Parlamentskorrespondenz Nr. 909 vom 22.11.2010

Parlament Transparent widmet sich der Margaretha Lupac-Stiftung

Prammer präsentiert neu erschienenes Doppelheft im Hohen Haus

Wien (PK) – Margaretha Lupac, engagierte Österreicherin und Namensgeberin einer seit dem Jahr 2001 beim Parlament eingerichteten Stiftung, wäre heuer im Frühjahr 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass präsentierte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer heute im Hohen Haus eine im Rahmen der Schriftenreihe "Parlament Transparent" erschienene Publikation. Das der Margaretha Lupac-Stiftung gewidmete Doppelheft zeichnet nicht nur den Lebensweg einer bemerkenswerten Frau nach und gibt Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Stiftung, es befasst sich in vielfältiger Weise auch mit dem Thema Demokratie.

Unter anderem sind der deutsche Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth, VfGH-Vizepräsidentin Brigitte Bierlein sowie der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments und CDU-Politiker Hans-Gert Pöttering der Einladung gefolgt, sich mit den Stärken der Demokratie und ihren Chancen, aber auch mit ihren Schwächen, Herausforderungen und Bedrohungen auseinanderzusetzen. Dazu kommen Beiträge der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger des von der Stiftung vergebenen Demokratie- und Wissenschaftspreises.

Nationalratspräsidentin Baraba Prammer wies bei der Pressekonferenz darauf hin, dass sich Margaretha Lupac aufgrund ihrer persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen dafür entschieden habe, sich in vollem Umfang für die Demokratie einzusetzen. Die Überraschung sei groß gewesen, als sich nach ihrem Tod herausgestellt habe, dass Lupac ihr gesamtes Vermögen dem Parlament vermacht hatte, schilderte sie.

Mittlerweile beläuft sich das Vermögen der Margaretha Lupac-Stiftung Prammer zufolge auf 1,7 Mio. €, wobei der Demokratiepreis und der Wissenschaftspreis aus den Veranlagungsgewinnen finanziert werden, ohne die Vermögenssubstanz anzugreifen. Die bisher ausgezeichneten Initiativen und wissenschaftlichen Arbeiten seien ein "schöner Querschnitt", betonte Prammer, damit würde nicht zuletzt auch zivilgesellschaftliches Engagement "vor den Vorhang geholt". Prammer bekräftigte, das Stiftungskuratorium habe sich bei der Auswahl der PreisträgerInnen bislang stets an die Vorschläge der Jury gehalten.

Parlaments-Vizedirektorin Susanne Janistyn, Geschäftsführerin der Stiftung, erzählte von ihren Begegnungen mit Margaretha Lupac, die, wie sie betonte, selbst in eher bescheidenen Verhältnissen gelebt habe. Die Entscheidung, das von der engagierten Österreicherin dem Parlament vermachte Vermögen nicht in das normale Parlamentsbudget einfließen zu lassen, sondern eine Stiftung einzurichten, gehe auf den damaligen Nationalratspräsidenten Heinz Fischer zurück, skizzierte sie. Damit habe man ein bleibende Einrichtung "mit einer wirklich erfolgreichen Geschichte" geschaffen.

Juryvorsitzender Manfried Welan bezeichnete die Margaretha Lupac-Stiftung als eine "großartige Einrichtung" und meinte, die ausgeschriebenen Wettbewerbe seien "immer wieder ein Entdeckungsverfahren". Von Anfang an habe man keine großen Namen auszeichnen wollen, sondern sich bemüht, Neues und Innovatives auszusuchen. Dass die Entscheidungen der Jury immer einstimmig gefallen und die Vorschläge vom Kuratorium immer genehmigt worden seien, freue ihn besonders. Für Welan ist der Preis auch eine Herausforderung für die Zukunft und für die Jugend, er solle dazu animinieren, sich für Demokratie und Parlamentarismus zu interessieren und auf diesen Gebieten zu forschen.

