiode würden der Bevölkerung Möglichkeiten genommen, die Politiker "zur Ordnung zu rufen". Generell sprach sich Rosenkranz für den Ausbau direktdemokratischer Elemente wie Volksabstimmungen aus und lehnte das von den Grünen geforderte Ausländerwahlrecht auf kommunaler Ebene ausdrücklich ab.

Abgeordnete FUHRMANN (V) nannte die Senkung des Wahlalters "eine tolle Sache" und machte geltend, dass damit 180.000 Jugendliche bei den nächsten Wahlen zusätzlich die Möglichkeit hätten zu wählen. Es sei wichtig, bei den Wahlberechtigten ein Gleichgewicht zwischen Alt und Jung herzustellen, bekräftigte sie. Wer als erster die Senkung des Wahlalters gefordert habe, ist den Jungwählern Fuhrmann zufolge vollkommen egal, viel wichtiger seien politische Konzepte für Jugendliche. Es sei die ÖVP gewesen, die den Wehrdienst verkürzt, den Zivildienst verbessert, das Maturajahr neu gestaltet und die Lehrstellenoffensive eingeleitet habe, erklärte sie.

BZÖ-Klubobmann WESTENTHALER wertete die Herabsetzung des Wahlalters als positiv, stellte allerdings zur Diskussion, parallel dazu auch die Volljährigkeit auf 16 Jahre herabzusetzen. Damit könnte der Grundsatz "Alle Rechte bei allen Pflichten" verwirklicht werden. Skeptisch äußerte sich Westenthaler hingegen zur Verlängerung der Legislaturperiode und forderte als Gegengewicht dazu mehr direktdemokratische Mitbestimmungsrechte. Ein in diesem Sinn vorgelegter Entschließungsantrag hat den verstärkten Einsatz von Volksabstimmungen und Volksbefragungen bei wichtigen Gesetzesänderungen zum Ziel.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) unterstrich, selbstverständlich sei die Ausweitung der Partizipation den Grünen ein Anliegen. Ihre Partei habe bereits bei der großen Wahlrechtsreform 1992 den Vorschlag "Wählen mit 16" eingebracht. Kaum ein Thema sei so sehr diskutiert worden wie diese Frage, sagte Stoisits, dabei hätten die Jugendlichen schon lange bewiesen, dass sie in der Lage seien, zwischen den einzelnen Parteien zu unterscheiden. Massive Kritik übte die Abgeordnete an der Verlängerung der Legislaturperiode, die ihr zufolge bewirkt, dass die Mitbestimmungsmöglichkeiten künftig insgesamt weniger würden.

Abgeordnete RUDAS (S) meinte eingangs ihrer Rede, sie wolle das Rätsel lösen, wer als erster die Senkung des Wahlalters auf 16 gefordert habe. Es sei dies der Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Alfred Gusenbauer in den 80-er Jahren gewesen, skizzierte sie. Wichtiger als diese Frage sei aber, so Rudas, dass die Politik auf die Jugend zugehe und den Jugendlichen zeige, wie spannend und interessant Politik sein könne. Die Befürchtung, Jugendliche könnten durch Wahlpropaganda in Schulen zu sehr beeinflusst werden und überfordert sein, teilt sie, wie sie erklärte, nicht.

Abgeordneter Dr. ASPÖCK (F) kritisierte, die vorliegende Wahlrechtsreform sei in "alt-großkoalitionärem Stil" entstanden und der kleinste gemeinsame Nenner von ÖVP und SPÖ. Die SPÖ bekomme die Senkung des Wahlalters als Geschenk und stimme im Gegenzug der ÖVP-Forderung nach Einführung der Briefwahl zu, konstatierte er. Dazu komme noch die Verlängerung der Legislaturperiode als Geschenk an beide. Aspöck sprach sich strikt dagegen aus, Wählen als Plage für die Bürgerinnen und Bürger darzustellen. Er vermisst überdies wichtige Punkte im Wahlrechtspaket.

Abgeordneter EINWALLNER (V) erinnerte daran, dass sich auch die Junge ÖVP Steiermark schon im Jahr 1992 für eine Senkung des Wahlalters ausgesprochen habe. Nach einer jahrelangen und kontroversiellen Diskussion hätten sich nun die besseren Argumente durchgesetzt, meinte er und äußerte sich überzeugt, dass die jungen Menschen das Vertrauen, das man in sie setze, nicht enttäuschen würden. Die Jugend sei reif für das Wählen, sagte Einwallner, auch wenn zum Teil noch Begleitmaßnahmen notwendig wären. Ausdrücklich hob er die große Anzahl junger Abgeordneter in der ÖVP hervor.

