Parlamentskorrespondenz Nr. 580 vom 03.07.2012

Das Steuerabkommen mit der Schweiz vor Genehmigung im Plenum

Wichtige Vorlagen passieren den Finanzausschuss

Wien (PK) – Der Finanzausschuss machte den Weg frei für wichtige finanzpolitische Weichenstellungen: Zunächst genehmigten die Abgeordneten mit S-V-Mehrheit das Steuerabkommen mit der Schweiz und stimmten dazugehörigen Anpassungen im Finanzausgleich zu. Dieselbe Mehrheit fand ein neuer Österreichischer Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden mit Angleichungen an Fiskalpakt und Konsolidierungspaket. Auch die Einrichtung einer Transparenzdatenbank und die Umsetzung von EU-Richtlinien für mehr Transparenz auf dem Kapitalmarkt machte der Ausschuss plenumsreif. FPÖ-Anträge zur Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels und zur Verkürzung der steuerlich relevanten Mindestlaufzeit bei Einmalerlägen in Lebensversicherungen wurden vertagt.

Steuerabkommen mit der Schweiz

Der Besteuerung von Vermögen österreichischer Steuerpflichtige in der Schweiz dient das im April in Bern unterzeichnete Steuerabkommen mit der Schweiz, von dessen Inkrafttreten am 1.1.2013 sich die Regierung Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro im Jahr 2013 und von 50 Mio. Euro jährlich ab 2014 erwartet. Das Abkommen gilt für alle natürlichen Personen, die in Österreich ansässig sind und am 31.12. 2010 und am 31.12.2012 ein Konto oder ein Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle besitzen. Nicht betroffen sind Privatstiftungen, Personen- oder Kapitalgesellschaften, Körperschaften und Vereine sowie Erträge und Gewinne, die unter das Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU fallen. Der Finanzausschuss empfahl den Vertragstext (1770 d.B.) dem Nationalrat mit S-V–Mehrheit zur Genehmigung.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) zeigte sich verwundert, dass die SPÖ, die viel von Steuergerechtigkeit spreche, dieser "Ablasszahlung" der Schweiz für österreichische Steuerhinterzieher zustimme und damit in Kauf nehme, dass ein Kapital von rund 20 Mrd. Euro zu einem sehr geringen Steuersatz versteuert werde. Außerdem enthalte dieses aus der Budgetnot geborene Abkommen zu viele Ausnahmen und sehe unzureichende Kontrollmöglichkeiten für Österreich vor, kritisierte Podgorschek.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) schloss sich den Argumentationen ihres Vorredners an und sprach von einer Vorgangsweise der Bunderegierung, die ehrlichen Steuerzahlern schwer zu erklären sei.

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) wies die Kritik der FPÖ zurück und hielt es für pragmatisch richtig, aus einer budgetären Perspektive heraus dafür zu sorgen, dass auch Gelder von Bürgern versteuert werden, die bislang keinen Obolus geliefert haben.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) kritisierte das Abkommen als "löchrig wie Schweizer Käse" und erinnerte an ein ähnliches Abkommen Deutschlands, dass mehr Qualität habe, weil es Vorauszahlungen enthalte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) hielt es für richtig, die Gunst der Stunde, nämlich den Abschluss ähnlicher Abkommen der Schweiz mit Großbritannien und Deutschland, für Österreich zu nutzen und eine Versteuerung von bislang nicht versteuerten Geldern zu erreichen. Der Steuersatz liege zwischen 15 % und 38 %. Die Alternative wäre dieses Geld weiterhin nicht zu besteuern, das sei nicht realistisch, hilet Krainer der Opposition entgegen.  

Abgeordneter Günther Stummvoll (V) sprach von einem beachtlichen Erfolg der Finanzministerin, die in kurzer Zeit ein Abkommen mit der Schweiz erreicht hatte, das die Vertreter der Opposition noch vor kurzem gar nicht für möglich gehalten haben.  

