Parlamentskorrespondenz Nr. 863 vom 06.11.2012

Budget: Wie ambitioniert sind die Umweltziele der Regierung?

Budgetausschuss berät über ein stark reduziertes Umweltbudget

Wien (PK) – Der Entwurf für das Umweltbudget 2013 (Untergliederung 43), das Bundesminister Nikolaus Berlakovich heute im Budgetausschuss vertrat, sieht Einzahlungen von 499,398 Mio. € (2012: 380,715 Mio. €) und Auszahlungen von 658,251 Mio. € (2012: 998,277 Mio. €) vor. Daraus resultiert im kommenden Jahr ein Nettofinanzierungsbedarf von 158,853 Mio. € (2012: 617,562 Mio. €). Die Reduktion des Umweltbudgets um 360 Mio. € erklärte Bundesminister Nikolaus Berlakovich mit dem Auslaufen des JI/CDM-Programms und der flexiblen Reserve sowie mit der Reduktion des Umwelt- und Energiefonds nach dem Ende der Kyoto-Klimaschutzperiode. Mehraufwendungen sehe der Budgetvoranschlag hingegen für den Strahlenschutz, die Altlastensanierung und die Siedlungswasserwirtschaft vor.

Die Ziele des Umweltministers in Zahlen

An der Spitze der umweltpolitischen Prioritäten von Umweltminister Nikolaus Berlakovich steht die Stärkung von Umwelttechnologien, die Schaffung von Arbeitsplätzen beim Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz und eine ökologisch orientierte öffentliche Beschaffung zur Steigerung der Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum. Daher will Berlakovich den Umsatz österreichischer Umwelt- und Energietechnologieunternehmen von 6,8 Mrd. € auf 7,5 Mrd. € (2013) und die Zahl der Green Jobs in Österreich von 210.000 (2010) auf 215.000 (2013) steigern. Der Export von Umwelttechnologien soll von 4,2 Mrd. € auf 4,7 Mrd. € (2013) erhöht werden. Klimaschädliche Treibhausgase will der Umweltminister 2013 auf 51,55 Mio. t CO2-Äquivalente reduzieren (2010: 51,83 Mio. t). Bei der thermischen Gebäudesanierung sollen 2013 779 Betriebe und 16.240 Wohnbauten gefördert werden. Die Anzahl der Kraftfahrzeuge mit alternativen Antrieben soll 2013 18.000 erreichen (2011: 14.000).

Grenzwertüberschreitungen bei Feinstaub sollen 2013 nur noch bei weniger als 20 % der Messstellen (2011: 57 %) auftreten. Beim Schutz der Artenvielfalt soll der Anteil geschützter Flächen 2013 auf 30 % erhöht werden (2011: 27 %). Bei der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen und Sekundärrohstoffen sowie bei der angestrebten Entkoppelung von Abfallaufkommen und Wirtschaftswachstum setzt Bundesminister Berlakovich unter anderem auf forcierte Abfallvermeidung und auf die Umsetzung des Ressourceneffizienz-Aktionsplans, insbesondere auch in den Betrieben. Die Anzahl der Organisationen mit Umweltmanagementsystemen soll 2013 auf 280 steigen (2011: 249). Deponierte Abfälle (ohne Bodenaushub) sollen 2013 auf 3,3 Mio. Tonnen sinken (2010: 3,5 Mio. Tonnen. Die Recyclingquote von Siedlungsabfällen soll 2013 88,5 % erreichen (2011: 87,7 %). Die Anzahl sanierter Altlasten soll 2013 auf 131 steigen (2011: 116). Bei der Sicherung der Versorgung mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser und der umweltgerechten Entsorgung der Abwässer soll die Förderung der Siedlungswasserwirtschaft neu ausgerichtet werden, um Investitionen für Neuerrichtung und Werterhaltung der Wasserinfrastruktur bei zumutbarer Gebührengestaltung für die Bevölkerung zu sichern. Bis Ende 2013 sollen 7,4 Mio. Menschen an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden (2011: 7,39 Mio. Personen) und die öffentliche Abwasserentsorgung 7,54 Mio. EinwohnerInnen erfassen (2011: 7,52 Mio. Personen). Die Abwasserreinigungsleistung soll von 6.756 t (2010) auf 6.800 t Phosphorfracht (2013) gesteigert und das  Wasserleitungs- und Kanalnetz auf insgesamt 55.000 km (2011: 50.000 km) erweitert werden.

Thermische Gebäudesanierung stockt

Abgeordneter Norbert Hofer (F) bedauerte, dass trotz des Auslaufens des JI/CDM-Programms auch bei den Umweltförderungen im Inland gespart werde. Hofer brach eine Lanze für die thermische Gebäudesanierung, die beträchtliche Rückflüsse aus Steuereinnahmen in das Budget mit sich bringe und sprach sich dafür aus, biologisch mechanische Abfallbehandlungsanlagen an den Stand der Technik anzupassen.

