Parlamentskorrespondenz Nr. 562 vom 05.07.2007

Nationalrat debattiert Fragen des Tiertransports und des Tierschutzes

EU-Vorschriften in nationale Gesetzgebung übernommen

Wien (PK) – Nach der Eurofighter-Debatte wandten sich die Abgeordneten dem Themenfeld Tiertransporte und Tierschutz zu. Unter einem debattiert wurden eine Regierungsvorlage, die Anträge 133 /A(E), 134 /A und 116 /A(E) sowie eine Petition.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) kritisierte den mangelnden Fortschritt beim Tiertransportgesetz, denn in der Realität bliebe nicht einmal alles beim Alten, vielmehr werde die Situation beim Tiertransport noch schlechter. So sei künftig die Verladezeit nicht mehr in die Frist einzubeziehen, und auch die Mindeststandards der EU würden nicht eingehalten, weshalb es bereits jetzt eine Beschwerde in Brüssel wegen eines Verstoßes Österreichs gegen geltendes EU-Recht gebe. Schließlich beklagte die Rednerin den fehlenden Konsens in der Frage des Tierschutzes, stattdessen werde von der Koalition in alter Manier "drübergefahren". Positiv sei mithin allein die Entschließung, mit der man sich für die Schimpansen von Gänserndorf einsetze und die von allen Parteien unterstützt werde. Es bleibe zu hoffen, dass dieser Entschließung auch eine baldige Umsetzung folge.

Abgeordneter ESSL (V) brachte zunächst einen Abänderungsantrag zum Tierseuchengesetz ein, der eine redaktionelle Richtigstellung der Strafbestimmungen enthält. Generell geht es bei den heute zur Debatte stehenden Änderungen im Tierschutzbereich um eine Anpassung an EU-Verordnungen, erläuterte Eßl, jedoch werden auf nationaler Ebene weiter reichende Verbesserungen durchgeführt. Die Eckpunkte seien dabei die Festlegung der Dauer der Tiertransporte, die Zulassung der Transportunternehmen, die Ausstellung von Befähigungsnachweisen sowie die Aufwertung des Tierschutzrates. Das österreichische Gesetz, bei dem der Tierschutz im Vordergrund stehe, sei praktikabel und zudem richtungweisend in Europa, war der Redner überzeugt; und dies sei vor allem ein Erfolg der Ministerin Kdolsky.

Abgeordneter DI KLEMENT, MAS (F) stimmte mit den Grünen darin überein, dass das Tierschutzgesetz und das Tiertransportgesetz nicht in Ordnung sind. Er wies darauf hin, dass seit der Ostöffnung die Tiertransporte durch Österreich um 40 % zugenommen haben und viele LKWs unterwegs sind, die gar nicht für diesen Zweck ausgerüstet sind. Diese Problematik werde jedoch vom Tiertransportgesetz überhaupt nicht erfasst, gab Klement zu bedenken. Die Transportdauer von 4,5 Stunden sei nämlich nur eine Farce, werde in der Praxis wohl immer überschritten und könne bis zu 10 Stunden betragen. Außerdem wurde ein Kniefall vor der Frächterlobby gemacht, da Tiertransporte mit LKW durchgeführt werden können, die überhaupt nicht dafür geeignet sind. Was die Strafbestimmungen angeht, so sind die festgelegten Beträge in der Höhe von 2.000 bis 5.000 Euro nicht abschreckend, urteilte Klement. Kritik übte der Redner auch am neuen Tierschutzrecht. Nicht nachvollziehbar sei etwa, warum der Tierschutzrat in ein zahnloses Gremium umgestaltet wird.

