Parlamentskorrespondenz Nr. 68 vom 31.01.2012

Stabilität steigern, Vertrauen stärken

EU-Unterausschuss berät über Regulierung des Finanzmarktes

Wien (PK) – Finanzpolitische Themen wie Basel III und die Finanztransaktionssteuer beherrschten den zweiten Teil des heutigen  EU-Unterausschusses des Nationalrats. Die Abgeordneten setzten damit ihre Diskussion vom 22. November des Vorjahres fort, nachdem damals die entsprechenden Tagesordnungspunkte vertagt worden waren (siehe PK-Meldung Nr. 1118/2011).

Basel III

Mit dem Vorschlag für eine Richtlinie ("CRD 4") und eine Verordnung ("CRR"), Teil 1, 2 und 3 über die Aufnahme der Tätigkeiten, Beaufsichtigung und aufsichtsrechtliche Anforderungen bei Kreditinstituten und Wertpapierfirmen soll "Basel III" umgesetzt werden. Ziel ist es, die Finanzmarktstabilität zu steigern, das Vertrauen der Anleger in das Finanzsystem zu stärken und die Resistenz des Finanzsystems in Finanzkrisen anzuheben. Vor allem sollen die Eigenkapitalbasis und die Liquidität im Bankensektor angehoben, der Verschuldungsgrad der Kreditinstitute reduziert und prozyklische Effekte vermieden werden. Zentrale Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung sind die höheren Anforderungen an die Qualität und Quantität des "harten Kernkapitals" und eine absolute Begrenzung des Verhältnisses der Ausleihungen zum Eigenkapital ("Leverage Ratio"). Das Liquiditätsregime soll weltweit harmonisiert werden und die vorzuhaltenden Kapitalpuffer haben sich an Stressszenarien zu orientieren. Darüber hinaus sollen die antizyklischen Elemente durch über den Konjunkturzyklus variierende Rückstellungserfordernisse (in der Aufschwungphase höher) gestärkt und das Risiko von Gegenparteien berücksichtigt werden.

Basel III tritt am 1. Jänner 2013 in Kraft, wobei einzelne Vorschriften in den ersten Jahren noch mit keinen Kapitalanforderungen verbunden sind, sondern erst beobachtet werden. (z.B. Leverage Ratio, Liquiditäts-Strukturkennzahl "Net Stable Funding Ratio"). Die Mitglieder der G 20 (darunter auch die USA) verpflichteten sich zur Umsetzung von Basel III, die USA zudem zur nachträglichen Umsetzung von Basel II und II.5 bis 31. Dezember 2012.

Zum Regelungspaket gehören darüber hinaus die Harmonisierung des europäischen Bankenaufsichtsrechts ("single rule book"), die weitere Stärkung der Corporate Governance und der Risikomanagementfunktion in den Kreditinstituten, sowie einheitliche Maßnahmen und Sanktionen, die von zuständigen Behörden gesetzt werden können, um die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands sicherzustellen bzw. Verstöße gegen das geltende Recht zu ahnden.

Österreich erwartet sich laut Finanzministerium durch die neuen Vorschriften eine Erhöhung der Finanzmarktstabilität, und eine Minimierung der Risiken für die SteuerzahlerInnen. Es gilt jedoch eine Verminderung der Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Bankensektors sowie eine Überwälzung der Kosten auf KundInnen zu vermeiden, stellt das Ressort fest. Außerdem müsse die Kreditvergabe an mittlere und kleine Unternehmen sichergestellt bleiben, auch seien die speziellen Besonderheiten der österreichischen Banken zu berücksichtigen, die grenzüberschreitend tätig sind. Die österreichische Kreditwirtschaft sei auch durch kleine, vornehmlich regional aktive Banken gekennzeichnet.

