Parlamentskorrespondenz Nr. 480 vom 13.06.2012

Balance zwischen Konsolidierungskurs und Wachstumsimpulsen

Nationalrat diskutiert über Arbeitsmarktpolitik

Wien (PK) – Die Situation am österreichischen Arbeitsmarkt stand dann im Mittelpunkt der Debatte über die Erklärung von Sozialminister Rudolf Hundstorfer im heutigen Nationalrat. Der konkrete Titel lautete: "Österreichs Arbeitsmarkt im europäischen Kontext – in Wachstum und Beschäftigung investieren".

Hundstorfer betonte dabei die hohe Beschäftigungsquote und niedrige Arbeitslosenrate im internationalen Vergleich. Die Opposition wiederum wies auf offene Probleme am österreichischen Arbeitsmarkt hin, vor allem auf die Rückstufung im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit. Aber auch die Situation innerhalb der EU und die Frage des richtigen Mix zwischen Budgetkonsolidierung und Wachstumsförderung wurde nicht ausgespart. Mehrfach wurde die Abhängigkeit der österreichischen Exportwirtschaft vom europäischen Umfeld angesprochen und damit auch die Beteiligung an europäischen Solidaritätsmaßnahmen begründet.

Vor Beginn der Debatte gab Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bekannt, dass der Freiheitliche Parlamentsklub eine Dringliche Anfrage an Finanzministerin Fekter zum Thema Eurokrise eingebracht hat, die um 15 Uhr diskutiert wird.

Hundstorfer: Österreich ist Vorbild in Arbeitsmarktpolitik

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER verwies eingangs seiner Erklärung auf die guten Beschäftigungszahlen Österreichs im internationalen Vergleich. Noch nie hätten so viele Menschen über einen Arbeitsplatz verfügt, die Beschäftigungsquote liege derzeit bei 71,7 % und sei damit weiter angestiegen. Österreich sei innerhalb der EU damit an fünfter Stelle positioniert. Positiv sei, dass die Beschäftigungsquote quer durch alle Gruppen ansteige, also auch bei Jugendlichen und älteren ArbeitnehmerInnen. Während die Arbeitslosigkeit im EU-Durchschnitt 10,3 % betrage, weise Österreich nur 3,9 % auf und habe damit seit 14 Monaten konstant die niedrigste Rate innerhalb der EU.

Ein ähnliches Bild ergebe sich für Jugendarbeitslosigkeit, führte der Sozialminister weiter aus. Hier liege Österreich mit seiner Beschäftigungsquote der Jugendlichen an dritter Stelle hinter den Niederlanden und Dänemark. Selbstverständlich dürfe man sich auf diesen Zahlen nicht ausruhen, betonte Bundesminister Hundstorfer. Es sei notwendig, die Maßnahmen einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik fortzusetzen, die in Verbindung mit einem gut ausgebauten Sozialstaat und den Konjunkturpaketen der Regierung diese guten Zahlen möglich gemacht haben. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung sei keine soziale Hängematte, sondern in vielen Fällen ein Sprungbrett in den Arbeitsmarkt, stellte Hundstorfer fest. Seit ihrer Einführung konnten 25.000 BezieherInnen in ein Beschäftigungsverhältnis gebracht werden, hob der Minister hervor.   

Es sei auch notwendig, die Programme der Jugendbeschäftigung fortzusetzen, sagte er und unterstrich die Notwendigkeit, weiterhin an der Ausbildungsgarantie festzuhalten. Das Jugend- und Lehrlingscoaching habe sich dabei als guter Weg erwiesen, um an jene Jugendlichen heranzukommen, die in Gefahr sind, aus dem Bildungssystem herauszufallen. Die überbetrieblichen Lehrwerkstätten werden derzeit von 9.728 Jugendlichen in Anspruch genommen, teilte Hundstorfer mit.