Abgeordnete BAYR (S) war der Auffassung, dass das österreichische Tiertransportgesetz eines der strengsten in der EU ist. Auf europäischer Ebene müssen allerdings noch Anstrengungen unternommen werden, da noch immer 29-Stunden-Transporte erlaubt sind, forderte die Mandatarin. Gut sei, dass die Länder nun Krisenpläne machen müssen. Sie regte zusätzlich an, dass man sich auf regionaler Ebene überlegen solle, wo es gemeinsame Entladestellen und Unterkünfte für Tiere geben kann. Was das Tierschutzgesetz angeht, so müsse im Herbst noch weitergearbeitet werden, um noch offene Fragen, z.B. das Fangen von Wildtieren, die Qualzucht etc. zu regeln. Dringende Änderungen seien auch beim Tierversuchsgesetz erforderlich, das einfach nicht mehr zeitgemäß sei.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (B) befasste sich vor allem mit der Höchstbegrenzung der innerstaatlichen Tiertransporte, die in einem ersten Schritt von 8 auf 4,5 Stunden deutlich reduziert wurde. Dennoch gebe es noch immer viele Missstände, da Tiere oft bei 40 Grad und mehr, zusammengepfercht und unversorgt viele Stunden lang transportiert werden. Er bringe daher einen Entschließungsantrag betreffend verbesserter Tierschutz beim Transport ein, in dem u.a. eine Reduktion der maximalen Beförderungsdauer ohne entsprechende Versorgung auf 2 Stunden gefordert wird, und zwar wenn das Fahrzeug keine artgerechte Versorgung und keinen Schutz vor der Witterung gewährleistet. Gleichzeitig müssten noch verstärkte Kontrollen durchgeführt und Mindeststrafen festgelegt werden. Kritik übte Westenthaler auch an der Zusammensetzung des Tierschutzrats, aus dem ein politisch verlängerter Arm des Gesundheitsministeriums gemacht werde. 

Bei vorliegenden Gesetz gehe es primär darum, Tierleid zu vermeiden bzw. zu minimieren, erklärte Abgeordneter Dr. RASINGER (V). Die Vorlagen seien zudem ein ganz deutliches Zeichen in Richtung EU, dem Wohlbefinden der Tiere mehr Augenmerk zu schenken. Man habe praktikable Regelungen gesucht, die es etwa auch einem Biobauern aus einem entlegenen Tal ermöglichen, seine Rinder in den Schlachthof zu bringen. Weitere wichtige Punkte seien die verstärkten Kontrollen, die Ausbildung der Transporteure sowie die Aufwertung des Tierschutzrates.

Abgeordneter Ing. HOFER (F) illustrierte anhand von einigen Beispielen, wie wichtig die Kontrollen im Tiertransportbereich sind. In weiterer Folge müsse es Österreich als Transitland noch gelingen, dafür Sorge zu tragen, dass die Transporte generell beschränkt werden. Ein Hauptursache für die vielen Lebendtransporte liege darin begründet, dass das Fleisch von Tieren, die im Ausland oft unter skandalösen Bedingungen aufgezogen und dann im Inland geschlachtet werden, als österreichische Ware verkauft werden darf. Daher wäre eine neue Form der Lebensmittelkennzeichnung von besonderer Bedeutung, unterstrich Hofer.

Die Europäische Kommission ging 2004 davon aus, dass es jährlich 170 Millionen Tiertransporte gibt und erließ daraufhin neue Richtlinien, erklärte Abgeordnete Dr. OBERHAUSER (S). Mit der nun viel weiter reichenden Umsetzung in Österreich durch das   Tiertransportgesetz gehe man einen vorbildlichen Weg in Europa. Neben dem primären Grundsatz des Tierschutzes stehen nämlich möglichst kurze Transportwege (4,5 Stunden bzw. unter bestimmten Voraussetzungen 8,5 Stunden), eine artgerechte, professionelle Behandlung der Tiere sowie eine entsprechende Ausbildung der Transporteure im Vordergrund. 

