Parlamentskorrespondenz Nr. 192 vom 01.03.2011

SPÖ-ÖVP-Mehrheit für neue Studieneingangsphase

Kritik der Opposition an Universitätsgesetz-Novelle

Wien (PK) – Eine kontroversielle Debatte führten die Abgeordneten zur Neuregelung der Studieneingangs- und Orientierungsphase, wie sie die Novelle zum Universitätsgesetz 2002 bringt. – Nach ausführlicher Debatte passierte die Regierungsvorlage den Nationalrat mit der Mehrheit der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP.

Erster Redner war Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F), der sich enttäuscht vom vorliegenden Entwurf zeigte. Er beweise, dass nicht vorausschauend geplant werde. Vielmehr sei man mit einem "Fleckerlteppich" konfrontiert, konstruktives Denken sei nicht erkennbar. Es würde nicht auf die Bedürfnisse der Studierenden eingegangen, es fehlte soziale Gerechtigkeit, man schröpfe die Studierenden, die man eigentlich ohnehin am liebsten vom Studium abhalten wolle. So werde Österreich seine beschämende Akademikerquote sicher nicht verbessern, unterstrich der Redner.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) sah hingegen ein ganz wichtiges Zeichen für mehr Qualität an den heimischen Universitäten. Dieser Entwurf sei ein bedeutsamer Schritt, mit dem die Universitäten selbst mehr Planbarkeit, mehr Qualität und mehr Transparenz schaffen könnten, was zu ihrer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit beitragen werde. Dagegen könne niemand sein, dem die heimische Hochschullandschaft ein Anliegen sei, erklärte die Rednerin.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) wies die Behauptung seiner Vorrednerin zurück, dass dieser Entwurf der Weisheit letzter Schluss sei. Diese Vorlage sei nicht geeignet, die Probleme im universitären Bereich zu lösen, die Situation würde durch die geplanten Maßnahmen keineswegs verbessert. Es sei ein Irrglaube, wenn man annehme, man könne die Qualität anheben, indem man die Zahl der Studierenden reduziere. Folge man dieser Logik, dann werde dies bedauerliche Folgen für die heimische Akademikerlandschaft mit sich bringen, warnte der Redner. Es brauche eine "Koalition der Vernünftigen", um zu einem akzeptablen Ergebnis zu kommen, so der Abgeordnete.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) erklärte, es gehe darum, die Situation der Universitäten entscheidend zu optimieren. Dazu sei etwa schon im Vorfeld eine Verbesserung der Beratung notwendig. Auch brauche es eine Verbesserung der Ressourcen. Die Studieneingangsphase solle effizienter gestaltet werden, wobei sichergestellt werden möge, dass jede und jeder, die dieses Studium wirklich ergreifen wolle, dies auch könne.

Bundesministerin Beatrix KARL umriss zunächst die jüngste Entwicklung in der heimischen Studienlandschaft. Vieles habe sich durch den Zustrom von deutschen Studierenden verschlechtert, und darauf gelte es zu reagieren. Mit dem vorliegenden Entwurf wolle man den Studierenden helfen, rasch Klarheit über ihre Möglichkeiten zu gewinnen. Dazu habe man einen Dreistufenplan erarbeitet, mit dem der Ist-Zustand nachhaltig verbessert werden solle, erklärte die Ressortleiterin, wobei sie namentlich die verpflichtende Studienberatung nannte. Auch eine verbindliche Studieneingangs- und Orientungsphase solle es künftig geben, unterstrich die Ministerin, wobei es auch danach noch viele Möglichkeiten gebe, falls man diese Eingangsphase nicht positiv absolviere. Es stünden Leistung und Qualität im Vordergrund, wobei den Studierenden rasch Klarheit und den Universitäten rasch Planbarkeit geboten, wie auch die Wettbewerbsfähigkeit der Universitäten verbessert werden solle.

B-Abgeordneter Rainer WIDMANN konstatierte dem österreichischen Wissenschaftssystem "Stillstand". Die vorliegende UG-Novelle, die die ÖVP als ersten Schritt bezeichnet habe, sei "fast nichts". Gehe man so voran, handle es sich eher um einen "Orientierungslauf" zum Ziel. Dass zur Begutachtung außerdem nur drei Tage zur Verfügung gestellt wurden und man den Entwurf der Opposition kurzfristig übermittelt haben, könne er außerdem nicht begrüßen, hielt Widmann fest. Das BZÖ fordere ein stärkeres Basisbudget für die Universitäten, eine klare Studienplatzbewirtschaftung und Studiengebühren, die durch einen "Unibonus" refundiert werden könnten. Die Studienberatung, die gratis in Anspruch genommen werden könne, und der Rest des nun zu verabschiedenden Maßnahmenpakets stellten keine effizienten Mittel dar, um dem bevorstehenden Andrang von Studierenden aus Deutschland entgegenzuhalten. Widmann brachte deshalb einen Entschließungsantrag ein, in dem seine Fraktion Maßnahmen zur Angleichung der Zahl ausländischer Studierender an österreichischen Universitäten an den OECD-Durchschnitt von 8,5 % fordert.

