Parlamentskorrespondenz Nr. 865 vom 06.11.2012

Jung und Alt wollen sich Herausforderungen gemeinsam stellen

Enquete zur Generationengerechtigkeit im Parlament

Wien (PK) – Jugend und SeniorInnen – geht das angesichts des demografischen Wandels und der damit in Zusammenhang stehenden Frage der Verteilungsgerechtigkeit überhaupt noch zusammen? Der Bundesjugendring und der Österreichische Seniorenrat wollen sich jedenfalls nicht auseinander dividieren lassen, sondern miteinander die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft im Interesse eines friedlichen und sozial gerechten Zusammenlebens bewältigen.

Sie haben daher das "Europäische Jahr für aktives Altern und der Solidarität zwischen den Generationen" zum Anlass genommen, in einer gemeinsamen Enquete unter dem Titel "Gleiche Chancen für Alt und Jung?" den aktuellen Spannungsfeldern sowie der Bedeutung und Gültigkeit des Generationenvertrags nachzugehen und Lösungsansätze zur Bewältigung anstehender Probleme zu skizzieren.

Fest steht für alle: Die langfristige Absicherung unseres Sozialsystems kann nur durch Generationensolidarität erreicht werden. Der Generationenvertrag ist unverzichtbar.

Prammer: Generationenvertrag nicht außer Kraft setzen

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer unterstrich in ihrer Begrüßung die Bedeutung des Generationenvertrags. Dieser dürfe keinesfalls außer Kraft gesetzt werden, bekräftigte sie, man müsse alles daran setzen, den Glauben in die Zukunft des Landes an die jungen Menschen weiter zu geben und Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Die Diskussion über langfristige Finanzierungen sei notwendiger denn je, dabei gehe es aber nicht nur um den Bereich Pensionen, sondern um die Absicherung des Wohlfahrtsstaates an sich, mahnte sie. Prammer forderte in gleichem Atemzug, rechtzeitig und adäquat auf neue Entwicklungen zu reagieren, und hielt es für ein Gebot der Stunde, auch in Zeiten der Konsolidierung in Bildung, Beschäftigung und Pensionssysteme zu investieren. Das alles könne nur gemeinsam geschafft werden, weshalb die Nationalratspräsidentin einen eindringlichen Appell an alle richtete, weiter an der Dialogbereitschaft zu arbeiten.

Mitterlehner kündigt Jugendstrategie für Anfang nächsten Jahres an

Daran anknüpfend meinte Bundesminister Reinhold Mitterlehner, es gehe um die Balance und die Interaktion zwischen Jung und Alt. Entscheidend dafür sei ein herrschaftsfreier Dialog abseits jeglicher Hierarchie. Mitterlehner kritisierte, dass man in der öffentlichen Diskussion zu sehr den Konflikt zwischen Jung und Alt, vor allem im Pensionssystem, in den Mittelpunkt stellt, während in der Realität die Entwicklung viel positiver und dynamischer verlaufe. Viele SeniorInnen würden Aufgaben in der Kinderbetreuung übernehmen und sie seien bereit, aktiv in das gesellschaftliche Geschehen einzugreifen.

Als Jugendminister habe er sich zum Ziel gesetzt, entsprechende Strukturen für die Teilhabe der Jugend am gesellschaftlichen Prozess zu entwickeln, um Konflikte zu vermeiden, führte Mitterlehner aus. In diesem Zusammenhang sei ein Jugendmonitoring eigerichtet worden, das jene Themen abfragt, welche die Jugend bewegen, und darauf baue die weitere Vorgangsweise auf. Derzeit arbeite man in seinem Ministerium eine Jugendstrategie aus, die Anfang nächsten Jahres fertiggestellt werde. Das sei ein ständig sich erneuernder Prozess, betonte Mitterlehner, dem es ein Anliegen ist, aus "Betroffenen Beteiligte zu machen". Er wies weiters darauf hin, dass jede budgetäre Entwicklung auf Nachhaltigkeit abgecheckt wird.

