Bundesrat Stenographisches Protokoll 684. Sitzung / Seite 62

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mit den Entbehrungen ist, die diese geschundene Generation unserer Väter und Großväter in Kriegsgefangenenlagern im Osten erleiden mussten. Das und jene schlimmen Dinge, die sich auf den so genannten Rheinwiesen 1945 ereigneten – ich möchte das in Erinnerung rufen –, wo die Westalliierten – die Betonung liegt auf: Westalliierten – die Ernährung von über einer Million Kriegsgefangener nicht mehr sicherstellen konnten oder wollten, sodass viele davon buchstäblich verhungerten, sind mit ein Grund für diese Novelle. Selbstverständlich war es hart, auch in westalliierte Kriegsgefangenschaft geraten zu sein.

Kollege Öllinger von den Grünen hat bei der Erstfassung dieses Gesetzes von einem – wörtlich – "Kriegsverbrecherentschädigungsgesetz" gesprochen. Ich habe schon damals gesagt, dass das für mich "kranke" Gedanken sind (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm) , die ich nicht nachvollziehen kann. – Jene, die um die besten Jahre ihres Lebens gebracht wurden, werden sich diese Äußerungen Öllingers hoffentlich gut merken.

Ich habe einen weiteren guten Rat für Herrn Kollegen Öllinger: Er möge sich doch um jene Verbrechen kümmern, die nach dem 8. Mai 1945 an hilflosen Sudetendeutschen in unserem Nachbarland Tschechien verübt wurden und – und das ist das Schlimme daran – durch die Beneš-Dekrete auch noch gedeckt und ungesühnt bleiben. Er hätte wahrlich viel zu tun.

Die symbolische Wiedergutmachung – und um mehr handelt es sich ja angesichts der niedrigen Beträge nicht – wird jedenfalls für Genugtuung im Kreise der Betroffenen sorgen. Demütigungen und Beleidigungen dieses Personenkreises wie zum Beispiel durch die so genannte Wehrmachtsausstellung mit ihrem zum Teil gefälschten Bild- und Dokumentenmaterial werden dadurch etwas gemildert. Dass sich hochrangige SPÖ-Mandatare gar so sehr um diese Ausstellung gerissen und sie so sehr gefördert haben, werde ich nie verstehen.

Hohes Haus! Noch einmal und zum wiederholten Male: eine späte Genugtuung für jene, die um die besten Jahre ihres Lebens betrogen wurden. Es gilt, unserem Sozialminister zu danken.

Wir Freiheitlichen stimmen der Vorlage zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner wäre Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber gewesen. Er ist aber nicht anwesend.

Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger das Wort. – Bitte.

12.49

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Spät kommt das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, aber es kommt – es kommt mit dieser Regierungsvorlage auch für die Gefangenen der Westalliierten, und das ist besonders zu betonen. Die unsagbaren Leiden der österreichischen Kriegsgefangenen in Russland und in den Lagern seiner nachmaligen Ostblockverbündeten waren unvorstellbar, und deswegen haben auch viele dafür Verständnis gehabt, dass diese bei einer Entschädigung vorgezogen wurden.

Es ist nun – 57 Jahre nach Kriegsende – an der Zeit, alle Gefangenen mit diesem kleinen Ehrensold, denn mehr als das ist es nicht, zu bedenken; gerade auch die Gefangenen der Westalliierten, die oft nicht weniger mitgemacht haben als ihre Kameraden in den russischen Gefangenenlagern.

Hier soll und muss jeder Gefangene gleich viel gelten, denn das Leid ist unteilbar, und eine Einteilung in gute und schlechte Gefangene ist verabscheuenswürdig und sollte uns gerade in den letzten Tagen und Wochen eigentlich sehr zu denken geben.

In Käfigen gehaltene Gefangene einer Macht, die ohne Kriegserklärung ein anderes Land mit Krieg überzieht, können die Problematik des Soldatseins und dann als Verlierer dem Gegner wehrlos ausgeliefert zu sein, mehr als verdeutlichen.


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