Parlamentskorrespondenz Nr. 219 vom 21.03.2012

Tourismuswirtschaft: Minister Mitterlehner mit positiven Erwartungen

Starke Zuwächse bei Gästen aus Osteuropa

Wien (PK) – In einer aktuellen Aussprache informierten die Geschäftsführer der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), Franz Hartl und Wolfgang Kleemann, die Mitglieder des Tourismusausschusses über aktuelle Entwicklungen in der heimischen Tourismusbranche. Angesichts nach wie vor geringer Betriebsgrößen und von Problemen bei der Eigenkapitalausstattung bemühe sich die ÖHT, innovative Investitionen durch Finanzierungen und Haftungen sowie durch die Abwicklung von Bundesförderungen und Beratungen zu erleichtern. Angesichts überdurchschnittlicher Investitionen und einer guten Entwicklung bei den Nächtigungen, insbesondere bei Gästen aus den neuen EU-Mitgliedsländern und aus Russland blickte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in der Debatte mit durchaus positiven Erwartungen in die Zukunft des heimischen Fremdenverkehrs. Auf Antrag aller Fraktionen verabschiedete der Ausschuss Entschließungen zur Aktualisierung der Schulmaterialien in der Tourismusausbildung, für einen fairen Wettbewerb auf Online-Buchungsplattformen und zur verstärkten Kooperation zwischen Österreich Werbung und staatlich geprüften FremdenführerInnen.

Die Arbeit der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT)

ÖHT-Geschäftsführer Wolfgang Kleemann identifizierte als Hauptproblem der österreichischen Tourismuswirtschaft die relativ geringe Größe der Betriebe, die im Durchschnitt nur 40 Betten pro Haus aufweisen. Der Entwicklungstrend gehe bei insgesamt sinkender Bettenanzahl in Richtung Fünf- und Viersternbetriebe, die Zahl der Dreisternbetriebe gehe leicht zurück, Ein- und Zweisternbetriebe gehen allmählich ganz aus dem Markt, berichtete Kleemann. Das zweite Problem sei die mangelnde Eigenkapitalausstattung der Betriebe, die teilweise auch auf starke Investitionstätigkeit bei nachhinkenden operativen Ergebnissen zurückzuführen sei.  

Seit dem Jahr 2011 gilt in der Tourismusförderung eine zwischen Bund und Ländern vereinbarte "Förderpyramide". Für Förderungen unter 100.000 € sind alleine die Länder zuständig, führte Wolfgang Kleemann aus. Doppelgleisigkeiten können so vermieden, Verwaltungskosten reduziert und Budgeteinsparungen erreicht werden. In der Tätigkeit der ÖHT werde die Besicherung von Krediten durch Haftungen immer wichtiger, insbesondere bei der Jungunternehmer-Förderung sowie deshalb, weil besicherte Kredite nicht eigenkapitalunterlegungspflichtig sind.

Der Bund fördert nicht nur einzelne Betriebe, sondern das "Gesamtkunstwerk Tourismus", also die Vernetzung von Betrieben oder auch Bootsverleiher, Schiffsunternehmen und kreative Ideen, sogenannte "Leuchtturmprojekte". Außerdem informierte Kleemann über die Förderung von Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen in der Tourismuswirtschaft.

ÖHT-Geschäftsführer Franz Hartl erklärte den Ausschussmitgliedern die Struktur des Privat-Public-Partnership-Unternehmens ÖHT, dessen Funktion es ist, Tourismusunternehmen zu finanzieren und zu fördern, Haftungen zu übernehmen und das Tourismusförderungsprogramm des Bundes umzusetzen. Außerdem widme sich die ÖHT der Beratung der Betriebe und stellt statistische Daten zur Verfügung. Im Jahr 2011 konnte ein Investitionsvolumen von 880 Mio. € ausgelöst und damit ein Rekordwert erreicht werden, teilte Franz Hartl mit. Zu den Zielen der Tourismusförderung des Bundes zählen der Ganzjahrestourismus und die Steigerung der Investitionen im Sommertourismus. Der Schwerpunkt der Förderungsaktionen liegt in den Bereichen Betriebsgrößenoptimierung, innovative Investitionen, Qualitätsverbesserung und Mitarbeiterunterbringung. 99 % der Förderungen entfallen auf KMU, 2011 wurden 257 Unternehmensneugründungen und insgesamt 160.000 Gästebetten gefördert, teilte Geschäftsführer Hartl den Abgeordneten mit.

Auf Detailfragen der Ausschussmitglieder erläuterte Franz Hartl die Jungunternehmerförderung der ÖHT, in der Investitionsförderungen, Haftungsübernahmen, aber auch Beratungsangebote eine große Rolle spielen. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) erfuhr auf ihre Fragen auch, dass die Förderpyramide zu Einsparungen von 1,4 Mio. € geführt habe, was es erlaube, mittels Zuschüssen zusätzliche Investitionen von 15 Mio. € zu unterstützen.

