Parlamentskorrespondenz Nr. 551 vom 06.06.2008

Einmal mehr das Sicherheitspolizeigesetz

Plenum debattiert Sammelbericht des Petitionsausschusses

Wien (PK) – Einmal mehr stand das Sicherheitspolizeigesetz bzw. dessen Zustandekommen im Mittelpunkt einer Debatte des Nationalrats. Anlass dazu bot der Sammelbericht des Petitionsausschusses über eine Reihe von Bürgerinitiativen und Petitionen.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) kritisierte die Arbeitsweise des Petitionsausschusses, in dem Anliegen der Bürger nicht gebührend berücksichtigt würden. Die Rednerin informierte die Abgeordnete über den Wunsch von 24.000 BürgerInnen, darunter die ehemalige Präsidentin der Richtervereinigung, das neue Sicherheitspolizeigesetz an den Innenausschuss zurückzuverweisen und klagte über die "Ignoranz", mit der dieses Anliegen im Petitionsausschuss behandelt worden sei. Aus diesem Grund könnten die Grünen dem Sammelbericht nicht zustimmen.

Abgeordnete Mag. WURM (S) wusste anderes über die Arbeit des Petitionsausschusse zu berichten als ihre Vorrednerin. BürgerInnenanliegen werden in diesem Ausschuss ernst genommen, sagte dessen Obfrau, berichtete von der erfolgreichen Durchsetzung von Bürgeranliegen und erinnerte an ihr Bemühen, das Verfahren im Ausschuss transparenter zu gestalten. Freilich - Entscheidungen treffe in der Demokratie die Mehrheit, sagte Wurm und merkte an, die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen sei im Petitionsausschuss hervorragend. 

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) qualifizierte die Arbeit des Petitionsausschusses hingegen als von Klubzwang und von Vorgaben des Koalitionsübereinkommens geprägt. Dies beeinträchtige seine Arbeit. Die FPÖ gäbe aber die Hoffnung nicht auf und setze bei der Verhinderung des EU-Reformvertrages auf die Volksabstimmung in Irland und eine Verfassungsklage in Deutschland. Auch Kurzmann kritisierte den überfallsartigen Beschluss des neuen Sicherheitspolizeigesetzes ohne Debatte im Innenausschuss. Die FPÖ lehne die totale Überwachung der Bürger ohne richterliche Anordnung ab. Das sei nicht die richtige Antwort auf die Herausforderungen durch die organisierte Kriminalität.

Abgeordneter FREUND (V)bekannte sich zum Recht der Bürger, ihre Wünsche, Vorstellungen und Beschwerden an das Parlament heranzutragen, würdigte die Arbeit der scheidenden Ausschussobfrau Wurm und dankte ihr für die gute Zusammenarbeit im Petitionsausschuss. Im Einzelnen befasste sich Freund mit einer Bürgerinitiative gegen die Gentechnik und lobte das Engagement des Landwirtschaftsministers bei der Erhaltung einer gentechnikfreien Lebensmittelproduktion in Österreich.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) erinnerte an die Vorgänge im Nationalrat im Dezember 2007, als die Internetüberwachung in diesem Haus beschlossen wurde, ohne dass die Justizministerin, die Rechtanwaltskammer oder die Sozialpartner dazu hätten Stellung nehmen können. Eine ehemalige Präsidentin der Richtervereinigung und mehrere Informatikprofessoren wollten daraufhin wissen, ob es ihnen mit einer von 24.000 Menschen unterstützen Petition gelingen werde, ihr Anliegen über den Petitionsausschuss in den Innenausschuss zu bringen. Diese Petition sei vom Ausschuss enderledigt, entsorgt und zu Altpapier gemacht worden. SPÖ und ÖVP hätten dort gezeigt, was ihnen die Anliegen der Menschen wert seien, denen sie bei Wahlen mit Kugelschreibern und Politikerfotos nachlaufen. So werde es ihnen nicht gelingen, das Vertrauen zurückzugewinnen, das sie bei den BürgerInnen verloren haben. Kämpfen wir für eine offene Gesellschaft und gegen den Überwachungsstaat, lautete der Appell des Abgeordneten Pilz.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter Mag. MAIER (S) gegenüber seinem Vorredner klar, es sei nicht richtig, dass die Auskunftserteilung über IP-Adressen an die Sicherheitsbehörden nichts Neues sei, denn diese wurden bereits nach der alten Rechtslage, und zwar ohne Information des Rechtsschutzbeauftragten, von den Providern zur Verfügung gestellt.

