Parlamentskorrespondenz Nr. 595 vom 05.07.2012

Forschungsinstitut IST Austria wird bis 2026 abgesichert

Diskussion über Studiengebühren

Wien PK) – Der Nationalrat genehmigte heute auch mehrheitlich die Verlängerung der geltenden 15a-Vereinbarung mit Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology - Austria (IST Austria) bis 2026. Damit soll dem Institut ausreichende Planungssicherheit gegeben werden. Der Bund stellt dem Institut von 2017 bis 2026 988 Mio. €, Niederösterreich 368 Mio. € zur Verfügung, wodurch das Institut bis 2026 Mittel in der Höhe von 1,356 Mrd. € für sich verbuchen kann. 2014 soll eine umfassende Beurteilung des IST durchgeführt und auf dieser Grundlage über dessen weitere Entwicklung entschieden werden.

Einhellige Zustimmung erhielt der Antrag der Abgeordneten Katharina Cortolezis-Schlager (V) und Andrea Kuntzl (S) zum Fachhochschul-Studiengesetz, mit dessen Hilfe gewährleistet wird, dass spätestens mit 1. September 2012 bei allen Erhaltern von Fachhochschulen Kollegien eingerichtet werden.

Die Debatte nahmen die Abgeordneten auch zum Anlass, einmal mehr über die Studiengebühren zu diskutieren.

Wird das IST Austria gegenüber Universitäten bevorzugt?

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) betonte, das Institute of Science and Technologie Austria sei ein hervorragendes Institut mit exzellenten Wissenschaftlern. Die Frage, wie die Forschung in Österreich insgesamt langfristig abgesichert werden könnte, sei jedoch immer noch ungelöst. Das IST Austria sei, offenbar aufgrund der politischen Konstellation zwischen Wissenschaftsministerium und Land Niederösterreich, das einzige Institut, das so gut abgesichert sei. Das sei diesem zwar zu gönnen, sagte Widmann, aber er wünsche sich das selbe auch für die Forschung an den Universitäten Österreichs. Auch die StudentInnen müssten Rechtssicherheit erhalten, forderte Widmann und brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem bis Herbst eine gesetzliche Grundlage für Studiengebühren und für ein faires, treffsicheres Studienbeihilfensystem gefordert wird. Die Weigerung von SPÖ und ÖVP, die Frage der Studienbeiträge zu lösen, müsse ein Ende haben, verlangte Widmann.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) stellte fest, die 15a-Vereinbarung solle dem IST Austria mehr Planungssicherheit geben. Das Institut beruhe auf einer Übereinkunft zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, es werde sichergestellt, dass es vergleichbare Bedingungen wie die Universitäten und Fachhochschulen vorfinde. Wünschenswert sei, dass alle Bundesländer sich in gleichem Maß um die Forschungsförderung bemühen würden, sagte sie und ortete diesbezüglich hohen Handlungsbedarf. Cortolezis-Schlager forderte eine entsprechende Dotierung des FWF und hielt mehr Mittel für die Grundlagenforschung und auch mehr private Mittel für notwendig. Gerade bei privaten Forschungsmitteln habe Österreich noch Aufholbedarf.

Der Antrag zu den Fachhochschulen betreffe eine kleine Übergangsregelung, die das Funktionieren der Fachhochschulkollegien als demokratische Organe absichere, erläuterte sie.

