Parlamentskorrespondenz Nr. 786 vom 16.10.2012

Österreichische Tourismuswirtschaft bleibt stabil

Diskussion um Federkrone Montezumas im Nationalrat

Wien (PK) – Auch die Lage des Tourismus war heute Thema im Nationalrat. Grundlage dafür bot der Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2011. Im vergangenen Jahr lag die Bilanz bei 126 Millionen Nächtigungen und einem Zuwachs um 0,9 % gegenüber 2010. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abgeordneter Franz HÖRL (V) bedankte sich für den umfangreichen Bericht zum österreichischen Tourismus. Er enthalte aufschlussreiche Daten über den österreichischen Tourismus, auf die man auch stolz sein dürfe. Sicher gebe es Problembereiche, vor allem bei kleinen Betrieben. Es zeige sich allerdings, dass das Fördersystem für Investitionen greife. Der Tourismus sorge dafür, dass in den Regionen investiert werde und trage zur Verteilung von Wohlstand auch in entlegenen Gebieten bei.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) wies auf die Problematik vieler Arbeitsverhältnisse im Tourismus hin. Alarmierend sei, dass viele Einkommen, die im Tourismusbereich erzielt würden, nicht existenzsichernd seien. Eine Erhöhung des Mindestlohns sei dringend notwendig. Die Beschäftigten seien zudem überwiegend weiblich, Führungspositionen in Tourismusbetrieben seien aber meist männlich besetzt. Hier müsse man über Veränderungen der Arbeitsbedingungen nachdenken, etwa mittels ausreichender Kinderbetreuungsplätze.

Abgeordneter Roman HAIDER (F) meinte, der Bericht zeige grundsätzlich eine positive Entwicklung im Tourismus, der einen wesentlichen Beitrag zum BIP und zur Sicherung der Arbeitsplätze leiste. Das sei aber nicht Verdienst der Bundesregierung, sondern geschehe trotz vieler wirtschaftsfeindlicher Regelungen oder Versäumnisse, für die diese Regierung verantwortlich zu machen sei. Auch vom vorgelegten Budget sei leider keine Verbesserung für den Tourismusbereich zu erwarten, meinte er.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) sagte, der Bericht weise den Tourismus als stabile Branche aus, zeige aber auch einige Schwachstellen auf. Es sei erstaunlich, wie viele Betriebe ein so hochwertiges Angebot zu vergleichsweise niedrigen Preisen aufrechterhalten könnten. Die Förderpolitik im Tourismus brauche einen neuen Ansatz. Es müsse projektorientiert gedacht und das Einzigartige, das Österreich biete, hervorgehoben und besser vermarktet werden.

Auch Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) lobte den Bericht, der sehr umfassend und übersichtlich sei. Dringend notwendig sei es allerdings, mehr Anreize für Lehrlinge im Tourismusbereich zu schaffen, meinte er. Markowitz forderte den Minister auf, hier gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Im Tourismus liege auch eine große Chance für die Beschäftigungspolitik und die Jugendbeschäftigung.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) stellte in ihrer Wortmeldung die österreichische Tourismuswirtschaft in den europäischen Vergleich. Man habe 2011 zwar keine Traumzahlen erreicht, aber das Schlimmste verhindert. Die Sommersaison 2012 zeige wieder ein Wachsen der Nächtigungszahlen. Auch Abgeordnete Franz erinnerte daran, dass Frauen im Tourismusbereich selten Führungspositionen innehaben. Dieser Frage, wie auch der Frage der fehlenden Lehrlinge im Tourismusbereich, müsse man stärkere Aufmerksamkeit schenken. 

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) führte die hohe Fluktuation bei den Beschäftigten in der Tourismusbranche vor allem auf das schlechte Image der Lehre zurück und betonte, der Rekrutierung von Fachkräften und der Ausbildung von Jugendlichen in den Betrieben müsste in Zukunft stärkeres Augenmerk geschenkt werden.

Abgeordneter Maximilian LINDER (F) beklagte in seiner Wortmeldung unter Hinweis auf einen Fall in seiner Heimatgemeinde bürokratische Hürden für Vereine, die im Sinne des Fremdenverkehrs bei Veranstaltungen tätig werden.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER sprach von einem erfolgreichen Tourismusjahr mit Rekordzahlen bei den Nächtigungen und kam zu dem Schluss, der Tourismus in Österreich sei gut unterwegs. Was die Bezahlung in den Tourismusberufen betrifft, gab Mitterlehner zu bedenken, es gehe nicht so sehr um die Frage des Mindestlohns, entscheidend seien vielmehr die Zusatzincentives für die Lehrlinge.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) wies auf Umfragen hin, denen zufolge zwei Drittel der Beschäftigten in der Tourismuswirtschaft unzufrieden sind, und vermisste entsprechende Antworten des Ministers. Was man brauche, seien jedenfalls bessere Rahmenbedingungen und Arbeitszeiten, faire Löhne sowie die Einhaltung des bestehenden Arbeitsrechts, stand für Schatz fest.

