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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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825. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 19. Dezember 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

825. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 19. Dezember 2013: 9.04 – 15.12 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung der Bundesregierung

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbediensteten­gesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Lan­desvertragslehrpersonengesetz geändert werden und das Unterrichtspraktikumsgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsan­waltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienst­rechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschrei­bungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfah­rensgesetz 1984, das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Militärberufsför­derungsgesetz 2004, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Überbrückungshil­fengesetz, das Poststrukturgesetz, das Rechtspraktikantengesetz und das Gerichtsor­ganisationsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2013)

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastro­phenfondsgesetz 1996 geändert werden

6. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über das Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Nominierung eines Mitgliedes des Eu­ropäischen Rechnungshofes gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsge­setz ................................................. 11


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 2

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte ................................................................................................................................... ..... 29

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .....................  68, 90, 100

Unterbrechung der Sitzung ...........................................................................  69, 90, 101

Schlussansprache des Präsidenten Reinhard Todt ............................................... 113

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Reinhard Todt ....................................................................................... 115

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 117

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 6

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Werner Faymann betreffend Amtsenthebung der mit der Fortführung der Verwaltung betrauten Bundesregierung sowie des Staatssekretärs im Bundeskanzleramt, des Staatssekretärs im Bundesministe­rium für europäische und internationale Angelegenheiten, des Staatssekretärs im Bundesministerium für Inneres sowie des Staatssekretärs im Bundesministerium für Finanzen durch den Bundespräsidenten ......................................................................... 7

Schreiben des Bundeskanzlers Werner Faymann betreffend Ernennung seiner Person zum Bundeskanzler, von Dr. Michael Spindelegger zum Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen, von Sebastian Kurz zum Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, von Rudolf Hundstorfer zum Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, von Alois Stöger, diplômé zum Bundesminister für Gesundheit, von Mag. Johanna Mikl-Leitner zur Bundesministerin für Inneres, von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter zum Bundesminister für Justiz, von Mag. Gerald Klug zum Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, von Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter zum Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, von Ga­briele Heinisch-Hosek zur Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, von Doris Bures zur Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, von Dr. Reinhold Mitterlehner zum Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, von MMag. Dr. Sophie Karmasin zur Bundesministerin ohne Porte­feuille, von Dr. Josef Ostermayer zum Bundesminister im Bundeskanzleramt, von Mag. Sonja Steßl zur Staatssekretärin beziehungsweise von Mag. Jochen Danninger zum Staatssekretär zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung des Bundesministers für Finanzen sowie Be­trauung von Dr. Reinhold Mitterlehner mit der Leitung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung durch den Bundespräsidenten ....................................................................... 9

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend seinen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ....................................................................................................... 28

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 29

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 6


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 3

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung der Bundesregierung ..................................................................... 29

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 30

Verlangen auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 37 Abs. 5 GO-BR ............. 29

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 36

Christian Füller ............................................................................................................. 39

Marco Schreuder .......................................................................................................... 41

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 44

Mag. Gerald Zelina ....................................................................................................... 47

Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger ....................................................................... 50

Inge Posch-Gruska ....................................................................................................... 52

Hans-Jörg Jenewein .................................................................................................... 56

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 58

Dr. Heidelinde Reiter .................................................................................................... 60

Stefan Schennach ........................................................................................................ 62

Mag. Reinhard Pisec, BA ............................................................................................ 64

Gerhard Dörfler ............................................................................................................ 66

Entschließungsantrag der Bundesräte Marco Schreuder, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Beibehaltung des Wissenschaftsministeriums – Ablehnung (na­mentliche Abstimmung)  44, 68

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ...................................... 69

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetenge­setz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftli­che Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden und das Unterrichts­praktikumsgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst) (1 d.B. und 6 d.B. sowie 9128/BR d.B.)                   70

Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 70

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 70

Mag. Susanne Kurz ...................................................................................................... 75

Dr. Heidelinde Reiter .................................................................................................... 79

Ing. Bernhard Ebner, MSc ........................................................................................... 81

Efgani Dönmez, PMM .................................................................................................. 83

Elisabeth Reich ............................................................................................................. 85

Ana Blatnik .................................................................................................................... 88

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................ 88

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ..................................................................... 89

Antrag der Bundesräte Dr. Heidelinde Reiter, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetenge­setz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftli­che Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden und das Unterrichts­praktikumsgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 4

Dienst) (1 d.B. und 6 d.B. sowie 9128/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR Ein­spruch zu erheben – Ablehnung (namentliche Abstimmung) .....................................................................................  81, 90

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ...................................... 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 91

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsge­setz, das Militärberufsförderungsgesetz 2004, das Bundes-Bedienstetenschutz­gesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Poststrukturgesetz, das Rechtsprak­tikantengesetz und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden (Dienst­rechts-Novelle 2013) (41/A und 8 d.B. sowie 9129/BR d.B.) ................ 91

Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 92

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert wer­den (40/A und 9 d.B. sowie 9130/BR d.B.) ........... 92

Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 92

Redner/Rednerinnen:

Werner Herbert ............................................................................................................. 93

Elisabeth Grimling ....................................................................................................... 95

Dr. Heidelinde Reiter .................................................................................................... 97

Mag. Christian Jachs ................................................................................................... 97

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ..................................................................... 98

Hermann Brückl ......................................................................................................... 100

Entschließungsantrag der Bundesräte Werner Herbert, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Sicherheitspolitik in der XXV. Gesetzgebungsperiode – Ablehnung (namentliche Abstimmung)  94, 100

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 101

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 100

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .................... 102

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastrophen­fondsgesetz 1996 geändert werden (2 d.B. und 10 d.B. sowie 9126/BR d.B.) .................................................................................................... 102

Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 103


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 5

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend Ver­einbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Ober­österreich über das Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“ (3 d.B. und 11 d.B. sowie 9127/BR d.B.) ....................................................... 102

Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 103

Redner/Rednerinnen:

Ferdinand Tiefnig ....................................................................................................... 103

Staatssekretär Mag. Jochen Danninger .................................................................. 104

Ingrid Winkler .............................................................................................................. 105

Hermann Brückl ......................................................................................................... 107

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 108

Martin Preineder ......................................................................................................... 109

Ewald Lindinger ......................................................................................................... 110

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 113

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 113

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB sowie VAO Echtzeitdaten und Open Gov­ernment Data (2959/J-BR/2013)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Ungleichbehandlung bei der Gewährung des Alleinverdiener- und Alleinerzie­herabsetzbetrages aufgrund des gestaffelten Ferienbeginns (2960/J-BR/2013)

 


 


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 6

09.04.05Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

 


Präsident Reinhard Todt: Ich eröffne die 825. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 824. Sitzung des Bundesrates vom 5. Dezember 2013 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Mag. Josef Taucher, Ri­chard Wilhelm und Sonja Zwazl.

09.04.26Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Reinhard Todt: Hinsichtlich des eingelangten Schreibens des Bundeskanz­lers gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG

beziehungsweise jenes Verhandlungsgegenstandes, welcher gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt, sowie der

weiteren Schreiben des Bundeskanzlers betreffend die Amtsenthebung der mit der Fortführung der Verwaltung betrauten Mitglieder der Bundesregierung und der Staats­sekretäre durch den Bundespräsidenten sowie die

Ernennung der neuen Mitglieder der Bundesregierung und der Staatssekretärin bezie­hungsweise des Staatssekretärs sowie die

Betrauung von Herrn Dr. Reinhold Mitterlehner mit der Leitung des Bundesministeri­ums für Wissenschaft und Forschung durch den Bundespräsidenten

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Darüber hinaus gebe ich bekannt, dass ein Schreiben des Bundeskanzlers betreffend dessen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union eingelangt ist.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Beschluss des Nationalrates, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegt:

Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2012 (III-1, III-2 und 12/NR der Beilagen)

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Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung der Bundesregierung sowie der Staatssekretäre:


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Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Ernennung der Bundesregierung gemäß Ar­tikel 70 Absatz 1 B-VG, der Staatssekretärin und des Staatssekretärs gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 B-VG, Betrauung mit der Leitung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Ver­bindung mit Artikel 77 Absatz 4 B-VG sowie Ernennung des Bundesministers im Bun­deskanzleramt gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 77 Absatz 3 B-VG:


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Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Vorschlag für eine Nominierung gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG:


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Schreiben des Bundeskanzlers betreffend dessen Aufenthalt in einem anderen Mit­gliedstaat der Europäischen Union:

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BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 29

Präsident Reinhard Todt: Eingelangt sind die Tätigkeitsberichte des Verwaltungsge­richtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2012, die dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Vorberatung zugewiesen wurden.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Ebenso bildet die Erklärung der Bundesregierung einen Gegenstand der heutigen Tagesord­nung. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Aus­schussberichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Reinhard Todt: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündi­gen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Hierzu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erfor­derlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstandnah­me von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte einver­standen sind, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Vorschlag, von der 24-stündigen Aufliegefrist für die gegenständlichen Ausschuss­berichte Abstand zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit ange­nommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Reinhard Todt: Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Erklärung der Bundesregierung auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.

Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 3 und 4 sowie 5 und 6 unter einem durchzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

09.07.251. Punkt

Erklärung der Bundesregierung

 


Präsident Reinhard Todt: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt.

Ich begrüße die anwesenden Mitglieder der Bundesregierung mit Herrn Bundeskanzler Faymann an der Spitze und sein Team recht herzlich. (Allgemeiner Beifall.)

Bevor ich dem Herrn Bundeskanzler das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass mir ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 37 Abs. 5 der Geschäfts­ordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an die vom Herrn Bundeskanzler ab­gegebene Erklärung eine Debatte durchzuführen.

Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich ihm ohne Weiteres stattge­ben.

Ich erteile nun Herrn Bundeskanzler Faymann zur Abgabe der Regierungserklärung das Wort. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 30

9.08.16

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Vizekanzler! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Damen und Herren des Bundesrates! Sehr verehrte Damen und Herren Mitarbeiter und Gäste! Ich bedanke mich für die Möglichkeit, unser Regierungsprogramm in groben Zügen an ei­nem Tag vorstellen zu dürfen, an dem ich am Nachmittag Österreich im Europäischen Rat vertreten werde – im Europäischen Rat, in dem die Regierungsvertreter aller Mit­gliedsländer zusammenkommen, um die Frage zu stellen, wie man in einer Wirt­schaftskrise gemeinsam durch Solidarität und Stärkung der Gemeinsamkeit, auch kla­rer gemeinsamer Spielregeln, etwas erreichen kann, um wieder in einen Aufschwung zu kommen.

Wir wissen, dass manche von einer Trendwende sprechen, weil für nächstes Jahr in der Eurozone ein Wachstum von 0,4 Prozent prognostiziert ist. Die Prognose ist für Österreich besser, aber in diesem gemeinsamen Europa sind 0,4 Prozent natürlich zu wenig, um wirklich von einer Trendumkehr sprechen zu können. Die Einnahmen, die sich bei einem Wachstum von 0,4 Prozent ergeben, reichen bei Weitem nicht aus, Spielräume für Investitionen freizumachen, die wir so dringend in diesem gemeinsa­men Europa bräuchten.

Welche Aufgabe hat also Österreich? Und welche finanziellen und budgetären Rah­menbedingungen hat Österreich für die nächsten Jahre zu setzen, um in diesem Euro­pa ein stabiler Faktor zu sein und gleichzeitig ein Partner im europäischen Team? Ein stabiler Faktor zu sein, heißt, dass die Entwicklung unserer Finanzen, trotz einer Situation, wo wir nicht von einer Trendumkehr in Europa sprechen können, bis 2016 zu einem strukturellen Nulldefizit führen muss, um gemeinsam mit Deutschland, den Nie­derlanden und wenigen weiteren Ländern in Europa im Spitzenfeld zu bleiben, bei Fragen der finanziellen Rahmenbedingungen und bei dem, was man stabile Finanzen im Vergleich zur Wirtschaftskraft nennt.

Wenn wir in doch schwierigen Zeiten dieses strukturelle Nulldefizit erreichen wollen, dann können wir nicht jedem, der bisher eine Subvention oder eine Förderung be­kommt, eine regelmäßige Teuerungsabgeltung geben, wenn wir nicht irgendwelche Umschichtungen vornehmen. Das ist ja leicht nachrechenbar, dass man bei einem Wachstum in Österreich von heuer 0,4 Prozent, nächstes Jahr vielleicht etwas mehr, nicht jedem 2 Prozent  oder manche sagen, die Teuerung ist mehr als 2 Prozent, es gibt Warenkorbrechnungen bis zu 3 Prozent  oder gar 3 Prozent mehr geben kann. Wo soll das herkommen?

Daher bleibt für eine Verantwortungspolitik der Bundesregierung die Aufgabe zu bewäl­tigen, wie man durch Sparsamkeit in öffentlichen Haushalten, durch Umschichtungen – manches Mal muss man auch etwas streichen – liebgewordene Gewohnheiten anspre­chen und auch verändern kann.

Nun ist jeder Österreicher – und ich bin überzeugt, auch Sie, verehrte Bundesräte , wenn man sagt: Seid ihr dafür, dass man Reformen macht?, einmal prinzipiell dafür. Aber wir wissen ja, wie rasch sich diese Bereitschaft zur Änderung von liebgewordenen Gewohnheiten ändert, wenn es eine Gruppe betrifft, in der man selbst ist, auch als poli­tischer Interessenvertreter, als verantwortlicher Politiker.

