Parlamentskorrespondenz Nr. 1067 vom 12.12.2012

Zahlreiche Auslandseinsätze des Bundesheers werden verlängert

Hauptausschuss billigt Anträge von Außenminister Spindelegger

Wien (PK) – Der Hauptausschuss des Nationalrats hat heute die Verlängerung zahlreicher Entsendungen österreichischer Bundesheerangehöriger und anderer ExpertInnen zu internationalen Missionen im Rahmen der UNO und der EU genehmigt. Die Abgeordneten stimmten teils einstimmig, teils mehrheitlich den entsprechenden Anträgen von Außenminister Michael Spindelegger zu. Ein Großteil der österreichischen Einsätze ist unumstritten, für manche Missionen zeigen FPÖ und BZÖ allerdings wenig Verständnis. Die FPÖ beklagt außerdem, dass die Kosten für die Einsätze des österreichischen Bundesheers aus dem Verteidigungsbudget beglichen werden und kein Sondertopf im Budget dafür zur Verfügung steht.

Konkret hinterfragte Abgeordneter Johannes Hübner (F) die Beteiligung Österreichs an den Missionen in Georgien und im Kongo. Seiner Ansicht nach können die internationalen Beobachter ihre Aufgaben, etwa die Sicherung der Menschenrechte, in beiden Ländern nicht erfüllen. Dem Einsatz österreichischer Soldaten am Westbalkan stimme die FPÖ zwar zu, sagte Hübner, allerdings "nicht aus vollem Herzen". Er vermisst ein Konzept, um die Dauerkonflikte in der Region zu lösen, und sieht beispielsweise in Bosnien und Herzegowina keinerlei Fortschritte. Sein Fraktionskollege Peter Fichtenbauer (F) trat für ein eigenes Budget im Ausmaß von 35 Mio. € für die Finanzierung der Auslandseinsätze des Bundesheers ein und forderte Verteidigungsminister Darabos auf, aktiv für diesen Sondertopf zu kämpfen.

Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) machte geltend, dass das österreichische Bundesheer am Westbalkan eine ganz wesentliche Rolle bei der Stabilisierung der Region erfülle. Abgeordneter Stefan Prähauser (S) erkundigte sich nach der Sicherheit der SoldatInnen im Kosovo nach den Vorfällen vor einigen Monaten.

Verteidigungsminister Norbert Darabos verteidigte die österreichische Beteiligung an den Missionen in Georgien und im Kongo und wandte sich auch strikt dagegen, die Mission in Bosnien und Herzegowina abzubrechen. Österreich stelle in Bosnien das stärkste Kontingent und werde das Mandat so lange ausüben, solange die Mission bestehe, bekräftigte er.

In Bezug auf den Konflikt zwischen Serbien und Kosovo sieht Darabos eine positive Entwicklung. Die neue serbische Regierung sende ausgesprochen positive Signale in Richtung Dialogbereitschaft aus, sagte er. Darabos hob zudem hervor, dass die österreichischen Soldaten im Kosovo "tolle Arbeit" leisten. Nach der prekären Situation vor einigen Monaten habe sich die Lage deutlich beruhigt.

Staatssekretär Reinhold Lopatka machte auf einen überraschend positiven Bericht der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Bezug auf den Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo aufmerksam. Es gebe hier tatsächlich Fortschritte, betonte er.

Was Bosnien und Herzegowina betrifft, räumte Lopatka ein, dass die Situation dort verfahren ist. Seiner Ansicht nach ist es aber wichtig, dass sich die Staatengemeinschaft in dieser Phase nicht zurückzieht, sondern alles versucht, um am Verhandlungsweg doch weiter zu kommen und die Stagnation zu überwinden.

Zur Lage in Georgien merkte Lopatka an, diese sei alles andere als stabil. Da die UNO- und die OSZE-Mission vor Ort beendet wurden, sei es umso wichtiger, dass die EU präsent bleibe. Die 280 internationalen ExpertInnen leisten ihm zufolge einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des Landes. Auch im Kongo sei es wichtig, dass die Staatengemeinschaft vor Ort bleibe und Flagge zeige, betonte Lopatka.

