Parlamentskorrespondenz Nr. 361 vom 03.05.2012

Bundesrat diskutiert über Investitionen in den Bahnausbau

Israelitengesetz passiert Länderkammer

Wien (PK) – Auch in der heutigen Sitzung des Bundesrats waren die Milliardeninvestitionen für den Bahnausbau ein herausragendes Thema, zumal der Semmering-Basistunnel, der Koralmtunnel und der Brenner-Basistunnel wesentliche Infrastrukturprojekte in den einzelnen Bundesländern darstellen. Die entsprechenden Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wurden von den Bundesrätinnen mehrheitlich befürwortet.

Bundesrat Franz PIROLT (F/K) stellte eingangs seiner Wortmeldung klar, er glaube, wie viele andere Menschen, an die Österreichischen Bundesbahnen. Die ÖBB hätten eine Zukunft, betonte er, mittlerweile sei man mit der Bahn schneller in Istanbul als mit dem Lkw. Die FPÖ sei auch nicht gegen Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur, bekräftigte Pirolt, sie wolle aber keinen "Blankoscheck" ausstellen, ohne genaue Informationen über die Bauprojekte zu haben. Ausdrücklich bekannte sich Pirolt auch zum Ausbau der Südbahn.

Bundesrätin Angelika WINZIG (V/O) sprach sich dafür aus, den Rahmenplan für den Bahnausbau künftig im Parlament zu diskutieren. Beim vorliegenden Gesetz geht es ihr zufolge um wichtige Schieneninfrastrukturinvestitionen mit großem Zukunftspotential. Es sei eine "Megachance" für die Wirtschaft, wenn sich Österreich als Logistik-Drehscheibe positionieren könne, unterstrich sie. Winzig drängte aber darauf, bei den ÖBB verstärkt zu sparen und Teile der ÖBB-Leistungen zu privatisieren.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) bekräftigte, die Grünen seien für einen Ausbau der Schieneninfrastruktur. Ihrer Meinung nach werden aber die falschen Prioritäten gesetzt. Der größte Brocken der 26 Investitionsmilliarden fließe in Hochleistungsstrecken, Tunnelbauten und andere Großprojekte, bedauerte sie. Kerschbaum trat demgegenüber für verstärkte Investitionen in den Nahverkehr zugunsten der PendlerInnen ein.

Bundesrat Wolfgang BEER (S/W) machte geltend, dass es nicht nur um den Ausbau, sondern auch um die Erhaltung der bestehenden Schieneninfrastruktur gehe. Das Schienennetz sei zum Teil bereits 160 Jahre alt und gehöre gewartet und ausgeweitet, gab er zu bedenken. Das könne nur der österreichische Staat leisten. Auch die Prioritäten sind seiner Meinung nach richtig gesetzt, so kann ihm zufolge durch den Bau des Semmering-Basistunnels und des Koralmtunnels die Fahrzeit auf der Südbahn erheblich verkürzt werden. Kein Verständnis zeigte Beer für die Ablehnung der Vorlage durch die FPÖ.

Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) hielt seinem Vorredner entgegen, die FPÖ bekenne sich zum Bau des Semmering-Basistunnels, des Koralmtunnels und des Brenner-Basistunnels. Seine Fraktion wisse auch, dass diese Projekte Geld kosten, meinte er, es gehe aber nicht an, Investitionsmittel freizugeben, ohne konkret zu wissen, was wirklich mit dem Geld bis wann gebaut werde. Die auf der Website des Verkehrsministeriums abrufbaren Informationen wertete Krusche als wenig brauchbar, er wies in diesem Zusammenhang auch auf verschiedene Fehlinvestitionen in der Vergangenheit hin.

Bundesrat Georg KEUSCHNIGG (V/T) machte darauf aufmerksam, dass es bei den geplanten Schieneninfrastrukturinvestitionen um Bauprojekte gehe, für die bereits umfangreiche Vorarbeiten geleistet worden und in die bereits erhebliche Mittel geflossen seien. Er ist überzeugt, dass Österreich mit diesen Projekten "gut aufgestellt ist". Es sei wichtig, ganze Wirtschaftsräume mit der Eisenbahn zu erschließen, unterstrich er. Für Keuschnigg ist die Frage zwar berechtigt, ob sich Österreich die hohen Investitionen leisten könne, mit einer konsequenten Politik wird ihm zufolge aber die notwendige Gratwanderung zwischen Sparen und Investieren gelingen. Er hob in diesem Zusammenhang auch auf die Bedeutung der Sicherung von Arbeitsplätzen hervor.

