Parlamentskorrespondenz Nr. 134 vom 29.02.2012

Nationalrat: Hitzige Debatte über Spritpreise

Dringlicher Antrag des BZÖ

Wien (PK) - "Genug gezahlt - ungenierte Abzocke an den Zapfsäulen der Tankstellen sofort stoppen!" Unter diesem Titel brachte der BZÖ-Klubobmann, Abgeordneter Josef Bucher einen Dringlichen Antrag in der heutigen Sitzung des Nationalrats ein, der ab 15 Uhr zur Diskussion stand. Darin fordert das BZÖ unter anderem die Senkung der Mineralölsteuer, die Öffnung der Bundes- und Landestankstellen, die Einführung einer marktorientierten Höchstpreisregelung analog zu den Rotterdamer Börsepreisen und einen kilometerabhängigen Pendler-Absetzbetrag.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) begründete den Dringlichen Antrag mit dem Hinweis auf die aktuelle Entwicklung der Treibstoffpreise, ihm gehe es um die Lebensqualität der Menschen in diesem Land, sagt er. Die Menschen würden nicht verstehen, warum die Politik untätig bleibe, statt mit kreative Antworten den Öl-Multis entgegenzutreten. Die österreichische Bundesregierung agiere jedoch selber als Preistreiber, sagte Bucher.

Seit Jahre beobachte man bei jeder Krise steigende Ölpreise, die sich sofort auf die Treibstoffpreise auswirken. Ein Fallen der Ölpreise werde aber nie an die KonsumentInnen weitergegeben. Bucher vermutete dahinter eine Kartellbildung der Ölfirmen, es finde daher eine regelrechte "Abzocke" statt. Dem Wirtschaftsministerium warf Bucher vor, hier nicht nur untätig zu sein, sondern die Situation noch zu verschlimmern. Angesichts der Tatsache, dass seit 2000 die Lebenshaltungskosten um 25 %, die Kosten für den Betrieb eines Autos sogar um 30 % gestiegen seien und auch der öffentliche Nahverkehr sich verteuert habe, sei das nicht hinnehmbar.

Angesichts dieser Situation lege das BZÖ deshalb ein Maßnahmenpaket vor, das einen Beitrag zu einer Umkehr der Preisentwicklung darstellen. Diese Forderungen seien erstens die Rücknahme der Mineralölsteuererhöhung, weiters mehr Wettbewerb durch Öffnung zusätzlicher Landes- und Bundestankstellen und die Einführung des Luxemburgischen Modells einer festgelegten Preisspanne. Das BZÖ fordere einen kilometerabhängigen Pendler-Absetzbetrag, die Auspreisung des Spritpreises mit nur mehr 2 Kommastellen und zudem Maßnahmen gegen Preisabsprachen und Kartellbildung. Das BZÖ werde als kleinen symbolischen Beitrag am 1. März einen Tankstellenboykott ausrufen, erklärte Abgeordneter Bucher.    

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER bedauerte in seiner Stellungnahme, die Vorschläge Buchers würden keinen Beitrag zu einem kreativen Dialog in dieser ernsten Angelegenheit bieten. Vielmehr arbeite das BZÖ mit unsachlichen Argumenten. Tatsache sei, dass der Preisanstieg bei Treibstoffen weltweit zu beobachten sei. Da Österreich zu 90 % von Importen abhänge und die Preise in Österreich derzeit sogar unter EU-Durchschnitt liegen, sei der Vorwurf der "Abzocke" gegenüber der Bundesregierung keinesfalls gerechtfertigt. Der Anstieg der Mineralölsteuer sei außerordentlich niedrig gewesen, und daher sei hier kaum etwas zu bewegen. Zudem herrsche in Österreich ein hoher Wettbewerb bei Treibstoffen. Das BZÖ fordere im Grunde eine amtliche Regelung der Spritpreise. Eine solche sei aber nur dann möglich, wenn bei Anbietern eine durch die Umstände nicht gerechtfertigte Preisentwicklung festzustellen sei. Das sei derzeit aber nicht der Fall. Andere Forderungen des BZÖ wären schon aufgrund der geltenden Wettbewerbsvorschriften nicht umsetzbar, meinte der Minister.