In der Debatte erinnerte Bundesministerin Maria Fekter daran, dass es seit 2008 Bemühungen auf europäischer Ebene gebe, die Finanzmärkte zu regulieren. Nunmehr nehme man die zweite Stufe in Angriff, was Österreich begrüße. Es bedürfe hier weder einer Zentralisierung noch eines "Kantönligeists", sondern eines vernünftigen Mittelwegs, der in einer ansprechenden Zusammenarbeit liege.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) meinte, es brauche drei wesentliche Punkte bei der Regulierung: entsprechende Eigenkapitalvorschriften, ein Insolvenzrecht für Banken, die grenzüberschreitend tätig sind, und eine Trennung zwischen Invest- und Geschäftsbereich. Diese Punkte müsse man adäquat berücksichtigen. Abgeordneter Günter Stummvoll (V) warnte davor, die Banken zu überfordern, denn man müsse sich des Umstands bewusst sein, dass diese unsere Wirtschaft finanzierten. Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) setzte sich mit den Gefahren einer Kreditklemme auseinander, und Abgeordneter Christoph Hagen (B) wies darauf hin, dass es die Bürgerinnen und Bürger gewesen seien, welche die Fehler der Banken durch ihre Steuergelder ausgeglichen hätten.

Finanztransaktionssteuer

Einmal mehr bekräftigten die Abgeordneten ihr Unterstützung zur Einführung der Finanztransaktionssteuer. Die von der Kommission vorgelegte Vorlage für eine diesbezügliche Richtlinie wurde demgemäß auch allgemein begrüßt.

Konkret sieht der Vorschlag eine breite Bemessungsgrundlage durch Einbeziehung aller Finanzprodukte und aller Transaktionen zwischen den Finanzinstituten vor. Ausgenommen sollen normale Finanztätigkeiten, wie z.B.: Kreditgeschäfte, Hypothekardarlehen, Versicherungen, von Privatpersonen und Unternehmen sein, ebenso Transkationen mit der EZB, den Zentralbanken der Mitgliedstaaten, der EFSF, Zentralen Gegenparteien (CCPs) und internationale Organisationen. Es sind niedrige Steuersätze von 0,1% des Kauf-/ Marktpreises bzw. für Derivate 0,01% vom Nominalbetrag angedacht; die Steuer wäre jeweils für den Verkäufer und den Käufer zu entrichten, sodass die Transaktion insgesamt mit 0,2% bzw. bei Derivaten mit 0,02% belastet wird. Umgehungen sollen insofern erschwert werden, indem Steuerpflicht entsteht, sobald zumindest eine Transaktionspartei in der EU ansässig ist.

Vorläufige Schätzungen der EU-Kommission gehen von einem Steuerertrag für die gesamte EU in der Höhe von rund 57 Mrd. € jährlich aus.

Für die Einführung einer solchen Steuer innerhalb der EU sprechen sich insbesondere Österreich, Frankreich, Deutschland, Spanien, Belgien und Finnland aus. Kritisch bis ablehnend haben sich bislang Schweden, Großbritannien und die Tschechische Republik geäußert.

Bundesministerin Maria Fekter berichtete vom aktuellen Stand der Diskussionen um diese Steuer und erklärte, es gebe mittlerweile eine recht breite Front für die Einführung dieser Maßnahme, wenngleich sie von einigen Staaten, etwa von Großbritannien, nach wie vor abgelehnt, und von anderen, etwa Schweden, skeptisch gesehen werde. Jedenfalls arbeite man kontinuierlich an der Umsetzung, wobei die zu erwartenden Einnahmen mit den Beiträgen der Mitgliedsländer gegengerechnet werden sollten, sodass sie davon ausgehe, dass Österreich entsprechend profitieren werde.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) sagte, wenngleich noch viel Arbeit vor uns liege, so stimme doch die Zielrichtung, was erfreulich sei. Dieser Ansicht schloss sich auch Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) an, der allerdings wissen wollte, wie die zu erwartenden Einnahmen tatsächlich aufgeteilt würden. Genau diese Frage war auch den Abgeordneten Johannes Hübner (F) und Christoph Hagen (B) ein Anliegen. Die Gelder dürften nicht irgendwo in Brüssel versiegen, die Mitgliedsländer müssten von ihnen konkret profitieren. Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) merkte schließlich noch kritisch an, er finde es befremdlich, dass nun ausgerechnet die Devisentransaktionen, die seinerzeit ja der Kern der Idee gewesen seien, von der Steuer ausgenommen werden sollten. Hier sollte man also noch einmal über die genaue Ausrichtung nachgedacht werden. (Schluss)