Abgeordneter Jochen PACK (V) sah den Tourismus in Österreich als prinzipiell gut aufgestellt, meinte aber, nun gelte es, noch weitere Potentiale und Ressourcen zu nutzen und neue Märkte anzusprechen.

Abgeordneter Johann HELL (S) unterstrich die Bedeutung des Konferenztourismus für die österreichischen Städte und plädierte für den weiteren Ausbau des Angebots im Qualitätssegment.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) setzte sich mit den Rahmenbedingungen des Tourismus auseinander und sprach dabei den Stellenwert der Kulinarik und des Weinbaus an.

Abgeordneter Erwin PREINER (S) befasste sich mit der Situation der Beschäftigten in der Tourismusbranche und beklagte unregelmäßige Arbeitszeiten und sinkende Arbeitszufriedenheit. Vom Mindestlohn versprach er sich einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Erfreut zeigte sich Preiner über die positive Entwicklung des Tourismus in Burgenland, die er nicht nur auf das gute Klima und die schöne Landschaft, sondern auch auf die Kulinarik und den Weinbau zurückführte.

Abgeordneter Michael PRASSL (V) zog ebenfalls eine positive Bilanz über das abgelaufene Tourismusjahr und schloss mit einem Dank an die Beschäftigten in der Branche.

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (o.F.) nahm zu den Rahmenbedingungen und Problemen in der Tourismuswirtschaft Stellung und erinnerte in diesem Zusammenhang an Schwierigkeiten bei der Betriebsübernahme, aber auch an den herrschenden Fachkräftemangel.

Beglaubigungen sollen vor Fälschungen besser gesichert werden

Außenpolitische Themen beherrschten in der Folge die weitere Debatte, wobei es um internationale Abkommen ging. Dabei gingen die Abgeordneten besonders auf den Inhalt des Kulturabkommens mit Mexiko ein, zumal die "Federkrone Montezumas" ein besonders sensibles Thema darstellt.

Mit Stimmeneinhelligkeit verabschiedeten die Abgeordneten schließlich ein Konsularbeglaubigungsgesetz, mit dem eine spezifische Rechtsgrundlage und klare Regelungen für die Beglaubigung von Urkunden sowohl durch das Außenministerium als auch durch die Konsularbehörden geschaffen werden.

Abgeordnete Karin HAKL (V) sah das vorliegende Gesetz vor allem unter dem Aspekt der Verhinderung von Missbrauch und Fälschungen und begrüßte überdies die nunmehr bestehende Möglichkeit der elektronischen Ausstellung von Beglaubigungen.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) äußerte sich im Sinne seiner Vorrednerin und kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an. Der F-Mandatar nahm seine Wortmeldung auch zum Anlass, Bedenken gegen beabsichtigte Verkäufe von Immobilien der Republik Österreich im Ausland anzumelden, wobei er sich insbesondere gegen geplante Liegenschaftsverkäufe in Rom wandte.

Abgeordnete Alev KORUN (G) unterstützte das gegenständliche Gesetz, warnte aber vor finanziellen Hürden durch hohe Kosten im Zusammenhang mit Beglaubigungen.

Außenminister Michael SPINDELEGGER hob den Gesichtspunkt der Rechtssicherheit hervor. Die von Karlsböck kritisierten Immobilienverkäufe in Rom erklärte er mit Effizienzsteigerungen und Einsparungen für das Budget.

Prävention im Kampf gegen Folter wird verstärkt

Konsens bestand weiters über ein Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter, das durch eine ergänzende Bestimmung nun die Prävention verstärken will und unabhängige, internationale und nationale Besuchsmechanismen an Orten des Freiheitsentzugs vorsieht.

Abgeordnete Christine MAREK (V) unterstrich die Rolle der Volksanwaltschaft als nationaler Präventionsmechanismus im Sinne des vorliegenden Fakultativprotokolls und sprach von einem weiteren Meilenstein beim Kampf gegen die Folter.

Abgeordnete Petra BAYR (S) hob die Bedeutung der Prävention im Kampf gegen Folter hervor und drängte auf einen Lückenschluss im österreichischen Strafgesetzbuch durch Einfügung eines speziellen Folterparagraphen.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) hielt seinen Vorrednerinnen entgegen, Österreich sei kein Folterstaat, man brauche hierzulande die Präventionsmechanismen eigentlich nicht. Österreich habe nur ratifiziert, um in den Menschenrechtsrat gewählt zu werden. Jene Länder aber, in denen Folter praktiziert wird, hätten das Übereinkommen gar nicht unterschrieben, gab er zu bedenken.

Abgeordnete Alev KORUN (G) begrüßte hingegen die Unterzeichnung des Fakultativprotokolls, schlug aber die Einführung von Qualitätskriterien für den Bestellungsmodus der Mitglieder der Volksanwaltschaft im Sinne einer stärkeren fachlichen Anforderung vor.