Bundesminister Berlakovich merkte zur Reduktion der Umweltförderungen im Inland an, dass zugleich die Förderkriterien geändert wurden und es so möglich sein werde, den Zusagerahmen aufrecht zu erhalten. Die thermische Gebäudesanierung, für die 2012 100  Mio. € zur Verfügung stehen, nehme derzeit eine schleppende Entwicklung, räumte der Minister ein und hielt fest, es sei ihm wichtig, die Sanierungsrate auf 3 % zu heben, weil dies dem Klimaschutz, der Beschäftigung und der regionalen Wirtschaft nützt. Berlakovich informierte über den geplanten Ausbau der Fotovoltaikförderung und über eine koordinierte Vorgangsweise bei der Errichtung von 1.000 Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge.   

Abgeordnetem Maximilian Linder (F) der sich nach der Verwendung der Altlastenbeiträge erkundigte und mit gesundheitsschädlichen Glyphosatrückständen im Getreide befasste, teilte der Ressortleiter mit, dass 48 Mio. € aus Altlastensanierungsbeiträgen bis 2014 zur Konsolidierung des Budgets herangezogen werden – die Altlastensanierung gehe aber dennoch weiter, hielt der Minister fest. Untersuchungen haben die behaupteten schädlichen Glyphosatrückstände im Getreide nicht bestätigt, sagte Berlakovich. Abgeordneter Hofer (F) erfuhr, dass das Budget keine Mittel für die Senkung von NOX-Emissionen vorsehe. Auskreuzungen gentechnisch veränderter Organismen stellten in Österreich kein Problem dar, beruhigte der Umweltminister.

Abgeordneter Hannes Weninger (S) sprach sich in seiner Wortmeldung dafür aus, den mehrgeschossigen Wohnbau und den öffentlichen Sektor (Schulen, Kindergärten, Amtsgebäude) in das Förderungsprogramm zur thermischen Sanierung einzubeziehen. Rücklagen im Landwirtschafts- und im Umweltressort könnten für Umweltförderungen im Inland herangezogen werden. Bundesminister Berlakovich hielt fest, es sei ihm wichtig, die derzeit bei 1,5 % liegende Sanierungsrate bei den Gebäuden auf 3 % anzuheben. Die angesprochenen Rücklagen seien aber nicht frei verfügbar, sondern bereits für Altlastensanierung, Klimaschutz und Strahlenschutz verplant.

Berlakovich: AKW-Stresstests sind gut, aber nicht gut genug 

Abgeordneter Walter Schopf (S) erfuhr vom Minister, die europäischen AKW-Tests seien von den Mitgliedsländern und der EU finanziert worden, Österreich habe nur geringe Kosten für Honorare heimischer Experten tragen musste. Die Stresstests beurteilte der Minister als "gut, aber nicht gut genug". Österreich bleibe bei seiner Devise "nachrüsten oder abschalten" und dränge darauf, riskante AKW vom Netz zu nehmen.

Der von Abgeordnetem Rudolf Plessl (S) vorgebrachte Vorschlag, auch die thermische Sanierung öffentlicher Gebäude zu fördern, sei ihm eine Überlegung wert, sagte der Minister, er rechne aber mit Umsetzungsschwierigkeiten. Er setze jedenfalls darauf, die Betriebe in Energiefragen zu beraten. Die laufende Bedarfserhebung in der Siedlungswasserwirtschaft, nach der sich Plessl erkundigte, werde bis Ende 2012 fertiggestellt, informierte Berlakovich und nannte das Ergebnis der Studie als Voraussetzung für Gespräche mit der Finanzministerin über weitere Förderungen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) äußerte sich kritisch zu rückläufigen Beschäftigungseffekten im Umweltschutz, worauf der Minister mit dem Hinweis auf notwendige Beiträge seines Ressorts zur Budgetkonsolidierung reagierte. Der ebenfalls kritischen Aussage Krainers, die angepeilte Reduktion der Treibhausgasemissionen um 0,5 % im Jahr 2013 sei "wenig ambitioniert", entgegnete der Umweltminister, indem er erklärte, die Maßnahmen für den Klimaschutz der Nach-Kyoto-Periode würden erst erstellt. Mit einer Steigerung der Reduktion sei bis 2020 zu rechnen.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) warf dem Umweltminister vor, die Chance vergeben zu haben, Mittel aus der auslaufenden Umweltförderung im Ausland für Umweltförderungsmaßnahmen im Inland einzusetzen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ein Ressort in einer Wirtschaftskrise darauf verzichte, 7.000 Arbeitsplätze zu schaffen und das Budget des Umweltbundesamts kürze. – An dieser Stelle erinnerte Minister Berlakovich den Abgeordneten an dessen Kritik am JI/CDM-Programm, das künftig nicht mehr bestehe. Das Umweltbundesamt müsse ebenso wie die AMA und die Kammern ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten, betonte der Minister. Das für 2013 geplante Grundwasser-Monitoring wird das Umweltbundsamt durchführen, sagte der Minister und bezifferte die Kosten dafür mit 2 Mio. €.