Abgeordneter Kurt LIST (B) sah eine gewaltige Bevorzugung des Instituts IST Austria, während die Universitäten über Geldmangel klagten. List sah darin einen Kniefall vor dem niederösterreichischen Landeshauptmann. Bundesminister Töchterle lasse die Universitäten im Stich und sei als Wissenschaftsminister gescheitert. In der Frage der Studiengebühren sei die gesamte Koalition gescheitert, konstatierte er, an den Universitäten herrsche Chaos. Es zeichne sich längst eine Mehrheit für die Wiedereinführung von Studiengebühren ab, meinte List, welche den Universitäten dringend benötigte Mittel in der Höhe von 150 Mio. € pro Jahr bringen würden.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) bezeichnete das IST Austria als Bereicherung der österreichischen Forschungslandschaft. Im Wissenschaftsausschuss habe sich Konsens gezeigt, dass es wichtig sei, diese Forschungsstätte langfristig abzusichern. Das solle heute geschehen und werde eine große Mehrheit finden. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in der Frage der Studiengebühren sei noch nicht zur Sache selbst gefallen, sondern es sei festgestellt werden, dass das Anliegen nicht über eine Individualbeschwerde, sondern nur über eine Bescheidbeschwerde an den VfGH herangetragen werden kann. Der Senat der Universität Wien habe zudem heute entschieden, die Berufungen der Studierenden abzulehnen und die entsprechenden Bescheide sehr schnell auszustellen. Es bestehe großes Interesse daran, hier Rechtssicherheit zu schaffen, bekräftigte Kuntzl, die die Hoffnung aussprach, dass in den nächsten Wochen in dieser Frage etwas weitergehe.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) brachte einen Entschließungsantrag ein, der die Bundesregierung auffordert, die Frage der Einhebung und der Befreiung von Studienbeiträgen gesetzlich zu regeln. Eingehobene Studiengebühren seien zweckgebunden für die Lehre einzusetzen. Der Antrag zu den Fachhochschulkollegien werde als rein formeller Antrag von seiner Fraktion unterstützt. Der Bericht des Fachhochschulrates habe gezeigt, so Vock, dass Studiengebühren nicht unbedingt abschreckend wirken. Es gebe sogar oft viel mehr BewerberInnen als Studienplätze. Auch dass an den Fachhochschulen sehr viel geforscht wird, sei zu wenig bekannt, bedauerte der Redner, der die Fachhochschulen als einen interessanten Beitrag zum tertiären Bildungsbereich bezeichnete. 

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) meinte, in Bezug auf das IST Austria seien zwei Dinge zu unterscheiden. Es habe sich einerseits erwiesen, dass dort Hervorragendes geleistet wird, das sei anzuerkennen. Andererseits gehe es aber darum, dass auch für andere Universitätsinstitute, die exzellente Leistungen erbringen, ähnliche Bedingungen geschaffen werden. Die ÖVP betone immer Wettbewerb und Exzellenz. Dazu brauche es aber die entsprechende Ausstattung. Das IST Austria erhalte unvergleichbar bessere Bedingungen als die Universitäten, das löse Irritation aus. An den Unis werde die Forschung immer mehr eine Teilzeit- oder Freizeitbeschäftigung, bemängelte Grünewald. Die Entscheidung für das IST Austria zeige eine klare Benachteiligung der Universitäten auf, merkte Grünewald kritisch an.

Töchterle: IST Austria ist Erfolgsgeschichte

Wissenschaftsminister Karlheinz TÖCHTERLE bezog sich in seiner Wortmeldung zunächst auf den im Wissenschaftsausschuss behandelten Universitätsbericht 2011. Es gehe daraus hervor, dass es an Österreichs Universitäten in den letzten drei Jahren mehr Budget- und Raumressourcen sowie mehr Studierende gegeben habe, unterstrich der Minister. Er bemerkte zwar, dass die finanzielle Entwicklung nicht mit der wachsenden Studierendenzahl habe mithalten können, sicherte jedoch zu, die problematische Betreuungssituation werde sich durch die Hochschulmilliarde verbessern. Sein Ministerium sei bemüht, Wissenschaft und Forschung besser zu dotieren, wie sich an der zehnprozentigen Budgeterhöhung des Wissenschaftsfonds zeige, so der Wissenschaftsminister.