Also ist es eine Aufgabe, die so logisch klingt, aber so schwierig ist, durch konsequente Maßnahmen das Budget so in Ordnung zu halten, dass der Herr Vizekanzler und Fi­nanzminister uns dann 2016 diese Botschaft: Wir haben es geschafft!, auch sagen kann. Bis dahin ist ein harter Weg mit vielen Gegensätzen und Widersprüchen zu ge­hen.

Wir haben das jetzt etwa bei den Verhandlungen mit den Interessenvertretern des öf­fentlichen Dienstes erlebt. Wir haben ursprünglich mündlich für zwei Jahre einen Bei-


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 31

trag der Kollegen des öffentlichen Dienstes für das Budget vereinbart, nämlich einmal eine Nullrunde – die haben wir auch im vorigen Jahr für das heurige gemacht – und dann für das nächste Jahr eine Erhöhung um 1 Prozent und eine Einmalzahlung in der Höhe von 0,5 Prozent.

Nun sind auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie unschwer zu erkennen ist, der Meinung, dass die Inflationsabgeltung für sie auch wichtig wäre. Nun haben wir aber die Aufgabe, gleichzeitig auch unsere Budgetgrundlagen zu vertreten. Das ist keine Frage des Herzens. Vom Herzen her würden wir jedem, der für unsere Republik fleißig arbeitet, egal ob bei uns beschäftigt oder in einem anderen Förderungsverhältnis oder Partnerschaftsverhältnis zu uns stehend, weit mehr vergönnen. Es geht nicht ums Ver­gönnen. Es geht um die Einhaltung von Budgetgrundsätzen, die kein Selbstzweck sind.

Da bitte ich auch Sie, als im Föderalismus wichtige Vertreter in unserem Lande, um die nötige Unterstützung in den nächsten Jahren, diese Budgetgrundsätze deshalb mit uns einzuhalten, weil wir in der Spitzengruppe der stabilen Finanzen bleiben wollen, und zwar aus einem ganz nachvollziehbaren Grund: Wer in der Spitzengruppe dabei ist, wird durch niedrigere Zinsen bei Staatsanleihen belohnt. Wir bezahlen 2 Prozent. Es gibt viele Länder, die 4, 5, 6 Prozent für ihre Staatsschulden bezahlen. Alleine dieser Unterschied macht, pro Prozentpunkt durchgerechnet, 2 Milliarden € jährlich aus.

Also wenn man diese oft gemeinsam diskutierten Steuervorschläge einmal nachrech­net – egal, in welche Richtung –, kommt man dann auf ein Volumen, so eine neue Steuer gibt es gar nicht, die 4, 5 Prozent Zinsunterschied rechtfertigen würde, denn das müsste eine 10-Milliarden-Steuer sein, die man zusätzlich einführen müsste.

Also ist die Frage, wie man von den Anlegern bewertet wird. Da geht es um interna­tionale Anleger, denn gerade wenn man sich die Frage stellt, wer eigentlich bei unse­ren Staatsschulden diese Anleihen hat, dann waren das früher überwiegend Österrei­cher, mittlerweile aber weiß man  auch wenn man nicht ganz genau sagen kann, wer sie besitzt –, dass nur mehr eine Minderheit Österreicher – auch Institute und Betrie­be – sind und sein werden, die diese Staatsanleihen haben. Es geht also um eine in­ternationale Einschätzung der Wirtschaftskraft Österreichs. Und wer dazu beiträgt, dass der Wirtschaftskraft Österreichs im Vergleich zum Haushalt und zu den finanziel­len Rahmenbedingungen eine gute Note ausgestellt wird, der hat einen Beitrag ge­leistet  und damit haben wir einen gemeinsamen Beitrag geleistet, auch finanzielle Spielräume zu haben.

Ich verteidige das aber auch aus einem zweiten, sehr politischen Grund: Wir diskutie­ren heute im Europäischen Rat sicher wieder – das ist so eine Tradition, dass es am Abend immer lang dauert – bis spät in die Nacht hinein, wie wir in Zukunft die Gestal­tung vornehmen können, dass alle Länder sich an gewisse Rahmenbedingungen hal­ten, damit wir auch mehr Solidarität üben können. Sonst ist das ein Fass ohne Boden, denn wenn man mit jemandem solidarisch ist, der sich an nichts hält, an keine Rah­menbedingungen hält, dann wird einem beim Solidarisch-Sein bald das Geld ausge­hen.

Also wir diskutieren wieder einmal über gemeinsame Regelwerke. Die sollen fair sein, die sollen die Konjunktur nicht abwürgen, die sollen die Kaufkraft, die Investitionen er­möglichen. Aber sie sollen auch die Budgets in Ordnung halten. Und bei diesen Dis­kussionen kommt dann immer die Frage auf, wie denn die Konsequenzen sind und welche zusätzlichen Regeln wir uns geben. Ob das jetzt Partnerschaftspakt heißt oder Wettbewerbspakt oder irgendein anderer Pakt ist – es geht immer um dasselbe: Es geht um die Frage, dass Länder, die mit ihrem Budget selbst haushalten können, aus­schließlich auf freiwilliger Basis Vereinbarungen in diesem gemeinsamen Ganzen treffen.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 32

Wenn Länder einmal in Richtung Verfahren hin zu Programmländern sind, dann ist es mit der Souveränität der alleinigen Entscheidung aus; denn es haben natürlich dort von der Verfassung her auch die Parlamente das letzte Wort, aber wenn man nicht mehr ausreichend Mittel zur Bewältigung der eigenen Aufgaben bekommt und auf die euro­päische Gemeinschaft angewiesen ist, ist das an Bedingungen geknüpft. Und diese Bedingungen muss man dann erfüllen, wenn man die nötigen Finanzmittel erhalten will.

Ich möchte, dass auch die nächsten Generationen, weit über unsere – wie ich hoffe – lange gemeinsame Tätigkeit hinaus, von Nationalratsabgeordneten, Bundesräten und Regierungsmitgliedern nicht darauf angewiesen sind, dass sie, egal ob zur Banken­rettung oder gar für Programme, Mittel aus Solidaritätsmitteln erhalten, wo auch ihre eigene politische Entscheidungskraft durch das Erfüllen-Müssen von Bedingungen ein­geschränkt wird.

Daher bin ich so überzeugt davon, dass wir die Einzelmaßnahmen in diesem Regie­rungsprogramm  die Sie sicher gut kennen und die ich daher umso kürzer vortrage, weil ich überzeugt bin, dass Sie das Regierungsprogramm ohnehin kennen unter den sogenannten Finanzierungsvorbehalt gestellt haben.  Nicht weil das Herz fehlt für so notwendige, gute, richtige und fortschrittliche Maßnahmen im Sinne des Fortschritts unseres Landes, auch bei sozialen Verbesserungen und vielen anderen Verbesserun­gen, die wir gerne hätten, sondern weil es auch im finanziellen Rahmen sein muss. Und man kann nicht bei Punkt 1 über: Die Finanzen müssen in Ordnung sein!, reden und dann bei den Punkten 2, 3, 4, wenn es um die einzelnen Kapitel geht, das wieder vergessen haben und so reden, als würde Geld keine Rolle spielen.

Deshalb zeigen diese einzelnen Punkte, welchen Weg wir in welche Richtung gehen wollen. Es wird den Entscheidungsträgern dieser Republik aber auch nicht verheim­licht, dass das nur im Einklang mit den von mir jetzt doch sehr ausführlich dargestellten Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten geschehen kann.

Wenn man die Frage betrachtet, wie der Investitionsbereich angelegt ist – und zwar jener, der ohnehin in unserem Finanzpfad vorgesehen war, den wir noch einmal ver­stärken mussten, um alles einzuhalten zu können –, kann man feststellen, dass sicher­lich die Verkehrsfragen und die Fragen der Infrastruktur im Bereich von Straße und Schiene eine große Rolle spielen. In diesem Bereich kann man auch nicht auf einmal einen Schwenk vollziehen und bei einem Projekt, in dessen Rahmen man einen Tunnel zu bauen begonnen hat, einfach damit aufhören und vielleicht 20 Jahre später wieder weiterbauen. Das hätte keinen Sinn! Diese Projekte sind also leider nicht geeignet, in der Krise wesentlich verändert zu werden, vor allem jene, die ohnehin schon sehr weit sind wie etwa das Projekt Südstrecke, das vor vielen Jahren beschlossen, entschieden und gemeinsam begonnen wurde. Man kann vielleicht einmal bei einer Jahresrate et­was anders einteilen oder bei einer Straße einmal etwas günstiger machen und viel­leicht hinsichtlich einer Regelung, deren Umsetzung man sich optimal gewünscht hätte, feststellen, dass es auch sparsamer geht.

Daher ist ja auch eine Evaluierung dieser Projekte vorgesehen. Aber in großen Zügen, in den großen Linien und im großen Pfad der Infrastruktur wird dieses Programm be­treffend den Ausbau insbesondere auch unserer Bahn fortzusetzen sein. Das liegt nämlich auch im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich, natürlich der vielen Menschen, die die Bahn nutzen, sowie auch im Interesse des Gütertransports, den wir auch aus umweltpolitischen Gründen mittel- und langfristig stärker von der Straße auf die Schiene verlegen wollen.

Ich habe mit dem Thema Infrastrukturinvestitionen begonnen, weil ich weiß, dass diese Frage in den Bundesländern – wenn natürlich auch nicht in jedem gleich stark – we­sentlich für die Bevölkerung und für die Weiterentwicklung des jeweiligen Bundeslan-


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des ist. Ich weiß aber, dass Bildung, Ausbildung und Forschung der Schlüssel schlecht­hin für die weitere Entwicklung unseres Landes sind. Daher bin ich froh, dass wir trotz der lang ausgeführten Rahmenbedingungen zusätzlich in der letzten Periode begon­nen haben, in die Bildung zu investieren, und das auch fortsetzen.

Es werden viele Maßnahmen getroffen: Kleinere Klassen, verstärkter Einsatz von Leh­rerinnen und Lehrern dort, wo wir es brauchen und wo es notwendig ist, sowie eine flexiblere Gestaltung, damit dort, wo es notwendig ist, auch mit besserer Förderung an­gesetzt werden kann. Das ist eine gute Investition in Österreich, denn der Ausgleich von sozialen Unterschieden ist sehr wichtig. Chancen und Fähigkeiten, die vorhanden sind und die jemand vom Elternhaus her mitbringt, sind zu fördern, es ist aber auch auszugleichen. Das ist eine gewaltige Aufgabe für eine Gesellschaft, weil das darüber entscheidet, welches Rüstzeug die nächste Generation mit bekommt.

Dabei sind nicht nur die Kindergartenbetreuung, die Schulen und weiterführenden hö­heren Schulen und die Universitäten ein wichtiger Schlüssel, sondern auch unsere duale Ausbildung ist etwas, wovon ich überzeugt bin, dass Europa mehr davon braucht und von Österreich lernen kann. Wir bringen das auch immer als Beispiel neben der Ausbildungsgarantie in Europa ein, und zwar in der tiefen Überzeugung, dass es dabei um ganz wichtige Maßnahmen betreffend die soziale Frage geht, wie man dafür sor­gen kann, dass junge Leute eine Chance bekommen. Man darf sich nämlich nicht an Arbeitslosenzahlen bei jungen Menschen gewöhnen, die in manchen Staaten so ver­heerend sind, dass sie irgendwann einmal die Einzelschicksale ausblenden, weil man sich dort an die Sockelarbeitslosigkeit gewöhnt hat. An Jugendarbeitslosigkeit und Ar­beitslosigkeit überhaupt darf man sich nie gewöhnen, und daher ist die Investition in Bildung ein dermaßen zentraler Schlüsselfaktor.

Auch Forschung und Wissenschaft mit ihrer Grundlagen‑ und angewandten Forschung entscheiden darüber, ob wir um die berühmte Nasenlänge mit voran sind. Wir sind zum Beispiel in der Autoindustrie – unsere Industrie ist zu 10 Prozent Autoindustrie – sehr nahe verknüpft mit Deutschland. Aber es haben auch viele österreichische Betriebe in der Innovation – selbst in einem Feld, in dem Deutschland europaweit für seine innova­tive Kraft bekannt ist –, in der Entwicklung eine durchaus große Rolle gespielt, weil sie eben in der Forschung um eine Nasenlänge voraus waren.

Dasselbe gilt auch für viele andere Betriebe in den verschiedensten Bereichen, etwa im Bereich der Medizintechnologie oder anderer Entwicklungen in unserem Lande. Ich bekomme – so wie Sie – bei Betriebsbesuchen, wenn ich mir etwas zeigen lasse, un­schwer und sehr schnell die Tatsache belegt, dass – wie wir immer sagen – gut ausge­bildete Mitarbeiter, richtig angewandte Mittel und gute Spielräume bei Forschungsmit­teln ein wichtiger, richtiger und guter Schlüssel dafür sind, dass wir die Wirtschaftsleis­tung pro Kopf steigern können. Dafür ist Innovation der Schlüssel.