Um Strafzahlungen wegen Nichterfüllung von Klimaschutzzielen  zur vermeiden, sollen Emissionszertifikate im Umfang von 30 bis 35 Mio. € gekauft werden, die Mittel dafür werden aus einer Rücklage bedeckt, informierte der Minister.

Von Abgeordnetem Wolfgang Pirklhuber (G) genannte Artenschutzziele der EU hätten sich als unrealistisch erwiesen und seien daher geändert worden, führte der Minister aus. Die neuen, bis 2020 geltenden Ziele erfülle Österreich bereits vielfach, sagte Berlakovich und informierte über 150 erfolgreiche Projekte unter dem Titel "Vielfalt Leben", unter anderem für Geier, Kiebitze und Wildkatzen. Die Kooperation zwischen den Nationalparks wurde vertieft und eine gemeinsame Dachmarke entwickelt.

Plädoyers für die Nutzung erneuerbarer Energieträger   

Abgeordneter Hermann Schultes (V) brach eine Lanze für die Biomassenutzung zu Heizzwecken und stimmte mit dem Umweltminister darin überein, dass eine kombinierte Förderung von Biomasseheizungen und thermischer Gebäudesanierung sinnvoll sei. Für ärgerlich hielten Schultes und Berlakovich dagegen Heizkesseltauschaktionen der Ölindustrie, weil dies die Klimaschutzziele Österreichs konterkariere. Den Schaden habe der Konsument, der steigende Preise für Heizöl zahlen müsse, statt ein klimaneutrales inländisches Heizmittel zu verwenden. Der volkswirtschaftliche Effekt der Förderung von Biomasseanlagen werde auf 1,54 Mrd. € geschätzt, zudem werden 20.000 Jobs bei international führenden österreichischen Anlagenbauern geschaffen, führte der Minister an dieser Stelle aus.

Große Bedeutung maßen Hermann Schultes und der Umweltminister den Klima- und Energie-Modellregionen zu und lobten die enorme Gestaltungskraft der Gemeinden auf dem Weg zur Energieautarkie. Derzeit nutzen 80 Regionen mit insgesamt 2 Millionen Menschen Investitionen in erneuerbarer Energieträger sowie in die Energieeffizienz und geben damit starke Impulse für die regionale Entwicklung. Weitere Regionen werden ausgeschrieben, teilte der Minister dem Ausschuss mit.

Österreich zahle keinen direkten Beitrag zu EURATOM, wohl aber werde ein Teil des österreichischen EU-Beitrags für EURATOM verwendet, sagte der Minister. Dieser Beitrag werde auf 20 Mio. € geschätzt, teilte Berlakovich mit, der es für sinnvoll hielt, im Rahmen von EURATOM bei der Verwendung der Mittel für mehr Atomsicherheit in Europa mitzubestimmen. Außerdem setze sich Österreich entschieden für eine Reform des EURATOM-Vertrags ein, erfuhren die Abgeordneten Peter Mayer (V) und Rainer Widmann (B).

Abgeordnetem Franz Hörl (V) erläuterte der Umweltminister das Ziel, in den Nationalparks landschaftliche Schönheiten, Tiere und Pflanzen zu schützen sowie möglichst viele Menschen für die Nationalparks zu begeistern und so zugleich auch wirtschaftlichen Nutzen in den Nationalparkregionen zu stiften.

Auch Abgeordneter Rainer Widmann unterstrich die große Rolle der Regionen beim Umwelt- und Naturschutz, kritisierte die Kürzung des Umweltförderungsprogramms im Inland und ortete Widersprüche zwischen Budgetkürzungen und dem Ziel der Energieautarkie. Zum thermischen Sanierungsprogramm meinte Widmann, eine Förderung, die nicht angenommen werde, sei entweder schlecht oder den Menschen zu wenig bekannt.

Eine Energieautarkie sei, so Bundesminister Berlakovich, nur erreichbar, wenn Bund, Länder, Gemeinden und BürgerInnen mittun und Maßnahmen in den drei Säulen Energiesparen, höhere Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energieträger gleichermaßen greifen. In diesem Zusammenhang kritisierte Berlakovich manche Bundesländer, die auf Förderungsprogramme des Bundes mit der Kürzung von Landesförderungen reagierten.

Abgeordnetem Gerhard Deimek (F) versicherte der Bundesminister, dass Gensojaimporte nach Österreich nicht gefördert werden. Und Abgeordneter Walter Schopf (S), der das Engagement von Anti-AKW-NGOs lobte, erfuhr vom Minister, dass auch die Organisationen zur Budgetkonsolidierung beitragen müssten. (Fortsetzung Budgetausschuss)