Auch Abgeordneter DOLINSCHEK (B) bedauerte, dass derzeit viele Petitionen "im Papierkorb landen", da sie eine Möglichkeit für die Bürger darstellen, sich selbst in die Gesetzgebung einzubringen. Es sei seiner Auffassung nach daher dringend eine Reform in diesem Bereich notwendig. Im konkreten sprach er unter anderem die Petitionen bezüglich der Aufnahme der HPV-Impfung in der Kinderimpfprogramm, bezüglich der Wiedereröffnung eines Polizeipostens in Bärnbach und bezüglich des EU-Reformvertrags an.

Auch Abgeordneter MAYERHOFER (F) kam auf die Petition bezüglich der Wiedereröffnung des Polizeipostens in Bärnbach zu sprechen. Er glaube, es sei EU-weit ein Novum, dass ein Polizeiposten in einer Stadt zugesperrt werde. Die Menschen haben ein Recht darauf, entsprechende Gegenleistungen für ihre Steuern zu erhalten, vor allem im Bereich der Sicherheit, unterstrich Mayerhofer. Er bezweifle auch, dass die als Basis für die Entscheidung herangezogene Kriminalstatistik stimmt. In Wahrheit steigen nämlich die Straftaten, mutmaßte Mayerhofer, aber die Leute zeigen die Fälle immer weniger an.

Eine Stärkung der Parlaments könne sicher nicht dadurch erreicht werden, wenn die anderen Kollegen alle "angepatzt" werden, stellte Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) in Richtung des Abgeordneten Pilz kritisch fest. Was die Petition zum Sicherheitspolizeigesetz angehe, so sei der Innenausschuss nicht der richtige Ort, um diese zu behandeln. Es stehe aber jedem Abgeordneten frei, einen selbstständigen Antrag im Innenausschuss einzubringen. Von Seiten der SPÖ könne sie aber versprechen, dass man sich das Ergebnis der Evaluierung des Gesetzes genau anschauen und die Kritikpunkte sehr ernst nehmen werde.

Abgeordneter VOCK (F) drückte sein Bedauern darüber aus, dass das Verlangen einer Bürgerinitiative, den Tierschutz in den Verfassungsrang zu heben, nicht umgesetzt wurde. Was die Schließung des Polizeipostens in Bärnbach angeht, so sei es ganz logisch, dass nun weniger Delikte als früher angezeigt werden. Dies könne aber nicht als Grund dafür hergenommen werden, ihn nicht wieder zu eröffnen.

Abgeordnete Mag. AUBAUER (V) dankte zunächst der Vorsitzenden des Petitionsausschusses Königsberger-Ludwig für ihre klaren Worte. Auch wenn derzeit ein Zaun rund um das Parlament aufgebaut ist, so sei es klar, dass es für die Bürger keine Barrieren gibt und dass sie sich jederzeit politisch einbringen können. Die Regierungsparteien nehmen die Anliegen der Bürger sehr ernst, unterstrich Aubauer, alle Anträge werden im Petitionsausschuss sorgfältig geprüft.