Als "Erfolgsgeschichte" bezeichnete Töchterle das IST Austria: vor wenigen Jahren erst gegründet, liege das Institut im Bereich Grundlagenforschung bereits auf internationalem Spitzenniveau. Ein Problem sei längere Zeit die ungesicherte Finanzierung ab 2017 gewesen, da das IST Austria anders als Universitäten keine gesetzliche Grundlage für öffentliche Gelder habe, merkte der Minister an. Mit dem vorliegenden 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des IST Austria werde zusammen mit privaten Unterstützungszahlungen nun eine finanzielle Absicherung bis 2026 geschaffen, zeigte sich Töchterle erfreut. Diese langfristige Perspektive sei für die Infrastruktur des Institutes und als Anreiz für hochqualifizierte internationale ForscherInnen unabdingbar.

Kritik, die 15a-Vereinbarung mit Niederösterreich zeuge von der "Machtfülle" des niederösterreichischen Landeshauptmannes, wies Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) entschieden zurück. Er sei vielmehr froh darüber, dass Erwin Pröll "durchsetzungsstark" genug sei, um die nötigen Rahmenbedingungen für den Standort des IST Austria geschaffen zu haben. Mit mehr als 500 WissenschaftlerInnen bis 2014 und mehreren Forschungspreisen belege das Institut Schmuckenschlager zufolge die Qualität der dortigen Forschungsarbeit. Da Wissenschaft die Basis für Wachstum und Wirtschaftskraft bilde, sah es der V-Abgeordnete als einen Auftrag im Dienste der Menschen an, auch zukünftig in Forschungsförderung zu investieren.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) drückte ihre Hoffnung aus, dass sich die Erfolgsgeschichte des IST Austria in den kommenden Jahren fortsetzen werde. Sie rekapitulierte die Entstehungsgeschichte des Instituts, dessen Planung zur Zeit der V-B-Regierung begonnen hatte. Das BZÖ solle sich daher bei Kritik am Projekt zurück halten, meinte die S-Mandatarin.

Er stimme dem Finanzierungsgesetz für das IST Austria zwar zu, stellte Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) fest, Probleme der Finanzierung wissenschaftlicher Institute müsse er aber dennoch erwähnen. Als Beispiel nannte er das medizinische Forschungszentrum MedAustron, das in Wiener Neustadt eröffnet wird, obwohl es laut Karlsböck zahlreiche Hürden zur Gründung gegeben habe. Beinahe wäre die Forschungsstätte zur Strahlentherapie ins Ausland abgewandert, monierte der F-Mandatar, im letzten Augenblick hätten sich der Bund und das Land Niederösterreich zur finanziellen Unterstützung bereit erklärt. Massive Geldprobleme ortete Karlsböck auch an den staatlichen Universitäten, die wegen politischer "Konzeptlosigkeit" finanziell "ausgehungert" würden. Er wies daher auf einen Initiativantrag seiner Fraktion hin, mit dem die den Universitäten ein längerer Planungshorizont ermöglicht werden solle und der auf fünfjährige Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und Universitäten abziele.

Abgeordnete Karin HAKL (V) zeigte Unverständnis für die Haltung der Grünen und der SPÖ gegen Studiengebühren an den Universitäten, da genau von diesen Fraktionen bekrittelt werde, an den Hochschulen gebe es keine soziale Durchmischung. Für StudentInnen wohlhabenderer Gesellschaftsschichten sollten Studienbeiträge keine Schwierigkeit darstellen, sozial Bedürftige würden bei Studiengebühren durch das Studienbeitragsmodell von Minister Töchterle finanziell abgefedert, war die V-Mandatarin überzeugt. Sie befand, den heimischen Universitäten täte ein genereller Sinneswandel gut, da sie – im Unterschied zum IST Austria – auch für die Lehre zuständig sind, was viele ForscherInnen derzeit als "Belastung" empfänden.