Die Wirtschaft brauche alle gut ausgebildeten Arbeitskräfte. Ein längerer Verbleib von ArbeitnehmerInnen im Erwerbsleben sei daher das Ziel. Es lasse sich bereits ein Anstieg der Zahl der Beschäftigten über 50 feststellen. Um diesen positiven Trend fortsetzen zu können, brauche man ein umfassendes Programm, damit ArbeitnehmerInnen nicht aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Ab 2014 werde daher ein umfassendes Programm zu "Rehab vor Pension" starten. Auch die Programme zur beruflichen Neuorientierung würden fortgesetzt. Auch wenn das zu erwartende Wirtschaftswachstum für heuer und nächstes Jahr einen gewissen Grund zu Optimismus in der Entwicklung des Arbeitsmarkts biete, müsse man ständig weitere Maßnahmen im Interesse der rund 221.000 Arbeitslosen setzen. Erfreulicherweise sei festzustellen, dass Österreich mit seinen erfolgreichen Programmen in der Arbeitsmarktpolitik zu einem Vorreiter in der EU geworden sei.

Kein Ausruhen auf arbeitsmarktpolitischen Lorbeeren

Abgeordneter Herbert KICKL (F) meinte, Bundesminister Hundstorfer sei beinahe zu bedauern, dass ihm die Aufgabe zugefallen sei, eine dünne Tagesordnung, an der sich ablesen lasse, dass die Bundesregierung nichts voran bringe, ein wenig aufzufüllen. Eigentlich hätte man sich aber eine Erklärung der Bundesregierung zur EU und zur Eurokrise erwartet, meinte Kickl. Die Koalitionsparteien beschäftigten sich aber offenbar mehr mit Proporz und Postenschacher als mit den aktuellen Themen.

Die Erklärung des Sozialministers habe für ihn gezeigt, dass die SPÖ bereits wieder von Schuldenbremse und unbedingtem Sparkurs, die sie vor wenigen Monaten noch vehement verteidigt habe, abrücke. Er habe darin aber eine Bezugnahme auf das derzeitige Anwachsen der Arbeitslosigkeit vermisst. Rechne man die Personen ein, die sich derzeit in Schulung befinden, erkenne man, dass dies besorgniserregend sei. Wenn man die regionale Verteilung der Arbeitslosigkeit betrachte, so falle auf, dass der Arbeitsmarkt besonders in Ostösterreich stark belastet sei. Hier zeigten sich, die Auswirkungen der Osterweiterung, vor denen die FPÖ stets gewarnt habe. Es seien nun die älteren ArbeitnehmerInnen, welche die Zeche zu zahlen hätten.

Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) erwiderte ihrem Vorredner, er habe den Ausführungen des Bundesministers offenbar nicht zugehört. Diese hätten deutlich gemacht, dass die Bunderegierung arbeitsmarkpolitisch gute Maßnahmen setze. Der Stabilitätspakt habe sich positiv auf die Beschäftigungssituation und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit ausgewirkt. Es habe sich gezeigt, dass es auf einen richtigen Mix aus Sparen und Investitionen ankomme, wenn man Arbeitsplätze schaffen wolle. Österreich bringe sich mit arbeitsmarktpolitischen Themen, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, intensiv und erfolgreich in die EU-Debatten ein. Natürlich koste es Geld, wenn man Menschen eine Zukunftsperspektive geben wolle, das sei aber gut investiertes Geld.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) stellte fest, dass der Bundesminister in seiner Erklärung leider viele Problembereiche, etwa die Situation der LeiharbeiterInnen oder der Beschäftigten im Tourismus, nicht angesprochen habe. Blicke man hinter die Statistiken, so zeigten sich aber viele Probleme auf dem Arbeitsmarkt. Bezahlte Arbeitszeit sei sehr ungleich verteilt. Während einerseits die Teilzeit enorm anwachse, seien andere Beschäftigte mit hohen realen Wochenarbeitszeiten belastet. Die Beschäftigungsverhältnisse würden zunehmend instabil, die durchschnittliche Verweildauer in einem Job betrage bereits weniger als zwei Jahre. Dreißig Prozent der Beschäftigten befinden sich in atypischen Beschäftigungsverhältnissen mit geringem arbeitsrechtlichen Schutz, stellte Schatz fest.