Bundesministerin Dr. KDOLSKY: Das heute zur Beschlussfassung vorliegende Bundesgesetz über die Regelungen zum Tiertransport diene einerseits zur Festlegung des nationalen Rahmens für die Umsetzung der europäischen Verordnung und andererseits der Umsetzung folgender Ziele: der Förderung der heimischen Lebensmittelqualität durch die Reduzierung des Stresses bei den transportierten Tieren, dem respektvollen Umgang mit den Tieren (Schulungsmaßnahmen der verantwortlichen Personen) sowie der Seuchenprävention (Rückverfolgbarkeit von Tiertransporten; Reinigungsvorschriften).

Mit der durchwegs ambitionierten Einschränkung von Beförderungszeiten für innerösterreichische Schlachttiertransporte auf 4,5 Stunden und deren Verlängerung nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen setze die Bundesregierung europaweit ein deutliches Zeichen zum Schutz der Tiere, unterstrich Ministerin Kdolsky. Gleichzeitig habe man praktikable und vernünftige Lösungen gefunden, die auf die geographischen und strukturellen Gegebenheiten in Österreich Rücksicht nehmen. Sie freue sich daher, dass heute "ein Meilenstein in der österreichischen Tierschutzgesetzgebung" beschlossen werden kann.

Abgeordnete HAUBNER (B) wiederholte die Kritikpunkte ihres Fraktionskollegen Westenthaler. Besonders verärgert zeigte sie sich über die geänderte Zusammensetzung des Tierschutzrates, der bisher als unabhängiges Gremium gute Arbeit geleistet habe. Zu diesem Punkt brachte sie auch einen Abänderungsantrag ein. Die Regierungsvorlage sei ihrer Meinung nach sicher nicht der große Wurf, um Tierleid bei Transporten zu verhindern. Eine große Schwachstelle sei, dass die Reduktion der Transportzeiten nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Sie forderte zudem die Einführung von Mindeststrafen.

Abgeordnete RAUCH-KALLAT (V) nahm zum Tierschutzrat Stellung und gab zu bedenken, dass es im Sinne einer besseren Koordination zwischen Bund, Ländern und den einzelnen Organisationen sinnvoll sei, die Landesveterinärdirektoren einzubeziehen. Außerdem werde eine europäische Tierschutzorganisation in das Gremium aufgenommen. Österreich habe in Sachen Tierschutz schon seit vielen Jahren eine Vorreiterrolle inne und auch die heute zur Debatte stehenden Vorlagen würden einen weiteren wichtigen Impuls setzen, war Rauch-Kallat überzeugt. Die Eckpunkte seien dabei kürzere Tiertransportzeiten, strengere Ausbildungsvorschriften, eine höhere Kontrollfrequenz sowie die Verdoppelung des Strafausmaßes.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) war der Auffassung, dass es bei der heutigen Debatte primär um ethische Fragen und nicht um ökonomische oder Qualitätsfragen gehe. Auch wenn vielleicht gute Regelungen gefunden werden, so müssen diese dann auch umgesetzt werden. Ein Manko sei etwa, dass die Verladezeiten früher in die Berechnung der Transportzeiten inkludiert waren, jetzt aber nicht mehr. Ein weiteres Problem sei, dass 8-10 % der Rinder in den heimischen Schlachthöfen aus anderen Mitgliedstaaten importiert wurden, darunter 30.000 Tiere aus Osteuropa. Der Handel mit Lebendtieren sei in den letzten drei bis vier Jahren massiv angestiegen, weil auf der Seite der Schlachtbetriebe ein "hoher Konzentrationsprozess" eingesetzt habe.

Abgeordneter EHMANN (S) begrüßte die Ausstattung des Tierschutzrates mit mehr Kompetenzen und seine Ausgestaltung zu einem Beratungsgremium der Bundesministerin, dem künftig auch NGO-Vertreter angehören werden. Das neue Tiertransportgesetz könne zur Nachahmung in anderen EU-Ländern empfohlen werden.