Finanzministerin Maria Fekter erläuterte das Abkommen im Detail und führte aus, dass Österreich, anders als Deutschland, kein Provisorium, sondern vom Start weg die volle Umsetzung des Vertrags vereinbart habe. Von den Stiftungen seien nur anonyme Stiftungen ausgenommen. Es sei besser, einen Teil der Steuerpflicht durchzusetzen als zur Gänze auf den Steuerertrag zu verzichten. Den Vorwurf, man schütze mit diesem Abkommen Steuerhinterzieher, wies die Finanzministerin zurück, man habe im Gegenteil die Steuerhinterzieher "erwischt" und könne den zu erwartenden Ertrag für die Budgetkonsolidierung nutzen. Die Alternative hätte gelautet, Steuern zu erhöhen und österreichische Bürger stärker zu belasten.  Abgeordnetem Roman Haider (F) erklärte die Ministerin auf dessen Frage, dass Österreicher, die in der Schweiz arbeiten und dort ein Pensionskonto haben, schon bisher verpflichtet waren, ihr Pension zu versteuern. Eine Doppelbesteuerung drohe diesen Steuerpflichtigen nicht, weil das Abkommen die Möglichkeit einer Offenlegung und der Besteuerung in Österreich ausdrücklich vorsehe. Die Zustimmung erfolgte mit S-V-Mehrheit. 

Neuer Österreichischer Stabilitätspakt  

Da die Einmalzahlung der Schweiz eine neue Steuer ist, die in den Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden eingeordnet werden muss, verabschiedete der Ausschuss in weiterer Folge – unter Berücksichtigung formaler Änderungen, die S-Abgeordneter Jan Krainer in der Debatte beantragte  - auch Anpassungen im Finanzausgleichsgesetz 2008 (1784 d.B.). Ein Drittel der zu erwartenden Einnahmen von einer Milliarde Euro werden an Länder und Gemeinden fließen. Außerdem werden im Finanzausgleich Angleichungen an den neuen Stabilitätspakt vorgenommen. Außerdem machen die verstärkte wirtschaftliche Steuerung (Governance) der EU-Mitgliedstaaten, der Fiskalpakt und das jüngste Konsolidierungspaket einen neuen Österreichischen Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden notwendig (1792 d.B.), der rückwirkend ab 2012 gelten soll. Er zielt auf einen strukturell ausgeglichenen Haushalt ab 2017 und enthält eine Ausgabenbremse, eine Schuldenquotenanpassung und eine Schuldenbremse, die in ihrer Wirkung einer verfassungsrechtlichen Schuldenbremse gleichzusetzen sei. Das "strukturelle" (von Konjunktur und Einmaleffekten unabhängige) Defizit des Gesamtstaats soll den Wert von 0,45 % des BIP nicht übersteigen, wobei auf die Länder und Gemeinden ein struktureller Defizitanteil von 0,1 % des BIP entfällt. Zudem werden die Rückführung der Schulden und die Ausgabenentwicklung künftig stärker beachtet als bisher.

Abgeordneter Jakob Auer (V) begrüßte die Aufteilung der Einnahmen aus dem Steuerabkommen mit der Schweiz im Interesse der Gemeinden und wies einmal mehr auf die gravierenden Finanzprobleme vieler Gemeinden hin.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) sprach sich dafür aus, das Tempo bei der Budgetkonsolidierung zu verringern, um angesichts eines stotternden Konjunkturmotors zu verhindern, dass die Arbeitslosigkeit weiter steige. 

Abgeordneter Maximilian Linder (F) hielt die zusätzlichen Einnahmen für die Gemeinden für willkommen, da Länder und Gemeinden unter dem innerösterreichischen Fiskalpakt leiden. Linder plädierte für eine Entlastung der Bürger, statt die Parteienförderung zu verdoppeln. 

Abgeordneter Konrad Steindl (V) hielt es für wichtig, die Defizitentwicklung im Auge zu behalten und begrüßte den Abschluss des Stabilitätspaktes mit Bundesländern und Gemeinden ebenso wie Wachstumsinitiativen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu erhalten und durch ein ausgeglichenes Budget die Zinsenbelastung zu reduzieren.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) drängte auf eine Reform des Finanzausgleichs und auf eine gerechtere Finanzverfassung.

