Parlamentskorrespondenz Nr. 246 vom 15.03.2011

Sozialausschuss: Keine Mehrheit für Oppositionsanträge

Abgeordnete fordern einheitliche Regelungen für Persönliche Assistenz

Wien (PK) – Der Sozialausschuss des Nationalrats befasste sich heute auch mit einer Reihe von Oppositionsanliegen. Unter anderem ging es um die Frage der Armutsbekämpfung, Verbesserungen für behinderte Menschen, die Erstellung eines Gesamtkonzepts für den Pflegebereich sowie Maßnahmen zur langfristigen Pensionssicherung. Von den insgesamt 14 Anträgen der Opposition erzielte zwar keiner eine Mehrheit, die Abgeordneten fassten auf Basis eines Antrags der Grünen und ähnlicher Forderungen von FPÖ und BZÖ aber eine Entschließung zum Thema "Persönliche Assistenz". Demnach wird Sozialminister Rudolf Hundstorfer ersucht, mit den Ländern über eine bundesweit einheitliche Regelung zu verhandeln, um Menschen mit Behinderungen auch außerhalb der Arbeitswelt Unterstützung nach gleichen Kriterien zu gewähren.

Grüne fordern 14-malige Auszahlung der Mindestsicherung

Zum Thema Armutsbekämpfung bzw. Grundsicherung lagen dem Sozialausschuss ein Entschließungsantrag der FPÖ und zwei Entschließungsanträge der Grünen (816/A[E] , 982/A[E] ) vor, die bereits vor Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung eingebracht worden waren und nunmehr in Form von Abänderungsanträgen aktualisiert wurden. Die FPÖ spricht sich dafür aus, die Mindestsicherung für jene BezieherInnen zu erhöhen, die sich bereit erklären, einen Sozialdienst zum Wohle der Allgemeinheit zu absolvieren. Die Grünen verlangen unter anderem eine 14-malige Auszahlung der Mindestsicherung und einen One-Stop-Shop für alle Sozialleistungen.

Im Rahmen der Diskussion äußerte sich Abgeordneter August Wöginger (V) zum Antrag der FPÖ skeptisch. Für ihn stellt sich zum einen die Frage, inwieweit MindestsicherungsbezieherInnen in den Arbeitsmarkt integriert werden können, zum anderen bräuchte es ihm zufolge auch genügend offene Stellen. Klar sprach sich Wöginger gegen eine 14-malige Auszahlung der bedarfsorientierten Mindestsicherung aus, seiner Ansicht nach braucht es einen Unterschied zur Vollzeitarbeit.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) hielt dem entgegen, der Abstand zwischen Mindestsicherung und dem Mindestlohn für Vollzeitarbeit sei groß genug. Er wandte sich außerdem strikt dagegen, MindestsicherungsbezieherInnen zum "Billigstlohntarif" zu Sozialdiensten zu verpflichten. Deutschland habe mit 1-Euro-Jobs bzw. 0-Euro-Jobs schlechte Erfahrungen gemacht, bekräftigte Öllinger, überdies würden die Sozialberufe dadurch unter großen Druck kommen.

Ähnlich argumentierte auch Abgeordnete Sabine Oberhauser (S). Die bedarfsorientierte Mindestsicherung sei ohnehin keine "soziale Hängematte", betonte sie, das Ziel sei die Integration der Betroffenen in den Arbeitsmarkt. Was das von den Grünen vorgeschlagene Maßnahmenpaket zur Armutsbekämpfung betrifft, gab Oberhauser zu bedenken, dass einzelne Forderungen bereits umgesetzt seien, andere müssten aus Budgetgründen zurückgestellt werden.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) erklärte, ihre Fraktion sei grundsätzlich dafür, die Sozialhilfe an eine Arbeitsleistung zu koppeln. Sie sprach sich für das Konzept eines "leistungsorientierten Bürgergelds" aus, das jedem in Form eines einheitlichen Pauschalbetrags gewährt werden solle, der vorübergehend arbeitslos sei. Als Gegenleistung solle er gemeinnützige Arbeit oder eine Teilzeitbeschäftigung verrichten. Die 14-malige Auszahlung der Sozialhilfe lehnt Haubner dezidiert ab, die Vorschläge der Grünen zur Armutsbekämpfung wertete sie nur zum Teil als positiv.

Abgeordnete Dagmar Berlakovich-Jenewein (F) machte geltend, Sozialarbeit, die von MindestsicherungsbezieherInnen geleistet werde, sei nicht nur gut für die Allgemeinheit, sondern auch ein wesentlicher Schritt zur Armutsbekämpfung. Ihr Fraktionskollege Walter Rosenkranz lehnte das von den Grünen vorgeschlagene Maßnahmenbündel gegen Armut ab und hielt fest, mit der Gesamtschule der 6- bis 14-Jährigen lasse sich Armut sicher nicht bekämpfen.

