Parlamentskorrespondenz Nr. 1087 vom 20.12.2012

Personendaten werden zentral erfasst

Bundesrat diskutiert Sicherheitsbericht und Grundversorgung

Wien (PK) – Die Länderkammer widmete sich nach den Justizthemen Vorlagen aus dem Innenministerium. Zunächst stand die Einrichtung eines Zentralen Personenstandsregisters auf der Tagesordnung. Damit können in Hinkunft Geburtenbücher, Sterbebücher und Heiratsbücher von jedem Standesamt ausgestellt werden, was nicht nur Erleichterungen für die BürgerInnen bringt, sondern auch den Verwaltungsaufwand für Gemeinden und Behörden deutlich reduziert. Erste Schritte werden auch zur Einrichtung eines Zentralen Staatsbürgerschaftsregisters gesetzt. Der Gesetzesentwurf passierte den Bundesrat mehrheitlich, da von einigen datenschutzrechtliche Probleme befürchtet werden.

Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) führte aus, grundsätzlich spreche nichts dagegen, das Personenstandsregister auf eine elektronische Basis zu stellen, wenn, wie von Seiten des Innenminiseriums versichert, der Datenschutz gewährleistet sei. Er brachte allerdings zwei Punkte vor, die die Grünen veranlassen, gegen das vorliegende Gesetz zu stimmen. Zum einen zeigte Schreuder kein Verständnis dafür, dass der Polizei umfassende Abfragemöglichkeiten inklusive Verknüpfungsabfragen eingeräumt werden. Das sei "Rasterfandung durch die Hintertür", sagte er. Zum anderen wird laut Schreuder die Diskriminierung eingetragener Partnerschaften gegenüber Ehen fortgeführt. Eingetragene Partnerschaften könnten nach wie vor nicht am Standesamt geschlossen werden, es gebe auch weiter keine TrauzeugInnen und kein Ja-Wort.

Bundesrat Friedrich REISINGER (V/St) begrüßte die zentrale Personenstandserfassung ausdrücklich. Er sieht im Gesetz einen weiteren Schritt zur Verwaltungsreform. Der Datenschutz ist seiner Meinung nach gewährleistet. Durch das zentrale Register werden laut Reisinger auf lange Sicht auch Kosten gespart, auch wenn in der Umstellungsphase ein Mehraufwand notwendig ist.

Auch Bundesrätin Monika KEMPERLE (S/W) wies auf die Verwaltungsvereinfachung durch das Zentrale Personenstandsregister hin. Zudem erwartet sie sich eine bessere Datenqualität durch die elektronische Erfassung von Personenstandsdaten. Durch eine lückenlose Protokollierung kann ihr zufolge nachvollzugen werden, wer Datenabfragen tätigt. In Richtung Bundesrat Schreuder räumte Kemperle ein, dass auch ihrer Meinung nach die Diskriminierung von eingetragenen Partnerschaften beseitigt gehört.

Vernichtung von Kriegsmaterial neu geregelt

Einhellig befürworteten die BundesrätInnen die Änderungen zum Sprengmittelgesetz und zum Waffengesetz. Insbesondere geht es dabei um die Befugnisse der zuständigen Behörden bei der Sicherung und Vernichtung von Kriegsmaterial. Beim Sprengmittelgesetz geht es im Konkreten um Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht von Schieß- und Sprengmitteln auf bestimmte Produkte.

Bundesrat Kurt STROHMAYER-DANGL (V/N) machte darauf aufmerksam, dass jährlich rund 30 Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg vom Entminungsdienst entschärft würden. Die Kompetenzen für die Entschärfung würden künftig ausschließlich beim Verteidiungsministerium liegen, skizzierte er, daher müsse auch das Waffengesetz geändert werden. Es sei notwendig, bei Entschärfungsaktionen Absperrmaßnahmen und Platzverbote verfügen zu können. Bedauern äußerte Strohmayer-Dangl darüber, dass Grundeigentümer nach wie vor mit hohen Kosten konfrontiert sind, wenn auf ihrem Grundstück eine Bombe gefunden wird. Das belaste auch die Gemeinden.