Finanzministerin Maria Fekter erinnerte an die konstruktiven Gespräche mit den Ländern und berichtete von der Einführung einer dauerhaften Schuldenbremse. Den Ländern sei es wichtig gewesen, Planungssicherheit zu bekommen, erinnerte die Ministerin und zerstreute Bedenken, der Stabilitätspakt könnte sich bremsend auf das Wachstum auswirken. Reformschwerpunkte seien die Bereiche Pflege und Gesundheit, wo es gelte, eine Kostenexplosion zu vermeiden. Entsprechende 15a-Verträge werden nun ausverhandelt und die Reform des Finanzausgleichs gestartet, Studien dazu liegen bereits vor, eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern aus Bund, Ländern und Gemeinden werde ihre Arbeit aufnehmen. Die Finanzministerin werde sich dafür einsetzen, den "grauen" Finanzausgleich in den Finanzausgleich einzubeziehen und Bürokratie abzubauen. Sie erwarte auch eine Debatte über eine Steuerautonomie von Ländern und Gemeinden. - Beide Vorlagen erzielten eine Mehrheit der Koalitionsparteien. Der S-V-Abänderungsantrag wurde mit derselben Mehrheit berücksichtigt.    

Grünes Licht für die Einrichtung einer Transparenzdatenbank

Angesichts der vielen Transfers und Förderungen, die die öffentliche Hand leistet, ohne dass diese Leistungen für Empfänger und öffentliche Stellen transparent sind, richtet der Bund gemeinsam mit den Ländern eine Transparenzdatenbank ein (1788 d.B.), die alle Leistungsangebote von Bund und Ländern in einer Leistungsangebotsdatenbank erfassen und öffentlich zugänglich machen soll.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) hielt eine Transparenzdatenbank grundsätzlich für sinnvoll und bekannte sich dazu, den Förderdschungel zu durchleuchten, Doppel- und Dreifachförderungen zu beseitigen und das Transfersystem zu vereinfachen. All das geschehe aber nicht, weil die Vorlage nur die Einspeisung von Daten des Bundes vorsehe, die Bundesländer erst in einem zweiten Schritt einspeisen werden und die Gemeinden gar nicht berücksichtigt seien, kritisierte Zanger.

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) wies insbesondere daraufhin, dass von der Wiener SPÖ Kritik am großen bürokratischem Aufwand bei der Einrichtung der Transparenzdatenbank komme.

Abgeordneter Tanja Windbüchler-Souschill (G) machte auf die vielen armutsgefährdeten Familien mit mehreren Kindern aufmerksam, die nun Gefahr laufen, zusätzlich zu ihrer prekären sozialen Situation mit dem Neid ihrer Nachbarn leben zu müssen, die aus der Transparenzdatenbank erfahren, welche Transferleistungen sie beziehen.

Abgeordnete Karin Hackl (V) konnte dieser Argumentation nicht folgen, weil Sicherheitsvorkehrungen dafür sorgen werden, dass niemand die Transferleistungen des Nachbarn abfragen könne. Transparenz sei aber notwendig, damit die Politik wissen könne, wohin das Geld fließe, um daraus richtige Schlüsse für Entscheidungen ziehen zu können.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) sah die Einrichtung einer Transparenzdatenbank positiv, weil sie erlauben werde, Missbrauch zu verhindern und aufzuzeigen wo Leistungsverbesserungen notwendig seien. Silhavy schlug auch vor, auch die Gemeinden in diese Datenbank einzubeziehen.

Abgeordneter Günther Stummvoll (V) hielt es für wichtig, die Treffsicherheit des Sozialsystems zu verbessern, um die Armut wirkungsvoll bekämpfen zu können, dafür sei die Transparenzdatenbank eine wichtige Voraussetzung.

Finanzministerin Maria Fekter teilte mit, dass der Bund seine Daten im Laufe des Jahres 2012 in die Transparenzdatenbank stellen werden und die Länder in zwei Schritten im kommenden Jahr folgen werden. Lobend äußerte sich die Finanzministerin über den Vorreiter Salzburg. Dieses Bundesland habe bereits alle Transfers in eine Transparenzdatenbank eingebracht und nütze dieses Instrument, um mehr Effizienz zu erreichen. Fekter hielt es für zeitgemäß, die Transparenz zu erhöhen, informierte über den hohen Sicherheitsstandard, der die Transparenzdatenbank auszeichnen werde und sprach die Erwartung aus, dass dieses neue Instrument politische Entscheidungen, aber auch Behördenentscheidungen erleichtern und die Bearbeitungsdauer von Anträgen beschleunigen werde. - Die Vereinbarung erhielt die Zustimmung von SPÖ und ÖVP.