Auch die Entwicklung und Verteilung der Einkommen müsse stärker thematisiert werden. Die EU habe bereits darauf hingewiesen, dass es in Österreich besonders im Niedriglohnbereich Probleme gebe. Ein Vollzeitjob biete keine Garantie mehr dafür, dass man damit genug zum Leben verdiene, warnte Schatz. Sie hoffe, dass es gelingt, in den von ihr angesprochenen Bereichen eine Trendumkehr herbeizuführen. Das setze aber den Willen der Politik voraus, einen Arbeitsmarkt zu schaffen, der sichere Jobs bietet, die möglichst vielen Menschen ein gutes Leben ermöglichen. Die Forderung nach sozialer Sicherheit bedeute nicht Sozialromantik, sondern faire Rahmenbedingungen für alle.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) sah Österreich als Europameister beim Thema Beschäftigung. Immerhin habe Österreich die niedrigste Arbeitslosenrate und die zweitniedrigste Jugendarbeitslosigkeit in der EU. Dies sei das Ergebnis von Wirtschaftskraft und guten politischen Rahmenbedingungen, sagte Kopf. Als beste Investition in Beschäftigung bezeichnete der VP-Klubobmann die Verbesserung der Bedingungen für die Wirtschaft, geringe Verschuldung, eine hohe Forschungsquote, wenig Bürokratie und eine Kultur des Ermöglichens, statt des Verhinderns. Dazu kommen der soziale Frieden und hohe demokratische Standards. Bei fast all diesen Parametern nehme Österreich eine Spitzenposition ein, wobei Kopf aber zugleich einräumte, dass die Schulden in Österreich zu hoch sind.

Verbesserungsbedarf sah der VP-Klubobmann auch bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, da Österreich im Ranking der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit einige Plätze verloren hat. Eine klare Absage erteilte Kopf der Idee, sich mit Schulden Arbeitsplätze kaufen zu wollen - das führe zu hohen Zinsen und schränke den finanziellen Spielraum des Staates und der Betriebe ein, warnte der Abgeordnete. Positiv sah der Redner eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik. Kopf bekannte sich zur Mindestsicherung, hielt es aber zugleich für dringend notwendig, dieses Instrument zu evaluieren und zu klären, warum so viele Menschen in Wien die Mindestsicherung in Anspruch nehmen.

Abgeordneter Josef Bucher (B) schloss sich der Ansicht seines Vorredners an. Es sei die Wirtschaft und nicht die Politik, die Arbeitsplätze sichere. Angebracht sei daher ein Dank an die vielen kleinen UnternehmerInnen, die Winter für Winter auf eigenes Einkommen verzichten, um ArbeitnehmerInnen zu behalten, statt sie zum AMS zu schicken. Unangebracht sei hingegen das Eigenlob des Sozialministers, der sich besser um die 300.000 Menschen kümmern sollte, die in Österreich Arbeit suchen. Eine wichtige Voraussetzung für mehr Beschäftigung ist für Bucher auch die Wettbewerbsfähigkeit, bei der Österreich zuletzt vom 11. auf den 21. Rang zurückgefallen ist. Österreich habe als Standort an Attraktivität verloren, klagte Bucher und verlangte von der Regierung, sich für gemeinsame Lösungen in der EU einzusetzen. Sein Vorschlag lautete auf einen Zahlungsstopp oder auf Verhandlungen mit Griechenland über finanzielle Sicherheiten, "statt weiterhin das Geld der europäischen und österreichischen SteuerzahlerInnen beim Fenster hinaus zu werfen".