Die Entsendungen im Detail: UNIFIL Libanon

Österreich wird gemäß der Zustimmung von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen seine Beteiligung am UN-Einsatz im Libanon (UNIFIL) nicht nur bis zumindest Ende 2013 fortsetzen, sondern sein Kontingent auch erhöhen. Demnach werden in Zukunft bis zu 200 Angehörige des Bundesheers sowie bis zu 50 weitere HeeresmitarbeiterInnen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten im Rahmen eines Logistikkontingents entsandt. Österreich habe durch seine jahrzehntelange Teilnahme an UN-Missionen im Nahen Osten hohe Expertise und Anerkennung erworben, heißt es dazu im Antrag des Außenministers. Hauptaufgabe ist es unter anderem, die Wiederaufnahme von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Israel und dem Libanon zu verhindern. Insgesamt beteiligen sich an der UN-Mission 38 Staaten, darunter 13 EU-Länder mit rund 11.500 Personen.

Die österreichischen Missionsmitglieder haben die Aufgabe, Transporte und Versorgungstätigkeiten im gesamten Einsatzraum von UNIFIL (Gebiet zwischen der Blauen Linie zu Israel im Süden und dem Litani-Fluss sowie maritimer Bereich vor der gesamten Küste) und auf den Hauptversorgungslinien im Libanon durchzuführen. Der Außenminister begründet die Ausweitung des heimischen Beitrags damit, dass teilweise Stabsfunktionen im Hauptquartier sowie zusätzliche notwendige Funktionen im Dienstbetrieb übernommen werden sollen.

UNDOF (Golan)

Die langjährige Beteiligung Österreichischer SoldatInnen im Rahmen der UNO-Friedenstruppe (United Nations Disengagement Observer Force – UNDOF) auf den Golanhöhen wird ebenfalls bis 31. Dezember 2013 fortgesetzt. Die Zustimmung erfolgte einstimmig.

Das österreichische Kontingent umfasst bis zu 387 Bundesheerangehörige in einem Infanteriebataillon und als Stabsoffiziere im Hauptquartier. Bis zu weitere 30 Personen sind für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten vorgesehen.

UNFICYP (Zypern)

Zypern, konkret die Trennungslinie zwischen dem griechischen und dem türkischen Teil Zyperns, gehört zum traditionellen Einsatzgebiet österreichischer SoldatInnen im Ausland. Das österreichische Engagement mit bis zu 8 Angehörigen des Bundesheeres als Stabsangehörige und bis zu 5 weiteren Personen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten bei der UNO-Mission UNFICYP (United Nations Peacekeeping Force in Cyprus) wird in diesem Sinn auch im nächsten Jahr verlängert. Dafür stimmten SPÖ, ÖVP, Grüne und BZÖ.

EUPOL COPPS (Palästinensische Gebiete)

Weiters wird Österreich auch 2013 bis zu 2 PolizistInnen zur EU-Polizeimission für die Palästinensischen Gebiete (EUPOL COPPS – Coordinating Office for Palestinian Police Support) entsenden. Die Vorlage passierte den Ausschuss einstimmig.

Die EU will mit dieser Initiative helfen, in den palästinensischen Gebieten einen modernen und effektiven Polizeiapparat mit internationalen Standards aufzubauen. EUPOL COPPS umfasst auch eine Rechtsstaatlichkeitskomponente, die Beratungstätigkeit in polizeibezogenen Belangen der Strafjustiz bzw. des Strafvollzugs wahrnimmt. Die Mission umfasst derzeit mehr als 58 internationale Expertinnen und Experten, ergänzt durch 42 örtliche Hilfskräfte. Wie der Außenminister in seinem Antrag festhält, betrachtet Österreich die gegenständliche Mission als eine wichtige Initiative der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Stabilisierung und zum nachhaltigen Aufbau demokratischer Strukturen in den palästinensischen Gebieten sowie zur Verbesserung der Sicherheit der palästinensischen Bevölkerung.

EU BAM Rafah (Gaza)

Sollte der Grenzübergang Rafah in Gaza wieder gänzlich geöffnet werden, werden auch in Zukunft, zunächst bis 31. Dezember 2013, bis zu 2 ZollbeamtInnen und bis zu 2 PolizistInnen ihren Dienst bei der EU-Grenzassistenzmission EU BAM Rafah (EU Border Assistance Mission Rafah) versehen. Sie sollen mithelfen, die Umsetzung des Übereinkommens für den Grenzübergang Rafah zwischen der Palästinensischen Behörde und Israel zu kontrollieren, und zur Zusammenarbeit zwischen palästinensischen, israelischen und ägyptischen Behörden beitragen. Da der Grenzübergang aber seit Juni 2006, dem Zeitpunkt der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen, mit Ausnahme einzelner Tage gänzlich geschlossen ist, ist die Tätigkeit der Mission zurzeit weitgehend ausgesetzt. Derzeit sind daher auch keine österreichischen BeamtInnen im Einsatz. Dieser Beschluss erfolgte mit S-V-G-Mehrheit.