Bundesrat Ewald LINDINGER (S/O) griff die Kritik von Abgeordnetem Strohmayer-Dangl an der Kostenregelung auf und meinte, es sei höchst notwendig, diese zugunsten der Gemeinden zu ändern. Die vorliegende Novelle zum Sprengmittelgesetz dient seiner Darstellung nach der Anpassung des Gesetzes an eine EU-Richtlinie.

Grundversorgung für AsylwerberInnen weiter umstritten

Umstritten bleib auch im Bundesrat die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Erhöhung einzelner Kostensätze für die Grundversorgung von AsylwerberInnen und bestimmter anderer Gruppen von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden. Gegen die Vereinbarung wurde schließlich mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) wandte sich gegen eine Erhöhung der Tarifsätze für die Grundversorgung von AsylwerberInnen und gab zu bedenken, dass für den Öffentlichen Dienst eine Nulllohnrunde gelte. Die Politik tue alles, um Österreich "zu einem Eldorado für Scheinasylanten zu machen", kritisierte er. Für ihn ist es kein Zufall, dass so viele Asylwerber gerade nach Österreich kommen und dafür auch noch "gutes Geld zahlen".

Nach Meinung von Krusche wäre das Geld für die Grundversorgung besser angelegt, würde man es für die effiziente Bekämpfung von Schlepperbanden und die rasche Abschiebung von ausländischen Straftätern verwenden. Die Zahlen sprechen ihm zufolge eine eindeutige Sprache: So seien im ersten Halbjahr 2012 von 573 tatverdächtigen Afghanen 407 Asylwerber gewesen.

Bundesrat Josef SALLER (V/S) wertete das Thema Asyl als hochsensibel. Man müsse zum einen die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen, sagte er, auf der anderen Seite brauche man für die Versorgung hilfsbedürftier Asylwerber aber ausreichend Unterkünfte und Geldmittel. Seiner Ansicht nach gilt es, jede Art von Missbrauch schärfstens abzulehnen und zu ahnden, aber Hilfe dort zu gewähren, wo sie notwendig ist. Die Grundversorgung umfasse nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern etwa auch medizinische Betreuung und Taschengeld, konstatierte er.

Bundesrätin Elisabeth REICH (S/O) äußerte sich zustimmend zur vorliegenden Vereinbarung mit den Bundesländern. Sie gab zu bedenken, dass Menschen ihre Heimat in der Regel nicht freiwillig und grundlos verlassen. Meist hätten sie Erfahrungen gemacht, die kein Österreicher erleben wolle. Reich sieht es als Verpflichtung des Staates, Menschen in Not zu unterstützen.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) hielt in Richtung Abgeordnetem Krusche fest, man habe einen Kopf um nachzudenken, Augen um hinzuschauen und Ohren um hinzuhören. Er wies unter anderem darauf hin, dass vor jedem Asylverfahren ein Zulassungsverfahren vorgeschaltet sei, in dem unter anderem geprüft werde, ob jemand aus einem sicheren Drittland nach Österreich eingereist ist. Dönmez forderte, AsylwerberInnen Zugang zum Arbeitsmarkt zu eröffnen. Er verstehe nicht, warum tausende Saisonarbeiter nach Österreich kommen dürften, AsylwerberInnen aber keine Arbeitserlaubnis erhielten, sagte er.

Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) warf den Grünen vor, die Asylfrage durch eine rosarote Brille zu sehen. Für sie ist es eine nicht zu leugnende Tatsache, dass der Anteil von Asylwerbern an den Tatverdächtigen in Österreich überproportional hoch ist. Mühlwerth ist auch überzeugt, dass die meisten Asylwerber nicht Schutz vor Verfolgung in ihrer Heimat suchen, viele seien vielmehr Wirtschaftsflüchtlinge, die in den Sozialstaat Österreich zuwandern wollten.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) machte aus seiner Sicht geltend, es sei nicht Aufgabe der BetreuerInnen, die Kompetenzen der Polizei zu übernehmen. Das seien zwei unterschiedliche Paar Schuhe, sagte er. Dönmez plädierte für eine enge Zusammenarbeit zwischen Betreuung und Exekutive, denn Polizei und Justiz seien dann gefordert, wenn AsylwerberInnen kriminell werden. Aufgabe der Politik dabei sei es, die geeigneten Rahmenbedingungen für die Beraterinnen und Berater zur Verfügung zu stellen.