Margaretha Lupac

Margaretha Lupac, geboren am 28. April 1910 in Wien, war während des Zweiten Weltkriegs als Rot-Kreuz-Helferin und Sachbearbeiterin für wehrwirtschaftliche Angelegenheiten tätig. Ihre damaligen Erlebenisse, aber auch auch das soziale Elend, die Arbeitslosigkeit und die wirtschaftliche Not in der Ersten Republik haben aus ihr eine außergewöhnliche Patriotin gemacht, die Leopold Figls Appell vom "Glauben an dieses Österreich" zum Lebensmotto erhob.

Lupac arbeitete zwischen 1949 bis zu ihrer Pensionierung 1973 als Inkassantin im Österreichischen Wirtschaftsverlag. Nach ihrem Tod im Februar 1999 vermachte sie ihr gesamtes Vermögen in der Höhe von rund 1,5 Mio. € der Republik Österreich für Zwecke des Parlaments.

Auf Basis dieses Vermögens wurde im Jahr 2001 beim Nationalrat die Margaretha Lupac-Stiftung für Parlamentarismus und Demokratie eingerichtet. Sie vergibt seit dem Jahr 2004 abwechselnd einen Demokratiepreis und einen Wissenschaftspreis, die mit jeweils 15.000 € dotiert sind.

Parlament Transparent 1-2/2010

Das heute von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer präsentierte Doppelheft der Schriftenreihe "Parlament Transparent" widmet auf 85 Seiten nicht nur den bisherigen Preisträgerinnen des Demokratiepreises und des Wissenschaftspreises breiten Raum. Auf Einladung von Prammer setzen sich auch prominente Gastautorinnen und Gastautoren mit verschiedenen Aspekten der Demokratie auseinander.

So nähert sich etwa der deutsche Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt auf philosophische Weise dem Thema "Verantwortung und Gewissen des Politikers", während die deutsche Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan unter dem Titel "Es lebe das Parlament!" auch eine Lanze für bürgergesellschaftliches Engagement im Sinne des öffentlichen Gemeinwohls bricht. Rita Süssmuth nimmt sich den Herausforderungen eines modernen Parlamentarismus an. Auf die "Suche nach der Europäischen Demokratie" begibt sich die Vizerektorin der Universität Salzburg Sonja Puntscher-Riekmann.

Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern der Stiftung gehören unter anderem das International Business College Hetzendorf, die Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen, der Europarechtsexperte Joseph Marko, der Historiker Gerald Stourzh, die Grundrechtsexpertin Patricia Heindl und der Politikwissenschafter Hubert Sickinger. Marko war mehrere Jahre einer der drei internationalen Richter am Verfassungsgericht von Bosnien-Herzegowina und beschreibt unter dem Titel "Das bosnische Virus" die bislang vergeblichen Bemühungen um eine Verfassungsrefrom im multiethnischen Staat. Heindl spricht nach wie vor offene Fragen im Bereich des Parteienrechts an, Sickinger befasst sich ausführlich mit dem viel diskutierten Thema Parteienfinanzierung.

In Grußworten gehen Bundespräsident Heinz Fischer, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und der ehemalige Bundesratspräsident Gerd Klamt detailliert auf die Entstehungsgeschichte und die weitere Entwicklung der Stiftung ein. Livia Getreider schildert in einem sehr persönlich gehaltenen Beitrag ihre Eindrücke von Margaretha Lupac.

Heute Abend wird im Parlament der Demokratiepreis 2010 der Margarateha Lupac-Stiftung überreicht. Ausgezeichnet werden die langjährige Generalsekretärin des Roma- und Sinti-Vereins "Ketani" Gitta Martl, Schuldirektorin Heidi Schrodt und "ihr" Gymnasium Rahlgasse sowie der Innsbrucker Verein "Frauen aus allen Ländern". Die Preisträgerinnen wurden von einer Jury unter dem Vorsitz von Manfried Welan aus 74 Einreichungen ausgewählt. (Schluss)