Betreffend Wirtschaftsleistung pro Kopf lag Österreich bei EUROSTAT, also bei jenen, die miteinander vergleichen, in der Vergangenheit, etwa im Jahr 2008, noch auf dem fünften Platz innerhalb der Europäischen Union. Jetzt sind wir auf den zweiten Platz aufgestiegen, aber es gibt natürlich nicht so etwas wie eine Garantie für zehn Jahre, dass man sich quasi, wenn man jetzt einmal Zweiter ist, einen Stempel holen könnte, damit man auf diesem Platz bleibt und sich ein bisserl ausrasten kann, weil man ja Zweiter ist und viel dafür getan hat. Im Gegenteil! Gerade die Wirtschaftsleistung pro Kopf ist eine tägliche Herausforderung, bei der es um gut ausgebildete Leute und gute Rahmenbedingungen geht.

Dazu gehört auch die Lebensqualität in unserem Land. Lebensqualität gehört zu den Faktoren, die sehr wichtig für die Entscheidungen sind, wo Headquarters sich ansie­deln. Dazu gehören aber natürlich auch Rahmenbedingungen wie technische und an­dere Infrastrukturen und im Besonderen eben Bildung und Innovation.


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Auch die Exporte der heimischen Industrie haben sich verdreifacht, und die Schaffung der gemeinsamen Eurozone war für uns Österreicher – und das gilt wahrlich nicht für alle Länder der Eurozone – im Hinblick auf den Export ein Vorteil. Die Exportleistung ist von 1995 auf 2012 von 42 Milliarden € auf 124 Milliarden € gestiegen. Wir konnten un­sere Handelsbilanz wesentlich verbessern durch diese Entwicklungschancen, die wir in Europa für den Verkauf von Produkten und die Erbringung von Dienstleistungen erhal­ten haben.

Ein weiterer Beweis dafür, dass sich in Europa niemand darüber zu freuen braucht, wenn es einem anderen schlecht geht, nach dem Motto: „Da sieht man, was ich für ein Glück habe, mir geht es gut!“, sondern dass gerade im Hinblick auf Exporte, Wirt­schaftskraft und Wirtschaftsleistung pro Kopf die Entscheidung für ein Miteinander wichtig ist, damit es eine entsprechende Kaufkraft in Europa gibt. Das ist für ein Export­land wie Deutschland und Österreich etwas ganz Wichtiges, weil es ein Teil des Er­folgs ist.

Der Erfolg im Zusammenhang mit dem Export von Produkten etwa nach China ist näm­lich bei Weitem nicht vergleichbar mit der Zusammenarbeit mit anderen europäischen Partnern und Ländern oder eben in unserer Region. Wir sehen aufgrund unserer spe­ziellen Lage natürlich auch im Donauraum, auf dem Westbalkan und auch bei den öst­lichen Nachbarn eine Reihe von Entwicklungschancen – eine Entwicklung, die durch die Wirtschaftskrise in einigen dieser Länder allerdings ins Stocken gekommen ist. Die Einschätzung, wie sich diese Region, in der wir und unsere Betriebe eine starke Rolle spielen, entwickeln wird, war schon optimistischer. Viele dieser sehr hoffnungsvollen und damals auch durchaus realistischen Prognosen mussten revidiert werden, weil die Entwicklung in diesen Ländern aus vielen Gründen, auch aufgrund der Wirtschafts­krise, aber auch aus vielen hausgemachten Gründen, in diesen Bereichen etwas ins Stocken gekommen ist.

Trotzdem ist klar, dass sich in einer Region, die sich in Richtung demokratische Struk­turen entwickelt hat oder entwickelt, durch den Nachholbedarf an Lebensqualität ein besonderer Markt auftut. Aufgrund der besonderen Wertehaltung, die wir vertreten, ist es unsere Aufgabe, dort unterstützend aufzutreten, denn Demokratie, Freiheit ist durch nichts zu ersetzen, kann durch nichts abgekauft oder kompensiert werden, sondern ist ein Grundrecht und eine Grundfreiheit, die in der europäischen Seele liegt und hinsicht­lich welcher wahrlich in vielen Ländern, die wir kennen und wo wir auch wirtschaftlich tätig sind, noch viel zu geschehen hat.

Auch Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung, Steuerdisziplin – der Umstand, dass man Steuern nicht nur auf dem Papier hat, sondern dass man diese auch einhebt – sind wichtige Voraussetzungen in der politischen Zusammenarbeit mit vielen Ländern. Wir Österreicher tragen in unserer Politik kulturell, wirtschaftlich, politisch historisch ei­ne besondere Verantwortung, und diese Verantwortung auch tatsächlich wahrzuneh­men ist für uns ein gemeinsames Ziel.

Über die Schließung von Steuerlücken und entsprechende Anpassungen freut sich nie­mand. Wenn man jemandem erzählt, dass wir seit 2000 irgendeine Steuer nicht ange­passt haben und wir diese jetzt – nicht im vollen Umfang, aber doch in einem gewissen Umfang – anpassen, dann gibt es wohl niemanden, der wirklich applaudiert und sagt: Na endlich habt ihr das angepasst! Das wird nicht der Fall sein, aber das gehört zu dem eingangs Gesagten. Wir wissen, dass wir in Bezug auf diese Maßnahmen, die wir vorgeschlagen haben, gut erklären müssen, warum und wofür wir diese treffen. Wir müssen den Sinn und Zweck in den Vordergrund stellen, damit die Österreicher wis­sen, dass ein Gesundheitssystem, das seinesgleichen in der Welt sucht, auch finan­ziert werden muss: Auch wenn gespart und reformiert wird, stellen die medizinischen


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Leistungen auf der einen Seite und die älter werdende Bevölkerung auf der anderen Seite ganz große Anforderungen an uns.

Wir haben aber auch mit der Einschränkung bei der Gruppenbesteuerung, der Ab­schaffung von Steuerbegünstigungen bei Managergehältern ab 500 000 €, der Verlän­gerung des Solidaritätszuschlages, den Sicherungsbeiträgen bei sogenannten Privile­gienpensionen sowie mit der Bankenabgabe und vielem mehr ebenfalls zu zeigen ver­sucht, dass Fairness keine Einbahnstraße ist. Fairness bedeutet eben nicht, dass man die Gruppe zur Kasse bittet, bei der es am schnellsten gehen würde, nämlich bei der Registrierkasse im Supermarkt.

Wir versuchen nicht, diese Methode anzuwenden, um die Einnahmen zu durchforsten oder zu verbessern, sondern wir versuchen, uns einzelne Bereiche vorzunehmen – ich habe bereits Beispiele genannt –, wo Maßnahmen vielleicht aufwändiger und schwie­riger und mit mehr Widerständen verbunden sind, wo man aber richtigerweise anzuset­zen hat, weil somit auch ein Beitrag von jenen verlangt wird, die es sich leisten können beziehungsweise jedenfalls besser leisten können als eine Familie an der unteren Ein­kommensgrenze, die beim Einkaufen im Supermarkt von jedem Prozentpunkt einer Er­höhung der Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln, die jeder zum Leben braucht, getroffen werden würde, weil das bei kleineren Einkommen einen viel höheren Prozentsatz aus­macht.

Das ist keine Selbstverständlichkeit! Ich durfte im Nationalrat vorlesen, dass die Mehr­wertsteuererhöhungen von Finnland, Irland, Griechenland, Italien, Kroatien, den Nieder­landen, Polen, Portugal, Spanien, Tschechien, Slowenien und Ungarn bis zu 27 Pro­zent ausgemacht haben. Das ist also nicht eine Maßnahme, im Hinblick auf welche jemand sagen würde: Wie kommst du denn auf die Mehrwertsteuer? Wer will denn so etwas? – Gerade anhand der soeben genannten Liste konnte ich zeigen, dass es da nicht nur um Südeuropa geht.

Es gibt viele in der Politik, die, wenn es gilt, eine diesbezügliche Entscheidung zu tref­fen, sagen: Bevor wir mit Managerbezügen, Gruppenbesteuerung und Gewinnfreibe­trag und der Einschränkung und Anpassung von einzelnen Steuern und Steuerlücken anfangen, also ein breites, differenziertes Feld aufmachen, erhöhen wir doch einfach bei der Supermarktkasse! – Wir sind diesen einfachen, aber falschen Weg nicht gegan­gen, und ich bin überzeugt davon, dass das richtig ist! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.) – Danke.

Es wurden Offensivmaßnahmen etwa durch den Ausbau von Hochwasserschutz, den Ausbau der schulischen Tagesbetreuung, den Ausbau von Kinderbetreuungseinrich­tungen und den Ausbau ganztägiger Schulformen gesetzt. Dabei gab es entsprechen­de Projekte, weil wir den Eltern in der Praxis erst richtig zeigen müssen, wie dieses Modell funktioniert. Es gibt jetzt schon Eltern, die davon überzeugt sind, dass das An­gebot bei ganztägigen Schulen ein sinnvolles Angebot ist, damit man sich den Nach­hilfelehrer ersparen, die Förderung des Kindes verbessern und die Chancen des Kin­des erhöhen kann. Viele denken auch so im Hinblick auf den verschränkten Unterricht.

Aber es gibt auch viele, die nicht davon überzeugt sind. Und die Umsetzung soll ja – darüber haben wir uns alle geeinigt – nur freiwillig erfolgen. Daher ist es aus meiner Sicht der richtige Weg, wenn Eltern am Beispiel von anderen im Sinne der Vorbildwir­kung sehen, dass ganztägige Schulen auch Vorteile bringen. Daher haben wir festge­legt, dass wir in den Regionen oft entsprechende Einzelklassen anbieten werden, denn dieses Modell soll niemandem verordnet werden, sondern es soll die Überzeugung wachsen, dass das ein besonderes, herausragendes und gutes Modell ist, und zwar aus Gründen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und aus vielen anderen Grün­den, in erster Linie aber auch aufgrund der Chancen und der Förderung für das Kind. –


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Daher befindet sich der Ausbau der ganztägigen Schulen im Programm und wird wei­tergeführt, ebenso wie der Ausbau der Fachhochschulen und vieles mehr.

Ich erachte es deshalb nicht für notwendig, Ihnen im Hinblick auf den Gesundheitsbe­reich, den Pflegefonds, die Sicherheit, die Verwaltung und die Umweltpolitik zu sagen, wie viele Aufgaben wir haben, weil ich weiß, dass Sie diese so gut kennen wie ich. Aber ich hoffe, Sie sind mit mir gemeinsam davon überzeugt, dass mit all diesen ge­sellschaftspolitischen Feldern, in denen wir tätig sind, mit all diesen Initiativen, die mit Kaufkraft, Beschäftigung, Wohlstand und den Lebensverhältnissen von Menschen zu tun haben, Österreich ein herausragendes Beispiel in der Welt ist. Unsere Heimat ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass Gemeinsamkeit stärker ist als das Trennende. Das, was uns in der Geschichte unseres Landes stark gemacht hat und in der Gegenwart stark macht, muss auch die Leitlinie für die Zukunft sein, nämlich eine gemeinsame Politik für unsere Heimat Österreich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und Grünen.)

9.36


Präsident Reinhard Todt: Danke, Herr Bundeskanzler.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile es ihr.

 


9.36.45

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Herren Mi­nister! Frau Staatsekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hau­se an den Fernsehgeräten! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Bundeskanzler, Sie haben in einem Nebensatz erwähnt, dass Sie uns hier eine etwas abgespeckte Version Ihrer Regierungserklärung des Nationalrates liefern, was Sie schon dadurch bewiesen haben, dass sich doch relativ viele Gemeinplätze in Ihrer Erklärung gefunden haben. Und da trifft es sich gut, dass Sie in der Präambel Ihres Regierungsprogramms besonders hervorheben, dass Sie fest auf die Stärke der Öster­reicherinnen und Österreicher vertrauen.

Das ist gut so! Das werden Sie auch brauchen! Dass wir im internationalen Vergleich nämlich noch ganz gut dastehen, ist allein der Stärke der Österreicherinnen und Öster­reicher zu verdanken, die es immer noch geschafft haben, unser Land gut dastehen zu lassen, und zwar obwohl Sie in der Regierung waren und nicht weil Sie es waren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Regt euch nicht gleich auf! Ihr habt ja noch Zeit! Bleibt gelassen! Ich bin ja noch nicht fertig! (Bundesrat Stadler: Leider!)

Auch die alte neue Regierung mit neuen Gesichtern lässt ja nicht sehr viel Gutes hof­fen. Wir haben uns Ihr Regierungsprogramm angeschaut, und wir sind ja nicht die Ein­zigen, die Kritik üben. In den eigenen Reihen ist ebenfalls Kritik gekommen. Ihr steiri­scher Landeshauptmann Voves hat die Vorstandssitzung vorzeitig verlassen und hat gleich einmal alle Ämter zurückgelegt, weil er frustriert war. Sein steirisches Pendant der Reformpartnerschaft, der Vize bei der ÖVP, Schützenhöfer, wollte nicht gegen das Regierungsprogramm stimmen und hat ebenfalls die Vorstandssitzung verlassen – wie wir den Medien entnehmen konnten –, weil er sich nicht der Stimme enthalten konnte. (Bundesrätin Grimling: In der Zeitung steht viel!) Der steirische Klubobmann, Christo­pher Drexler, spricht von einem „wenig ambitionierten Stillstand-Weiterwurschtel-Ab­kommen“. – Das sind eure Leute, das ist nicht die Opposition! Das sagen Ihre Leute!

Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann sagt, es handelt sich um kein Regierungs-, sondern um ein Negierungsprogramm.


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So. Nun noch einmal Schützenhöfer: „Dem Papier fehlt der Mut für strukturelle Refor­men.“

All das kommt aus den eigenen Reihen und nicht allein von der Opposition!

Um diese neue alte Regierung nicht ganz so alt ausschauen zu lassen, hat vor allem die ÖVP den Befreiungsschritt gewagt und hat uns neue Köpfe uns präsentiert. Dabei wurde gleich ein bisschen abgespeckt.

So hat Sophie Karmasin – wobei ich ja keinem unterstellen will, dass er nicht qualifi­ziert ist, das liegt mir wirklich fern – halt jetzt ein Schmalspur-Ministerium bekommen. Das Wissenschaftsministerium hat man dem Wirtschaftsministerium angegliedert, was ich wirklich für ein fatales Signal halte, selbst dann, wenn ich davon ausgehe, dass Mi­nister Mitterlehner das durchaus machen kann. Aber die Optik ist schlecht und das Signal ist einfach falsch, weil wir damit schon dokumentieren, dass uns die Wissen­schaft nicht so viel wert ist, dass sie in einem eigenständigen Ministerium bleibt. Und gerade im Wissenschaftsministerium ist wirklich noch viel zu tun, da haben wir noch genügend Baustellen, die wirklich die Kraft eines Ministers erfordern und nicht eines Ministers, der sich sozusagen zweiteilen muss. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Auch der neue Außenminister Sebastian Kurz hat die Integration mitgenommen, wobei ich das auch für ein falsches Signal halte. Ich werfe dem Herrn Minister Kurz sein Alter überhaupt nicht vor. (Bundesrätin Mag. Kurz: Kann man ihm auch nicht vorwerfen!) Es ist nicht gesagt, dass man mit 27 nicht wirklich was auf die Beine stellen kann. Ich wün­sche ihm nur alles Gute im Außenministerium und wünsche ihm, dass er sich dort auch durchsetzen kann.

Aber warum kritisiere ich jetzt, dass er die Integration mitgenommen hat? – Auch da haben wir eine große Baustelle, auch da haben wir noch sehr viel zu tun. Wir alle ken­nen die Probleme der Schüler, die nicht Deutsch können, der Menschen, die zwar mit den Füßen hier angekommen sind, aber nicht mit dem Kopf, die hier immer noch le­ben, als ob sie bei sich daheim wären, und mit unserer Wertegesellschaft so rein gar nichts anfangen können. Da hätte man sich durchaus vorstellen können, dass das in ein eigenständiges Ressort gegeben wird, weil auch da alle Kraft gebraucht wird und nicht die Zweiteilung mit einem schwierigen Außenministerium, wo man ja schon lange keine Außenpolitik mehr wirklich spürt.

„Die Zeit“, eine sehr renommierte Zeitung, hat übrigens gestern sehr kritisch darüber geschrieben und gemeint: Wenn man einen 27-Jährigen zum Außenminister macht, dann wäre es eigentlich eine Katastrophe, wenn Österreich in der Außenpolitik Gewicht hätte. Aber da Österreich kein Gewicht in der Außenpolitik hat, ist es nicht weiter tra­gisch. – Das sollte einem schon zu denken geben, wenn eine renommierte Zeitung so etwas schreibt.

Allen anderen wünsche ich wirklich alles Gute und meine, dass die fachliche Qualifika­tion ja noch gar nichts darüber aussagt, ob man auf dem glatten politischen Parkett tat­sächlich nicht ausrutschen wird.

Ich wünsche es jedem Einzelnen, dass er das nicht tut, aber wir haben ja schon Bei­spiele dafür gehabt, etwa Ministerin Kdolsky und Staatssekretärin Remler, die auf die­sem Parkett sehr veritabel ausgerutscht sind. (Zwischenrufe.) Daher allen Neuen wirk­lich alles Gute, auf diesem Parkett bestehen zu können.

Sie haben ja Ihre Regierungsverhandlungen schon sehr gut begonnen, indem Sie sie sich einmal heraufliziert haben, ob es ein Budgetloch gibt oder kein Budgetloch gibt. Die eine Seite hat plötzlich ein Riesenbudgetloch entdeckt, die andere Seite hat ge­sagt, es ist nicht so groß, wie ihr sagt. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Geht es jetzt? Haben wir es jetzt wieder? – Gut, dann kann ich weiterreden. (Beifall bei der


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FPÖ.) Ja, aber die Leute wollen ja auch etwas hören. Ihr könnt ohnehin ans Rednerpult gehen und eure Darstellung der Dinge dann bringen.

Auf jeden Fall hat man einmal veritabel gestritten, ob es überhaupt ein Budgetloch gibt. Wie bei Loch Ness ist das wie aus dem Nichts aufgetaucht. Dann hat man darüber ge­stritten, wie groß dieses Loch eigentlich ist. Plötzlich hat es geheißen – so wie die Nessie auch immer verschwindet –, es gibt überhaupt kein Budgetloch. Während der ganzen Zeit hat sich die Bevölkerung gefragt: Wo ist eigentlich die Finanzministerin? Wo ist der Aufpasser-Staatssekretär der Gegenseite, der es ja eigentlich auch wissen müsste? Wieso wissen die nicht, wie viel Geld eigentlich wirklich in der Kasse ist? Aber wir haben es ja erkannt, es ist ein taktisches Spiel gewesen, um den jeweils anderen ein bisschen in die Enge zu treiben, damit er bei den Verhandlungen nachgibt und so­mit jeder so quasi seine Sachen durchbringt.

Und so schaut jetzt letzten Endes das Regierungsprogramm auch aus. Wir haben viele Überschriften, wenig Neues. „Ein großer Wurf sieht anders aus“, hat der „Kurier“ am 13. Dezember getitelt. Wobei ich gar nicht verhehlen möchte, dass man mit einigem gutem Willen ja durchaus einige positive Maßnahmen darin erkennen kann: die Ab­schaffung der Gesellschaftssteuer, die Anhebung des faktischen Pensionsalters auf 60,1 Jahre, durchaus gute Dinge, die Erhöhung der Familienbeihilfe, auch die Wohn­beihilfe, wobei ich schon anmerken möchte, dass diese schon im letzten Konjunkturpa­ket budgetiert war. Also das ist jetzt nicht etwas wirklich Neues.

Die Senkung der Lohnnebenkosten um 0,2 Prozent ist keinesfalls diese Entfesselung der Wirtschaft, von der die ÖVP im Wahlkampf gesprochen hat. Also 0,2 Prozent sind echt Peanuts, muss man schon sagen. Das heißt, da geht ja nicht wirklich etwas wei­ter.

Dafür aber etwas ganz Konkretes: Steuern werden natürlich erhöht, also es ist nicht nur so, dass Sie umschichten und einsparen, sondern Sie erhöhen natürlich wieder Steuern, obwohl es im Wahlkampf ein absolutes No-Go war, darüber zu reden, dass Steuern erhöht werden. Es kommt wieder die Schaumweinsteuer, die ja schon abge­schafft war, die Tabaksteuer wird wieder erhöht, die NoVA wird erhöht, die Kfz-Steuer. Also da sind Sie schon sehr kreativ, wenn es darum geht, dass die Steuern erhöht werden – womit Sie diese Mini-Entlastungen, die Sie vornehmen, auch gleich wieder ungeschehen machen. Das haben wir alles schon erlebt und ist jetzt nicht etwas wirk­lich ganz Neues.

Die wichtigen Fragen haben Sie alle auf die lange Bank geschoben. Da werden Ar­beitskreise, Expertenkommissionen, et cetera, et cetera, eingesetzt so nach dem Mot­to: Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis. Ein Hin­tertürl haben Sie sich dann auch noch offen gelassen, nämlich wenn gar nichts geht, dann können Sie immer noch sagen: Wir haben kein Geld!, weil Sie ja vieles auch un­ter die Überschrift der Finanzierbarkeit gestellt haben.

Das ist zwar grundsätzlich löblich, dass man sagt, man muss sich das auch leisten können, das sehe ich schon ein, aber Sie haben wirklich bei allem, was wichtig ist, ge­sagt: Das ist eine Frage der Finanzierbarkeit! Das heißt: Das Hintertürl ist offen. Wenn gar nichts geht, kann ich immer noch sagen: Leider kein Geld dafür vorhanden! – Da­bei wären das aber wichtige Dinge. Wir wissen, wie wichtig es ist, die Lohnnebenkos­ten zu senken.

Sie haben auch die Frage der Arbeitslosigkeit angesprochen. Natürlich wollen wir keine Arbeitslosen oder möglichst wenige, und natürlich ist jeder Arbeitslose ein Einzel­schicksal. Und bei den Jungen, wo wir noch relativ gut dastehen, ist es besonders wichtig, weil ja da die Zukunftsperspektive noch dazukommt. Ein Junger will ja auch das Gefühl haben, dass die Gesellschaft ihn und seine Leistung auch tatsächlich braucht.


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Nur: Wir haben jetzt die höchste Arbeitslosenquote. AMS-Chef Kopf sagt, es ist die höchste gemessene Arbeitslosenquote, und zwar absolut, die wir bis jetzt zu verzeich­nen haben. Also das heißt, da ist schon wirklich sehr viel zu tun.

Und Sie sagen dann in Ihrem Regierungsprogramm unter anderem, dass zum Beispiel die Ansiedelung von Headquarters et cetera auch ein wichtiger Impuls sein könnte. Aber warum soll sich ein Headquarter in Österreich ansiedeln? Da sind wir wieder bei den Lohnnebenkosten, wir sind wieder bei den Abgaben und wir sind bei der Bildung und Ausbildung der jungen Menschen, etwas, was wir beim Lehrerdienstrecht heute auch noch besprechen werden, denn eine Firma kommt nur nach Österreich, wenn es für sie steuerlich, abgabenmäßig interessant ist und sie gut ausgebildete Leute vorfin­det. (Beifall bei der FPÖ.)

Und dazu kommt jetzt noch, dass gestern in der Zeitung zu lesen war, dass zum Bei­spiel bei der KBA Mödling 400 bis 460 Stellen gestrichen werden sollen. Ternitz mit 60 Mitarbeitern sperrt komplett zu. Das erhöht die Arbeitslosenquote noch mehr. Sie­mens wird auch noch Stellen abbauen. Das heißt, da ist schon wirklich sehr viel zu tun. Und trotzdem lässt uns Ihr Regierungsprogramm so im Ungewissen.

Wir finden es schlecht, dass das Wissenschaftsressort abgegeben worden ist. Es wird heute ein Antrag eingebracht, in dem die Wiedereinführung als eigenständiges Ressort gefordert wird. Diesem werden wir zustimmen. Weiters finden wir es schlecht, dass die Integration, auch ein wichtiger Baustein, ein Anhängsel ist. Übrigens sind auch die Frauen – Frau Minister Heinisch-Hosek ist leider nicht da – ein Anhängsel des Unter­richtsministeriums, was aber schon ein bisschen besser ist als früher, denn die Frauen waren im Bundeskanzleramt auch schon gemeinsam mit Tierkörperverwertung und Konsumentenschutz. (Bundesrat Stadler: Frauenminister Haupt!)

So gesehen ist es schon besser, dass sie jetzt beim Unterricht sind, das lässt hoffen. Wenn man sich so einsetzt, dann sollte man vielleicht auch ein eigenständiges Ressort haben.

Dass Sie bei der Anzahl der Regierungsmitglieder sparen wollten, ist durchaus aner­kennenswert, aber man hätte vielleicht stattdessen einen Staatssekretär einsparen können, und zwar – nichts gegen sie persönlich – die Finanzstaatssekretärin, denn das ist der klassische Aufpasserposten. Es gibt einen schwarzen Finanzminister, dem set­zen wir einen roten Aufpasser zur Seite, damit ja nichts passieren kann. (Staatssekre­tärin Mag. Steßl: Das ist ja gut!)

Das ist ein falsches Signal an die Bevölkerung, die wirklich mehr als verärgert ist. Ihr Regierungsprogramm ist dürftig, weil es viele Überschriften und wenig Konkretes in sich trägt, und bei vielen Dingen haben Sie sich einfach eine Hintertür offen gelassen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Wir werden sehr genau beobachten, was Sie tun und wo Sie wirklich konkret werden. Wir werden immer dort dabei sein, wo wir es für richtig halten, aber wir werden auch immer an dem Kritik üben, was wir für falsch halten. (Beifall bei der FPÖ.)

9.50


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Füller. – Bitte.

 


9.50.47

Bundesrat Christian Füller (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Kanzler! Herr Vizekanzler! Werte Herren Minister! Geschätzte Frau Staatssekretä­rin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung die Ziele bis 2018 skizziert und angesprochen. Herzli­chen Dank dafür!