Österreich habe durch Maßnahmen wie die Spritpreisdatenbank die Preisentwicklung in den Griff bekommen. Von allen Vorschlägen des BZÖ sei allenfalls die Idee eines kilometerabhängigen Pendler-Absetzbetrags wert zu diskutieren, sagte Mitterlehner. Mit Problemen der Kartellbildung müsse man sich auf internationaler Ebene auseinandersetzen, Österreich alleine könne hier wenig tun. Insgesamt halte er es für verfehlt, auf ein Sinken der Spritpreise zu setzen, stellte der Minister fest. Langfristig könne die Antwort nur im Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und im Umstieg auf Alternativenergien und mehr Energieeffizienz bestehen.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) warf Bundesminister Mitterlehner vor, der Frage, wie man die hohen Treibstoffpreise in den Griff bekommen könne, völlig ausgewichen zu sein. Die Bundesregierung kassiere an den Preiserhöhungen kräftig mit und vertrete deshalb eher die Interessen internationaler Konzerne, als die der AutofahrerInnen. Eine Öffnung der Landestankstellen und amtliche Preisregelungen seien angesichts der Preisentwicklung richtige und mögliche Maßnahmen, sagte Westenthaler, und kündigte auch einen ausgearbeiteten Vorschlag zur Pendlerpauschale innerhalb der nächsten Tagen an.

Nicht nur sei Autofahren massiv teuer geworden. Diesen Winter konnten es sich 250.000 Haushalte nicht mehr leisten, ausreichend zu heizen. Die Gewinner dieser Entwicklungen sollten ihren Beitrag zum Sparpaket leisten, unterstrich Westenthaler. Das BZÖ werde daher nicht ablassen, weiter Maßnahmen gegen die Mineralölmafia einzufordern. 

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) erwiderte seinem Vorredner, das BZÖ verkenne seiner Meinung nach die Realitäten. Die Bundesregierung habe es geschafft, Maßnahmen zu setzen, aufgrund derer die Treibstoffpreise in Österreich unter dem EU-Durchschnitt liegen. Das sei aber durch mehr Wettbewerb gelungen. Es verwundere ihn daher, wenn eine wirtschaftsliberale Partei nun jene planwirtschaftlichen Methoden einfordere, deren negative Auswirkungen längst bewiesen seien. Was die Entwicklung der Ölpreise betreffe, so könnte nur die Eindämmung der internationalen Spekulation eine signifikante Änderung herbeiführen, schloss Matznetter.  

Auch Abgeordneter Peter HAUBNER (V) meinte, Österreich könne sich nicht von den internationalen Entwicklungen auf dem Rohstoffsektor abkoppeln. Die OMV mit einer Sonderdividende zu belasten, sei sicher der falsche Weg. Sie verschaffe vielmehr durch ihre Entscheidungen Österreich besseren Zugang zu günstigen Rohstoffen. Haubner gab zu bedenken, dass ein Drittel der 2.600 österreichischen Tankstellen Familienbetriebe seien und 7.000 Arbeitsplätze sicherten. Ein Boykott dieser Betriebe sei sicher nicht das richtige Signal in Richtung der KMU. Der Ausweg könne letztlich nur in der Entwicklung alternativer Energien bestehen, wie das Bundesminister Mitterlehner bereits ausgeführt habe. 