In einer zweiten Wortmeldung bekräftigte Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) ihre Kritik an der Prioritätensetzung beim Bahnausbau. Mit einem Tunnel allein werde es nicht gelingen, den Verkehr stärker auf die Schiene zu verlagern, konstatierte sie. Durch die Investitionen in Großprojekte bleibt ihrer Meinung nach für kleine Projekte zu wenig Geld übrig.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) erklärte hingegen, er halte die erfolgte Schwerpunktsetzung beim Bahnausbau für "goldrichtig". Besser könnte man sie nicht treffen, meinte er. Seiner Ansicht nach ist es auch nicht berechtigt, von "Geheimniskrämerei" zu sprechen, alle Großprojekte seien seit Jahren bekannt. Ebenso lägen sämtliche Informationen über die kleinen Projekte am Tisch. Die Argumentation der FPÖ ist für Klug, wie er sagte, nicht nachvollziehbar.

Verkehrsministerin Doris BURES hielt kritischen Stimmen entgegen, es habe bei den Bahninfrastrukturprojekten noch nie so viel Transparenz gegeben wie jetzt. Alle Vorhaben würden eng mit den Gemeinden diskutiert und mit den Ländern abgestimmt. Zudem sei auf der Website des Verkehrsministeriums ganz klar nachlesbar, was welches Projekt koste und wann der Baustart sei. Abweichungen gegenüber alten Plänen begründete Bures damit, dass man sich auf Einsparungen im Ausmaß von 1 Mrd. € geeinigt habe, ohne jedoch ein Großprojekt in Frage zu stellen.

Man müsse den Haushalt ins Lot bringen, räumte Bures ein, es sei aber auch notwendig zu investieren. Auch die OECD sei der Auffassung, dass Infrastrukturprojekte eine Quelle des Wachstums seien. Zur Kritik an einzelnen Tunnelprojekten merkte Bures an, lediglich ein Viertel der veranschlagten Investitionen würden in den Tunnelbau fließen. Deutlich mehr Geld würde für andere Bereiche wie die Netzinfrastruktur und die Sanierung von Bahnhöfen ausgegeben.

Auch Finanzministerin Maria Theresia FEKTER verteidigte die geplanten Ausgaben für den Bahnausbau. Die Vorbelastungen sind ihrer Ansicht nach angesichts der enormen Bedeutung einer guten Infrastruktur gerechtfertigt, die Bahnprojekte seien Generationeninvestitionen, bekräftigte sie. Infrastruktur sei so etwas wie "der Blutkreislauf der Wirtschaft", Österreich habe die "verdammte Pflicht", Infrastruktur zu errichten.

Ausdrückliches Lob äußerte Fekter für die nunmehrige Kostentransparenz bei den Bahnprojekten. Ermächtigungen für die jeweils sechs Jahre laufenden Investitions-Verträge seien nichts Neues, skizzierte sie, erstmals würden heuer aber nicht nur die projektierten Baukosten, sondern auch die über den Sechsjahreszeitraum hinaus anfallenden Zinskosten dargestellt. Einige Projekte sind Fekter zufolge verschoben bzw. redimensioniert worden, dadurch würden Einsparungen im Ausmaß von 1 Mrd. € erzielt. Um das Parlament künftig besser zu informieren, kündigte die Ministerin an, den Rahmenplan für den Bahnausbau in Hinkunft als Anhang an das Ermächtigungsgesetz anzuschließen.

Der Bundesrat erhob gegen das vorliegende Bundesgesetz mit Stimmenmehrheit keinen Einspruch.

Infotafeln bei Badegewässern – wichtige Information oder unnötiger Aufwand?

Einstimmig passierte sodann das neue Bundesgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 – ABG 2012) die Länderkammer. Darin wird einerseits eine materielle und formelle Anpassung der Bestimmungen vorgenommen, andererseits entfällt die bisher gesetzlich vorgesehene Verpflichtung des Gesundheitsministers, diese beiden Publikationen in der Österreichischen Staatsdruckerei zu verlegen. 