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Es ist halt einmal unumstritten, dass jede Regierungserklärung dazu angetan ist, Emo­tionen zu erzeugen. Es ist auch die Aufgabe der Oppositionsparteien, hier das Pro­gramm zu hinterfragen und zu kritisieren. Nur, Frau Kollegin Mühlwerth: Ich habe Ihnen da jetzt genau zugehört, und ich habe das Gefühl gehabt, das war ein Déjà-vu. Ihre Aussagen wiederholen sich immer wieder, werden aber einfach nicht besser.

Natürlich, als SPÖ-Bundesrat, als SPÖ-Funktionär oder Bezirksvorsitzender wäre es mir auch lieber, würden sich 100 Prozent des SPÖ-Parteiprogramms in einem Regie­rungsprogramm wiederfinden. Nur: Es ist halt einmal auch so, dass sich in einer Koa­lition wie dieser zwei annähernd gleich starke Partnern zusammenraufen und ein ge­meinsames Programm erarbeiten müssen. Und da ist es einfach nicht möglich, 100 Pro­zent des ÖVP- oder 100 Prozent des SPÖ-Programms drinnen zu haben. Eine Koali­tion ist von der Notwendigkeit getragen, Kompromisse zu finden.

Aus zeitlichen Gründen werde ich versuchen, eher die Themen anzusprechen, die sich auch in meinen Ausschüssen widerspiegeln, zumal wir ja mehrere Rednerinnen und Redner von jeder Fraktion haben.

Im Justizbereich etwa sind neue Schwerpunkte angedacht. Der neue Herr Justizminis­ter hat ja auch gleich zu Beginn seiner Tätigkeit das Weisungsrecht des Ministers an die Staatsanwaltschaft in Frage gestellt und hiefür die Schaffung eines Weisenrates angeregt. Besonders Verfahren in prominenten Fällen haben es in den letzten Jahren ja immer wieder mit sich gebracht, dass so eine vermutete Weisung hinter dem Vor­gehen von Staatsanwälten zumindest in den Raum gestellt und wenn nicht wirklich of­fensiv in den Raum gestellt, so zumindest suggeriert wurde. Wenn wir da einen deutli­chen Schritt weiterkommen würden, würde mich dies ganz besonders freuen.

Einige weitere Punkte, wie die Reform der Bezirksgerichte, die fortgeführt werden soll, eine Schwerpunktsetzung bei der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korrup­tion sowie auch die Evaluierung der Strafrahmen in der Verhältnismäßigkeit zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben beziehungsweise der sexuel­len Integrität, sind angedacht.

Besonders freut es mich, dass es die Schwerpunktsetzung Jugend geben wird, die ei­ne Prüfung der Ergebnisse der Task-Force Jugend und nach Möglichkeit auch deren Umsetzung beinhalten soll. Auch die Modernisierung des Jugendstrafrechts ist meines Erachtens längst überfällig, und es freut mich, dass sich diese im Programm auch wie­derfindet.

Für den Bereich Inneres sind die Verlagerung von Beamtinnen und Beamten weg von der Verwaltung auf die Straße hin zum Außendienst und die Gewährleistung einer möglichst hohen Bürgerinnen- und Bürgernähe eine der großen zentralen Herausforde­rungen.

Weiters sollen durch die laufende Modernisierung der Ausrüstung und der Infrastruktur den Sicherheitsbehörden die wesentlichen, wichtigen und richtigen Instrumente in die Hand gegeben werden, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Auch im Bereich der Cyber-Sicherheit, der Cyber-Kriminalität ist ein Arbeitsschwer­punkt gesetzt, um mit den Szenarien, denen wir auf diesem Gebiet ausgesetzt sind, noch besser umgehen zu können. Selbstverständlich ist der Sicherheit im Umgang mit Daten größtmögliche Priorität einzuräumen. Die Aufgabe von Freiheiten im Austausch gegen vermeintliche Sicherheit wäre und ist für uns unannehmbar.

Ich hoffe und bin mir sicher, dass die bisher angelaufenen Bemühungen im Bereich der Integration in Richtung auch einer gesamtstaatlichen Migrationsstrategie weitergetrie­ben werden und auch weitergehen. Wir leben im Großen und Ganzen in Österreich in einem sicheren Land, das Sicherheitsgefühl der Österreicherinnen und Österreicher ist


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recht hoch, wiewohl ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei das immer wieder in Abrede stellen, aber es ist so.

Ich verstehe aber sehr wohl die Ängste von Opfern. Ich denke hier speziell auch an Opfer von Angriffen gegen Leib und Leben, an Opfer von Einbrüchen. Besonders in der jetzigen Jahreszeit sind die Medien voll von Meldungen, voll von Warnungen etwa vor Einbrüchen in der Dämmerung. Ich verstehe auch und habe das auch selbst im Be­kannten- und Freundeskreis erlebt, was es bedeutet, wenn jemand in die Wohnung eindringt und dort sozusagen im privatesten, innersten Kreis eines Menschen herum­kramt. Man fühlt sich dadurch wochen-, ja monatelang in seiner Sicherheit angegriffen. Das ist besonders unangenehm und schwierig zu verarbeiten. (Ruf bei der FPÖ: Des­wegen brauchen wir auch mehr Polizei!)

Es ist aber auch unbedingt notwendig, dass die Opferhilfe, wie im Regierungsüberein­kommen angedacht, mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausgestattet wird. Dieses Vorhaben findet sich, wie gesagt, auch im Regierungsprogramm und soll sozusagen weiter fortgesetzt beziehungsweise einer Verbesserung zugeführt werden.

Die Liste dieser Vorhaben ließe sich noch unendlich lang fortsetzen. Selbstverständlich handelt es sich beim Regierungsprogramm um einen Vorhabensbericht für die nächs­ten fünf Jahre. Deshalb verstehe ich auch nicht die Kritik, dass dieses Regierungspro­gramm soundso viele Seiten hat und das letzte soundso viele Seiten hatte. Letztend­lich kommt es darauf an, wie mit Hilfe von konkreten Gesetzen dieser Vorhabensbe­richt umgesetzt wird.

Die letzte Bundesregierung unter dir, Herr Bundeskanzler, ist 2008 unter sehr schwie­rigen Rahmenbedingungen gestartet. Den Vergleich mit anderen europäischen Staaten braucht diese Regierung nicht zu scheuen. Sie hat uns in stürmischen Zeiten durch ein raues Umfeld geführt.

Ich habe zu Beginn meiner Ausführungen auch auf die Diskrepanz zwischen Wunsch­denken aus Sicht eines Parteifunktionärs und der Realität bei der Umsetzung hinge­wiesen. Natürlich wäre mir ein noch weiterer Schritt – ich denke da in Richtung Mil­lionärssteuer – auch noch recht gewesen, ich hätte ihn auch unterstützt. (Bundesrat Lindinger: Kommt schon noch!) Aber der Sachverhalt ist doch eben, dass sich zwei Koalitionspartner letztendlich wiederfinden und auf ein Programm einigen können müs­sen.

Ich bin mir sicher, dass es im Zuge der parlamentarischen Verhandlungen gelingen wird, große und wesentliche Anliegen anzugehen, große Reformschritte zu setzen und Österreich weiterhin auf einem positiven Weg zu führen. Dazu wünsche ich der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Werner Faymann viel Erfolg. Ich bin mir sicher, dass diese Regierung einen für Österreich erfolgreichen Weg gehen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.57


Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. Ich erteile es ihm

 


9.57.54

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident, einen schönen guten Morgen! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr verehrte – ich woll­te sagen Damen und Herren der Regierung, jetzt ist uns die einzige Dame abhanden gekommen. Welche Bedeutung und Priorität diese Bundesregierung Fragen wie Frau­en, Vorbildwirkung durch die Mitwirkung von Frauen, Frauen an die Macht und Frauen in Spitzenpositionen beimisst, wurde heute sehr deutlich dargestellt. Wenn von sechs Mitgliedern der Regierung ein Regierungsmitglied eine Frau ist, wenn unter 26 Ver­handlern vier Frauen sind, dann sagt dies genug zu diesem Thema. Ich glaube, das


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 42

spricht für sich selbst. Man braucht nur das Bild zu sehen und man weiß, dass in puncto Frauenrechten, Frauen an die Macht, Gleichberechtigung und Gleichbehand­lung in dieser Legislaturperiode leider nicht sehr viel zu erwarten sein wird.

Meine Damen und Herren! Nach der Wahl, nachdem der Souverän gesprochen hat, ist ja immer so eine Zeit der Reflexion, in der man darüber nachdenken kann, was uns der Wähler und die Wählerin eigentlich sagen wollten. Dann gibt es Treffen der Parteien, die Parteien beraten intern. Es hier auch nicht der Ort, wo das geschehen soll. Ich hof­fe, es ist dann auch überall geschehen.

Und dann gibt es eine Frage, die wir uns vonseiten der Politik, als Gesetzgeber und Gesetzgeberin und auch als Exekutive stellen: Was war denn die Botschaft? Hätte mir jemand vor zehn Jahren gesagt, im Jahr 2013 werden die zwei großen Parteien SPÖ und ÖVP zittern müssen, dass sie überhaupt noch über 50 Prozent kommen, hätte ich es, ehrlich gesagt, nicht geglaubt. Und jetzt sind wir in der Situation, dass die zwei einstigen großen Parteien, die einstigen großen Volksparteien kleine Parteien gewor­den sind. Wir können nicht mehr von einer großen Koalition sprechen.

Es gibt natürlich Parteien mit unterschiedlichen Stärken und auch unterschiedlichen Schwächen, ja. Wir haben auch genug Selbstkritik gehabt – aber wir haben ja gewon­nen (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer), wie auch andere Parteien –, aber wir müssen darüber nachdenken, warum das so ist und – wir alle waren ja wahlkämp­fen – was uns denn die Leute erzählt haben.

Ich habe nicht nur große Politikverdrossenheit erlebt, ich habe irrsinnig viele Menschen kennengelernt, die bezüglich der Politikverdrossenheit verdrossen sind: Menschen, die wieder aktiv bei der Politik mitgestalten wollen und Lust auf Neues haben (Bundesrat Füller: Die können zu uns kommen!), Menschen, die daran interessiert wären, dass dort, wo in diesem Land Stillstand herrscht, etwas weitergeht, Menschen, die Lust ha­ben, sich einzubringen, Menschen, die Lust darauf haben, dass Politik wieder bedeu­tet, um die besten Positionen und um die besten Lösungen für diese Republik zu rin­gen, und nicht, in Klientelpolitik stecken zu bleiben, nicht, eigene FunktionärInnen zu befriedigen, nicht, eigene Bünde und eigene Parteienstrukturen zu befriedigen, son­dern wirklich eine aktive, offene Politik zu betreiben, die sich miteinander auseinan­dersetzt, ja, und manchmal auch streitet für das, was für Europa und für Österreich und auch für die Welt das Beste ist. (Beifall bei den Grünen.)

Bei diesen Regierungsverhandlungen – und allein die Performance der Verhandlungen war ja, seien wir ehrlich, ein Desaster! – hatte niemand – wirklich niemand! – den Ein­druck, dass hier um die besten Positionen gerungen wird, dass offen diskutiert wird, dass Vorschläge der Opposition diskutiert worden wären, sondern den, dass es um die Befriedigung eigener Parteiinteressen und jener der Funktionäre und Funktionärinnen ging.

Und das Ergebnis? – ÖVP und SPÖ hätten ja zwei Möglichkeiten gehabt. Man geht ei­ne Partnerschaft ein und man sagt: Okay, es gibt viel zu tun. Ich gönne euch einen Me­gaerfolg und ihr gönnt uns einen Megaerfolg. – Das wäre ja interessant gewesen: Dann hätte man einen großen Erfolg der ÖVP gehabt – man hätte die Wirtschaft ent­fesselt oder so etwas –, und dann hätte man vielleicht die Vermögenssteuer oder die Gesamtschule eingeführt. Dann hätten wir jetzt zwei große Projekte diskutieren kön­nen. Aber ÖVP und SPÖ haben sich für einen anderen Weg entschieden: Sie haben sich dafür entschieden, zu verhindern, sie haben sich dafür entschieden, jeweils dem anderen keinen Erfolg zu gönnen. Und das Ergebnis, wenn man sich keinen Erfolg gönnt, ist der kleinste-allerkleinste mini-gemeinsame Nenner, und das ist dieses Regie­rungsprogramm, das mit dieser Regierungserklärung vorgestellt wird.

Als Beispiel möchte ich nur noch Christoph Leitl nennen, der gestern dem „Standard“ gegenüber als Antwort auf die Frage, wie das denn mit den Regierungsverhandlungen


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war, gesagt hat, der Kampf gegen die Vermögenssteuern ist beendet. – Wenn Koali­tionsverhandlungen als Kampf wahrgenommen werden, wie man Ideen der anderen verhindern kann, und das der Grundtenor von Koalitionsverhandlungen ist, wo man ei­gentlich zusammenarbeiten soll, nämlich für die Interessen der Republik und für die Interessen der Menschen da draußen, dann ist das ein Armutszeugnis für die Politik insgesamt, und das muss uns allen Sorgen machen – egal welche Fraktion, egal ob Regierungspartei oder Opposition –, weil damit die Politik insgesamt beschädigt wird. Der kleinste gemeinsame Nenner in einer Zeit, wo so große Aufgaben bevorstehen.