Zum Thema "Kreditklemme" hatte Wolfgang Kleemann unterschiedliche Wahrnehmungen: Großbanken zeigten bei der Kreditvergabe Zurückhaltung, Regionalbanken nicht. Deshalb und im Hinblick auf Basel III werden Haftungen immer wichtiger, weil besicherte Kredite nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, sagte Kleemann Abgeordnetem Franz Hörl (V).

20 % aller geförderten Investitionen gelten Infrastrukturprojekten, etwa Golfplätzen oder Beschneiungsanlagen. Bei Beschneiungsanlagen ortete Kleemann allmählich eine Sättigung des Bedarfs.

Abgeordneter Franz Hörl (V) stimmte mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in der positiven Beurteilung der guten Arbeit der ÖHT überein und bedankte sich überdies beim Wirtschaftsminister für dessen engagiertes Auftreten im Interesse des Österreichtourismus bei der Berliner Tourismusmesse. Hörls Interesse galt der Refinanzierung der ÖHT.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) interessierte sich für Haftungsausfälle im Tourismus, für Maßnahmen zur Erhöhung der Familienfreundlichkeit der Betriebe und für die Entwicklung der Eigenkapitalausstattung der Unternehmen.

Abgeordneter Maximilian Linder (F) drängte angesichts geringer Inanspruchnahme von Förderungen im Sommertourismus auf eine Verbesserung der Förderkulisse.

Abgeordneter Stefan Markowitz (B) hielt es für angebracht, die Förderungen für Klein- und Mittelbetriebe zu verbessern und erkundigte sich nach Gründen für die Ablehnung von Förderungsanträgen.

Von Seiten der ÖHT-Geschäftsführer wurden die Ausschussmitglieder darüber aufgeklärt, dass sich die ÖHT bei der Europäischen Investitionsbank refinanziere und künftig auch einen EZB-Tender nützen werde. Restrukturierungsfälle in der Tourismusbranche seien im Einzelnen nicht konjunkturell, sondern meist auf individuelle Fehlinvestitionen zurück zu führen.

Haftungsausfälle sind im Tourismus sehr selten und betragen bei den ÖHT-Haftungen unter 1 % des Gesamtvolumens. Die Förderungspyramide habe die Transparenz des Fördersystems wesentlich verbessert, teilten die ÖHT-Geschäftsführer mit. Die Eigenkapitalausstattung der Betriebe verbessere sich langfristig, sei mancherorts aber nach wie vor ein Problem. In Sommersaisonregionen verdienen die Betriebe weniger als in den Winterregionen, daher bemühe sich die ÖHT um Förderungen des Ganzjahrestourismus. Förderungsanträge werden etwa abgelehnt, wenn Renovierungen und Instandhaltungen nicht als Investitionen anerkannt werden können.

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (B) und Abgeordneter Johann Hell (S) zeigten sich besorgt wegen der langen Entschuldungsdauer von Tourismusbetrieben und erfuhren, dass schlechte Bilanzjahre und hohe Zinsen zur Verlängerung der Entschuldungsdauer beitragen.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner charakterisierte die Entwicklung der österreichischen Tourismusbranche positiv und stellte fest, dass die deutschen Gäste zwar immer kürzer bleiben, aber immer öfter zu Kurzurlauben nach Österreich kommen. Enorm positiv entwickle sich der Zustrom von Österreichurlaubern aus Tschechien, Ungarn, Rumänien und Russland. Im Sommer trage der Städtetourismus zu einer positiven Entwicklung bei. Auch die Investitionen entwickelten sich ebenso gut wie in anderen Branchen, er blicke daher mit positiven Erwartungen in die Zukunft, sagte der Minister und machte darauf aufmerksam, dass die Tourismusförderungen trotz Sparpakets unverändert bleiben, weil der Tourismus im engeren Sinn einen BIP-Anteil von 7 % und gemeinsam mit der Freizeitwirtschaft einen BIP-Anteil von 14 % habe.  

Förderung der IT-Kenntnisse in der Tourismusausbildung

Sodann befasste sich der Ausschuss mit einem Antrag zur Modernisierung der Tourismusausbildung. Vertreter aller fünf Parteien forderten den Wirtschaftsminister und die Unterrichtsministerin dazu auf, dem wachsenden Stellenwert des Internet-Handels in der Tourismusausbildung durch laufende Aktualisierung der Unterrichtsmaterialien Rechnung zu tragen und dafür Leitlinien auszuarbeiten (1754/A[E]). Die Abgeordneten Heidrun Silhavy (S), Franz Hörl (V), Roman Haider (F), Gabriela Moser (G) und Stefan Markowitz (B) begründeten ihre Initiative mit dem Hinweis darauf, dass jede vierte Buchung im Tourismus über das Internet erfolgt. Der professionelle Umgang mit Informationstechnologie sei eine entscheidende Basisqualifikation in allen Berufsbereichen.