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) warf den Regierungsparteien vor, sich über die Sorgen der Bevölkerung lustig zu machen, und sprach von "Arroganz der Macht". Hinweise auf die internationale Entwicklung ließ er als Argumente für die hohen Spritpreise nicht gelten. Der Redner sah vielmehr Handlungsbedarf seitens der Regierung und forderte eine Öffnung der Landestankstellen nach dem Vorbild Kärntens und eine amtliche Preisregelung.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER replizierte auf Strutz, der Verkauf von Treibstoff unter dem Einstandspreis durch die Öffnung von Landestankstellen sei vom OGH als Wettbewerbsverzerrung verboten worden.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) sah durch die hohen Spritpreise nun vor allem die Zeit gekommen, Alternativen zum Erdöl zu entwickeln, um aus der Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern herauszukommen. Er verlangte in diesem Zusammenhang den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, eine, wie er sagte, vernünftige Raumplanung sowie die Förderung neuer Antriebstechnologien. Als falsch bezeichnete er jedenfalls Investitionen in den Bau von Autobahnen.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) hielt die Forderung seiner Fraktion nach einer amtlichen Preisregelung aufrecht und erinnerte daran, dass die SPÖ in ihrer Oppositionszeit selbst einen diesbezüglichen Antrag gestellt hatte.

Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) gab zu bedenken, die Mineralölsteuer sei nicht für die Höhe der Spritpreise verantwortlich, eine Senkung würde daher langfristig auch nicht zu einer Entlastung führen. Sinnvoller wären ihrer Meinung nach eine Erhöhung der Pendlerpauschale und Investitionen in den öffentlichen Verkehr.

Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) schlug vor, die Pendlerpauschale durch steuerliche Maßnahmen abzulösen, bei denen die tatsächlich gefahrenen Kilometer berücksichtigt werden. Wichtig war für den Redner auch die Entwicklung von Alternativen zu fossilen Energieträgern.

Abgeordneter Mathias VENIER (F) forderte eine Senkung der Mineralölsteuer und der Tourismusabgabe auf Treibstoff sowie den Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll. In einem Entschließungsantrag drängte er überdies auf amtliche Preiskontrollen, die Anhebung des Kilometergeldes und eine Erhöhung der Pendlerpauschale.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) plädierte in ihrer Wortmeldung für die Anhebung und Ökologisierung der Pendlerpauschale, für die Entwicklung von Alternativen zum Erdöl und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) beharrte auf den Forderungen ihrer Fraktion nach Senkung der Mineralölsteuer und amtlicher Preisregelung und kritisierte darüber hinaus mit scharfen Worten die Preiserhöhung beim Wiener Parkpickerl.

Abgeordneter Johann MAIER (S) sprach dem BZÖ-Klubobmann Josef Bucher angesichts der bisherigen Ergebnisse des Untersuchungsausschusses das Recht ab, von Moral zu sprechen. Die hohen Treibstoffpreise seien Folge von Spekulationen auf den Rohstoffmärkten, des fehlenden Wettbewerbs und des schwachen Eurokurses. Solche Probleme ließen sich nur international regeln, zeigte sich der Redner überzeugt. Vorschlägen für eine amtliche Preisregelung erteilte der Abgeordnete eine Absage und berichtete von bereits eingeleiteten Maßnahmen gegen Spekulationen sowie von behördlichen Untersuchungen des Preisverfahrens. Die europäischen Kartellbehörden seien erfolgreich tätig, hielt Maier fest und unterstrich in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Kronzeugenregelung.

Abgeordneter Hermann SCHULTES (V) klärte darüber auf, dass in einer Marktwirtschaft die Preise knapper Güter steigen, was derzeit bei Benzin, Diesel und Heizöl beobachtet werden könne. Es gelte, Alternativen zum Ölverbrauch zu suchen und fossile Energieträger durch Einsatz erneuerbarer Energieträger zu ersetzen. Biomasse, Biosprit und Biodiesel sowie Pellets seien längst konkurrenzfähig, sagte Schultes mit Nachdruck. Erdgas könne zunehmend durch Biogas ersetzt werden, Bioethanol ersetze in Brasilien längst fossiles Benzin, merkte er an. "Die Lösung des Problems teurer Treibstoffe besteht in der Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern", zeigte sich Schultes überzeugt. 