Transport der Federkrone Montezumas ist nicht möglich

Dem Nationalrat lagen heute auch Kulturabkommen vor, wobei jenem mit Mexiko besondere Aufmerksamkeit galt. Das gegenständliche Abkommen soll die kulturelle Zusammenarbeit verstärken und zielt dabei vor allem auf die Klärung der juristischen Aspekte des gegenseitigen befristeten Leihverkehrs von Kulturgütern ab. Im Mittelpunkt des Interesses stand dabei die "Federkrone Montezumas". Das Abkommen wurde mit Mehrheit genehmigt.  

Einstimmigkeit bestand hingegen über die Genehmigung von zwei Abkommen mit Albanien, die die rechtliche Absicherung der wechselseitigen Leihe von Kulturgütern regeln (1911 d.B., 1912 d.B.).

Ein Konsularvertrag aus dem Jahr 1972 zwischen Österreich und Rumänien wird nun durch ein Protokoll einvernehmlich beendet. Hintergrund der einstimmig verabschiedeten Maßnahme ist die Rechtsbereinigung in den konsularischen Beziehungen zwischen beiden Staaten, zumal für diesen Regelungsbereich auch das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WKK) gilt und die einzelnen Bestimmungen des Konsularvertrags teils mit dem WKK übereinstimmen, teils von diesem abweichen oder nunmehr obsolet geworden sind.

Der Grund für das Abkommen zwischen Mexiko und Österreich sei eindeutig die Rückgabe der von Österreich legitim als Staatseigentum erworbenen Federkrone, langläufig auch "Montezumakrone" genannt, befand Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F). Da es sich bei dabei um ein weltweit einzigartiges Kulturgut handle, spreche seine Fraktion sich ungeachtet der Immunitätsgarantien gegen die Abmachung, die Krone nach Mexiko zurückzugeben, aus.

Abgeordneter Wolfgang GROSSRUCK (V) bezog sich in seinen Ausführung auf die Vereinbarung mit Albanien, bewegliche Kulturschätze wie das Schwert und den Helm des albanischen Nationalhelden Skanderbeg im jeweils anderen Land leihweise für Ausstellungen zur Verfügung zu stellen. Anlässlich der 100-Jahr-Feier Albaniens, bei der man die Schaffung der Republik und das Erreichen der Unabhängigkeit begehe, würden nun die albanischen Reichsinsignien dem Land geliehen. Großruck dankte allen österreichischen PolitikerInnen, die an dieser Geste mitgewirkt hatten, und brachte seine Überzeugung zum Ausdruck, dadurch würden Freundschaft und Kooperation der beiden Länder noch vertieft.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) sprach ebenfalls die Rückgabefrage hinsichtlich der mexikanischen Federkrone an und konstatierte, eine Überbringung des Kunstschatzes nach Mexiko sei falsch. Das habe ein Gutachten der TU Wien bereits belegt. Zudem, mahnte Huber, würde ein Schiffstransport der Krone hohe Kosten verursachen.

Sowohl für Österreich als auch für die indigene Bevölkerung Mexikos sei die besprochene Federkrone ein wertvolles Kulturgut, hielt Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) ihrem Vorredner entgegen. Eine Ausstellung dieses Gutes in Mexiko sei schon jahrelang diskutiert worden, durch eine befristete Leihgabe könnte Österreich diesen Streit nun beenden, erklärte sie. Die S-Mandatarin sah letztlich die Wissenschaft gefordert, über die Transportfähigkeit der Krone zu entscheiden, die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür sollten jedoch geschaffen werden.

Durch die Immunitätsgarantie in der Vereinbarung zwischen Mexiko und Österreich käme der Restitutionsgedanke nicht zu seinem Recht, bekrittelte Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G). Er erläuterte, dass damit die Leihgabe vom Ursprungsland eines Kulturguts wieder zurückgegeben werden müsse. Dennoch begrüße er die generelle bilaterale Rechtssicherheit, die durch die vorliegende Übereinkunft ermöglicht werde.

Vizekanzler und Außenminister Michael SPINDELEGGER beendete die Diskussion zur Rückgabe der mexikanischen Federkrone mit dem Hinweis, technische Gutachten hätten ergeben, dass ein Transport des Kulturguts in keiner Weise möglich sei. Jedoch bilde das Abkommen mit Mexiko eine gute Basis für den zukünftigen Austausch anderer kulturell wertvoller Stücke zwischen den beiden Ländern, so Spindelegger. Zum Kulturgüterabkommen mit Albanien meinte er, vor dem Hintergrund der albanischen 100-Jahr-Feier sei die befristete Übergabe nationaler Schätze von großem symbolischen Wert und bilde wie das Abkommen mit Mexiko eine gute Rechtsquelle für ähnliche Fälle in der Zukunft.

Abgeordnete Gisela WURM (S) schloss sich Spindeleggers Ausführungen zum gelungenen Abschluss der Übereinkunft mit Albanien an und bezeichnete es als wichtig, den Wunsch, die albanischen Kulturschätze in ihrem Heimatland leihweise auszustellen, zu erfüllen. Sie äußerte auch Zustimmung zur Beendigung des konsularischen Übereinkommens von Österreich mit Rumänien, wobei dies kein unfreundlicher Akt, sondern ein Aufheben einer obsolet gewordenen Vereinbarung sei, wie sie betonte. (Fortsetzung Nationalrat)