Der Antrag der FPÖ wurde mit S-V-Mehrheit vertagt, die beiden Anträge der Grünen von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

Einhellige Entschließung zum Thema "Persönliche Assistenz"

Im Bereich der Behindertenpolitik verabschiedete der Ausschuss ausgehend von einem entsprechenden Antrag der Abgeordneten Helene Jarmer (G) einstimmig eine Fünf-Parteien-Entschließung, in der der Sozialminister aufgefordert wird, gemeinsam mit den Ländern eine bundesweit einheitliche Regelung der persönlichen Assistenz in allen Lebensbereichen zu erarbeiten.

Nicht durchsetzen konnte sich die FPÖ mit ihren Forderungen nach einem Rechtsanspruch von schwerstbehinderten Menschen auf die Finanzierung einer persönlichen Assistenz (105/A[E] ) und einer Rückvergütung von 20 % des Kaufpreises bei Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeugs bis zu einem anrechenbaren Kaufpreis von 40.000 € (800/A[E] ). Vertagt wurden hingegen Initiativen der Grünen für die Anerkennung von Blindenführerhunden als medizinische Rehabilitationsmaßnahme (921/A[E] ) und Vorschläge des BZÖ für eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Erleichterung des Alltags von behinderten Menschen (1386/A[E] ). Abgeordneter Sigisbert Dolinschek forderte etwa konkret eine zentrale Anlaufstelle für Zuschüsse, die rasche Herstellung von Barrierefreiheit sowie die Einrichtung eines Fonds zur finanziellen Unterstützung behinderter Menschen für die Rechtsdurchsetzung bei Diskriminierung.

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) verwies ebenso wie Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg (V) auf die laufenden Arbeiten des Nationalen Aktionsplans zum Thema Behinderte, der eine Reihe der in den vertagten Anträgen angesprochenen Punkte behandelt. Was wiederum die Initiative der Grünen hinsichtlich Blindenhunde betrifft, teilte Minister Rudolf Hundstorfer mit, sein Ministerium habe eine Stiftung geerbt, die es nun ermögliche, jährlich 30.000 € für die Finanzierung von Blindenhunden aufzuwenden. Eine Anerkennung von Blindenhunden als Rehabilitationsmaßnahme hielt Abgeordneter Dietmar Keck (S) nicht für sinnvoll, da, wie er befürchtete, dadurch die Ausbildungskosten der Hunde drastisch steigen würden. Besser wäre es, die Tiere in staatseigenen Einrichtungen ausbilden zu lassen, meinte er.

Hundstorfer: Österreich ist "Weltmeister" bei PflegegeldbezieherInnen

Im Pflegebereich wandte sich die FPÖ gegen einen erschwerten Zugang zum Pflegegeld bei den Pflegestufen 1 und 2 (1365/A[E] ) und forderte in Form eines Abänderungsantrags, der allerdings keine Mehrheit fand, die Rücknahme der entsprechenden Bestimmungen im Budgetbegleitgesetz. Das BZÖ urgierte ein umfassendes Pflege-Gesamtkonzept, zu dem nach Meinung von Abgeordneter Ursula Haubner auch die jährliche Anpassung des Pflegegelds, die Einrichtung eines Pflegefonds und ein bundesweit einheitlicher Kriterienkatalog für Pflegegelduntersuchungen gehören (1326/A[E]) . Diese Initiative wurde vertagt.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer erinnerte im Zuge der Debatte, Österreich sei mit einem Anteil von 5,1 % PflegegeldbezieherInnen an der Gesamtbevölkerung "Weltmeister", dies allein zeige schon, dass das heimische System der Pflegestufen gut funktioniere. Bei den Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes gehe es lediglich darum, den Zugang zum Pflegegeld leicht zu dämpfen.

Abgelehnt wurde ein Antrag der FPÖ betreffend eine Reform der Invaliditätspension, in dem die Abgeordneten Andreas Karlsböck und Walter Rosenkranz vor allem Maßnahmen gegen den Missbrauch forderten. Vertagt wurde ein Antrag des BZÖ betreffend Erweiterung der Aufgaben der Pensionssicherungskommission. In der Minderheit blieb ein Antrag der Grünen , in dem Abgeordneter Albert Steinhauser Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Zuerkennung einer "Witwen-/Witwerpension" bei eingetragenen Partnerschaften zur Vermeidung von Härtefällen forderte.

Bundesminister Hundstorfer wies die Vorwürfe des Missbrauchs im Zusammenhang mit der Invaliditätspension scharf zurück und erinnerte daran, dass der Zuerkennung eine strenge Begutachtung durch drei MedizinerInnen voranzugehen habe. Auch bezüglich des in der Debatte vom Abgeordneten Andreas Karlsböck (F) angesprochenen mutmaßlichen Täters im Fall Cain seien diese Kriterien angewendet worden, die Invaliditätspension sei nach einer Begutachtung durch drei Ärzte zu Recht zugesprochen worden und habe im Übrigen mit dem anschließenden Verbrechen nichts zu tun.

Schließlich vertagten die Koalitionsparteien einen Antrag des BZÖ , der darauf abzielt, freiwilliges Engagement, etwa bei der Feuerwehr oder beim Roten Kreuz, stärker zu fördern und die Rahmenbedingungen für Freiwilligenarbeit zu verbessern.  (Schluss Sozialausschuss)


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