Abgeordneter Mag. DARMANN (B) begrüßte die Senkung des Wahlalters ebenfalls und machte darauf aufmerksam, dass das Land Kärnten eines der ersten Bundesländer gewesen sei, das "Wählen mit 16" auf regionaler Ebene eingeführt habe. Im Gegensatz zu Abgeordneter Rudas sei seine Fraktion aber sehr wohl der Meinung, dass Begleitmaßnahmen zur Verhinderung von Wahlpropaganda an Schulen notwendig seien. In einem von Darmann vorgelegten Entschließungsantrag wendet sich das BZÖ an Innenminister Platter mit der Aufforderung, der Einhaltung des Grundsatzes des geheimen und persönlichen Wahlrechts bei der Briefwahl besonderes Augenmerk zu widmen und Verstöße dagegen strengstens zu ahnden.

Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) gab zu bedenken, dass das geheime Wahlrecht eines der wichtigsten Rechte der Demokratie sei. Nunmehr werde dieses durch die Einführung der Briefwahl massiv ausgehöhlt, kritisierte er. Er frage sich, warum die SPÖ dieser Maßnahme zustimme. Haimbuchner verwies in diesem Zusammenhang auch auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs und die Stellungnahme zahlreicher Verfassungsexperten. "Wählen mit 16" habe er immer sehr kritisch gesehen, erklärte der Abgeordnete, man müsse noch vieles unternehmen, um die Jugend für Politik zu interessieren.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) sprach die Erwartung aus, das Wahlrechtspaket werde sich positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken. Auslandsösterreicher erhielten leichteren Zugang zum Wahlrecht, die Briefwahl werde eingeführt und zugleich sichergestellt, dass das Wahlrecht persönlich und geheim bleibe. Die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre wertete die Rednerin als ein positives Signal an die Jugend, das für die Politiker die Aufgabe mit sich bringe, das Interesse der jungen Menschen an der Politik zu wecken.

Abgeordneter HOFER (F) hielt manche Bedenken gegen die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre für gerechtfertigt, vor allem sei damit die Gefahr verbunden, dass Wahlkämpfe in die Schulen hineingetragen würden. Hofer legte daher einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor, der Maßnahmen zur Objektivierung der Bestellung von Lehrern und Schulleitern und Disziplinarmaßnahmen gegen Lehrer vorsah, die in den Schulen parteipolitisch agieren. Außerdem wollen die Freiheitlichen eine Schutzzone bei Schulen und die Einrichtung einer parteiunabhängigen Beschwerdestelle. "Schulen müssen frei von Parteipolitik bleiben", schloss Hofer.

Abgeordnete GRANDER (V) begrüßte die Verbesserungen beim Zugang für das Wahlrecht von Auslandsösterreichern, die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre und die Einführung des Briefwahlrechts sowie die Einführung von Stimmzettelschablonen für Blinde und stark sehbehinderte Wähler.

Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) hielt die Befürchtungen der Freiheitlichen und des BZÖ wegen parteipolitischer Betätigung an Schulen für übertrieben. Auch die Sozialdemokraten wollen keine Parteipolitik an Schulen, es könne aber nicht sein, dass etwa Abgeordnete keinen Zutritt zu Schulen haben. Auch Sperrzonen für Politiker hielt der Redner für nicht angebracht. Eine Lanze brach Niederwieser für die Einführung des Faches "Politische Bildung" an den Schulen und für den Ausbau der Partizipation an Schulen und Universitäten.

Abgeordneter WÖGINGER (V) sah die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre als eine Entscheidung für mehr Generationengerechtigkeit, zumal die Menschen immer älter werden. Wöginger schloss sich dem Vorschlag an, ab der fünften Schulstufe ein Unterrichtsfach "Politische Bildung" neu einzuführen. Bedenken gegen die Briefwahl konnte der Abgeordnete nicht teilen, weil internationale Beispiele zeigten, dass dieses System funktioniere. Ein S-V-G-B-Abänderungsantrag, den Wöginger einbrachte, bezog sich auf die Zusammensetzung der Wahlrechtsbehörde aus Vertretern der jeweils zuletzt im Nationalrat vertretenen Parteien.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) verwies in der Diskussion um die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre auf die diesbezüglichen guten Erfahrungen in Wien. Junge Menschen seien an der Politik interessiert, können dieses Interesse bislang aber nur in NGO's und außerhalb des Parlaments realisieren. Becher stimmte dem Wahlrechtsänderungspaket, das eine Reihe von Verbesserungen enthalte, gerne zu.