Abgeordnete Mag. LOHFEYER (S) bezog sich in ihrer Wortmeldung auf die Petition bezüglich der Aufnahme der HPV-Impfung in das Kinderimpfprogramm. Die zugelassenen Impfstoffe wirken gegen vier Virentypen, die für 75 % der Krebsfälle verantwortlich sind. Allerdings haben einige Verdachtsfälle bezüglich unerwünschter Nebenwirkungen die Frauen verunsichert, räumte Lohfeyer ein, weshalb sie noch einmal auf die Bedeutung der Vorsorgeuntersuchungen, die durch eine Impfung nicht ersetzt werden können, hinweisen möchte. Da Impfungen nur nach einer positiven medizinischen und sozio-ökonomischen Evaluation ins Impfprogramm aufgenommen werden können, werde man daher genau beobachten, wohin der Weg in Zukunft führt.

Abgeordneter Dr. EDER (V) ging ebenfalls auf die HPV-Impfung ein, die nur eine relative Sicherheit biete und die nicht in das bezahlte Impfprogramm aufgenommen wird. Für besonders wichtig erachtete er auch die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen, da gerade das Zervixkarzinom im Frühstadium sehr gut heilbar sei.

Abgeordneter KECK (S) wies die Kritik des Abgeordneten Pilz zurück, zumal er selbst mitten in der Sitzung des Petitionsausschusses gegangen und damit die Interessen von hunderttausenden Menschen, die Petitionen unterstützt haben, ignoriert habe. Was die Tierschutzinitiativen anbelangt, so gab Keck zu bedenken, dass in diesen Fragen vor allem auf EU-Ebene gehandelt werden müsse. Denn was nützen die besten österreichischen Gesetze, wenn Tiere, die vorher schon stundenlang unterwegs waren, in Österreich dann nur mehr viereinhalb Stunden transportiert werden dürfen.

Abgeordnete Dr. EDER-GITSCHTHALER (V) sah ihre Rolle als Mitglied des Petitionsausschusses als "Seismograph der Nation", da man dadurch einen direkten Kontakt mit den Anliegen der Bürger habe.

Sie konzentrierte sich in ihrer Wortmeldung auf die Petition bezüglich der 380-KV-Transitleitung in Salzburg, wobei erreicht wurde, dass diese Frage nun im Wirtschaftsausschuss behandelt wird.

Eine Vielzahl der eingebrachten Petitionen beschäftige sich mit dem unmittelbaren Lebensraum der Menschen, stellte Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) einleitend fest. Die "schwarz-blau-orange Kahlschlagpolitik" der letzten Jahre habe sehr viele Anlässe für die Bürger geboten, tätig zu werden, da zahlreiche Infrastruktureinrichtungen, etwa der Polizeiposten in Bärnbach, dieser Politik zum Opfer gefallen sind. Was die Petition des Klubobmanns Strache bezüglich Volksabstimmung zum Reformvertrag angeht, so stelle sie nur einen weiteren Versuch dar, mit Falschinformationen Ängste zu schüren, kritisierte Grossmann.

Auch Abgeordneter Mag. EISENSCHENK (V) verwahrte sich gegen die Aussagen des Abgeordneten Pilz, der die Mitglieder des Petitionsausschusses, die ihre Wahlkreisarbeit ernst nehmen, als "Bodensatz" bezeichnet hat.

Abgeordnete FRANZ (V) sprach von berechtigten Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern, die im Ausschuss nicht einfach abgehakt, sondern ernst genommen werden. Ihr Fraktionskollege Abgeordneter HÖFINGER (V) betonte die Bedeutung der Wahlkreisarbeit, weil dort den Anliegen und Sorgen der Bürger am nächsten ist. Sein Fraktionskollege Abgeordneter PACK (V) gab zu bedenken, dass ein Polizeiposten kein Garant für die Präsenz der Exekutivbeamten vor Ort sei. Die ÖVP-Abgeordnete DURCHSCHLAG nahm zur Petition gegen Gewalt in den Medien Stellung, wobei die Unterzeichner unter anderem die Einführung eines Kindersicherheitsschlüssels beim ORF-Programm gefordert haben.

Der Bericht des Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

(Schluss Petitionen/Forts. NR)