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) hielt in Richtung ihres Vorredners fest, es bleibe bis zum Ende der Legislaturperiode noch ausreichend Zeit, um die im Regierungsübereinkommen verankerten Vorhaben im Wissenschaftsbereich "abzuarbeiten". Gleichzeitig verwahrte sie sich dagegen, die heute vorliegende Novelle als "Placebo-Lösung" zu qualifizieren. Fuhrmann räumte ein, dass es eine "ehrlichere Lösung" gewesen wäre, die Zahl der Studienplätze nach den Kapazitäten der Universitäten zu richten, ihrer Ansicht nach hilft jedoch auch die verpflichtende Voranmeldung den Universitäten bei der Planung. Als höchste Zeit wertete sie es, die Studienberatung auszuweiten.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) führte aus, wenn man heute studieren wolle, müsse man entweder "super intelligent" sein oder viel Geld haben, um im Ausland studieren zu können. Der offene Universitätszugang in Österreich ist ihm zufolge jedenfalls nicht mehr gewährleistet. Studieren sei ein "Hasardspiel" geworden. Er wolle Knock-out-Prüfungen nicht akzeptieren, sagte Karlsböck.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) verteidigte demgegenüber die geplante Studieneingangsphase und meinte, sie könne die Argumentation von Abgeordnetem Karlsböck nicht nachvollziehen. Das Problem des zunehmenden Andrangs deutscher Studierender kann nach Ansicht Oberhausers nicht durch das Schließen von Türen gelöst werden, sie setzt vielmehr auf Gespräche in Brüssel.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) wies darauf hin, dass für die vorgesehene Ausweitung der Studienberatung keine zusätzlichen Mittel veranschlagt worden seien. Dabei gehe es immerhin um rund 30.000 StudienanfängerInnen, die bisher keine Studienberatung in Anspruch genommen hätten, skizzierte er. Geringe Erwartungen hat van der Bellen auch an die in Aussicht genommene Studienplatzfinanzierung, seiner Meinung nach ist auch so evident, dass die Universitäten unterfinanziert seien. Ohne zusätzliche Mittel werde die Studierendenzahl in manchen Fächern drastisch reduziert werden müssen, prognostizierte er.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) hielt fest, es sei dringend notwendig, die Studieneingangsphase neu zu gestalten. Die Universitäten bräuchten eine bessere Planbarkeit, überdies sei es notwendig, die Studienströme besser zu lenken und die Studierenden besser zu verteilen. Generell meinte Franz, jeder der geeignet sei, solle in Österreich studieren können, sie wünscht sich aber die Wiedereinführung von Studienbeiträgen.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) ging auf die soziale Situation der Studierenden ein und wies darauf hin, dass nach wie vor viele Studierende neben ihrem Studium arbeiten müssten, um das Studium zu finanzieren. Das führe häufig zu einem Abbruch des Studiums, konstatierte sie. Lichtenecker forderte daher den Ausbau des Stipendiensystems. Studienberatung muss ihrer Meinung nach bereits in der Schule ansetzen.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) gab zu bedenken, dass Österreich weniger Studienanfänger als andere Länder habe. Studiengebühren würden die Studierendenzahl noch weiter senken, befürchtet er. Die Wissenschaftsministerin sieht Mayer gefordert, auf EU-Ebene eine Lösung in Bezug auf den drohenden Ansturm deutscher Studierender zu finden.

Abgeordneter Erwin PREINER (S) bekräftigte, die neue Studieneingangsphase bringe keine neuen Zugangsbeschränkungen zu den Universitäten. Quantitative Zugangsbeschränkungen würden von der SPÖ abgelehnt, betonte er. Begrüßt wurde von Preiner die Ausweitung der Studienberatung.

Auch Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) hob hervor, dass es keine neuen Zugangsbeschränkungen zu den Universitäten geben werde. Ziel der vorliegenden Novelle sei vielmehr ein besseres Studienmanagement. Ein Problem ist laut Silhavy allerdings noch offen: Es müsse eine Lösung gefunden werden, um jene, die in der Studieneingangsphase scheitern, nicht dauerhaft, also auch noch Jahre später, von einem bestimmten Studium auszuschließen.

Die Änderung des Universitätsgesetzes 2002 wurde vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit verabschiedet. Der Entschließungsantrag des BZÖ betreffend Maßnahmen zur Angleichung der Zahl ausländischer Studierender an den österreichischen Universitäten an den OECD-Durchschnitt blieb in der Minderheit.

Wissenschaftlich-technische Kooperation mit Serbien wird intensiver

Einhellig erfolgte schließlich die Zustimmung des Nationalrates zu dem mit Serbien geschlossenen Abkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (878 d.B.).

Abgeordnete Karin HAKL (V) erklärte, das vorliegende Abkommen sei wichtig, um Serbien und Österreich auf wissenschaftlicher Ebene enger zu vernetzen. Es gehe vor allem auch um den Austausch junger Wissenschaftler, skizzierte sie. Durch die Abschaffung der Visapflicht sei hier mit Erleichterungen für serbische Forscher zu rechnen.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) erläuterte, Ziel des vorliegenden Abkommens sei es, die gemeinsame Teilnahme Österreichs und Serbiens an europäischen Forschungsprogrammen auszuweiten. Er wünscht sich ähnliche Initiativen mit anderen Ländern.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) erklärte, jede Initiative, die die Mobilität von Forschenden und Lehrenden fördere, sei zu begrüßen. Serbien hat seiner Ansicht nach bei der internationalen Anbindung noch Aufholbedarf. Generell urgierte Grünewald eine regelmäßige Evaluierung von Wissenschaftsabkommen.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) äußerte sich ebenfalls positiv zum Abkommen und wies darauf hin, dass es bereits 16 ähnliche Staatsverträge gebe. Die Abkommen bräuchten Zeit zum Wachsen, sagte er, jedoch müssten sie einmal einer Evaluierung unterzogen werden.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) kündigte die Zustimmung der FPÖ zum vorliegenden Abkommen an, auch wenn er sich zu einzelnen Details kritisch äußerte. (Schluss UG-Novelle/Abkommen mit Serbien, Fortsetzung Nationalrat)