Den positiven Bericht der hochgradig besetzten Evaluierungskommission des IST Austria erwähnte Abgeordneter Elmar MAYER (S) und freute sich über die inhaltlich hochwertige Debatte zur Wissenschaftsförderung. Zwar gebe es auch erfolgreiche Forschungsarbeit abseits etablierter Rahmenbedingungen, sagte Mayer und führte einen Vorarlberger Kleinunternehmer an, der durch Forschungszusammenarbeit mit CERN seine Firma vor dem Konkurs hatte retten können und nun weltweit bekannt sei. Doch erachtete der S-Mandatar ein Forschungsfinanzierungsgesetz für dringend notwendig, um die budgetäre Planung von Forschungseinrichtungen generell sicherzustellen.

Für den bestehenden Geldmangel an den Universitäten machte Abgeordnete Laura RUDAS (S) den zuständigen Minister verantwortlich. Zum Thema Studiengebühren meinte sie, hier herrsche noch "Dissens" zwischen den Koalitionsparteien, sie pochte aber auf das "Primat der Politik" eine konstruktive Lösung dieser Frage zu finden. Das dürfe nicht den Gerichten überlassen werden.

Der Novelle des Fachhochschul-Studiengesetzes widmete sich Abgeordneter Erwin PREINER (S) und führte als Beispiele für vorbildliche FHs jene im Burgenland an, die ohne Studiengebühren eine exzellente Lehre anböten. Er regte zudem an, bei Hochschulen die Zugangsberechtigungen auszuweiten und auch mit Bildungsabschlüssen wie etwa der Berufsreifeprüfung möglich zu machen.

IST Austria sei ein Argument für die Notwendigkeit der Spitzenforschung, fand Abgeordneter Harry Rudolf BUCHMAYR (S). Er wünsche sich eine langfristige finanzielle Planbarkeit dafür. Auch seiner Hoffnung, es werde neben der Johannes-Kepler-Universität auch eine Medizinuni in Linz eingerichtet, verlieh der S-Mandatar Ausdruck.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) nutzte seine letzte Rede im Nationalrat, um angesichts der einhelligen Befürwortung des IST Austria eine weitere Erhöhung der Mittel des Wissenschaftsfonds anzuregen.

Im Anschluss zog er Bilanz über seine Zeit im Nationalrat, in dem er seit 1994 Abgeordneter des Grünen Klubs gewesen war. Mit "Wehmut" verlasse er nun diesen Wirkungsort, vermerkte Van der Bellen. Doch sehe er im Wiener Rathaus einen "interessanten Mikrokosmos", der ihm die Gelegenheit biete, in einer Regierungsfraktion zu arbeiten. Mit mehreren Anekdoten führte der langjährige G-Mandatar die Abgeordneten entlang seines parlamentarischen Werdegangs, auf dem er als Universitätsprofessor das "politische Handwerk" erst habe erlenen müssen, wie er sagte. Besonders der Umgang mit Medien sei nicht immer einfach gewesen; anstatt dabei politische Botschaften zu verbreiten, habe er im Sinne der WählerInnen lieber Fragen beantwortet. Als eines der Highlights seiner Karriere als NR-Abgeordneter nannte Van der Bellen die letzten Verhandlungen zum ESM mit den Regierungsparteien und dem Finanzministerium, durch die, so meinte er, sich das Selbstbewusstsein der ParlamentarierInnen gesteigert habe. Abschließend äußerte er den Wunsch, das Hohe Haus möge ungeachtet anderer Meinungen endlich renoviert werden, das solle die Demokratie dem Land wert sein. Der Zweite Präsident Fritz Neugebauer dankte Van der Bellen für dessen Tätigkeit als Parlamentarier und wünschte ihm alles Gute für die Zukunft.

Bei der Abstimmung wurde die Änderung der 15a-Vereinbarung zum IST Austria mit Mehrheit angenommen. Einstimmig sprachen sich die Abgeordneten für die Novelle des Fachhochschul-Studiengesetzes aus. Der Entschließungsantrag des BZÖ blieb in der Minderheit. Auch der Entschließungsantrag der FPÖ fand in der namentlichen Abstimmung mit 133 Nein- zu 33 Ja-Stimmen keine Mehrheit. (Fortsetzung Nationalrat)