Parlamentskorrespondenz Nr. 181 vom 13.03.2012

Große Themenpalette im Außenpolitischen Ausschuss

Anträge zu Nigeria, Iran und Waffenhandelsvertrag angenommen

Wien (PK) – Die Mitglieder des Außenpolitischen Ausschuss es nützten heute den Bericht des Außenministers zum EU-Arbeitsprogramm für das Jahr 2012 zu einer ausführlichen außenpolitischen Debatte. Dabei unterstrich Staatssekretär Wolfgang Waldner das Bemühen Österreichs auf internationaler Ebene um eine friedliche Lösung von Konflikten. Die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen müssen vor dem Internationalen Strafgerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Waldner. Den von der Innenministerin gemachten Vorschlag, wonach man die Kooperation im Bereich Entwicklungszusammenarbeit (EZA) mit der Bereitschaft der Länder, AsylwerberInnen zurückzunehmen, koppeln sollte, bezeichnete er als einen Diskussionsbeitrag, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass die nach Österreich kommenden Flüchtlinge kaum aus jenen Ländern kommen, auf die sich Österreich im Rahmen der EZA konzentriert. Er unterstrich einmal mehr die Notwendigkeit einer einheitlichen Position der EU im Rahmen der Nahostpolitik. Der Bericht wurde mit S-V-G-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Auf der Tagesordnung des Ausschusses standen in weiterer Folge sehr unterschiedlichen Materien. Die Palette reichte vom Internationalen Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, einem Abkommen über den Amtssitz der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich über den Einspruch Österreichs gegen den Beitritt von Usbekistan zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer Urkunden von der Beglaubigung bis hin zur Menschenrechtslage in Nigeria und im Iran und zur Verhandlungsposition Österreichs zum internationalen Waffenhandelsvertrag.

Diese Vorlagen fanden die Zustimmung aller Fraktionen, lediglich der Antrag zur aktuellen Menschenrechtslage im Iran wurde seitens der FPÖ mit dem Argument abgelehnt, massive Menschenrechtsverletzungen gebe es in der gesamten Region und man dürfe nicht mit zweierlei Maß messen.

Waldner: Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele darf nicht unterstützt werden

Der Bericht des Außerministers zum EU-Arbeitsprogramm für das Jahr 2012 gab heute den Abgeordneten Gelegenheit zu einem umfassenden außenpolitischen Gedankenaustausch mit Staatssekretär Wolfgang Waldner. Dabei wurden die weltweiten Krisenherde genauso angesprochen wie die bedrohliche Menschenrechtslage in zahlreichen Staaten, die EU-Erweiterung und die Schwerpunkte österreichischer Außenpolitik.

Der Staatssekretär betonte, es sei gelungen, im operativen Bereich der EZA keine Einsparungen vornehmen zu müssen. Dasselbe gelte auch für das operative Auslandskulturbudget, fügte er hinzu. Nachdem die Abgeordneten Petra Bayr (S) und Judith Schwentner (G) Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wegen deren Aussage scharf kritisiert hatten, die österreichische Entwicklungszusammenarbeit sollte an die Kooperation der Länder bei der Rückführung von AsylwerberInnen gekoppelt werden, merkte Waldner an, dies sei derzeit nicht Gegenstand der Diskussion. Außerdem lägen die Schwerpunkte der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in anderen Regionen als jenen, aus denen die meisten Flüchtlinge kommen. Im Gegensatz zu den beiden genannten Abgeordneten befürwortete Abgeordneter Johannes Hübner (F) jedoch diesen Ansatz.

Waldner ging aufgrund einiger Wortmeldungen näher auf die Arbeit Österreichs im UN-Menschenrechtsrat ein und bekräftigte, Österreich spreche sich vehement dafür aus, dass jene, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, auch entsprechend zur Verantwortung gezogen werden. Er listete drei Arbeitsschwerpunkte aus heimischer Sicht auf und nannte zunächst den Schutz der Religionsfreiheit. Immer mehr Christen seien durch Verfolgung bedroht, die EU habe nun aufgrund einer österreichischen Initiative eine Task-Force zur Religionsfreiheit eingerichtet, berichtete er. Außenminister Spindelegger habe auch gegenüber Europas "Außenministerin" Lady Ashton konkrete Schritte der EU zum Schutz von Minderheiten vorgeschlagen. Darüber hinaus lege Österreich seinen Fokus auf das Jugendstrafrecht und auf die Gewalt gegen Kinder in Haft.