Herr Kanzler, Sie haben ja auch gesagt, Sie fahren jetzt zum Gipfel nach Brüssel. Seit langer, langer Zeit lässt sich wieder einmal ein österreichisches Regierungsmitglied dort blicken – das ist ja schon wieder länger her, dass das passiert ist –, und einige der großen Fragen, die sich die Menschen da draußen wirklich stellen, ist: Welche Aufga­ben hat Österreich in einer veränderten Welt? Welche Aufgaben hat Österreich in ei­nem gemeinsamen Europa? Welche Aufgaben hat Europa in einer vollkommen verän­derten Welt?

Es ist ja nicht mehr so, wie wir es noch in unserer Jugend gekannt haben – da gab es zwei große Blöcke und man musste sich irgendwo neutral dazwischen stellen und schauen, wie man da überlebt –, sondern die USA ist nicht mehr die Weltmacht Num­mer eins. Es ist China aufgestiegen; Indien und Brasilien werden Weltmächte. Die Welt ist undeutlicher geworden. Es gibt keine klaren Machtverhältnisse mehr, und die Frage, welche Rolle Europa da spielt und was die Zukunftsperspektive Europas ist, ist eine ganz, ganz entscheidende Frage. Das gilt insbesondere für die Zukunft. Das gilt für un­sere Kinder und für unsere Jugendlichen: welche Bildung wir ihnen gönnen, denn si­cher wird Forschung und Bildung – dazu komme ich später noch bezüglich des Wis­senschaftsressorts – eines der wesentlichen Erfolgsmodelle sein können, wie Europa in der Welt eine Rolle spielen kann. Oder aber man macht wenig.

Es stellt sich die Frage des Klimawandels, die Frage, wie wir in einer globalisierten Welt, deren Bevölkerung immer weiter wächst, mit unseren Ressourcen umgehen, die Frage der Bildung – das habe ich schon angesprochen –, die Frage von Reich und Arm. Wir wissen, dass die Schere zwischen Reich und Arm nicht nur in Österreich im­mer weiter auseinandergeht, dass immer weniger immer mehr Vermögen haben und viele Menschen in diesem Land in die Armutsfalle tappen, sondern dieses Phänomen sehen wir nicht nur in unserem Land, dieses Phänomen sehen wir weltweit. Deswegen finde ich es ja auch ganz interessant, dass die FPÖ immer wieder das Thema Inte­gration, das Thema Migration und Zuwanderung anspricht, während nie darüber ge­sprochen wird, in welchem Wirtschaftssystem wir denn eigentlich leben, dass diese Wanderungen so funktionieren. In der gesamten Menschheitsgeschichte sind Men­schen immer dorthin gewandert, wo Geld war und wo etwas passiert ist und wo es Ressourcen gab. Und sie sind von dort weggegangen, wo es keine Ressourcen gab, wo es keine Zukunft gab.

Da ist auch die Frage der Menschen- und der BürgerInnenrechte eine ganz entschei­dende zukünftige Aufgabe. Es kann uns nicht egal sein, dass jedes Jahr Tausende Menschen im Mittelmeer sterben. Es kann uns nicht egal sein, dass Menschen, die vor Not, vor Elend, vor Krieg und vor Zukunftslosigkeit flüchten, sterben. Es kann uns auch nicht egal sein, wenn Bürgerinnen- und Bürgerrechte mit den Füßen getreten werden.

Es kann uns auch Folgendes nicht egal sein: Eine der anderen großen Aufgaben, die leider in diesem Regierungsprogramm fast überhaupt nicht behandelt wird, ist die gro­ße Frage der Digitalen Revolution und die Tatsache, dass Unmengen privater und per­sönlicher Daten online sind. Das Wort „Cyber“ kommt 24-mal vor. In der netzpolitischen Debatte gibt es dieses Wort ungefähr seit 1998 nicht mehr. – Ich bin jetzt überrascht,


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 44

dass die Zeit so schnell vorbeigegangen ist. Ich hätte noch so viel, deswegen möchte ich jetzt noch schnell etwas zum Wissenschaftsressort sagen.

Ich finde die Abkehr von Intellektualität und den Primat der Ökonomie für grundfalsch. Die Wissenschaft muss genauso frei sein, wie das seit Jahrhunderten von den Wis­senschaftlern auch immer wieder gesagt worden ist. Zu Recht haben die Universitäten schwarze Fahnen aufgehängt: weil die Wissenschaft frei sein muss und nicht von einer angeblich entfesselten Wirtschaft gefesselt werden darf. (Beifall bei den Grünen.)

Und – mit Verlaub – ich möchte auch anmerken, dass ich es sehr bedauere, dass es immer noch kein eigenes Kunstministerium gibt, denn auch dort finde ich eine gewisse Abkehr von der Intellektualität in dieser Regierung für gegeben.

Daher bringen wir, die BundesrätInnen der Grünen, folgenden Antrag betreffend Beibe­haltung des Wissenschaftsministeriums ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung des Wissenschaftsministeriums

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat den Entwurf eines Bundesmi­nisteriengesetzes vorzulegen, demzufolge das Wissenschaftsministerium als eigenstän­diges Ministerium erhalten bleibt.

*****

Des Weiteren gibt es das Verlangen der vier grünen Bundesräte und von Bundesrätin Monika Mühlwerth auf namentliche Abstimmung dieses Antrages.

Meine Damen und Herren! Es ist nicht alles schlecht in diesem Regierungsprogramm, wie das zweite kostenfreie Kindergartenjahr, die steuerliche Absetzbarkeit von Mana­gergehältern in Höhe von über 500 000 €, um jetzt nur zwei Beispiele zu nennen, weil meine Zeit abgelaufen ist. Wir sind auch bereit, bei großen Reformvorhaben mitzuar­beiten, aber dazu bräuchte es genau das, was ich anfangs gesagt habe: eine offene Politik, wo offen darüber diskutiert wird, was das Beste für die Republik ist, und ein En­de dieser Klientelpolitik und dieses Befriedigen der Interessen der eigenen Funktio­näre. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

10.09


Präsident Reinhard Todt: Der von den Bundesräten Schreuder, Kolleginnen und Kol­legen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Beibehaltung des Wissenschafts­ministeriums ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. Ich erteile ihm dieses.

 


10.09.50

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Staatsse­kretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute diese Debatte zum Ar­beitsübereinkommen der neuen Bundesregierung führen, dann sollte man zumindest in der Analyse richtig liegen. Und wenn mein Vorredner von den Grünen gesagt hat, ÖVP und SPÖ sind Kleinparteien, dann ist die Analyse falsch, oder er hat gefehlt, als die Mengenlehre in der Schule durchgenommen wurde. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Ruf: Klein- und Mittelparteien!)


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 45

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch noch auf ein anderes Argu­ment eingehen, das mein Vorredner gebracht hat, zu dem er auch Anträge eingebracht hat, nämlich die Zusammenführung von Wissenschaft und Wirtschaft unter der Leitung eines Ministers. – Mein Vorredner redet von der Freiheit der Wissenschaft und ruft nach Etatismus, ruft nach Bevormundung der Wissenschaft durch ein eigenes Minis­terium. (Bundesrat Jenewein: Das war so, bisher?! Das ist ja unglaublich!) Das ist mei­ner Meinung nach eine Fehleinschätzung, wenn wir von der Freiheit der Lehre und der Wissenschaft, von einer selbstbewussten Wissenschaft, von einem selbstbewussten Universitätsmanagement ausgehen, und damit auch eine freie und autonome Wissen­schaft fördern. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Jenewein.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn jemand nach einer solchen Symbolik ruft, dann gebe ich schon zu bedenken, dass die Wissenschaft nach wie vor eigenstän­dig ist, dass es eine eigene Personalabteilung gibt, dass es – so wie bisher – nach wie vor eigene Budgetposten gibt und dass für die politische Steuerung ohnedies das Par­lament zuständig ist – es gibt eigene Wissenschaftsausschüsse sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat. Also ich sehe keine Einschränkung durch diese rein verwal­tungsmäßige Zusammenlegung. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Einerseits wird nach einer Verwaltungsreform, nach einer Zusammenlegung von Abtei­lungen gerufen, und wenn man das tut, wenn sich eine Regierung dazu entschließt, dann ist das auch nicht recht und dann heißt es, die Wissenschaft ist in Gefahr. – Ich halte die Wissenschaft in Österreich für so selbständig, für so frei, für so autonom, dass sie sich durch diese rein verwaltungsmäßige Angelegenheit nicht aus der Ruhe bringen lässt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mein Vorredner hat auch gefragt, was die Botschaft der Wählerinnen und Wähler am 29. September 2013 war. Was wollten sie bewirken? Es gibt eine Antwort: Reformen, Verbesserungen, Erhalt der Wettbewerbs­fähigkeit, stabile Finanzen, Sicherheit in diesem Staat – das wollen die Bürgerinnen und Bürger –, und möglichst zügig und möglichst rasch sollen diese Ziele erreicht wer­den.

Meine Damen und Herren, es geht nicht um Kosmetik und Veränderungen in einem kleinen, überschaubaren Bereich, es geht um nachhaltige Veränderungen, damit die Belastungen kommender Generationen überschaubar bleiben. Es ist eine zutiefst mo­ralische Frage, welchen Rucksack an Belastungen wir den nächsten Generationen, un­seren Kindern und unseren Enkeln auferlegen. Das ist eine wirklich leidenschaftliche Frage, die wir auch leidenschaftlich als Parlamentarier diskutieren sollten, denn da geht es um die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder.

Geschätzte Damen und Herren, ein wichtiges Ziel dabei ist, das durchschnittliche Pen­sionsantrittsalter von 58,6 Jahren zu überwinden und das faktische Pensionsalter hi­naufzusetzen. Natürlich bedarf es auch entsprechender Arbeitsplätze für diese älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen 50 und 65, damit das auch praktiziert werden kann, was wir als Ziel vorgeben, aber ich glaube, in diesem Arbeitsprogramm sind sehr gute Maßnahmen enthalten, um dieses Ziel auch ambitioniert anzugehen.

Ich möchte auch, da wir in der Länderkammer sind, den Bezug vom Arbeitsprogramm zu den Bundesländern herstellen. Was leisten die Bundesländer zu diesem Gesamt­ziel, die Finanzen des Landes zu stabilisieren? Ich kann aus der Erfahrung des Landes Oberösterreich Folgendes sagen: Allein zwischen 2009 und 2017 werden die Ertrags­anteile für das Land Oberösterreich nach den bisherigen Berechnungen um 1,6 Milliar­den € zurückgehen. Das kann man nicht allein mit Sparen auffangen, mit kleinen Kor­rekturen, da muss man in die Strukturen hineingehen, da muss man die Strukturen ver­ändern, denn sonst stehen wir in wenigen Jahren wieder vor demselben Ergebnis.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 46

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Arbeitsprogramm ist wirklich sehr ambitioniert angelegt. Das Arbeitsprogramm weist einen Pfad und einen Weg, wie wir zu diesem Ziel stabile Finanzen gelangen. – Auch hier wieder ein kleiner Sidestep in die Finanzen des Landes Oberösterreich: Dort sind wirkliche strukturelle Veränderun­gen gelungen, und bis 2020 wird das Kostendämpfungspotenzial allein aus der Spitals­reform und aus der Verwaltungsreform zusammengenommen sage und schreibe 3,3 Mil­liarden € betragen. Also wenn wir von Föderalismus reden, dann müssen wir von Wett­bewerbsföderalismus reden, dann sollen auch die Länder im Wettbewerb und in einem Ranking dazu beitragen, dass wir dieses gemeinsame Ziel auf gleicher Augenhöhe er­reichen. Die meisten Länder sind gut unterwegs zu diesem Ziel. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Füller.)

Man sieht dabei, dass strukturelle Reformen möglich sind. Man kann sie durchführen, wenn man den richtigen Weg beschreitet und wenn man die richtigen Maßnahmen setzt.

Ganz wichtig ist die Beschäftigungsfrage: Ein besonders hohes Risiko, von Arbeitslo­sigkeit betroffen zu sein, haben jene Personen, die maximal über einen Pflichtschulab­schluss verfügen. Der Bundeskanzler hat erwähnt, dass uns diese Menschen ganz be­sonders am Herzen liegen müssen, denn da geht es um Lebenschancen, da geht es um Arbeitschancen, da geht es um Chancen, in Zukunft das Leben autonom und selb­ständig zu gestalten. Da müssen wir die entsprechenden Rahmenbedingungen schaf­fen, und ich glaube, dass auch das im Arbeitsprogramm sehr gut berücksichtigt ist.