Abgeordneter Christian HÖBART (F) warf den Grünen und den Rednern der Koalitionsparteien vor, kein Interesse an den Sorgen der Menschen zu haben oder gar nicht zu wissen, was die Menschen täglich an den Zapfsäulen erleben. Der exorbitante Preisanstieg bei den Treibstoffen um 80 % im Vergleich zu 2000 stehe in keinem Verhältnis zur Einkommensentwicklung der ÖsterreicherInnen. Der Abgeordnete wandte sich insbesondere auch gegen die Belastung der ÖsterreicherInnen durch Bundesabgaben, während die Regierung Milliardenbeträge in der EU und in der griechischen Ägäis versenke. Ein Kraftakt des Wirtschaftsministers zur Senkung der Treibstoffpreise, eine Senkung der Mineralölsteuer sowie eine Erhöhung des Pendlerpauschales und des Kilometergeldes des Wirtschaftsministers sei dringend erforderlich, schloss der Abgeordnete.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) unterstrich das Interesse der Menschen, nicht zu pendeln und dabei viel Zeit, Geld und Lebensqualität zu vergeuden, sondern Arbeitsplätze in ihren Regionen zu finden und verlangte eine Umstellung der Förderungspolitik. Dazu gehöre der Ausbau der Öffis und die Entwicklung neuer Antriebstechnologien. Die Rednerin trat für die Förderung der Elektromobilität ein und verlangte Infrastrukturinvestitionen, insbesondere in die notwendigen Ladestationen. Das Verkehrssystem sei umzubauen, das Steuersystem ökologisch umzugestalten und die Energiewende voranzutreiben, forderte Ruperta Lichtenecker.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) erinnerte Abgeordneten Maier an das Verlangen der Arbeiterkammer, Höchstpreise für Treibstoffe festzusetzen. Die Regierungsparteien machten aber der Großindustrie zu Lasten der KonsumentInnen die Mauer. Höchstpreisdeckelung und eine Sonderdividende der OMV zugunsten einer Mineralölsteuersenkung lauteten die Vorschläge des Abgeordneten. Denn der Ölpreis steige mit jeder internationalen Krise, sinke aber nie nach deren Ende - die Regierung aber fülle ihre Taschen auf Kosten der AutofahrerInnen, schloss der Abgeordnete.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) wies Berechnungen zurück, die darauf hinauslaufen, die Treibstoffpreiskalkulation der OMV zu rechtfertigen. Die Preispolitik der Konzerne entspreche nicht den Marktgegebenheiten. Es sei nicht zu erklären, warum die Spritpreise in Ballungszentren mit hohem Einkommensniveau niedrig, in abgelegenen wirtschaftlich schwachen Gebieten aber hoch seien. Während die Treibstoffhändler profitierten, stöhnten die KonsumentInnen unter "wahnsinnigen" Spritpreisen, sagte der Redner und kritisierte den Wirtschaftsminister für sein Schweigen angesichts dieser Entwicklung.

Abgeordneter Josef JURY (F) zeigte sich verwundert darüber, mit welcher Energie die Vertreter der Koalitionsparteien das System der europäischen Wirtschaftspolitik und die Machenschaften der Großkonzerne verteidigen. Bei den Menschen hörte Jury einen immer lauter werdenden Abgesang auf die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union und warf auch den Arbeiterkammern vor, die "Abzocke" zu Lasten der Menschen zu decken. Der Redner warnte vor dem Aufruhr der Menschen und forderte die Rückkehr zu einer vernünftigen nationalstaatlichen Wirtschaftspolitik in den Ländern Europas.

Der selbstständige Antrag des BZÖ blieb bei der Abstimmung in der Minderheit. Mehrheitlich abgelehnt wurde auch der Entschließungsantrag der FPÖ zur Entlastung der Autofahrer.

(Schluss Dringlicher Antrag/Fortsetzung Nationalrat)