Österreich habe auch 250.000 € als Soforthilfe für die internationalen Organisationen bereitgestellt, um den Opfern in Syrien Hilfe zu leisten. Leider würde den Organisationen derzeit der Zutritt in die Krisengebiete verwehrt, kritisierte der Staatssekretär. Die heimische Außenpolitik trete grundsätzlich für eine friedliche Lösung von Konflikten ein und unterstütze die Ernennung des ehemaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan zum Sonderbotschafter für Syrien. Den Vorwurf des Abgeordneten Herbert Scheibner (B), die internationale Politik handle gegenüber den Vorgängen in Syrien blauäugig, denn dort gebe es nicht nur friedliche Demonstranten, sondern auch bewaffnete Gruppen, die keineswegs den Demokratisierungsprozess unterstützen, begegnete der Staatssekretär damit, dass Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele nicht unterstützt werden dürfe, egal von welcher Seite sie kommt.

Was den Iran betrifft, so hielt Waldner die Verfolgung von zwei Strategien für notwendig, einerseits Sanktionen zu erlassen, andererseits zu versuchen, den Iran wieder an den Verhandlungstisch zu bekommen. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, in Bezug auf den Iran mit zweierlei Maß zu messen, da man in einigen Ländern die Menschenrechtslage anprangere, in anderen, wie etwa in China, aber nicht. Österreichische VertreterInnen wiesen in allen Gesprächen dezidiert auf Menschenrechtsverletzungen hin, egal um welches Land es sich dabei handelt, konstatierte Waldner, und verträten dabei auch immer die ablehnende Haltung zur Todesstrafe.

Im Hinblick auf die Unterstützung der Länder in Nordafrika trete Österreich für eine "more for more"-Lösung ein, das bedeute, je mehr Wille ein Land zu Reformen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte beweise, desto mehr Kooperation gebe es. Besorgt zeigte sich der Staatssekretär hinsichtlich der sich abzeichnenden humanitären Katastrophe in der Sahel-Zone, wo 15 bis 20 Millionen Menschen von einer Hungersnot bedroht sind. Die EU habe einen namhaften Betrag in Aussicht gestellt, das Außenressort habe eine Mio. € freigegeben, vom Lebensministerium kämen 500.000 €. In diesem "more for more"-Programm fänden sich auch Initiativen zur Verbesserung der Situation von Frauen, fügte er hinzu.

Auch das Thema EU-Erweiterung und die Annäherung der Länder des Westbalkans kamen in der Diskussion zur Sprache. Dabei merkte Waldner an, Bosnien gebe Anlass zu "vorsichtiger Hoffnung". Albanien habe wertvolle Zeit verloren, nun sei aber der Wille zu erkennen, Reformschritte zu setzen. Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien bezeichnete der Staatssekretär als überfällig und meinte, sie sollten nicht von der Lösung des Namenstreits mit Griechenland abhängig gemacht werden. Mit Montenegro könnten bald Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden, informierte Waldner.

Der Staatssekretär bekräftigte einmal mehr die Bedeutung der Schwarzmeerregion für Österreich, mit den betreffenden Ländern finde ein reger Austausch statt. Die Region werde auch weiterhin Schwerpunkt österreichischer Außenpolitik sein.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) thematisierte den mehrjährigen Finanzrahmen, wobei über diesen noch verhandelt werde, wie Waldner dazu ausführte. Österreich trete dafür ein, zuerst den Gesamtrahmen festzulegen und erst dann zu den einzelnen Kapiteln überzugehen. Jedenfalls achte man auch auf Europäischer Ebene auf ein sparsames Vorgehen, bekräftigte der Staatssekretär.

Er informierte weiter, dass eine "Wissenslandkarte" erstellt werde, mit dem Ziel der Internationalisierung der Wissenschaft.

An der Diskussion beteiligten sich die Abgeordneten Christine Muttonen, Petra Bayr, Josef Cap, Renate Csörgits (alle S), Reinhold Lopatka, Wolfgang Großruck, Katharina Cortolezis-Schlager (alle V), Johannes Hübner, Andreas Karlsböck (beide F), Judith Schwentner, Alev Korun, Alexander Van der Bellen (alle G) sowie Herbert Scheibner und Gerhard Huber (beide B).

Internationaler Schutz vor dem Verschwindenlassen

Die Ausschussmitglieder genehmigten im Anschluss daran das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen einstimmig.

Verschwindenlassen von Personen ist ein Mittel staatlicher Repression, das nach wie vor weit verbreitet ist und insbesondere im  Kampf gegen den Terrorismus neue Aktualität gewonnen hat. Mit dem gegenständlichen Übereinkommen hat die UNO nun erstmals ein Instrument geschaffen, die Praxis des Verschwindenlassens sowohl präventiv als auch repressiv zu bekämpfen. Gemäß dem Abkommen sind alle Vertragspartner dazu verpflichtet, das Verschwindenlassen unter Strafe zu stellen und Opfern Wiedergutmachung und Entschädigung zu leisten. Den Familien der Opfer wird ein eigenes Informationsrecht zugestanden. Überdies schafft die UNO einen eigenen Kontrollmechanismus, um die Umsetzung des Abkommens zu überwachen und allfällige Verstöße dagegen zu ahnden.