Zauner: Generationensolidarität ist Baustein für die Gesellschaft

Solidarität zwischen den Generationen ist ein unverzichtbarer Baustein für die Gesellschaft, zeigte sich Johanna Zauner, Vorsitzende der Bundesjugendvertretung, überzeugt. Konflikte zu schüren, bringe niemanden weiter. Die Aufrechterhaltung des Pensions- und Sozialsystems sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Für Zauner darf das Ziel der Generationengerechtigkeit nicht allein an den Pensionen festgemacht werden. Vielmehr gehe es darum, Junge und Alte gemeinsam in die Tagespolitik einzubinden und gleichberechtigt an den Verhandlungstisch zu setzen. Wer nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichberechtigt berücksichtigt, der begehe einen schwerwiegenden Fehler, warnte sie.

Zauner ging in ihrem Statement auch kurz auf die Sicherung des Pensionssystems ein und bemerkte dazu, man könne nicht über Pensionen reden, ohne gleichzeitig auch über Jugendarbeitslosigkeit und Frauenerwerbsquote nachzudenken.

Khol: Das System ist finanzierbar

All jenen, die das baldige Ende der Finanzierbarkeit der Pensionen voraussagen, antwortete der ehemalige Präsident des Nationalrats und nunmehrige Präsident des Österreichischen Seniorenrates klar und unmissverständlich mit der Feststellung: "Das System ist finanzierbar". Gleichzeitig forderte er aber auch notwendige Reformschritte ein, um ein nachhaltiges und gerechtes Pensionssystem auf umlagefinanzierter Basis aufrechtzuerhalten. Khol trat darüber hinaus für die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters ein sowie für Maßnahmen, um den Run auf die Frühpensionen zu stoppen. "Wir brauchen wertschöpfende Beschäftigte, altersgerechte Arbeitsplätze und Gesundheit am Arbeitsplatz", sagte er. Khol schlug auch ein Bonus-Malus-System vor, das jene ArbeitnehmerInnen honoriert, die länger arbeiten, aber auch jenen ArbeitgeberInnen finanzielle Vorteile bringt, die ihre MitarbeiterInnen länger beschäftigen. Wer als ArbeitgeberIn ältere MitarbeiterInnen hinausmobbt oder wer früher in Pension geht, der sollte dafür auch finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen, meinte Khol.

Der Vertreter der SeniorInnen zollte den Jungen Anerkennung dafür, dass die Initiative für die Enquete von ihnen ausgegangen ist. Man wolle durch den gemeinsamen Dialog zeigen, dass der Generationenvertrag tatsächlich lebt, bemerkte Khol. Das herzliche Einvernehmen der jungen und älteren Generation zeige sich vor allem auf emotionaler und privater Ebene. So seien beispielsweise die Werthaltungen der Jungen maßgeblich von den Werthaltungen der Großeltern geprägt, wies Khol auf empirische Studien hin. Die heutige Veranstaltung diene auch dazu, Mythen zu bekämpfen. So sei es beispielsweise falsch zu sagen, immer weniger Erwerbstätige müssten die Alten erhalten. Vielmehr sei dieses Verhältnis heute aufgrund der gestiegenen Frauenerwerbsquote weit besser als etwa noch in den fünfziger Jahren. Auch sei der Staatszuschuss an den Pensionen seit Einführung des ASVG gesunken.

Ergebnisse werden der Politik übermittelt

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Enquete, die im Palais Epstein stattfindet, haben die Gelegenheit, die unterschiedlichen Aspekte des Themas in fünf Arbeitskreisen näher zu beleuchten. Konkret befassen sich die Diskussionsrunden mit folgenden Fragestellungen: Teilhabe – wie junge und alte Menschen einbinden? Pensionen – wie das gesetzliche Pensionssystem nachhaltig gestalten?  Soziale Absicherung in Zukunft – wie den Sozialstaat gerecht finanzieren? Jugend- und SeniorInnenanliegen in der Politik – Verträglichkeitsprüfung als Lösung? Generationensolidarität – ist eine Stärkung des Generationenvertrags möglich?

Im Anschluss daran sollen unter Leitung von Johanna Zauner (Vorsitzende der Bundesjugendvertretung) und Karl Blecha (Präsident des Österreichischen Seniorenrates) die Ergebnisse im Plenum vorgestellt und daraus Handlungsfelder für die Politik abgeleitet werden. Am frühen Abend wird auch Bundesminister Rudolf Hundstorfer erwartet. Die Moderation der Diskussion hat Corinna Milborn übernommen.

Seitens der Bundesjugendvertretung und des Seniorenrats ist auch vorgesehen, die gemeinsam erarbeiteten Punkte an politische EntscheidungsträgerInnen zu übermitteln.

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) im Fotoalbum. (Schluss)