Kritik an den langen Asylverfahren übte Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V). Sie brach in ihrer Wortmeldung auch eine Lanze für die Polizei und sprach ihr für deren ruhiges und sachliches Vorgehen in äußerst schwierigen Situationen besondere Anerkennung aus.

Verkauf von NS-Devotionalien wird empfindlich höher bestraft

Wer auf Flohmärkten oder in Antiquariaten NS-Abzeichen oder andere NS-Devotionalien verkauft, wird – nach dem heutigen einstimmigen Beschluss zur Änderung des Abzeichengesetzes - künftig mit deutlich höheren Strafen rechnen müssen.

Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) hielt die Erhöhung des Strafrahmens für längst überfällig, da die geltenden Bestimmungen aus dem Jahr 1960 stammen. Insbesondere dankte er Nationalratsabgeordnetem Steinhauser (G) für dessen Initiative.

Sicherheit in Österreich – Erfolge und Herausforderungen 

Der letzte Punkt, den Bundesministerin Johanna Mikl-Leiter heute in der Länderkammer zu vertreten hatte, betraf den Sicherheitsbericht 2011. Er wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Ein negatives Bild der Sicherheitslage in Österreich zeichnete Bundesrat Johann ERTL (F/N). So verursache die organisierte Kriminalität einen enormen wirtschaftlichen Schaden, die Täter kämen in erster Linie aus Osteuropa und aus dem Balkan, viele davon hätten bereits die österreichische Staatsbürgerschaft, kritisierte er. Nach Auffassung Ertls hat Österreich den Kampf gegen die illegale Zuwanderung und die Schlepperei nicht unter Kontrolle, das sehe man an der Zunahme von Aufgriffen illegaler Einwanderer um plus 26%. Die Fremdenpolizei verfüge über zu wenig Personal, im gesamten Polizeibereich seien zu wenig BeamtInnen im Einsatz, außerdem würde ihnen nur schlechte Ausrüstung zur Verfügung gestellt, so seine weiteren Kritikpunkte. Ertl fehlen im Bericht Daten, etwa über illegal eingereiste AsylwerberInnen sowie über Maßnahmen, die für die Opfer gesetzt werden. Er forderte auch eine Statistik über verletzte und getötete PolizistInnen ein.

Diesen Ausführungen widersprach Bundesrat Franz PERHAB (V/St) heftig und wies darauf hin, dass in den letzten Jahren Wachstuben renoviert, die EDV modernisiert und auch der Fuhrpark erneuert worden sei. Auch WEGA und Cobra habe man neu ausgerüstet. Was das Gehalt der PolizisInnen betrifft, so liege dieses mit durchschnittlich 49.678 € pro Jahr an 6. Stelle im gesamten Einkommenssystem. Das sei auch gerecht, bekräftigte Perhab. Der Bundesrat begrüßte die steigende Aufklärungsquote und konstatierte hinsichtlich der Kriminalität ein starkes Stadt- Land-Gefälle. Vor allem sei man in Bezug auf die Internetkriminalität herausgefordert, stellte er fest.

Auch Bundesrat Ewald LINDINGER (S/O) wandte sich gegen die Ausführungen von Bundesrat Ertl. Es sei falsch, alles nur negativ zu sehen, sagte er und meinte, die stark angestiegenen Aufgriffe von illegalen Einwanderern stellten die gute Arbeit der Exekutive unter Beweis. Lindinger erörterte kurz die konkreten Daten seines Bezirks Kirchberg, die ebenfalls eine positive Tendenz aufweisen. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen widmete sich Lindinger der Beratungstätigkeit, Prävention und der Opferberatung durch die Polizei in Zusammenarbeit mit NGOs. In diesem Bereich seien zahlreiche BeamtInnen tätig, die in rund 45.900 Beratungen präventiv mit der Bevölkerung zusammenarbeiteten und Opfern Hilfe und Unterstützung leisteten.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O), der den Sicherheitsbericht grundsätzlich lobte, urgierte seinerseits im Interesse von mehr Transparenz ebenfalls konkrete Daten über verletzte und getötete PolizistInnen, aber auch über Anzeigen und Beschwerden gegenüber BeamtInnen. Er begrüßte die Strategie der Ministerin im Bereich der Cyberkriminalität und übte Kritik daran, dass die Polizei keine Fahrradcodierung mehr durchführt. Dadurch fehlten zentral gespeicherte Daten, was sich bei der Suche nach gestohlenen Fahrrädern negativ auswirke. Was die Kriminalität von AusländerInnen betrifft, so wies Dönmez darauf hin, dass die meisten Tatverdächtigen aus Deutschland, Serbien, Rumänien, Tunesien und Bosnien und Herzegowina stammen.