Abgeordnete Franz (V) begrüßte die Vereinfachung der Stimmabgabe für Auslandsösterreicher, die Senkung des Wahlalters und die Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre und unterstützte die Maßnahmen der Wahlrechtsreform, die mehr Demokratie und mehr politische Teilnahme brächten.

Auch Abgeordneter MARIZZI (S) besprach die Wahlrechtsreform positiv und teilte die Erwartung, dass sie einen Demokratieschub auslösen werde. Vernünftig sei es auch, die Gesetzgebungsperiode zu verlängern, weil die Statistik zeige, dass die Regierungsperioden in der Zweiten Republik im Durchschnitt bisher nur dreieinhalb Jahre dauerten - das sei zu kurz, zeigte sich Marizzi überzeugt.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) hielt die Unkenrufe der Opposition in der Diskussion um die Wahlrechtsänderung für unverständlich. Insbesondere Befürchtungen wegen der Einführung der Briefwahl könne er nicht teilen, da sich dieses System nicht nur im Ausland, sondern auch bei den Arbeiterkammer- und Wirtschaftskammerwahlen längst bewährt habe.

Abgeordneter ZACH (S) erinnerte daran, dass die Diskussion über die Senkung des Wahlalters 15 Jahre lang gedauert habe und forderte die ÖVP auf, künftig mehr Mut bei Reformen aufzubringen. In diesem Zusammenhang machte Zach darauf aufmerksam, dass die Diskussion um die Gleichberechtigung homosexueller Partnerschaften oder für die Liberalisierung der Öffnungszeiten ebenfalls schon sehr lange dauere.

Abgeordneter PRINZ (V) nannte die Wahlrechtsreform einen großen Wurf. Die Bürger würden nun noch aktiver an Entscheidungsprozessen beteiligt. Durch die Briefwahl sei nun niemand mehr von der Wahl ausgeschlossen, und bei der Verlängerung der Regierungsperiode folge man dem guten Beispiel Oberösterreichs.

Abgeordneter PENDL (S) zeigte sich verwundert darüber, dass manche Oppositionsredner den Eindruck erweckten, als würde beim neuen Wahlrecht etwas über das Knie gebrochen - tatsächlich werde über die Herabsetzung des Wahlalters und über die Einführung des Briefwahlrechts schon sehr lange diskutiert. Diese Reformen kommen zum richtigen Zeitpunkt, sagte Pendl - "sie werden zu einer höheren Wahlbeteiligung führen", prophezeite der Abgeordnete.

Auch Abgeordneter DONABAUER (V) hielt die Kritik an einer raschen Entscheidung über das Wahlrecht für unverständlich. Die Regierung entscheide keineswegs zu schnell, ihre Kritiker würden zu langsam denken, sagte Donabauer pointiert. Die Politiker sah der Abgeordnete bei der Umsetzung der Wahlrechtsreform vor der Aufgabe stehen, dem Verlangen junger Menschen nach Vorbildern zu entsprechen.

Abgeordnete Mag. AUBAUER (V) bezeichnete die Einführung der Briefwahl vor allem aus der Sicht älterer Menschen als längst fällig. Damit haben viele Wähler nun die Möglichkeit, zu Hause und in Ruhe ihre Entscheidung zu treffen. Jedes "Postkastl" könne nun zum Wahllokal werden. Hinsichtlich der angekündigten Einführung des E-Voting meinte Aubauer, die SeniorInnen seien daran sehr interessiert, sie brauchten aber gezielte Internetschulungen, da 75 % von ihnen noch keinen Internetanschluss haben.

Nach Ablehnung oppositioneller Abänderungsanträge und differenzierten Ergebnissen in der getrennt durchgeführten Abstimmung nach der Zweiten Lesung wurde das Bundes-Verfassungsgesetz samt angeschlossener Ausschussentschließung in Dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ geändert. Die Entschließungsanträge von BZÖ und Freiheitlichen blieben in der Minderheit und wurden abgelehnt.

Das Wahlrechtsänderungsgesetz wurde in der Fassung eines S-V-G-B-Abänderungsantrages mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ angenommen. Die Ausschussentschließung zum Thema "Briefwahl und behinderte Menschen" erhielt einhellige Zustimmung.

(Schluss Wahlrecht/Forts. NR)