Abgeordnete FRANZ (V) unterstrich die Notwendigkeit, die zulässige Transportdauer für Schlacht- und Nutztiere zu reduzieren. Ein viereinhalbstündiger Transport sei den Tieren zumutbar, notwendig sei aber auch die Ausnahmeregelung für den Tiertransport von weit entlegenen Höfen. Dieses Gesetz wahre die Balance zwischen Tierschutz und wirtschaftlicher Notwendigkeit.

Abgeordneter SPINDELBERGER (S) sprach dem vorliegenden Gesetzentwurf ebenfalls Vorbildwirkung für Europa zu, wo nach wie vor zwölfstündige Tiertransporte erlaubt seien. Für richtig hielt der Redner auch, dass die Geschäftsordnung des Tierschutzrates künftig von der Bundesministerin erlassen werde.

Abgeordneter Dr. EDER (V) erinnerte daran, dass der Tierschutz ein wichtiges Kriterium für den Grad an Humanität darstelle, den eine Gesellschaft für sich beanspruchen könne. Ein respektvoller Umgang mit den Tieren liege auch im Interesse der Verbraucher, sagte der Redner.

Auch Abgeordnete SCHASCHING (S) sprach von einem positiven Schritt, der zur Qualitätssicherung der Lebensmittel beitrage. Dies sei wichtig für Österreich, das als Gastgeber von Millionen Touristen auf die gute Qualität seiner Lebensmittel verweisen könne. Auch die EU wäre gut beraten, sich Österreich zum Vorbild zu nehmen und den Tiertransport im Sinne des Respekts gegenüber allen Lebewesen zu regeln.

Abgeordnete HÖLLERER (V) machte Abgeordneten Pirklhuber darauf aufmerksam, dass Bauern keinerlei Appelle für einen ethisch vertretbaren Umgang mit den Tieren brauchten, weil sie nicht nur von, sondern auch mit den Tieren lebten und daher gewöhnt seien, schonend mit anderen Lebewesen umzugehen. Die Ausnahmeregelung für entlegene Höfe sei notwendig und aus der Sicht Höllerers zu begrüßen.

Abgeordneter KECK (S) sprach von einem einmaligen Gesetz, mit dem Österreich seinen guten Ruf im Bereich des Tierschutzes untermauere. Den Vorwurf, dieses Gesetz sei nicht EU-konform, wies Keck zurück und machte darauf aufmerksam, dass die neuen Bestimmungen dem geltenden Tierschutzgesetz entsprächen. Die Änderungen beim Tierschutzrat seien notwendig, um ein Mehr an Transparenz in diesem Gremium zu gewährleisten und um NGO-Vertreter bei der Zusammensetzung des Rates berücksichtigen zu können.

In einem Fünf-Parteien-Entschließungsantrag verlangte der Abgeordnete die Sicherung des Fortbestandes der Affenhäuser im Safaripark Gänserndorf und die Herstellung tierschutzkonformer Bedingungen in diesen Anlagen.

Abgeordnete GRANDER (V) merkte positiv an, das neue Tiertransportgesetz sehe eine bessere Ausbildung für jene Personen vor, die sich mit Tiertransporten beschäftigen.

Abgeordneter KÖSSL (V) wollte nicht unerwähnt lassen, dass die vorliegende Novelle nicht nur Verbesserungen für den Tierschutz, sondern auch beim Kampf gegen die Ausbreitung von Tierseuchen bringe, was auch im Interesse der Lebensmittelsicherheit liege.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage nach Ablehnung eines oppositionellen Abänderungsantrages und teilweiser Zustimmung der Grünen schließlich in 3. Lesung in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrages mit der Mehrheit der Koalitionsparteien angenommen. - Der Entschließungsantrag betreffend Affenhäuser in Gänserndorf erhielt einhellige Zustimmung. Weitere Oppositionsanträge verfielen durch mehrheitliche Annahme negativer Ausschussberichte der Ablehnung.  (Schluss Tierschutz/Forts. NR)