Bundesrat Stenographisches Protokoll 684. Sitzung / Seite 61

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mindest diesen gegenüber soll klargestellt sein, dass ihr durch Gefangenschaft erlittenes körperliches wie seelisches Leid jenem jener österreichischen Staatsbürger, die infolge des Zweiten Weltkrieges in Kriegsgefangenschaft gerieten, gleichgestellt ist.

Eines möchte ich namens meiner Fraktion aber schon klarstellen: Für uns Sozialdemokraten handelt es sich bei dieser Leistung um eine, wie es das Gesetz auch zum Ausdruck bringt, Entschädigungszahlung, also um eine Entschädigung dafür, was österreichische Staatsbürger und auch -bürgerinnen in Gefangenenlagern erleiden mussten. Zivilinternierte, die Zwangsarbeit leisten mussten, sind davon ebenso umfasst wie betroffene Personen, die heute ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

Eines verstehen wir aber unter der Gewährung einer Entschädigung mit Sicherheit nicht, nämlich einen Freispruch für jene Österreicher, die auch heute noch immer davon überzeugt sind, dass es die richtigen Ideale und Ziele waren, die sie für die so genannte Deutsche Wehrmacht tätig werden ließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei aller Zustimmung zu diesem Gesetz und auch in Anbetracht dessen, dass die Betroffenen sehr rasch in den Genuss dieser Leistung kommen sollen, muss auch für dieses Gesetz gelten, dass parlamentarische Grundregeln einzuhalten sind. Ein Gesetz kann erst dann wirksam werden, wenn es von den zuständigen parlamentarischen Gremien die erforderliche Zustimmung erhalten hat.

Ich habe hier in der Sitzung am 6. Dezember des Vorjahres Herrn Bundesminister Haupt für die Schaltung eines Inserates in den großen österreichischen Tageszeitungen kritisiert, weil er dadurch den Eindruck vermittelt hat, die Ausweitung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes auch auf Gefangene der Westalliierten wäre bereits beschlossene Sache. – Das war eine unter Einsatz hoher finanzieller Mittel veranlasste reine Propagandaaktion, die Leser schlimmstenfalls in die Irre führen hätte können.

Bedenklich erscheint es mir aber, dass seitens seines Ministeriums noch im Dezember 2001 die für die Bearbeitung zuständigen Stellen per E-Mail angewiesen wurden, Anträge auf Entschädigung ab sofort entgegenzunehmen und in diesem E-Mail auch bereits mitgeteilt wird, wie das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz ausgeweitet wird. Weisungen dieser Art nehmen parlamentarische Entscheidungen vorweg und müssen daher abgelehnt werden.

Die große Eile, die jetzt an den Tag gelegt wird, kann nicht mehr gutmachen, dass es der Herr Bundesminister zugelassen hat, dass monatelang ein Gesetz in Kraft war, welches wegen der Ungleichbehandlung von Kriegsgefangenen nicht nur höchstwahrscheinlich verfassungswidrig war, sondern auch dazu geführt hat, dass Gefangene der Westalliierten Monate des Anspruchs auf eine Entschädigungszahlung verloren haben. (Bundesrat Grissemann: Das hätten Sie schon 30 Jahre vorher machen können!)

Herr Kollege! Wenn Sie das sagen, dann vergessen Sie eines: Auch Ihre Partei war bereits Mitglied einer Bundesregierung. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass diese Forderung jemals von Ihnen eingebracht wurde. (Bundesrat Grissemann: Wir haben aber den Sozialminister nicht gestellt!)

Eben diese Ungleichbehandlung wollte meine Fraktion verhindern, leider hat aber unser diesbezüglicher Antrag nicht die erforderliche Zustimmung gefunden. Dieses auch von Ihnen mitverursachte Versäumnis kann auch durch dieses Gesetz nicht mehr repariert werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.46

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Willi Grissemann. Ich erteile ihm das Wort.

12.46

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe schon bei der Erstfassung des Gesetzes darauf hingewiesen, dass Fronarbeit in französischen und belgischen Kohlegruben vergleichbar


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