Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 117

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Diese bilateralen Abkommen sind zwar gut, aber sie sind zuwenig, meine Damen und Herren! Wir haben die Möglichkeit, dieses Problem zu internationalisieren. Wir haben die Atomenergiebehörde in Wien, wir müßten Sanktionen einbauen, wir müßten zweijährige Überprüfungen vorschreiben, um diese ungeheure Gefahr, die mehr als eine Kriegsdrohung ist, möglichst geringzuhalten. Wenn ein Kernkraftwerk "durchgeht", ist halb Österreich verstrahlt, und wir können auf ewige Zeiten nicht nur auf unsere Souveränität, sondern auch auf die Gesundheit unserer Kinder verzichten. Das wollte ich gesagt haben.

Man liest in "NEWS": Klage zu Mochovce. Was werden wir mit dieser Klage erreichen? – Eigentlich gar nichts. Vielleicht wird mit dem Probebetrieb zwei Wochen später begonnen, und wenn dieser Probebetrieb einmal läuft, dann sind allfällige notwendige Reparaturen, die auch von internationalen Experten verlangt und für notwendig befunden werden, nicht mehr möglich.

Ergo dessen haben wir alle Instrumentarien der Gesetzgebung auf internationaler Ebene und auf EU-Ebene – aber da habe ich weniger Hoffnung, weil dort die Atomlobby zu stark ist, wie das steirische Beispiel STEWEAG mit der Electricité de France gezeigt hat – einzusetzen, damit die Atomisierung Mitteleuropas verhindert wird.

Ich werde dieser Vorlage mit großer Mentalreservation meine Zustimmung geben, weil sie gut gemeint ist. Aber man sollte darüber nachdenken, wie man diese Angelegenheit internationalisieren könnte. Die Atomenergiebehörde in Wien als Aufsichtsbehörde und bewilligende Behörde habe ich genannt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.43

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel. Ich erteile es ihm.

16.43

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hoher Bundesrat! Ich wurde darauf angesprochen, obwohl es nicht unmittelbar zum Thema Ukraine und Slowenien gehört, wie der Stand der Gespräche mit der Europäischen Union in Sachen Mochovce und Bohunice ist. Ich gebe gerne eine Antwort darauf.

Ich glaube auch – es sind hier viele sehr interessante und wichtige Anregungen gekommen –, daß wir von der rein bilateralen Ebene wegkommen müssen, denn da steht uns eigentlich nur ein sehr bescheidenes Instrumentarium zur Verfügung, nämlich wechselseitige Informationen. Das ist aber eigentlich nicht das, was wir brauchen. Was wir dringend brauchen, ist Ursachenbeseitigung, indem man Atomkraftwerke, die nicht mehr sicher gemacht werden können, überhaupt zusperrt und jene, die mit allen Fragezeichen sanierbar sind, sicherheitsmäßig aufrüstet.

Das ist der Punkt, in dem ich mit Ihnen nicht einer Meinung bin, denn meiner Überzeugung nach kann die Europäische Union hier sehr wohl helfen, wenn sie, was es derzeit auf Unionsebene interessanterweise auch nicht gibt – obwohl wir sonst einen Binnenmarkt haben, der alles regelt, von der Quadratzentimeter-Sitzgröße eines Traktors über die Arbeitskleidung eines Feuerwehrmannes bis hin zu den Emissionsgrenzen für einen Tischlereibetrieb; das wird alles genau und penibel geregelt –, ein Acquis Communautaire, also ein Gemeinschaftsrecht, für Atomkraftwerke schafft. Das muß dann für alle gleich gelten, egal, ob der Atommeiler in Frankreich oder in Deutschland steht, ob der Reaktor in Italien steht oder in Ungarn, Slowenien, Tschechien, Bulgarien oder sonstwo, damit man von der Diskussion wegkommt, daß es in diesem Bereich eine Ungleichbehandlung gibt.

Ich glaube, daß diese Idee, die übrigens zum ersten Mal beim Staatsbesuch des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac in Wien im Gespräch mit Bundespräsidenten Klestil, Bundeskanzler Klima und mir massiv zum Ausdruck gekommen ist – wir haben das dann auch gemeinsam öffentlich vertreten –, eigentlich eine sehr interessante Idee zu sein scheint. Kommen wir zu einem solchen Acquis Communautaire, dann haben wir natürlich in den Beitrittsverhandlungen mit den Kandidaten ganz andere Möglichkeiten.


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