Uns muss bewusst sein, dass es die Menschen sind, die Zukunft für dieses Land schaffen – mit ihren Fähigkeiten, mit ihrem Kopf, mit ihren Händen, aber auch mit ih­rem Herzen. Auch das ist verankert in der Erklärung, die wir gehört haben, und ich glaube, dass das eine gute Leitlinie für die Zukunft unseres Landes ist. Bildung und Ausbildung, meine sehr geschätzten Damen und Herren, sind Grundlagen für Arbeit, Wohlstand und soziale Sicherheit, und das ist auch ein Hauptzweck jeder staatlichen Aktivität und jeder staatlichen Maßnahme.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Unsere Bildungseinrichtungen unterstüt­zen unsere Jugendlichen dabei, sie stellen das Kind in den Mittelpunkt und nicht ir­gendeine Ideologie. Das Kind soll im Mittelpunkt stehen und nicht irgendeine Ideologie! Wir fördern die besonderen Fähigkeiten jedes einzelnen Kindes. Unsere Kinderbetreu­ungseinrichtungen sind in diesem Arbeitsprogramm hoch dotiert, sind sehr ambitioniert ausgestattet, und ich glaube, dass das ein wesentlicher Punkt in diesem Programm ist.

Man sollte nicht sagen: Da fehlt der große Wurf! – Was ist denn der große Wurf, wenn wir uns um unsere Kinder und um unsere Jugend, um Beschäftigung, um stabile Fi­nanzen kümmern? (Bundesrat Schreuder: Die Gesamtschule!) Das sind doch alles Maßnahmen, die uns helfen, die Zukunft besser zu bewältigen!

Vorredner haben bereits die Rolle Österreichs in Europa, die Rolle Europas in der Welt angesprochen: Das Innovationstempo ist hoch; die Herausforderung, dieses Tempo auch mitzuhalten und entsprechend in Form von staatlichen Rahmenbedingungen zu begleiten, ist enorm. Wir brauchen daher ein gutes Innovations- und Investitionsklima, und für ein derartiges Klima ist die Politik in einem hohe Maße mitverantwortlich, indem sie verlässlich und berechenbar ist.

Hohes Haus! Verlässlichkeit und Berechenbarkeit sind die wichtigsten Kriterien für Ver­trauen in diesen Staat und für Vertrauen in die Politik. Das ist in diesem Programm festgeschrieben, und wir werden uns auch an diese Kriterien Berechenbarkeit und Ver­lässlichkeit halten. Ich glaube, das gibt Hoffnung und das gibt Zuversicht, dass wir die Probleme der Zukunft gemeinsam bewältigen werden.

Letzten Endes ist jenseits aller ökonomischen Theorien Vertrauen die wichtigste Res­source, die Politik als Grundlage für eine gute wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen


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hat. Wir haben Vertrauen zu schaffen! Das richtet sich nicht nur an die Politiker in der Regierung, in den Parlamenten, auch in den Ländern, sondern es ist ein allgemeiner, gesamtpolitischer Auftrag, Vertrauen zu schaffen. Wir dürfen nicht immer nur jammern und sagen, die Politikverdrossenheit wird mehr, die Politikmüdigkeit wird immer mehr, sondern wir sind aufgefordert, auch Hoffnung zu geben, Vertrauen zu bilden und zu sagen, dass wir die Probleme, die zugegebenermaßen sicher groß sind, auch gemein­sam bewältigen können, wenn wir die richtigen Maßnahmen setzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich komme nun zum Schluss und möchte sagen, uns treibt bei diesen Maßnahmen nicht blinder Ehrgeiz, sondern die Sorge um die Zukunft der Menschen in Österreich. Das steht auch in diesem Programm, und das soll uns auch in den nächsten Jahren leiten, dieses Programm umzusetzen. Nur wenn wir im Wettbewerb mit anderen entwickelten Staaten und mit den Mitbewerbern von morgen Schritt halten, nur dann, meine sehr geschätzten Damen und Herren, können wir die Arbeitswelt humaner gestalten, können wir gute Lebensbedingungen für unsere Bürgerinnen und Bürger garantieren und soziale Sicherheit und die natürliche Umwelt bewahren und erhalten. Alles Ziele, die im Arbeitsprogramm der Bundesregierung ver­ankert sind und die weit in die Lebenswirklichkeit kommender Generationen reichen.

Das ist der eigentliche Wurf, das eigentliche Programm oder, wie manche gesagt ha­ben, der „Heuler“ in diesem Programm, die Herausforderung dieses Arbeitsprogram­mes. Und das werden wir als Parlamentarier auch sehr gut und ambitioniert begleiten. Ich habe große Hoffnung, dass uns die Bewältigung dieser Herausforderung gelingen wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.22


Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Zelina. Ich erteile ihm dieses.

 


10.22.57

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Erstens möch­te ich Ihnen zu der heutigen Rede gratulieren, Herr Bundeskanzler. Ich stimme hier in­haltlich komplett mit Ihnen überein, das war wunderbar, und das muss man auch ein­mal erwähnen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Das Highlight bei den Regierungsverhandlungen war für mich die Aussage von Bürger­meister Häupl, wir haben kein Budgetloch, wir haben nur eine krasse Differenz zwi­schen Staatsausgaben und Staatseinnahmen.

Wir brauchen, wenn wir den Staat führen wollen, ein Managementinformationssystem, und da bedarf es einer engen Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Wenn man sich die Situation anschaut, was in Kärnten passiert ist mit einer 20 Milliarden-Haf­tung, wo ein Landeshauptmann in der Lage ist, ein Land mit solch einer Summe in die Haftung zu nehmen, wenn man sich anschaut, was in Salzburg passiert ist mit Speku­lationen, wo man ein Jahr gebraucht hat, bis man gewusst hat, wo man finanziell steht, wenn man sich die Situation anschaut in Linz mit der BAWAG, wo 500 Millionen in den Sand gesetzt wurden, dann wird klar erkennbar, dass hier gewaltig etwas passieren muss.

Wir brauchen ein bundeseinheitliches Haushaltsrecht mit Bilanzerstellungspflicht für Bund, Länder und Gemeinden, damit sie wirklich informiert sind, wie die finanzielle Si­tuation ist. Es kann doch nicht so schwierig sein, sich da einmal zusammenzusetzen. Das ist ja auch im Interesse der Landeshauptleute, dass man eine doppelte Buchhal­tung einführt, weg von der Kameralistik, und dass man sich an internationalen Rech­nungslegungsstandards wie IFRS, International Financial Reporting Standards, orien-


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 48

tiert. Das heißt, wir brauchen eine Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden. Das ist ganz wichtig, denn die Schuldensituation kann man nie isoliert betrachten, man muss immer schauen, welches Vermögen steht dem gegenüber und was ist die Netto­verschuldung.

Auch Drohverlustrückstellungen sind ganz wesentlich. Für Haftungen, für Risiken, für Eventualrisiken ist es ganz wichtig, wenn man Bilanzen macht, dass man Rückstellun­gen macht, dass man wirklich weiß, wo man steht. Das gehört zum Risikomanagement in den Ländern.

Auch eine Bilanzierung zu aktuellen Tageskursen macht Sinn. Es nützt nichts, wenn man die Hypo Alpe-Adria mit einem Buchwert von 1,1 Milliarden plus bilanziert, und in Wirklichkeit haben wir da Haftungsrisiken im Ausmaß von 20 Milliarden.

Ohne ein klares Bild von der aktuellen Finanzlage zu haben, kann man keinen Staat professionell steuern. Mit den Landeshauptleuten muss man da zusammenarbeiten, dass man wirklich zu einem bundeseinheitlichen Kontenrahmen kommt, damit man die Bilanzen und Finanzen untereinander vergleichen kann, dass man Benchmarks hat. Dann kann man auch sehen, welche Bundesländer besser arbeiten.

Ich habe da eine Graphik (der Redner zeigt diese): die Finanzverschuldung der Ge­meinden im Vergleich Niederösterreich und Burgenland. Da sieht man, dass die Bur­genländer eigentlich recht konstant bei der Gemeindeentwicklung in den letzten 16 Jahren keine Schulden gemacht haben, während sich die Schulden in Niederös­terreich verdreifacht haben. Da kann man einmal nachfragen bei Ihren Kollegen, was die Burgenländer besser machen. Das ist Benchmark-Orientierung, da kann man ver­gleichen. Hut ab vor den Burgenländern!

Zum Thema Budget, Herr Finanzminister. Da geht es um Budgetwahrheit. Wir brau­chen Budgetwahrheit statt Budgettricksereien. Wir brauchen Politiker, denen die Men­schen wieder vertrauen können. Daten, Zahlen und Fakten müssen den Bürgern un­verfälscht weitergegeben werden. Nur wer die Wahrheit kennt, hat die Chance, gute und richtige Entscheidungen zu treffen.

Das heißt: Kein Einrechnen von Einnahmen, die nicht kommen. Ich nenne zum Bei­spiel die Finanztransaktionssteuer. Wenn diese im nächsten Jahr unsicher ist, dann sollte man sie nicht ins Budget hineinnehmen, auch wenn man riskiert, dass man sich im Rating eventuell verschlechtert.

Kein Weglassen von Ausgaben, die mit Sicherheit kommen. Ich spreche jetzt wieder die ganzen Haftungsfragen an, Hypo Alpe-Adria und Konsorten, auch die schlagend werdenden Gemeindehaftungen. Und wir brauchen auf jeden Fall eine Berücksichti­gung von Eventualrisiken. Das Risiko, dass wir eventuell weitere Bankenhilfen geben müssen, gehört ins Budget eingebaut, das Risiko von ESM-Haftungen zumindest im Ansatz budgetiert.

Auch das Risiko steigender Zinssätze ist gewaltig. Sie sagen immer, wir haben die his­torisch niedrigsten Zinsen in Österreich. Das ist korrekt, aber man muss wissen, die Zinsen entwickeln sich im Großen und Ganzen auf den Finanzmärkten aus Wirt­schaftswachstum und Inflationsrate. Das ergibt im Prinzip den Zinssatz. Wir haben der­zeit kein Wirtschaftswachstum, deswegen sind die Zinsen auch relativ niedrig. Und der Rest kommt über die Notenbanken, die durch Quantitative Easing die Zinssätze unter die Inflationsrate drücken, mit dem Nebeneffekt, dass das auf Kosten der Sparer geht. Das heißt, es kommt zu einer Umverteilung von den Sparern, von den Sparbuchgutha­ben zugunsten der Entschuldung der Banken und der Staaten.

Wir haben derzeit historisch niedrige Zinssätze, aber in dem Moment, in dem die No­tenbanken aufhören, Stützungskäufe zu machen, fehlt die Nachfrage und die Zinsen


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 49

gleichen sich wieder an höhere Marktzinsen an. Das heißt, wir haben ein Zinserhö­hungsrisiko, das gewaltig ist, und das sollten wir auch mit budgetieren.

Wir haben auch ein Risiko eines stagnierenden Wirtschaftswachstums, einer Rezes­sion. Das sollte man mitberücksichtigen, vielleicht in einem Worst-Case-Budget, denn geringes Wirtschaftswachstum bedeutet geringere Steuereinnahmen, höhere Arbeitslo­senzahlen und höhere Sozialkosten.

Jetzt möchte ich noch zum Thema Wirtschaftswachstum kommen, das Sie auch ange­sprochen haben, was inhaltlich eigentlich alles wunderbar gepasst hat. (Vizepräsiden­tin Mag. Kurz übernimmt den Vorsitz.)

Das Wirtschaftswachstum wird am Bruttoinlandsprodukt gemessen, und es setzt sich zusammen aus Consumer Spending, also Konsumentenausgaben, Business Invest­ments, also Investitionsfreudigkeit der Unternehmen, Government Spending, das ist der ganze Bereich der Infrastrukturinvestitionen, und dann noch aus der Position Net Exports, also der Differenz zwischen Exporten und Importen. Und genau das sind die Stellschrauben, wo wir ansetzen müssen, das heißt Rahmenbedingungen schaffen für Unternehmen, dass sie investieren können, dass sie günstiger produzieren können als der internationale Wettbewerb, damit wir im Export erfolgreich sind.

Sie haben die Autoindustrie angesprochen, also die Industrie, aber auch im Tourismus kann man Investitionen setzen. Da haben wir eine Nische, eine Marktnische. Und auch als Feinkostladen im landwirtschaftlichen Bereich könnten wir uns positionieren.

Die Kaufkraft der Bürger ist zu stärken, das ist ganz, ganz wesentlich. Nur durch Kauf­kraftstärkung entsteht zusätzliche Nachfrage im Konsumentenbereich. Das heißt, Steu­ersenkungen sind im Prinzip das beste Konjunkturprogramm, das man hat. Natürlich muss man das auch finanzieren, und da müssen Sie dann in echte Reformen im Ver­waltungsbereich, im Pensionsbereich hineingehen.

Wir haben eine Menge Doppelgleisigkeiten und viele Punkte, wo man optimieren kann. Ich nehme jetzt nur – das müssen Sie zugeben und eingestehen – den Sozialversiche­rungsbereich her. Wir leisten uns 22 Sozialversicherungsträger. Da kann man die Ver­waltung optimieren. Alle Bürger und auch die Unternehmen zahlen Sozialversiche­rungsbeiträge, und wenn wir die Verwaltung in diesem Bereich schlanker machen, dann könnten wir auch mit einer Senkung der Sozialversicherungsabgaben die Kauf­kraft erhöhen.

