Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 219

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zehnte war, die man in der Fachwelt zu Recht als "großen Wurf" anerkannt hat. Es sei auch an dieser Stelle an die Verdienste von Professor Fritz Schwind(stimmt laut Redner) erinnert, der durch seinen Privatentwurf den entscheidenden Beitrag zu diesem Gesetz geleistet hat.

Dennoch stimme ich mit der rechtspolitischen Einschätzung der Legisten des Bundesministeriums für Justiz voll überein. Zwar hätte man an und für sich das IPR-Gesetz uneingeschränkt, also auch bezüglich der Schuldverhältnisse, aufrechterhalten können, weil das EVÜ ohnehin Anwendungsvorrang genießt. Dem stand aber der begründete Einwand entgegen, daß insoweit dem IPR-Gesetz nicht einmal ein restlicher Anwendungsbereich verbliebe. Man täusche sich nämlich nicht: Das IPRG wäre hinkünftig nicht einmal mehr gegenüber Drittstaaten anwendbar. Vielmehr bilden die Kollisionsnormen des EVÜ dann eben unser neues internationales Privatrecht auf dem Gebiet der vertraglichen Schuldverhältnisse. Mit anderen Worten: Es gelten diese Vorschriften, die bestimmen, welches Recht auf solche Schuldverträge mit Auslandsberührung anwendbar ist, fortan nicht nur im Verhältnis zu den Vertragspartnern, also den EU-Mitgliedern, sondern auch gegenüber allen anderen Staaten. Insofern sind die entsprechenden Regelungen unseres IPR-Gesetzes entbehrlich geworden. Ihre Beibehaltung könnte zumindest in der Übergangsphase die Praxis sogar verwirren und damit die Rechtssicherheit beeinträchtigen.

In diesem Sinne wird auch der Anwendungsbereich des zentralen § 35 IPRG, also die bei Schuldverhältnissen grundsätzlich zulässige Wahl des anwendbaren Rechts durch Vereinbarung der Vertragspartner, sachgerecht auf die vom EVÜ nicht erfaßten Sachverhalte eingeschränkt. Die Aufhebung der auf Schuldverhältnisse bezogenen Bestimmungen des 7. Abschnittes des IPRG eliminiert freilich auch § 41, das ist eben jene Vorschrift, die bisher den Verbraucherschutz im Kollisionsrecht gewährleistet hat. Dieses Manko wäre ja nicht allein aus österreichischer Sicht unannehmbar. Vielmehr fehlte es dann künftig auch an der gebotenen Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.

Diese Schutzlücke soll daher durch § 13a Konsumentenschutzgesetz geschlossen werden, der künftig Verbraucherverträge mit Auslandsbezug regeln wird. Hat danach der Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet eines EWR-Staates, so ist der Verbraucher vor den nachteiligen Folgen zu schützen, die sich aus der Wahl des Rechtes eines Drittstaates ergeben.

Zu begrüßen ist auch, daß mit § 13a Abs. 2 eine nach dem EVÜ zulässige Eingriffsnorm für solche Verträge geschaffen wird, die eine entsprechende Nähe zur österreichischen Rechtsordnung aufweisen. Die Schutzvorschrift des § 6 Konsumentenschutzgesetz und die sittenwidrige Klauseln betreffenden §§ 864a und 879 Abs. 3 ABGB sind zugunsten des Verbrauchers ohne Rücksicht darauf anzuwenden, welchem Recht der Vertrag unterliegt. Dies immer dann, wenn der Vertrag im Zusammenhang mit einer in Österreich entfalteten, auf die Schließung solcher Verträge gerichteten Tätigkeit des Unternehmers oder der von ihm hierfür eingesetzten Personen zustande gekommen ist.

Den Legisten des Bundesministeriums für Justiz ist mit dieser – vom Nationalrat inzwischen einstimmig angenommenen – Regierungsvorlage eine so sachgerechte wie europarechtskonforme Regelung geglückt. Wir können ihr daher aus guten Gründen zustimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

14.08

Präsident Alfred Gerstl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 9. Juli 1998 betreffend ein Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des


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