ISAF und EUPOL Afghanistan

Ebenfalls mit S-V-G-Mehrheit genehmigten die Ausschussmitglieder die einjährige Verlängerung des Einsatzes von bis zu 5 PolizistInnen als Missionsangehörige im Rahmen der Polizeimission der EU in Afghanistan (EUPOL Afghanistan) bis Ende 2013. Weitere 4 Angehörige des Innenministeriums sind für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten vorgesehen. Ihr Aufgabe ist es, in Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft die afghanische Regierung bei der Weiterentwicklung und Umsetzung einer kohärenten und umfassenden Strategie für die Polizeireform zu unterstützen, heißt es im Antrag des Außenministers.

Bis 31. Dezember 2013 ist auch – nach S-V-G-Beschlussdie Präsenz von bis zu 10 Angehörigen des Bundesheeres als Stabsmitglieder und bis zu 5 weiteren Personen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten im Rahmen von ISAF, der Internationalen Sicherheitsbeistandstruppe in Afghanistan, vorgesehen. Auch wenn sich der Einsatzraum von ISAF auf ganz Afghanistan erstreckt, beschränkt sich die Tätigkeit der Österreicher auf den Großraum Kabul, wobei Aufenthalte in der Logistikbasis Termez (Usbekistan) sowie im Hauptquartier des deutschen ISAF-Kontingents in Masar-e-Sharif möglich sind. Der Außenminister unterstreicht in seinem Antrag das Interesse Österreichs an der Stabilisierung der Lage in Afghanistan, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Drogenhandels und im Sinne internationaler Solidarität.

EUFOR ALTHEA (Bosnien und Herzegowina)

Österreich wird sein Engagement auch bei EUFOR ALTHEA in Bosnien und Herzegowina bis Ende 2013 fortsetzen. Die Entsendung umfasst bis zu 400 Angehörige des Bundesheeres bzw. weitere 250 Personen zur kurzfristigen Verstärkung (maximal 3 Monate). Zusätzliche 30 Personen können für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten entsendet werden. Die Ausschussmitglieder stimmten dem einhellig zu.

Grundlagen für EUFOR ALTHEA bilden das Rahmenübereinkommen für den Frieden in Bosnien und Herzegowina (Dayton Abkommen) und das betreffende UNO-Mandat. Aufgaben sind die Verhinderung von gewaltsamen Ausschreitungen, die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung und die Schaffung eines gesicherten Umfelds. Aufgrund der positiven Entwicklung der Sicherheitslage in Bosnien und Herzegowina hat die EU, beginnend mit 2007 die Personalstärke der Mission auf derzeit rund 600 Personen (ohne Reservekräfte) vermindert, die aus 23 Staaten stammen, darunter auch fünf Staaten, die nicht Mitglied der EU sind. Wie in der Unterlage des Außenministeriums ausgeführt ist, ist es angesichts des stockenden Reformprozesses in Bosnien und Herzegowina und der damit verbundenen Spannungen nicht möglich, die ins Auge gefasste Schließung des OHR (Office of the High Representative) zeitlich abzusehen.

KFOR (Kosovo)

Österreich wird ferner seinen Einsatz im Kosovo mit bis zu 450 Angehörigen des Bundesheeres im Rahmen des multinationalen Friedenseinsatzes im Kosovo (KFOR) bis 31. Dezember 2013 verlängern. Auch dieser Antrag fand einhellige Unterstützung. Für den Fall einer Krise sind zur kurzfristigen Verstärkung (maximal drei Monate) zusätzliche 250 Bundesheerangehörige vorgesehen. Bis zu 30 weitere Personen können vorbereitende oder unterstützende Tätigkeiten ausführen. Die Mission umfasst aktuell rund 5.700 Personen aus 30 Staaten, davon 20 EU-Mitgliedsländer (Status einer "abschreckenden Präsenz"). Es ist geplant, die Präsenz von KFOR stufenweise auf 2.500 Personen zu reduzieren und eine "minimale Präsenz" zu erreichen. Der Übergang von einer zur anderen Phase ist, so der Antrag des Außenministers, von einer entsprechenden politischen Evaluierung und einer ausdrücklichen Autorisierung durch den Nordatlantikrat abhängig.

