Parlamentskorrespondenz Nr. 860 vom 05.11.2012

Budgetausschuss: Rechnungshof hat viele Aufgaben, aber zu wenig Geld

Präsident Moser warnt vor Einschränkung der Prüfungen

Wien (PK) – "Dem Rechnungshof fehlen bis 2016 3,6 Mio. €, um seine Kernaufgaben in vollem Umfang und mit der gewohnten Qualität aufrechtzuerhalten", sagte Rechnungshofpräsident Josef Moser den Mitgliedern des Budgetausschusses, die heute über den Haushaltsentwurf 2013 des Rechnungshofes berieten. Mit 30,622 Mio. € sieht der Voranschlag um 263.000 € weniger Auszahlungen vor als im Jahr 2012. Die Einzahlungen sind mit 86.000 € budgetiert, um 6.000 weniger als im laufenden Budget 2012. Somit soll der Nettofinanzierungsbedarf für den RH im kommenden Jahr auf 30,536 Mio. € sinken (2012: 30,793 Mio. €). Der Rechnungshofpräsident schilderte den Abgeordneten auf deren - durchwegs von Besorgnis bestimmten - Fragen ausführlich die vielen neuen Aufgaben des Rechnungshofes auf europäischer Ebene, bei der Umsetzung des Medientransparenzgesetzes, des Parteiengesetzes, der Haushaltsrechtsreform sowie bei der Prüfung und Beratung kleiner Gemeinden und warnte vor einer Einschränkung der Kernaufgabe des Rechnungshofes, der Gebarungsprüfung, weil dies den Informationsstand der Parlamentarier beeinträchtigen würde.

Aktuelle Wirkungsziele des Rechnungshofes    

Zu Beginn der Debatte erläuterte RH-Präsident Josef Moser den Abgeordneten die Absicht des Rechnungshofes, die Prüfungs- und Beratungstätigkeit künftig stärker gesamtstaatlich ausrichten und sich auf Ineffizienzen sowie Doppelgleisigkeiten zu konzentrieren, die an den Schnittstellen von Gebietskörperschaften, Sozialversicherungen und ausgegliederten Rechtsträgern oder in Verwaltungsbereichen bestehen, wo Finanzierungs-, Aufgaben- und Ausgabenverantwortung auf mehrere Akteure verteilt sind. Dabei setze der RH vor allem auf gebietskörperschaftenübergreifende Querschnittsprüfungen beim Finanzausgleich, in der Bildung sowie im Sozial- und Gesundheitswesen. Die Behandlung solcher Prüfungen in Rechnungshof-Ausschüssen soll von 27 (2011) auf 30 (2013) steigen. Erhöhen will der RH auch die Transparenz für die BürgerInnen. Die Zahl der Einladungen zu Ausschüssen der Vertretungskörper soll von 67 (2011) auf 70 (2013), die Zahl der Pressemeldungen über den Rechnungshof von 5.911 (2011) auf 5.950 (2013) und die Zugriffe auf die RH-Homepage von 195.508 (2011) auf 196.000 (2013) zunehmen.  

Um die Verantwortlichkeit der überprüften Stelle gegenüber den Vertretungskörpern zu stärken und die Chance auf Umsetzung der Empfehlungen zu erhöhen, beabsichtigt der Rechnungshof, die Zahl der Follow-Up-Überprüfungen von 18 (2011) auf 20 (2013) und den Anteil der umgesetzten oder in Umsetzung befindlichen RH-Empfehlungen von 79 % (2011) auf 80 % (2013) steigern. Die Zahl der Parlamentarischen Anfragen mit Rechnungshof-Bezug soll von 194 (2011) auf 200 (2013) zunehmen und der Informationsstand über die Verteilungswirkung öffentlicher Mittel für Frauen und Männer verbessert werden. Die Zahl genderrelevanter Themen in Berichten des Rechnungshofs soll von 4 (2011) auf 5 (2013) steigen.

Im Zusammenhang mit der Haushaltsrechtsreform will der Rechnungshof den Bundesrechnungsabschluss neu und verständlicher gestalten, damit mehr Transparenz in Haushaltsführung und Rechnungslegung des Bundes bringen und zugleich die Information der Öffentlichkeit über die finanzielle Lage des Gesamtstaates verbessern. Der RH plant umfangreiche Analysen aufgrund der Vermögens-, Erfolgs- und Finanzierungsrechnung und erwartet mehr mediale Aufmerksamkeit für den Bundesrechnungsabschluss - die Zahl der Meldungen soll von 189 (2011) auf 200 (2013) steigen, stand unter dem Titel "Wirkungsziele" im Budgetentwurf des Rechnungshofes für 2013 zu lesen.  