Ebenfalls einstimmig angenommen wurde die Novelle zum Epidemiegesetz. Sie dient dazu, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, damit Ärzte und Ärztinnen sowie Krankenanstalten ihrer Meldepflicht nach diesem Bundesgesetz nicht nur in der bisher vorgesehenen schriftlichen Form, sondern auch auf elektronischem Wege durch Dateneingabe in das Register anzeigepflichtiger Krankheiten nachkommen können.

Die Änderung des Bäderhygienegesetzes passierte den Bundesrat lediglich mehrheitlich. Demnach müssen die jeweils zuständigen Landeshauptleute spätestens mit Beginn der Badesaison 2012 sicherstellen, dass der Öffentlichkeit während der Badesaison bestimmte Informationen an leicht zugänglicher Stelle in nächster Nähe jedes Badegewässers zur Verfügung stehen.

Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) verwies in Zusammenhang mit der Änderung des Epidemiegesetzes darauf, dass es sich um eine notwendige Novellierung handle, wobei aber die Beachtung des Datenschutzes gesichert sein müsse. Ein völlig unnötiges Gesetz, das auf einer ganz unsinnigen EU-Verordnung beruhe, sei hingegen die Bestimmung, wonach an allen Badegewässern verpflichtend Tafeln mit Angaben zur Wasserqualität aufzustellen seien. Dies betreffe immerhin 267 Plätze in Österreich. Hier werde keine zusätzliche Information geboten, aber es würden viel Aufwand und hohe Kosten verursacht, meinte er. Gleichzeitig gebe es Unklarheiten in den Zuständigkeiten für die Wartung der Tafeln.

Bundesrätin Johanna KÖBERL (S/St) bemerkte ebenfalls, die Änderung des Epidemiegesetz sei eine notwendige Modernisierung des bestehenden Gesetzes und eine Anpassung an die heutigen technischen Möglichkeiten der Registrierung. Die Aufstellung von Tafeln an Badegewässern sind in ihren Augen eine sinnvolle Maßnahme, sofern auch eine regelmäßige Wartung erfolge. An Information, die leicht für alle zugänglich ist, finde sie nichts auszusetzen. Die Zuständigkeiten seien klar geregelt, hielt sie fest. Alle Badegewässer seien in Katastern erfasst. Es liege in der Zuständigkeit der Landeshauptleute, diese Informationen vor Beginn der Badesaison zur Verfügung zu stellen. Geregelt würden darüber hinaus auch die bäderhygienischen Untersuchungen von Whirlpools, was eine begrüßenswerte Verbesserung des Gesundheitswesens darstelle.

Bundesrätin Martina DIESNER-WAIS (V/N) stellte fest, es handle sich um zwei kleine Novellen, die aber für die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung von großer Bedeutung seien. Auch sie betonte die Notwendigkeit der Wahrung des Datenschutzes und sprach sich dabei auch für die rasche Umsetzung der Gesundheitsakte ELGA aus. Die Änderung des Bäderhygienegesetzes und die verpflichtende Anbringung von Tafeln über die Wasserqualität sei eine zusätzliche Information über die im allgemeinen gute Wasserqualität, die für den Tourismus in Österreich von Bedeutung und daher zu begrüßen sei.

Auch Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) unterstrich, dass es sich um eine überfällige Änderung des Epidemiegesetzes handle. Datenschutz sei allerdings nicht nur bei elektronisch gespeicherten Daten ein Thema. Bedenklich sei auch der Missbrauch von Daten, die in Papierform übermittelt werden, hielt er fest. Bundesrat Krusche habe in der Frage des Bäderhygienegesetzes offenbar rein aus einem automatischen anti-europäischen Reflex reagiert, aber keine Argumente gegen die Aufstellung von Informationstafeln geliefert. Eine solche europaweit einheitliche Information für Badegäste sei jedoch sehr zu begrüßen, sagte Schreuder. 

Bundesrat Stefan SCHENNACH (S/W) wies darauf hin, dass es beim Bäderhygienegesetz um mehr, als bloß um Informationstafeln gehe. Es werde auch die Grundlage für die kommissionelle Kontrolle einer Vielzahl von Badeeinrichtungen gelegt, von Freibädern bis Whirlpools. Das umfasse auch die Überprüfung von Geräten oder gewerblichen Betriebsstätten im Umfeld von Badeeinrichtungen. Es handle sich also um eine komplexe Materie, von der Hygiene bis zur Sicherheit in einem wichtigen Freizeitbereich. Die vorliegende Novelle bedeute daher aus seiner Sicht einen wichtigen Fortschritt.