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) hielt die Debatte über das Thema Beschäftigung und Kampf der Arbeitslosigkeit für wichtig und zeigte sich beeindruckt von den Zahlen, die der Sozialminister zur Entwicklung des österreichischen Arbeitsmarktes vorgelegt hat. Dieser Erfolg gehe auf die Strukturpakete, die Kurzarbeitsregelung und die Krisenbewältigungspolitik der Bundesregierung sowie auf die Bemühungen der Sozialpartner zurück, das Land so rasch wie möglich aus der Krise zu führen. Nun sei es wesentlich, die aktive Arbeitsmarktpolitik trotz Budgetkonsolidierung fortzusetzen. Dabei sah Katzian auch die Wirtschaft gefordert. Denn man müsse dafür sorgen, dass ältere ArbeitnehmerInnen bei guter Gesundheit an ihren Arbeitsplätzen bleiben und gesund in Pension gehen können. Katzian sprach die Hoffnung auf gute Beschlüsse der Staats- und RegierungschefInnen beim kommenden Europäischen Rat für eine Beschäftigungsoffensive in Europa und für Maßnahmen im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit aus.

Auch Abgeordneter August WÖGINGER (V) meinte, die aktuellen Arbeitsmarktdaten stellten der österreichischen Politik ein gutes Zeugnis aus, wobei er es als erfreulich ansah, dass die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit auf drei Monate gesenkt werden konnte. Befürchtungen der FPÖ, der österreichische Arbeitsmarkt würde nach der Öffnung für die neuen EU-Mitgliedsländer überschwemmt werden, hätten sich als unbegründet erwiesen, führte Wöginger aus. Besonders positiv seien die guten Daten bei der Jugendbeschäftigung. Handlungsbedarf sah der Abgeordnete bei der Burnout-Problematik und bei psychischen Erkrankungen. Ältere ArbeitnehmerInnen brauchen altersgerechte Arbeitsplätze und einen klugen Mix an flexiblen Arbeitszeitmodellen. Wöginger bekannte sich auch zum Instrument der Invaliditätspension für Menschen, die nicht mehr arbeiten können. Zugleich verlangte der Abgeordnete Vorkehrungen dagegen, dass die Invaliditätspension ausgenützt wird.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) machte darauf aufmerksam, dass mehr als 300.000 Menschen in Österreich ohne Arbeitsplatz leben, unter ihnen viele, die finanzielle Verantwortung für ihre Familien tragen und für hohe Kredite für Wohnungen und Häuser geradestehen. Betroffen seien auch viele ältere Menschen, was zeige, dass es keine kluge Politik gewesen sei, die Lohnnebenkosten für ältere ArbeitnehmerInnen zu erhöhen. Zu den betroffenen Gruppen der Arbeitslosigkeit gehören auch AusländerInnen, was einmal mehr zeige, dass es falsch gewesen sei, Menschen mit der Versprechung nach Österreich zu holen, sie würden hier eine sichere Existenz finden. Die Behauptung, die Öffnung des Arbeitsmarktes für die neuen EU-Länder habe keine Probleme gebracht, wies Hofer zurück. Der Abgeordnete machte auf eine zunehmende Zahl von Tagespendlern aus Ungarn im Burgenland und in der Steiermark aufmerksam, die in Konkurrenz zu eingesessenen ausländischen ArbeitnehmerInnen treten. Hofer brachte auch Missstände bei der Beschäftigung von Teilzeitarbeitskräften zur Sprache, die für 20 Stunden bezahlt werden, obwohl sie 60 Stunden arbeiten müssen und kritisierte in diesem Zusammenhang die Leiterin des burgenländischen AMS.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) zeigte sich unzufrieden mit dem Verlauf der Debatte. Während sich die gemeinsame Währung in einer schweren Krise befinde und die EU daran gehe, ihre Zukunft zu verspielen, indem sie die junge Generation in die Arbeitslosigkeit schicke, beschränke man sich im Nationalrat drauf zu sagen, es gehe uns besser als den anderen EU-Ländern. "Es geht doch um das gemeinsame Europa und darum, dass junge Menschen auf diesem Kontinent eine Zukunft haben", sagte der Abgeordnete. Es werde aber nicht gelingen, die Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu senken, wenn die gegenwärtige Austeritätspolitik fortgesetzt und weiterhin ohne jede Perspektive gespart werde. Wer das Pensionsantrittsalter anhebt sowie die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit für die Menschen immer weiter verlängert, dürfe sich nicht wundern, wenn die Arbeitslosigkeit und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit zunimmt, warnte Öllinger.