RACVIAC (Südosteuropa)

Ebenso einstimmig passierte der Antrag des Außenministers den Ausschuss, sich weiter am von der EU und der OSZE initiierten Projekt RACVIAC (Regionales Verifikations- und Unterstützungszentrum zur Implementierung von Rüstungskontrollabkommen in Südosteuropa) mit Sitz in der Nähe von Zagreb zu beteiligen. Dabei ist die Teilnahme von bis zu 2 Stabsoffizieren sowie von weiteren 5 Personen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten vorgesehen. Die Mission umfasst neben Rüstungskontrolle nun auch die demokratische Kontrolle von Sicherheitskräften, die Katastrophenbewältigung und die Grenzsicherheit. Zusätzlich wurde die Kooperation der Staaten in der Region im sicherheitspolitischen Bereich gefördert.

EUMM Georgia

Mit weiterhin bis zu 3 PolizistInnen und bis zu 5 Angehörigen des Bundesheeres als BeobachterInnen wird sich Österreich an der EU-Mission in Georgien (EUMM Georgia) bis zum 31. Dezember 2013 beteiligen. 5 weitere Personen können für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten eingesetzt werden. Der Aufgabenbereich von EUMM Georgia umfasst die Überwachung des russischen Truppenrückzugs, die Unterstützung vertrauensbildender Maßnahmen, das Monitoring der Bewegungsfreiheit in den beobachteten Zonen sowie der Flüchtlingsrückkehr, die Beobachtung der Menschenrechtssituation und die Unterstützung bei der Normalisierung der Lage in den umkämpften Gebieten. EUMM Georgia nimmt keine exekutiven Aufgaben wahr, die BeobachterInnen versehen ihren Dienst unbewaffnet. Die Verantwortung für die Sicherheit obliegt in erster Linie den georgischen Behörden. Die Ausschussmitglieder unterstützen die Fortsetzung des österreichischen Engagements mit S-V-G-B-Mehrheit.

EUSEC RD Congo

Österreich verlängert seine Beteiligung an der "Beratungs- und Unterstützungsmission der EU in Zusammenhang mit der Reform des Sicherheitssektors in der Demokratischen Republik Kongo" (EUSEC RD Congo) bis Ende 2013. In Betracht kommt der Einsatz von bis zu 2 Angehörigen des Bundesheeres als ExpertInnen und bis zu weiteren 5 Personen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten.

Auftrag der EUSEC RD Congo ist die Unterstützung der Reform der Streitkräfte der Republik Kongo, etwa in Bezug auf die Integration von Angehörigen ehemaliger Widerstandsbewegungen in die Armee. Besonderes Augenmerk soll dabei der Achtung der Menschenrechte im Allgemeinen, der Frauen- und Kinderrechte im Besonderen sowie der Berücksichtigung der Grundsätze verantwortlicher Regierungsführung und der Rechtsstaatlichkeit im Sicherheitsbereich gewidmet werden, heißt es im Antrag des Außenministers. Der Einsatzraum von EUSEC RD Congo umfasst das Staatsgebiet der Republik, wobei das österreichische Kontingent aus Sicherheitsgründen nicht in den Provinzen Ituri, Nord-Kivu, Süd-Kivu und Maniema eingesetzt wird. Der Antrag des Außenministers passierte den Ausschuss ebenfalls mit S-V-G-B-Mehrheit.

Übungs- und Ausbildungsplan des Bundesheeres

Schließlich stand auch der von Verteidigungsminister Norbert Darabos vorgelegte Übungs- und Ausbildungsplan 2013 für Auslandseinsätze des Bundesheers auf der Tagesordnung des Hauptausschusses. Im kommenden Jahr sollen österreichische Bundesheerangehörige wieder an 26 Übungen und Ausbildungen im Rahmen internationaler Organisationen teilnehmen. Darunter fallen ein UNO-Vorhaben, zwei Vorhaben im Rahmen der EU und fünf im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden (NATO). 18 Entsendungen sind im Zuge bilateraler und multilateraler Kooperationen geplant. Der Plan passierte den Hauptausschuss einstimmig. (Fortsetzung Hauptausschuss)