Bundeminister Alois STÖGER erläuterte Details des Epidemiegesetzes, es schaffe beispielsweise die Möglichkeit für das Gesundheitsministerium, neue Erkrankungen in die Liste der meldepflichtigen Krankheiten aufzunehmen. Stöger hielt ferner fest, dass das Bäderhygienegesetz wichtige Gesundheitsüberprüfungen regle. Die Information über die Qualität von Badegewässern sei wichtig für die NutzerInnen von Badegewässern, was für Österreich als Tourismusland durchaus von Bedeutung sei. Die öffentlichen Badegewässer würden in vierzehntägigem Abstand überprüft, womit ihre Qualität sichergestellt werden, betonte der Gesundheitsminister.

Bundesrat befürwortet Israelitengesetz

Dem Bundesgesetz, mit dem die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der Israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird, gaben die Bundesrätinnen und Bundesräte mehrheitlich ihre Zustimmung. Das Gesetz ersetzt das Israelitengesetz des Jahres 1890 durch ein neues Regelwerk.

Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) führte aus, es sei durchaus richtig, dass die äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Glaubensgesellschaft nach mehr als 100 Jahren geändert werden. Sie verstehe aber nicht, warum man nicht auf Bedenken der liberalen Juden eingegangen sei, meinte sie. Mühlwerth zitierte aus einem Gutachten, wonach eine hierarchisierende Verkirchlichung der jüdischen Glaubensgemeinschaft in Österreich drohe und das Gesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Ihr zufolge hätte man noch genauer prüfen sollen, ob die angemessene Vertretung der liberalen Juden in der IKG tatsächlich gewährleistet ist.

Bundesrätin Elisabeth GRIMLING (S/W) hielt ihrer Vorrednerin entgegen, es sei intensiv über das neue Gesetz diskutiert worden. Die FPÖ sei erst im letzten Augenblick "abgesprungen", kritisierte sie. Wie Grimling erläuterte, sollen mit dem vorliegenden Gesetz überholte Regelungen durch ein modernes Gesetz ersetzt werden. Dabei gehe es auch darum, den Pluralismus im Judentum sicherzustellen, ohne in die Autonomie der israelitischen Religionsgesellschaft einzugreifen.

Bundesrätin Notburga ASTLEITNER (V/O) erinnerte daran, dass das geltende Israelitengesetz aus dem Jahr 1890 stammt. Die Bestimmungen seien damals sehr modern gewesen und zum Teil auch heute noch aktuell, unterstrich sie, einige Regelungen seien aber mittlerweile überholt. Generell begrüßte es Astleitner, dass Staat und Religion in Österreich getrennt sind.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) verteidigte das vorliegende Gesetz und qualifizierte den gefundenen Kompromiss als "nicht so schlecht". Er kann keine Tendenz in Richtung einer "Verkirchlichung" der jüdischen Religionsgesellschaft erkennen. Seiner Ansicht nach ist auch eine angemessene Vertretung der liberalen Juden in der IKG gewährleistet. Ausdrücklich begrüßte Dönmez die Umbenennung des Dr. Karl Lueger-Rings in Wien.

Bundesrat Johann SCHWEIGKOFLER (S/T) betonte, für ihn sei es wichtig, dass das Gesetz gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde erarbeitet worden ist und dass es eine klare Trennung zwischen Staat und Kirche gibt.

Einhellige Zustimmung zu Fristverkürzung bei Studienzulassung

In weiterer Folge der Sitzung gaben die Bundesrätinnen und Bundesräte  einstimmig grünes Licht für die Änderung des Universitätsgesetzes 2002. Fristen für Studienzulassungen sowie von Nostrifizierungen werden demnach verkürzt. Eine Zulassung über die vorgesehenen Stichtage hinaus wird demnach nur mehr in Ausnahmefällen möglich sein, wodurch sich die Universitäten eine bessere Planbarkeit in Hinblick auf die zu erwartende Zahl von Studierenden erhoffen.

Auf der Tagesordnung des Bundesrats standen heute auch Berichte der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, des Bundesministers für Gesundheit und des Wissenschaftsministers über das jeweilige Programm der EU für deren Bereiche. Die Berichte wurde teils einstimmig, teils mehrstimmig zur Kenntnis genommen. Einhelligkeit gab es lediglich beim Bericht des Gesundheitsministers. (Schluss Bundesrat)


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