Auch Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) warf der SPÖ vor, die Debatte über das Thema Arbeitsmarktpolitik nicht ernst genug zu führen und vermisste wichtige Gesetzesbeschlüsse auf den Tagesordnungen dieser Sitzungswoche des Nationalrats. Wer wirklich in Beschäftigung investieren wollte, müsse sich fragen, was in der EU falsch laufe und worin ein österreichischer Beitrag zu mehr Wachstum, Beschäftigung und Kaufkraft in der EU aussehen könnte. Denn die österreichischen Betriebe brauchen ihre Exportmärkte auf dem Binnenmarkt und auch jenseits der europäischen Grenzen. Die Milliardenbeträge zur Rettung spanischer Spekulationsbanken seien dazu kein Beitrag. Kein Cent dieser - auch österreichischen - Steuermittel werde jemals zurück fließen, klagte Scheibner. Auch nütze dieses Geld nicht den Menschen in Spanien, denn es fließe in die Taschen von Spekulanten, Finanzhaien und in die Bonuszahlungen von Bankmanagern. Die EU sollte eine Wirtschaftsunion für Betriebe sein, verlangte Scheibner, damit die Unternehmen gegenüber der asiatischen Konkurrenz bestehen können, die die Märkte mit Produkten überschwemmen, die dort unter Bedingungen des Sozial-, Lohn- und Umweltdumpings erzeugt werden.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) würdigte die Arbeit des Sozialministers, der sich in den EU-Gremien und im Gespräch mit seinen europäischen AmtskollegInnen für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa einsetzt. Den von ÖVP-Rednern beklagten Unterschied zwischen der Inanspruchnahme der Mindestsicherung in Wien und Niederösterreich erklärte die Abgeordnete mit den völlig anderen Bedingungen in einer Großstadt, wo es die Berechtigten leichter haben, ihren Anspruch zuzugeben als in ländlichen Regionen. Beim Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit unterstrich die Abgeordnete die zahlreichen Maßnahmen der Bundesregierung und hob die Förderung von Bildungsabschlüssen hervor. Junge Menschen haben in Österreich eine Perspektive. Daher berichten renommierte Medien, dass beim Thema Jugendbeschäftigung 26 europäische Regierungschefs zuhören, wenn der österreichische Sozialminister über seine diesbezüglichen Ideen spreche, betonte Oberhauser. 

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) hob eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik als Voraussetzung einer erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik hervor. Die österreichische Wirtschaft stehe gut da und könne laut Prognosen für 2012 ein Wachstum um 0,8% erwarten und noch mehr Wachstum im kommenden Jahr. Zur guten Stimmung in der Wirtschaft trage das Miteinander zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen bei, betonte Haubner und machte zudem darauf aufmerksam, dass hunderttausende Arbeitsplätze durch die Kooperation zwischen industriellen Leitbetrieben und KMU entstehen. Dazu komme die Förderung der Exportwirtschaft, merkte der Redner an und bekannte sich zu Weichenstellungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ohne neue Schulden. Da weiteres Wachstum Wettbewerbsfähigkeit voraussetzte, brach der Redner eine Lanze für Strukturreformen, für die Entlastung der Betriebe und für die Stärkung des bewährten dualen Ausbildungssystems in Österreich.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) warf Sozialminister Hundstorfer vor, in seiner Erklärung nur bekannte Zahlen verlesen zu haben. Ihrer Meinung nach schaut die Realität zudem ganz anders aus, als von Hundstorfer dargestellt. So sind ihr zufolge in Österreich mehr als 300.000 Menschen arbeitslos, rechnet man die SchulungsteilnehmerInnen hinzu. Überdies ist für sie der Umstand, dass trotz Rekordbeschäftigung auch die Arbeitslosigkeit gestiegen ist, ein Zeichen dafür, dass entgegen immer wieder geäußerten Beschwichtigungen sehr wohl viele neue Beschäftigte aus Osteuropa nach Österreich gekommen sind. Die verbreitete Angst der Menschen vor einem Arbeitsplatzverlust komme, so Belakowitsch-Jenewein, nicht von ungefähr.