Nach ebenfalls einstimmigem Beschluss wird Österreich gegen den Beitritt Usbekistans zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden wegen zu großer Urkundenunsicherheit in diesem Staat Einspruch erheben. Damit bleiben die bisherigen Regelungen im bilateralen Verkehr aufrecht.

Status der Anti-Korruptionsakademie wird geregelt

Mit dem Übereinkommen, durch das der Status der Internationalen Anti-Korruptionsakademie, die ihren Sitz in Laxenburg hat, geregelt wird, werden der Akademie die Unverletzlichkeit ihres Amtssitzes, die Befreiung von der Gerichtsbarkeit, die Unverletzlichkeit der Archive und die Befreiung von Steuern und Zöllen gewährt. Inhalt des Vertrags sind ferner die Privilegien und Immunitäten der MitarbeiterInnen der Akademie und ihres Dekans sowie leitender BeamtInnen. Auch diese Vorlage passierte den Ausschuss einstimmig.

Sorge um die Menschenrechtslage in Nigeria und im Iran

Die bedrohliche Lage für Minderheiten in Nigeria, insbesondere für die dort lebenden Christen haben Abgeordnete von SPÖ, ÖVP und Grünen zum Anlass genommen, einen Entschließungsantrag einzubringen, der von allen Fraktionen angenommen wurde. Die gewaltsamen Konflikte in Nigeria werden vor allem durch die islamistische Terrorgruppen "Boko Haram" provoziert, die einen islamischen Staat mit der Scharia in Nigeria errichten wollen.

Die Abgeordneten fordern nun die Bundesregierung auf, sich sowohl in ihren bilateralen Beziehungen als auch auf EU-Ebene für Rechtstaatlichkeit und den Schutz aller religiöser Gemeinschaften in Nigeria einzusetzen. Außerdem soll die Bundesregierung bei der Ausarbeitung der EU-Menschenrechtsstrategie auf verstärkte Betonung der Religionsfreiheit und auf vermehrten Schutz ethnischer Minderheiten drängen. Zudem soll auf eine nachhaltige Entwicklung in Nigeria Bedacht genommen werden.

Den Ausschuss passierte heute ein weiterer S-V-G- Entschließungsantrag   mehrheitlich, der sich mit der Menschenrechtslage im Iran auseinandersetzt. Darin wird der Außenminister ersucht, sich für die Aufhebung des Hausarrests iranischer Regimekritiker und für die Freilassung inhaftierter Angehöriger von Minderheitenreligionen einzusetzen. Selbiges soll auch für JournalistInnen, KünstlerInnen und MenschenrechtsaktivistInneen getan werden. Insbesondere soll auf den Iran eingewirkt werden, die Todesstrafe sofort abzuschaffen.

Lediglich die FPÖ stimmte dagegen. Abgeordneter Johannes Hübner (F) argumentierte, mit dem Antrag werde willkürlich ein Land herausgenommen, während man vor den anderen Ländern mit ebenfalls massiven Menschenrechtsverletzungen die Augen schließe. Der Iran sei von Atommächten umgeben, gegen die man keinen Finger rühre, obwohl auch sie keine Kontrolle zuließen. Abgeordneter Herbert Scheibner (B) gab seinem Vorredner zwar Recht, wies aber darauf hin, dass es in diesem Antrag um Menschenrechte gehe, die unteilbar seien. Er regte aber Anträge hinsichtlich der prekären menschenrechtlichen Situation in anderen Ländern an. Auch die Abgeordneten Christine Muttonen (S) und Alev Korun (G) betonten, dass es in dem Antrag um die verheerenden Menschenrechtsverletzungen im Iran gehe.

Antrag der Grünen zu internationalem Waffenhandelsvertrag einstimmig angenommen

Die Initiative der Grünen, Österreich solle bei den Verhandlungen über den internationalen Waffenhandelsvertrag für die Festschreibung  "bestmöglicher Standards" eintreten, wurde ebenfalls von allen Ausschussmitgliedern einhellig unterstützt. Überall dort, wo ein maßgebliches Risiko besteht, dass konventionelle Waffen zu Menschenrechtsverletzungen führen, soll demnach ein Waffentransport nicht genehmigt werden dürfen. Der Vertrag sollte möglichst lückenfrei sein, so das weitere Anliegen, und es sollte effiziente Durchsetzungsmechanismen für die Einhaltung der Vertragspflichten geben. (Schluss)