Mehr Transparenz auch auf den Kapitalmärkten

Mehr Transparenz soll nicht nur bei Transfers herrschen, sondern auch auf den Kapitalmärkten. Ein "unbemerktes Anschleichen" an börsennotierte Unternehmen soll verhindert werden. Dem dienen Änderungen im Kapitalmarktgesetz und in anderen Finanzmarktnormen mit Anpassungen an die "Prospekt"-Richtlinie und an die "Transparenz"-Richtlinie (1806 d.B.). Daten an die FMA sollen künftig rein elektronisch übermittelt werden können. Ungedeckte Leerverkäufe in Aktien und öffentlichen Schuldtiteln sowie von ungedeckten Credit Default Swaps werden auf öffentliche Schuldtitel beschränkt und Aufsichtsbehörden in Ausnahmesituationen Eingriffsrechte eingeräumt, erläuterte in der Debatte Abgeordneter Michael Ikrath (V), der darauf aufmerksam machte, dass nicht alle Credit Default Swaps böse seien, zumal dann nicht, wenn sie zur Absicherung des jeweiligen Grundgeschäfts dienten. Ikrath sprach sich dafür aus, Maßnahmen gegen das "Casino Banking" zu ergreifen, wobei er dafür plädierte, dieses Problem von der Produktseite her zu lösen.  

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) sprach von einem Schritt in die richtige Richtung, hätte sich aber gewünscht, Credit Default Swaps auf Staatsanleihen und den Leerverkauf von Staatspapieren gänzlich zu verbieten. Der Redner stimmte mit F-Abgeordnetem Wolfgang Zanger in der Forderung nach Einführung eines Trennbankensystems überein.

  

Finanzministerin Maria Fekter erinnerte daran, dass Leerverkäufe in Österreich schon lange geregelt seien und die vorliegenden Änderungen zur Richtlinienumsetzung lediglich das Verfahren betreffen. - Der Gesetzentwurf wurde mit S-V-F-G-Mehrheit verabschiedet.

FPÖ für Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels 

FPÖ-Abgeordneter Elmar Podgorschek beantragte eine Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels (1853/A(E)). Jeder Bürger soll gleich viel wert ist, egal ob er in einer großen oder kleinen Kommune lebt, sagte der Abgeordnete. Der abgestufte Finanzausgleich bewirke aber, dass größere Gemeinden pro Einwohner mehr Geld erhalten. Diese Ungleichbehandlung gehe auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurück, als man die zerstörten Großstädte wieder aufbauen musste. Heute leide die ländliche Bevölkerung unter den höheren Infrastrukturkosten, die der abgestufte Bevölkerungsschlüssel für sie mit sich bringt, argumentierte der Antragsteller.

In einer kurzen Debatte prallten die Argumentationen von Abgeordneten aus kleinen Gemeinden und die Standpunkte von Mandataren aus größeren Städten aufeinander. Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) wies etwa darauf hin, dass sich auch kleinere Städte die Sanierung eines Hallenbades nicht mehr leisten könnten, während die Abgeordneten Kai Jan Krainer und Christoph Matznetter (beide S) wiederum die Leistungen großer Gemeinden für die Bewohner anderer Gemeinden instreffen führten. Der Antrag wurde auf Vorschlag des SPÖ-Abgeordneten Kai Jan Krainer mit S-V-Mehrheit vertagt.

Versicherungen: FPÖ für kürzere Mindestlaufzeiten bei Einmalerlägen 

Auf Antrag der Regierungsparteien wurde auch das Verlangen von FPÖ-Abgeordnetem Elmar Podgorschek (1998/A(E)) vertagt, die steuerlich relevante Mindestlaufzeit für Lebensversicherung gegen Einmalerlag wieder auf 10 Jahre zu senken. Podgorschek und sein Fraktionskollege Bernhard Themessl begründeten diese Initiative mit dem Rückgang von Einmalerlägen, seit die steuerlich relevante Mindestlaufzeit für einen Steuersatz von vier Prozentpunkten von 10 auf 15 Jahre angehoben wurde.

Finanzministerin Maria Fekter erinnerte demgegenüber daran, dass die Verlängerung der Laufzeit für Einmalerträge mit einer Senkung der Versicherungssteuer verknüpft war und machte darauf aufmerksam, dass alle Sparformen gleich zu behandeln seien. Die Einzahlung von Einmalerträgen in Lebensversicherungen zähle zu den Sparformen und gelte nur wegen der längeren Laufzeit und des höheren Risikos als Versicherung (Schluss).