Bedauern äußerte die Abgeordnete auch darüber, dass Hundstorfer in seiner Erklärung mit keiner Silbe darauf eingegangen ist, welche Auswirkungen ein Zerbrechen der Eurozone auf den österreichischen Arbeitsmarkt hätte.

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) konstatierte, das Ausbildungssystem und das Bildungssystem in Österreich würden sich in einer Krise befinden. Das habe auch Konsequenzen für den Arbeitsmarkt, erklärte sie und forderte Reformen, um aus der "Bildungssackgasse" herauszukommen.

Konkret urgierte Windbüchler-Souschill etwa eine Adaptierung der Lehrlingsausbildung. Es würden zwar kleine Schritte zur Verbesserung des derzeitigen Systems gesetzt, sagte sie, ihr fehlt aber ein "großer Wurf". Ein Problem ist für Windbüchler-Souschill, dass immer weniger Unternehmen Lehrlinge ausbilden, ebenso gebe es zu wenig Durchlässigkeit zwischen den Berufen.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) zeigte sich über die Rekordbeschäftigung in Österreich erfreut, gab aber zu bedenken, dass gleichzeitig auch die Arbeitslosigkeit gestiegen ist. Betroffen seien etwa Frauen, Jugendliche sowie Über-Fünzigjährige. Dolinschek fragt sich, warum die Politik auf diese Entwicklung nicht reagiere. Das AMS verwalte die Arbeitslosen, tue aber zu wenig, um sie zu vermitteln, kritisierte er. Auch gegen den bestehenden Facharbeitermangel und Defizite in überbetrieblichen Lehrwerkstätten wird seiner Meinung nach zu wenig getan.

In einem von Dolinschek eingebrachten Entschließungsantrag fordert das BZÖ die Regierung auf, im Sinne der ArbeitnehmerInnen ein Paket zur Entlastung der PendlerInnen vorzulegen und insbesondere die Pendlerpauschale durch eine kilometerabhängige Unterstützung zu ersetzen.

Mitterlehner für Projektbonds

Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER hob hervor, dass Österreich im europäischen Kontext relativ gute Beschäftigungs- und Jugendbeschäftigungsdaten habe. Das sei auch der Grund dafür, dass der Konsum in den vergangenen Jahren stabil geblieben sei, unterstrich er. Niemand leite aus den guten Daten falsche Schlüsse ab und lehne sich zurück, sagte der Minister in Richtung Opposition, die Regierung bemühe sich weiter, adäquate Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, um Arbeitsplätze zu sichern.

Mitterlehner zufolge darf man aber nicht übersehen, dass es in Europa eine Wachstumsschwäche gibt. Er erachtet es in diesem Sinn für notwendig, einen Balanceakt zwischen Konsolidierungskurs und Wachstumsimpulsen zu finden. Dezidiert sprach sich der Minister für die Einführung von Projektbonds zur Förderung von Infrastrukturprojekten aus.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) warf FPÖ und BZÖ vor, Interesse am Zerbrechen der Eurozone zu haben. Er fürchtet, dass dies ein Chaos und katastrophale Konsequenzen für den österreichischen Arbeitsmarkt zur Folge hätte. Die Regierung beteilige sich deshalb an verschiedenen Solidaritätsaktionen, um die Eurozone zu erhalten, bekräftigte er. Das liege angesichts der hohen Exportquote Österreichs im Eigeninteresse. Allgemein hielt Matznetter fest, Österreich sei so erfolgreich, weil die Rahmenbedingungen passten.

Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V) meinte in Richtung ihres Vorredners, ein bisschen weniger Bürokratie und weniger Steuern wären für die österreichische Wirtschaft "schon sehr hilfreich". Sie sieht außerdem in gut ausgebildeten Fachkräften einen Schlüssel für Wachstum. Neben Universitäts- und FachhochschulabsolventInnen braucht es Fürntrath-Moretti zufolge vor allem auch eine gute Lehrlingsausbildung. Ende 2011 seien mehr als 128.000 Jugendliche in einer Lehrlingsausbildung gewesen, skizzierte sie, Österreich sei damit Vorbild für andere europäische Staaten.

Abgeordneter Dietmar KECK (S) wies auf die dramatische Arbeitsmarktsituation in einigen europäischen Ländern hin. Demgegenüber sei Österreich "am anderen Ende der Fahnenstange", unterstrich er. Auch die Opposition könne nicht ignorieren, dass Österreich mit 3,9 % Arbeitslosigkeit den Spitzenplatz in Europa einnehme. Keck führt das nicht zuletzt darauf zurück, dass die Regierung richtige Instrumente eingesetzt hat, wobei er etwa auf die Initiativen zur Hebung der Jugendbeschäftigung aufmerksam machte. Dass die Politik erfolgreich ist, zeigt sich ihm zufolge auch daran, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich selbst im vierten Jahr der Krise niedriger sei als in Zeiten der Hochkonjunktur unter der schwarz-blauen Regierung.

Abgeordneter Karl DONABAUER (V) führte aus, er sei grundsätzlich froh, in Europa geboren und Österreicher zu sein. Die "panische Fehlersuche" der Opposition bringe niemanden weiter, meinte er. Beschäftigung und Arbeit seien für die Menschen eine entscheidende Frage, dieses Thema sei immer im Mittelpunkt der Politik in Österreich gestanden.

Donabauer gab darüber hinaus zu bedenken, dass in Österreich nicht nur die produzierende Industrie sondern auch die Tourismus- und Freizeitwirtschaft ein wichtiger Arbeitgeber sei. Das sei neben den Kulturschätzen auch auf die Kulturlandschaft zurückzuführen, machte er geltend. Hier leiste die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) forderte die Regierung zum Handeln auf und machte darauf aufmerksam, dass 80 % der MindestsicherungsbezieherInnen in Wien keine österreichischen Wurzeln hätten. Zudem ist es ihm zufolge Faktum, dass 30 % bis 50 % der Jugendlichen mit Migrationshintergrund aus dem Bildungs- bzw. Ausbildungssystem ausscheren und das Burgenland mit einer "Flut" ausländischer ArbeitnehmerInnen konfrontiert ist. Auch die Jugendarbeitslosigkeit ist nach Meinung Höbarts in Österreich deutlich höher als zugegeben. Er kommt auf einen Wert von 13 % bis 14 %, rechnet man jene Jugendlichen hinzu, die in überbetrieblichen Lehrwerkstätten beschäftigt sind.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) empfahl den Regierungsparteien einen "Betriebsausflug" in die Steiermark. Dort, wo die sogenannte "Reformpartnerschaft" am Werk sei, sei die Arbeitslosigkeit dermaßen hoch, dass es "wirklich brenzlig wird", sagte sie. Im Vergleich zum Mai des Vorjahres gebe es in der Steiermark um 10,3 % mehr Arbeitslose. Schuld daran sind für Schwentner unter anderem die vorgenommenen Kürzungen im Pflege- und Sozialbereich.

