Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 107

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unzuverlässige Personen sind anzusehen: a) Personen deutscher und magyarischer Nationalität ..." – Damit sind auch jene gemeint, die diese Sprache sprechen und jüdischer Herkunft sind.

Oder: Im Dekret des Präsidenten vom 21. Juni 1945 ist zu lesen: "§ 1. Mit sofortiger Gültigkeit und ohne Entschädigung ist für die Zwecke der Bodenreform das landwirtschaftliche Eigentum konfisziert, welches sich im Eigentum befindet: a) Aller Personen deutscher oder magyarischer Volkszugehörigkeit, gleich welcher Staatszugehörigkeit ..."

Jetzt kommt der Oberhammer. Am 19. September 1945 folgt das Dekret des Präsidenten: "Wer auf Grund des Dekretes vom 2. 8. 1945" – das betrifft alle Deutschen – "die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren hat, unterliegt der Arbeitspflicht (Zwangsarbeit)."

Krönung freilich ist das Gesetz vom 8. Mai 1946 "über die Straflosigkeit von Handlungen, welche mit dem Kampf um die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zusammenhängen". Dessen § 1 bestimmt: "Eine Handlung, welche nach geltenden Vorschriften eine gerichtliche Straftat begründet, ist nicht strafbar, wenn es zu ihr kam in der Zeit vom 30. September 1938 bis zum 28. Oktober 1945 auf Grund des Wiedererkämpfens der Freiheit der Tschechen und Slowaken oder der Ausdruck der Sehnsucht nach einer gerechten Vergeltung für Taten der Okkupanten und ihrer Helfershelfer war." – Auf diese Weise wurde die Menschenjagd sanktioniert. Ein solcher Staat beziehungsweise dessen Staatsvertreter, die diese Gesetze immer noch gutheißen und sich nicht für diese Gesetze und die Schandtaten von damals entschuldigen, können nicht unsere Gesprächspartner sein, Herr Staatssekretär! Für solche Gesprächspartner müssen wir uns alle, egal welcher Partei wir angehören, eigentlich genieren. Wir können solche Leute nicht als Gesprächspartner annehmen.

Ich bitte Sie sehr nachdrücklich: Sagen Sie Ihren Kollegen bei der Konferenz, daß Staaten, die für solche Unmenschlichkeiten heute noch nicht um Vergebung bitten, keinen Platz in einem geeinten Europa haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Harring. – Bitte.

16.17

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bei der Wortmeldung des Herrn Kollegen Konecny habe ich mir heute gedacht, daß man, wenn man eigentlich im Recht ist, die Ruhe nicht so ohne weiteres zu verlieren braucht. Man neigt aber dazu, wenn man sich ertappt fühlt, etwas lauter zu werden, und nachdem das heute immer wieder vorgekommen ist, habe ich mir trotz der interessanten und sicher geistreichen Wortmeldung gedacht, daß es auch von psychologischem Interesse ist, was in Herrn Kollegen Konecny vorgeht. Allerdings gibt er meistens seine Wortspende ab und verschwindet dann, sodaß wir mit ihm nicht mehr ... (Bunderätin Schicker: Meistens nicht, nur heute!) – Ja, Frau Kollegin, gut!

Ich hätte ihm allerdings ganz gerne etwas zur Unterstützung des Fremdenverkehrs gesagt. (Bunderätin Schicker: Wir werden es ihm weitergeben!) Wenn Herr Konecny davon spricht, daß es eine gute Idee ist, in Pörtschach in der letzten Oktoberwoche etwas für die Förderung des Tourismus zu tun und dafür 50 Millionen Schilling auszugeben, dann muß ich tatsächlich sagen: Man kann von vielem etwas verstehen, aber man kann nicht von allem etwas verstehen! Denn die Betriebe in Pörtschach sind seit Ende September alle geschlossen. Der Herr Bürgermeister ist persönlich von Hotel zu Hotel gewandert und hat die Betriebe ersucht, für drei bis vier Tage aufzusperren. Aber es ist kein Koch da, und es ist kein Personal mehr da. Ende Oktober bietet Pörtschach einen traurigen Anblick. Sie werden das selbst sehen. Das ist keine freiheitliche Böswilligkeit. Sie werden dann in den Medien lesen, daß es neblig war, daß alle Geschäfte geschlossen waren und kein Wirtshaus offen hatte. – Das ist kein Rahmen für eine touristische Unterstützung! Daher kann man nicht sagen: Seid froh, ihr Kärntner, daß wir euch das verschafft haben! – Denn es bringt nichts, für Pörtschach ist das um einen Monat zu spät gekommen. Um 50 Millionen Schilling, Herr Kollege, hätte man sich auch etwas anderes einfallen


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