Auch Bundesrat Friedrich HENSLER (V/N) kritisierte Ertl, da dieser nur negative Argumente hervorgehoben habe. Stärke zeige man dann, so Hensler, wenn man Argumente austauscht und auch positives erwähnt. Der Redner wies ferner darauf hin, dass 9 von 10 BürgerInnen die Auffassung vertreten, in einem sicheren Land zu leben. Vertrauen sei etwas, was die Demokratie braucht, fügte Hensler hinzu. Sicherheit bedeute auch, stolz zu sein, auf das was war, positiv in die Zukunft zu blicken und dankbar für eine Sicherheitspolitik zu sein, die in schwierigen Zeiten viel erreicht hat.

Mikl-Leitner: Sokos haben sich bewährt

In ihrer Stellungnahme gab Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER zunächst bekannt, das im Jahr 2011 1.947 PolizistInnen leicht und 222 schwer verletzt worden seien. 4 seien getötet worden, wobei einmal durch fremde Gewalt, die anderen drei im Zuge von Verkehrsunfällen.

Bundesrat Ertl hielt sie entgegen, dass die Sicherheitslage in Österreich im internationalen Vergleich eine sehr gute sei. EU-weit nehme man den dritten Platz, weltweit den sechsten Platz ein. Man arbeite hart daran, noch besser zu werden, versicherte sie, insbesondere stehe man im Hinblick auf Migration, Katastrophen und Cyberkriminalität vor großen Herausforderungen. Den Rückgang der Gesamtkriminalität - vor allem in Wien um 3,2% - führte die Ministerin auf die "Soko Ost" und die "Soko Kfz" zurück. Auch das sogenannte "Top-Team" habe sich bewährt und gute Arbeit bei der Prävention und der Betreuung von Opfern geleistet. In Kürze soll eine Bereitschaftseinheit von rund 200 Personen geschafften werden, die zur Aufgabe haben werde, Schwerpunktaktionen durchzuführen, informierte die Ministerin. Die gesunkenen Einbruchsdelikte würden die Richtigkeit des diesbezüglichen Masterplans beweisen, fügte sie hinzu.

Mikl-Leitner kündigte an, einen Schwerpunkt im Kampf gegen die Cyberkriminalität zu setzen, zumal diese im Vorjahr um 200% angestiegen ist. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an die Einrichtung des Cyberkompetenzzentrums, deren MitarbeiterInnen vor allem in Schulen präventiv tätig sind und sensibilisieren sowie informieren. Auch gegen die Suchtgiftkriminalität versuche man mithilfe einer Antidrogenstrategie vorzugehen, so die Ministerin.

Mikl-Leitner appellierte abschließend, das Thema Asyl und Fremdenwesen sensibel zu betrachten und damit auch sensibel umzugehen. Gefordert sei eine fachliche und sachliche Diskussion, betonte sie und bekräftigte ihre Ablehnung eines Aktionismus von links sowie der Hetze von rechts. Die Asylanträge seien um 31% gestiegen, räumte sie ein und stellte klar, dass das Geld für die Grundversorgung nicht den AsylwerberInnen ausgehändigt werde, sondern den Betreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werde. Die Ressortchefin dankte in diesem Zusammenhang allen Bundesländern für deren Bereitschaft, ihrer Verantwortung nachzukommen. Um verstärkt aktiv gegen die Schlepperkriminalität vorzugehen, werde im Jahr 2013 eine "Soko Süd" und eine "Soko" Nord eingerichtet, kündigte Mikl-Leitner an.

In einer Replik darauf verwehrte sich Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) gegen den Vorwurf der Hetze und warf der Ministerin vor, von der Regierungsbank aus polemisiert zu haben. (Fortsetzung Bundesrat)


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