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (B) machte darauf aufmerksam, dass die Armut in Österreich stetig zunehme und auch bei den sogenannten "working poor" ein Anstieg zu verzeichnen sei. Armut sei bereits zu einem gesellschaftlichen Problem geworden, bemängelte sie. Auch die Jugendbeschäftigungsinitiative beurteilte Kaufmann-Bruckberger kritisch, ihrer Meinung nach ist der Optimismus von Sozialminister Hundstorfer nicht gerechtfertigt. Um die Wirtschaft zu unterstützen, sprach sie sich für steuerliche Anreize aus.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) betonte, die aktuelle Entwicklung in Europa zeige, was passiere, wenn Volkswirtschaften ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Er erachtet es in diesem Sinn für notwendig, alles daran zu setzen, um die Wettbewerbsfähigkeit in Österreich zu erhalten. Seiner Auffassung nach ist die Politik auf einem guten Weg, es werde ständig an der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes gearbeitet. Zu den Vorteilen Österreichs gehören Steindl zufolge etwa die breite Diversifizierung der Wirtschaft, die gute Facharbeiterausbildung und die hohe Exportquote.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER stellte gegenüber Abgeordnetem Höbart klar, dass es insgesamt 34.000 jugendliche Arbeitslose (vom 15. bis zum 24. Lebensjahr) gibt und dass sein Ressort nur für ca. 9.300 ÜBAS-Plätze zahle, wobei 80 % davon auf ein Jahr befristet sind. Außerdem würden keine Zahlen verheimlicht, sondern klar dargelegt, wie viele Personen in Schulungen und wie viele arbeitslos sind. Allein in den ersten fünfeinhalb Monaten dieses Jahres befanden sich 260.551 Personen in Schulungs- oder Eingliederungsbeihilfenmaßnahmen, informierte der Sozialminister. Positiv könne man auch vermerken, dass die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit rückläufig ist. Was die bedarfsorientierte Mindestsicherung betrifft, so werde diese sicher nicht als Hängematte verstanden, sondern als Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt. Erstmals ist es nun ja auch möglich, den Sozialhilfebezug zu kürzen, merkte Hundstorfer an.

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) warf der Regierung Realitätsverweigerung vor, da sie sich derzeit nur selbst feiere und die realen Probleme der Bevölkerung sowie die Krise in Europa weitgehend ignoriere. Auch die Sozialpolitik gehe offenbar auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes nicht ein, urteilte Strutz, da einerseits 70.000 Jugendliche Schulungen besuchen, andererseits aber dringend ausländische Fachkräfte für Berufe wie Dachdecker, Schweißer, Bautischler und –spengler, Zimmermann, Schlosser, Bodenleger, Holzmaschinenbauer etc. gesucht werden. Warum ist es nicht möglich, die jungen Menschen in diesen Bereichen auszubilden, fragte Strutz den Sozialminister. Als erste Maßnahme müsste zunächst einmal die Zustimmung zum ESM verweigert werden, damit genügend Mittel für die Ausbildung der Österreicher und Österreicherinnen zur Verfügung stehen, forderte der F-Mandatar.

Eine günstige Beschäftigungslage könne es nur dann geben, wenn die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft und etwa die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleistet, argumentierte Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V). Die österreichischen Familien sollen in gesicherten Verhältnissen leben und ihr Leben so gestalten können, wie sie es wollen und nicht wie der Staat es will. Dazu gehöre auch, dass es eine echte Wahlfreiheit gibt und die Menschen nicht gezwungen werden, Vollzeit zu arbeiten, betonte die V-Mandatarin. Davon abgesehen könne ein rascheres Wechseln von Teilzeit- zu Vollzeitjobs unterstützt werden. Gleichzeitig sollten aber auch die Kinderbetreuungszeiten besser angerechnet werden, forderte Steibl.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag des BZÖ betreffend die Dringlichkeit eines Pakets zur Entlastung von Pendlerinnen und Pendlern abgelehnt. (Schluss Erklärung Hundstorfer/Fortsetzung Nationalrat)