Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 124

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Aber ich wollte noch auf etwas anderes eingehen. Ich wollte auf die Sicherheit der Verlobten eingehen, ein positives Eheverhältnis abschließen zu können. Es sollte – und das sollten wir doch wollen; ich habe den Eindruck, Sie wollen das offenbar nicht – in Österreich doch so sein, daß Verlobte eine positive Chance haben, eine Ehe zu schließen. Sie müssen im vorhinein wissen, was auf sie zukommt, sie müssen in der Lage sein, einen Ehepakt zu schließen.

Herr Bundesminister! Ich frage Sie – Sie sind gelernter Notar –: Schätzen Sie die Notare als so schlecht ein, als so unfähig im Grunde genommen, die künftigen Ehepartner, die Verlobten, aufzuklären, was auf sie zukommt, daß wir heute eine Situation haben, daß Ehepakte de facto bei Gericht nicht halten? – Das führt doch zu einer enormen Verunsicherung der Verlobten. Es handelt sich um eine Situation, wo man nicht definitiv klären kann, wie die Unterhaltspflicht ausschaut: nicht der notwendige Unterhalt, sondern der Unterhalt nach den Lebensbedürfnissen. Was ist mit der gemeinsam aufgebauten Firma? Clevere Verlobte sagen heute: Na ja, dann machen wir das vielleicht im Rahmen einer Stiftungskonstruktion, um dem Ehegesetz zu entgehen. Das ist doch kein Ergebnis einer Eherechts-Novelle!

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich bei der SPÖ bedanken, daß sie den Kinderbetreuungsscheck, zu dem ich jetzt erst kommen wollte, so rasch als eheförderliche Maßnahme genannt hat. Wir finden, daß man, wenn man ein Eherecht macht, davon ausgehen sollte, daß die Verlobten ein positives Gefühl haben, wenn sie in eine Ehe einsteigen. Hier, bei dieser Eherechts-Novelle, haben wir ... (Bundesrat Payer: Nicht jeder ist ein Hellseher!) Danke, daß Sie sich dem anschließen. Wir werden uns anschauen, wie Sie dann in weiterer Folge abstimmen werden.

Wir finden, daß diese Novelle nicht von einer Förderung der Ehe ausgeht, und werden dieser daher nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.15

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Der Ihnen heute zur Beschlußfassung vorliegende Entwurf eines Eherechts-Änderungsgesetzes ist – und das konzediere ich – keine grundlegende Erneuerung des österreichischen Eherechts. Ich bin aber überzeugt davon, daß das Gesetz jedenfalls ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung unseres Eherechtes ist, ein Schritt durchaus im Einklang mit unserer gesellschaftlichen Entwicklung, aber gerade auch deshalb nicht weitergehend.

Im Verlaufe einer mehrjährigen Diskussion in einer sehr breitbesetzten Arbeitsgruppe im Justizministerium, in die alle gesellschaftlich relevanten Kräfte eingebunden waren und an der auch hier Anwesende teilgenommen haben, hat sich doch letztlich erwiesen, daß kein zwingender Bedarf an einer umfassenden Reform dieses Rechtsgebietes besteht, es haben sich aber doch sehr deutlich einige wichtige punktuelle Änderungsnotwendigkeiten gezeigt.

Wir hatten aufgrund des Ergebnisses dieses Arbeitskreises durchaus ein Ziel, ein Konzept, das allerdings aufgrund von verschiedener Seite her entrierter öffentlicher Desinformationen lange Zeit schwer erkennbar war, und es hat großer Mühe bedurft, nach anfänglichen Einzementierungen vorgefaßter Meinungen die Thematik wieder flügge zu machen und zu einer sachlichen Auseinandersetzung zurückzuführen.

Unser Ziel war es – und das haben wir, das sage ich ausdrücklich, erreicht –, daß unter prinzipieller Beibehaltung der bisherigen Grundlinien des Ehewirkungs-, des Ehescheidungs-, des Scheidungsfolgen- und des Verfahrensrechtes durch einzelne Änderungen und Neuregelungen die Grundsätze der Gleichberechtigung und der Partnerschaft in der Ehe betont wurden, der Schutz des wirtschaftlich Schwächeren in der Ehe und nach der Scheidung – insbesondere auch der Schutz eines dringenden Wohnbedürfnisses – ausgebaut werden soll, das Zerrüttungsprinzip bei der Ehescheidung verstärkt und das Bedarfsprinzip im Scheidungsfolgenrecht einigermaßen ausgebaut werden soll.


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