Abgeordnete Christine LAPP (S) erfuhr vom RH-Präsidenten weiters, es gehe darum, Synergiepotentiale zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen zu identifizieren und daraus Handlungsbedarf abzuleiten. Querschnittsprüfungen machten bereits 2012 30% der gesamten Prüfungstätigkeit des Rechnungshofes aus und stellten ein Kernziel des Rechnungshofs dar. Weiters beabsichtige der Rechnungshof, seine Prüfergebnisse für die BürgerInnen transparenter zu machen und die Wirksamkeit seiner Prüfungs- und Beratungstätigkeit zu erhöhen, wobei der RH-Präsident die Gemeinden lobte, die RH-Empfehlungen beispielhaft umsetzten. Große Bedeutung maß Präsident Moser einmal mehr der Zusammenarbeit mit dem Parlament bei und hielt es für wichtig, im RH-Ausschuss und im Nationalratsplenum darüber zu diskutieren, warum RH-Empfehlungen nicht umgesetzt werden. Moser unterstrich auch die Beratungsfunktion des Rechnungshofs, der bei einzelnen Projekten dazu beitragen könne, Nachforderungen so gering wie möglich zu halten.

Abgeordneter Ruth Becher (S) teilte der RH-Präsidenten mit, dass der Genderaspekt wie auch der Korruptionsaspekt in der gesamten Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs beachtet werde.

Der Rechnungshof hat viele neue Aufgaben und braucht mehr Geld   

Mit Unterstützung der Abgeordneten Wolfgang Zanger und Heinz-Peter Hackl (beide F), Daniela Musiol (G) und Martina Schenk (B) ersuchte Abgeordneter Hermann Gahr (V) Präsidenten Moser sodann, die Budget- und Personalsituation des Rechnungshofs angesichts der vielen neuen Aufgaben auf EU-Ebene sowie bei der Umsetzung des Medientransparenzgesetzes und des Parteiengesetzes darzulegen. Gahr interessierte sich zudem auch für die Entwicklung der Prüfung kleiner Gemeinden und drängte auf eine Abstimmung zwischen Rechnungshof und Landesrechnungshöfen bei der Gemeindeprüfung. Auch der Stand der Umsetzung der 599 Vorschläge für die Verwaltungsreform lag dem Redner am Herzen.

Präsident Moser schilderte den Auschussmitgliedern ausführlich die vielen neuen Aufgaben des RH bei der Umsetzung des Medientransparenzgesetzes und des Parteiengesetzes sowie im Rahmen des neuen Haushaltsrechts, unter anderem bei der Prüfung der neuen Vermögensbilanz des Bundes sowie bei der Erstellung neuer tiefgehender Analysen zum Bundesrechnungsabschluss und bei der Berücksichtigung neue Prüfungsaspekte wie Gendergerechtigkeit und Korruptionsbekämpfung. Der RH-Präsident machte auch auf neue Aufgaben des RH auf EU-Ebene (Sixpack, Twopack, Fiskalpakt) aufmerksam. "Dem Rechnungshof fehlen bis 2016 3,6 Mio. €, um seine Kernaufgaben in vollem Umfang und mit der gewohnten Qualität aufrechtzuerhalten", brachte Moser seine Darlegungen auf den finanziellen Punkt und warnte davor, dass der RH gezwungen sein könnte, seine Kerntätigkeit einzuschränken und die Zahl der Prüfungen zu reduzieren. In diesem Zusammenhang sprach sich Präsident Moser dafür aus, dem RH die Verwaltungstätigkeit im Bereich des Medientransparenzgesetzes, etwa die Erstellung von Listen zu erleichtern, um den Druck in Richtung Einschränkung von Prüfungsaufgaben zu vermindern. Denn dies würde den Informationsstand der Abgeordneten verschlechtern, sagte Moser.

Im Hinblick auf die neuen europäischen Kontrollaufgaben der Rechnungshöfe plädierte Moser einmal mehr für klare Regeln, Verantwortlichkeiten und Rollenverteilungen, für die Ausarbeitung einer "europäischen Kontrollarchitektur". Moser berichtete über diesbezügliche Beratungen im Kontaktausschuss der europäischen Rechnungshöfe und kündigte ein Positionspapier der Rechnungshöfe für den kommenden März an.  (Fortsetzung Budgetausschuss)