Bundesrat Stenographisches Protokoll 710. Sitzung / Seite 108

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Zu diesem anderen Argument, das wir auch vorhin gehört haben, dass man sich das in kleinen Betrieben sowieso ausmachen kann: In der Realität ist es ja schon so, dass kleine Betriebe einen viel höheren Anteil an Teilzeitbeschäftigungen haben. Das heißt, es ist möglich, in kleinen Betrieben ist die Teilzeitbeschäftigung zu haben. Wenn man es sich also sowieso ausmachen kann, was spricht denn dann gegen einen Rechtsan­spruch? – Das war jetzt eigentlich eine rhetorische Frage.

„Rechtsanspruch“ ist nämlich meiner Meinung nach in diesem Gesetz generell zu viel gesagt. Den gibt es eigentlich nicht einmal für die Personen, die nicht schon sowieso vom Gesetz ausgeschlossen sind. Im besten Falle sieht es nämlich so aus, dass der Rechtsanspruch für zwei Drittel der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer von Anfang an sowieso schon nicht gilt und nicht existiert, und bei dem Drittel, das ihn noch hätte, kann der Dienstgeber im Zweifelsfall sagen: Aus betriebsorganisatorischen Gründen verweigere ich die Teilzeit. – Wenn Sie das als Rechtsanspruch bezeichnen, sind wir verschiedener Meinung.

Dieses Gesetz ist wie viele andere von dieser Regierung als Meilenstein bezeichnet worden. Meilenstein ist es keiner, schon gar kein familienpolitischer, vielleicht eher ein Mosaiksteinchen, nämlich ein weiteres Mosaiksteinchen in einer Frauenpolitik, die vom klassischen Modell des Familienerhalters Vater und der Kinder versorgenden Mutter ausgeht, und ein weiteres Mosaiksteinchen einer Frauenpolitik, die, anstatt eine Ver­einbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, bestenfalls aus Alibiaktionen besteht. Wenn wir schon von Steinen reden, es ist auch ein Stolperstein im Leben von vielen jungen Menschen, vor allem jungen Menschen, die ihre Lebensrealität und ihre Le­bensplanung immer mehr sozialen und finanziellen Zwängen unterordnen müssen.

Wenn wir schon davon reden, dass wir mehr Kinder brauchen und dass Kinder so toll für das Land sind – ja, da haben Sie Recht. Aber dann muss man auch die Vorausset­zungen schaffen. Es genügt nicht, sich mehr Kinder zu wünschen, sondern dann muss man sich die Lebensrealität von Familien anschauen und sich überlegen, was sie wirk­lich brauchen, damit das Familienleben besser funktioniert und damit es auch mehr Kinder geben wird. (Beifall bei den Grünen.)

15.38

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Gansterer. – Bitte.

 


15.38

Bundesrätin Michaela Gansterer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich hier mehrmals angesprochen gefüllt und musste mich spontan zu Wort melden.

Ich möchte einmal vorausschicken, dass ich natürlich die Klein- und Mittelbetriebe ver­trete, dass ich aber jedes familienfreundliche Gesetz, das wir beschließen, absolut be­grüße. Ich spreche eben nicht nur als Unternehmerin, sondern auch als Mutter von drei Kindern. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Aber die Pro­bleme, die sich in den Klein- und Mittelbetrieben ergeben, sind einfach anders als in großen Betrieben. (Bundesrat Gruber: Die können es sich ja richten! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Da könnte es jetzt passieren, dass ich meine Redezeit erstmals überschreite, weil es dazu so viel zu sagen gibt. Ich werde versuchen, mich auf das Wesentliche zu be­schränken. Es ist in einem kleinen Betrieb einfach anders als in einem großen Betrieb. Es wurde hier schon öfters erwähnt, dass man sich viel mehr absprechen kann.

Da funktioniert es einfach mehr über die Kommunikation als über das Gesetz. Das praktiziere ich selbst auch so. Auch in unserem Betrieb gibt es viele Teilzeitangestellte.


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