Abgeordneter Roman Haider (F) betonte die Wichtigkeit von Aspekten wie e-commerce oder Buchungsplattformen, weshalb es begrüßenswert sei, Grundlagen dafür zu schaffen, dass die heimischen Jungtouristiker bestmöglich ausgebildet werden. Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) schloss sich dem an und plädierte darüber hinaus dafür, vermehrt Sprachenangebote und Bildung in Sachen Kultur in die Ausbildung einfließen zu lassen. Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) unterstrich, dass Österreich als Tourismusland eine adäquate und zeitgemäße Ausbildung brauche, weshalb der Antrag sinnvoll und begrüßenswert sei. Dies wurde auch von Abgeordneter Birgit Schatz (G) so gesehen, die bei dieser Gelegenheit den Minister fragte, wie Ausbildungsplätze im Tourismus attraktiviert werden könnten. Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (B) signalisierte gleichfalls Zustimmung, ehe die S-Abgeordneten Rosa Lohfeyer und Elmar Mayer noch auf Details der Thematik eingingen.

Bundesminister Reinhold Mitterlehner sah die Initiative positiv und meinte, die Situation in der Tourismuswirtschaft sei letztlich auch eine finanzielle Frage, nicht zuletzt ob saisonaler Beschäftigungsmodelle. Hier denke man daher vermehrt an Ganzjahresprofile und strebe generell eine Qualitätssteigerung an. Es müsse künftig attraktiver sein, in diesem Bereich tätig zu sein.

Der Antrag wurde einstimmig vom Ausschuss angenommen.

Österreich Werbung und FremdenführerInnen sollen stärker kooperieren

Einstimmig und ohne Debatte passierte ein Antrag den Ausschuss, in dem die Abgeordneten Gabriela Moser (G), Heidrun Silhavy (S), Franz Hörl (V), Roman Haider (F) und Stefan Markowitz (B) dem Wirtschaftsminister in einem gemeinsamen Entschließungsantrag (1871/A(E)) vorschlagen, die Kooperation der Österreich Werbung mit den FremdenführerInnen ("Austrian Guides") zu verbessern. Die staatlich geprüften FremdenführerInnen ("Austria Guides") betreuen und beraten viele Österreichgäste "vor Ort" kompetent und vermitteln ein eindrucksvolles Österreich-Erlebnis am Puls der Zeit. Sie bieten nicht nur kulturelle und historische Informationen, sondern schaffen auf eine intensive persönliche Weise jenes zeitgemäße Österreichbild, auf das sich die Österreich Werbung in ihren Marketingaktivitäten im In- und Ausland erfolgreich konzentriert, argumentierten die Antragsteller.

Online-Buchungen: Abgeordnete für fairen Wettbewerb

Weiters traten die Abgeordneten Gabriel Obernosterer (V), Heidrun Silhavy (S), Roman Haider (F), Gabriela Moser (G) und Stefan Markowitz (B) dafür ein, die Konzentrationsprozesse am Online-Tourismusmarkt genau zu beobachten und faire Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen (1883/A(E)). Die wachsende Marktmacht einiger weniger großer Anbieter gefährde einen fairen Wettbewerb auf den internationalen Online-Buchungsplattformen, die aus der Tourismus- und Freizeitwirtschaft nicht mehr wegzudenken sind. Einseitige Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Einführung einer Meistbegünstigungsklausel sowie die Anhebung der Kommissionssätze um 25 % durch einen Anbieter haben Unmut in der Tourismusbranche hervorgerufen und zu einer Beschwerde der Österreichischen Hoteliervereinigung bei der Bundeswettbewerbsbehörde geführt, führten die Antragsteller aus.

In der Debatte sprach Abgeordneter Stefan Markowitz (B) von einem wirklich guten Antrag von großer Wichtigkeit, der sich jedoch vielleicht eine etwas entschlossenere Textierung verdient hätte. Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) beleuchtete wie sein Fraktionskollege Franz Hörl den Hintergrund des Antrags. Die Entwicklung der letzten Jahre lasse es geboten erscheinen, im Interesse der heimischen Tourismuswirtschaft entsprechend zu reagieren. Hörl illustrierte diese Ausführungen mit konkreten Beispielen aus der Praxis. Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) unterstrich die Rolle der Wirtschaft beim Erarbeiten einer zukunftsträchtigen Lösung der Problematik, und Abgeordneter Mathias Venier (F) konnte dem Antrag viel abgewinnen, vor allem in der vorliegenden Form, gelte es doch, die Thematik zunächst einmal gründlich zu evaluieren und auf dieser Basis gegebenenfalls entsprechend zu reagieren.

Bundesminister Reinhold Mitterlehner sprach sich bei dieser Gelegenheit für faire Wettbewerbsbedingungen unter Nutzung aller sich bietenden Möglichkeiten aus und zeigte sich über den Antrag daher erfreut.

Der Antrag passierte einstimmig den Ausschuss. (Schluss)


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