Vom Rechnungshof gibt es dazu eine Studie: Die Durchschnittspensionen bei den Be­diensteten im Sozialversicherungsträgerbereich liegen bei 3 150 €, während ein ASVG-Rentner im Durchschnitt 1 097 € hat. Nur dass man die Relation sieht! Denn das finan­zieren wir alles mit unseren Abgaben mit.

Bei den Strom- und Gasversorgern in den Ländern gibt es dieselbe Thematik. Wir ha­ben Stromnetzgebühren, die von den Bürgern eingehoben werden, aber nur 19 Pro­zent dieser Stromnetzgebühren fließen tatsächlich in Investitionen für das Stromnetz. Der Rest wird für Pensionen und für Ausschüttungen, Dividenden an die Länder ver­wendet.

Resümierend kann man sagen, die Wirtschaft wächst nur dann, wenn die Unterneh­men investieren und die Bürger konsumieren, und: Steuersenkungen sind das beste Konjunkturbelebungsprogramm. – Vielen Dank.

10.33


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vize­kanzler Dr. Spindelegger. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 



BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 50

10.33.30

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Kollegen auf der Regierungs­bank! Meine Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte! Sehr geschätzte Da­men und Herren! In der Regierungserklärung, die der Bundeskanzler im Nationalrat und heute im Bundesrat abgegeben hat, steht ein großes Ziel für diese Bundesregie­rung fest: Wir wollen sorgsam haushalten, damit es in Österreich eine sichere Zukunft gibt. Und das ist das wesentliche Leitmotiv dieser Bundesregierung.

Selbstverständlich ist es so, dass es da und dort Kritik gibt; das gab es noch bei keiner Regierung, dass ein Regierungsprogramm kritiklos begrüßt wurde, aber ich darf Ihnen noch einmal in aller Kürze die wesentlichen Punkte darlegen.

Nummer eins: stabile Finanzen. Das ist deshalb so notwendig, damit wir in Österreich eine Klarheit für die nächsten fünf Jahre haben, damit jeder Bürger weiß, auch in den nächsten fünf Jahren wird das große Ziel, nämlich mit der Verschuldung herunterzu­kommen und ab 2016 ein strukturelles Nulldefizit zu haben, verfolgt, und zwar mit allen Maßnahmen, auch wenn sie schmerzhaft sind. Aber, meine Damen und Herren, das Außergewöhnliche unter dieser Bundesregierung ist, dass wir 2016 nicht einen Ein­maleffekt in Richtung strukturelles Nulldefizit haben, sondern nachhaltig nicht mehr ausgeben werden, als wir einnehmen. Das ist das Außergewöhnliche und das Notwen­dige, das wir in Österreich in dieser Legislaturperiode erreichen wollen.

Das ist, so glaube ich, auch ein sehr gutes Signal für die Bevölkerung, denn wir alle wissen, dass wir überall in Europa unsere Probleme mit der Konjunktur haben, auch in Österreich. In diesem Jahr 0,4 Prozent Wachstum, das ist verdammt wenig. In den nächsten Jahren eine Erholung, Gott sei Dank, aber noch bei Weitem nicht ein Wirt­schaftswachstum über 2 Prozent. Darum müssen wir mit stabilen Finanzen, trotz dieser Situation, unserer Bevölkerung die Sicherheit geben, denn ohne stabile Finanzen gerät alles aus dem Ruder, und das wollen wir nicht.

Als Zweites möchte ich ansprechen, dass manche heute auch kritisiert haben, es gäbe keine Reformen. Ja, wenn man das nur oberflächlich betrachtet, mag bei Ihnen viel­leicht dieser Eindruck entstehen, aber ich darf Ihnen nur zwei Reformen sagen, die tiefgreifende Veränderungen in Österreich herbeiführen.

Das Erste betrifft das Pensionssystem. Wir wissen, dass wir es langfristig sichern müs­sen. Und Sie kennen so wie ich die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, der sagt, jeder hat einen Vertrauensschutz, und da darf man nicht innerhalb der nächsten vier Jahre etwas so Grundlegendes ändern, dass man als jemand, der in naher Zukunft in den Ruhestand treten will, voll und ganz davon betroffen ist.

Was haben wir daher getan? – Wir haben beim schwierigsten Problem, nämlich bei der Frage Invaliditätspension, neue Maßstäbe gesetzt. Wir haben Maßnahmen gesetzt, wo alle sechs Monate überprüft wird, ob unser ambitioniertes Ziel auch erreicht wird. Und das Ziel heißt, bis 2018 mit dem durchschnittlichen Pensionsantrittsalter über 60 Jahre zu sein. Das ist ein schwer erreichbares Ziel, besonders in Zeiten, in denen die Arbeits­losigkeit steigt. Darum haben wir uns ja im Detail damit auseinandergesetzt, was wir diesbezüglich tun können, wie wir die älteren Mitarbeiter in den Betrieben halten kön­nen, wie wir den Betrieben, die ältere Mitarbeiter beschäftigen, Anreize geben können, damit sie das tun. Und so haben wir ein Bonus-Malus-System entwickelt, mit dem wir dieses Antrittsalter in die Höhe bringen werden und am Ende der Periode über 60 Jah­re liegen muss, eben damit wir diese Sicherheit geben.

Zum ersten Mal wird – und das ist wieder das Außergewöhnliche – das faktische An­trittsalter stärker steigen, als das Lebensalter steigt. Und das ist durchaus etwas, wo wir sagen können, da haben wir für Österreich und für alle Damen und Herren in die­sem Land, die im Arbeitsprozess stehen, etwas Gutes getan, denn die wollen nicht nur


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morgen, sondern auch über das Jahr 2018 hinaus sichere Pensionen haben, und um die werden wir uns bemühen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Ein zweiter großer Reformbereich ist die Verwaltung. Wir werden es nicht so machen wie in der Vergangenheit, zu sagen, wir werden uns das anschauen, sondern wir ha­ben ein Benchmark-System entwickelt. Wir haben gesagt, wir werden die Kosten für die Verwaltung mit einem Deckel versehen: Mehr als die Ausgabe X darf es in der Ver­waltung nicht geben. Das zwingt natürlich jede Verwaltungsorganisation zur Reform. Man muss sich neu aufstellen. Man muss sich anders organisieren. Man muss sparsa­mer werden.

Allein durch dieses Benchmark-System werden wir 350 Millionen € in dieser Legislatur­periode sparen, und das ist etwas Gewaltiges, meine Damen und Herren, und das wird Veränderungen bedeuten, natürlich, überall, in jeder Organisation. Darum kann ich es auch nicht verstehen, wenn eine Änderung, nämlich nur einmal im Bereich der Wissen­schaft und der Wirtschaft, vollzogen wird, dass hier gleich Zeter und Mordio geschrien und gesagt wird: Nichts darf sich da ändern!

Meine Damen und Herren, das ist inkonsistent, und darum muss ich diese Kritik auch zurückweisen. Ich möchte Ihnen aber durchaus erläutern, warum wir in diesem Bereich eine Zusammenlegung dieser beiden bisherigen Ressorts vorgenommen haben.

Sie haben nämlich eines in Ihrer Kritik nicht erwähnt: Das Verbindende von beiden Ressorts ist dann ein ganz anderer Begriff, nämlich jener der Forschung. Das Wissen­schaftsministerium ist für die Grundlagenforschung zuständig, die an den Universitäten derzeit praktiziert wird, und das Wirtschaftsministerium ist für die angewandte For­schung zuständig, für die Forschung in den Betrieben, womit die Wettbewerbsfähigkeit erhöht wird. Das ist das zentrale Herausforderungsprogramm für Österreich, denn nur durch starke Forschung werden in beiden Bereichen die Initiativen stehen, an den Uni­versitäten bei der Forschung, aber genauso in der Anwendung in den Betrieben.

Dieses gemeinsame Potenzial, Forschung in den Mittelpunkt zu stellen und rundherum die bisherigen Agenden eines Wissenschaftsressorts und eines Wirtschaftsressorts an­zusiedeln, das ist der Plan dieser Bundesregierung. Und ich stehe dazu, das wird uns nach vorne bringen, und das brauchen wir auch für Österreich, denn dieses Wissen, das dahintersteht, das muss an den Universitäten vermittelt und in den Betrieben so angewandt werden, dass wir wettbewerbsfähiger sind. Das ist die zentrale Herausfor­derung einer Gesellschaft von morgen, und das wollen wir gerne erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich jetzt noch zum dritten Bereich kommen: zum Wachstum. Wir haben uns vorgenommen, das Wachstum in Österreich mit politischen Maßnahmen, die wir treffen und wo wir uns Ziele setzen, voranzutreiben. Sie finden dazu eine Fülle von Vorschlägen. Die können zwar nicht alle gleich umgesetzt werden, aber sie haben die gleiche Tendenz, nämlich für Betriebe vorzusehen, dass es zukünftig Impulse für die Gründung neuer Unternehmen gibt, dass es Möglichkeiten gibt, Exportunternehmen zu unterstützen und die Zahl hinaufzutreiben, dass es die Chance der Entbürokratisierung gibt, die beim Unternehmer ankommt, damit er von Verwaltungsausgaben und -aufga­ben entlastet wird und sich um das Geschäft kümmern kann. – Das sind die Heraus­forderungen, vor denen wir stehen!

Wir haben extra für das nächste und das übernächste Jahr trotz aller Budgetschwierig­keiten 100 Millionen € reserviert, die speziell diese Impulse vorantreiben sollen: Inter­nationalisierungsoffensive, Ansiedlung von neuen Betrieben in Österreich, Maßnahmen in die Richtung, dass wir auch mit Nation Branding Österreich gut im Ausland darstel­len. Also ich glaube, wenn man da ein bisschen objektiv hinschaut, findet man viele po­sitive Ansatzpunkte. Und ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen, die daran mit-


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gewirkt haben. Das waren nicht nur Kammern, sondern das waren Institutionen, das waren auch Unternehmerverbände, die gesagt haben: Das sind die richtigen Maßnah­men, die werden uns nach vorne bringen!

Nun möchte ich auch noch auf Kritikpunkte eingehen, die heute hier geäußert wurden.

Sie sagten zu Recht: Die Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt. – Ja, das ist richtig! Wir haben schon erläutert, warum. Nämlich: Weil wir sorgsam haushalten müssen. Aber es gibt auch einen weiteren Grund: Wir müssen über 5 Milliarden € bis 2018 aufwenden, da es ein Abenteuer gibt, das die Republik übernehmen musste. Das ist die Hypo-Bank. Ich werde mich jetzt mit allem Nachdruck, mit allen Experten des Fi­nanzressorts, der Nationalbank, mit der Finanzmarktaufsicht zusammensetzen, und zwar noch in dieser Woche, um den Plan dafür aufzustellen. Aber klar ist schon: Ir­gendjemand muss eine Haftung von 20 Milliarden € für ein Bundesland eingegangen sein, ohne es leisten zu können. Und jetzt muss die Republik dafür geradestehen, mei­ne Damen und Herren. Und das ist eine Mega-Aufgabe, vor der wir stehen, die uns an­dere eingebrockt haben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

Nun zur Kritik – ich glaube, es war ein grüner Bundesrat, der das gesagt hat –, dass ei­gentlich schon bei den Regierungsverhandlungen der Vorwurf zu machen gewesen wäre, dass die Parteien ihre Interessen vertreten haben.

Meine Damen und Herren, das halte ich geradezu für putzig: einer Partei vorzuwerfen, dass sie ihre Interessen vertritt – und das aus dem Mund eines Parteienvertreters! Das kommt mir schon etwas skurril vor. Ja glauben Sie, es kann nur dann etwas Großes entstehen, wenn man etwas von dem, was man als Partei vertritt, völlig negiert be­ziehungsweise über Bord wirft? Hieße das, dass eine grüne Regierungsbeteiligung nur dann stattfinden könnte, wenn man Grenzwerte für den Schadstoffausstoß auf einmal abschaffen würde? Das ist doch völlig widersinnig! Jede Partei wird natürlich ihre Inter­essen vertreten. Das ist bei Regierungsverhandlungen gut und richtig so. Aber einigen muss man sich im Interesse Österreichs. Und wir haben uns geeinigt und ein gutes Pro­gramm auf den Tisch gelegt, das sich durchaus sehen lassen kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich glaube daher, meine Damen und Herren, dass wir mit Recht sagen können: Wir gehen jetzt an die Arbeit, und zwar jeden Tag! Sie sehen, dass auf der Regierungs­bank nicht mehr so viele sitzen. Der Herr Bundeskanzler wird jetzt nach Brüssel fahren, um uns dort zu vertreten. Der Herr Bundesminister für Justiz sitzt gerade im Hauptaus­schuss. Meine Staatssekretärin Frau Mag. Steßl wird mich im Hauptausschuss vertre­ten, während ich hier sitze, um die Punkte abzuarbeiten, die auch dort im Nationalrat zu erledigen sind.

So wird jeder von uns jetzt darangehen, das, was im Regierungsprogramm vereinbart wurde, Stück für Stück in die Tat umzusetzen. Aber ich bitte Sie, bei aller Kritik, doch eines im Vordergrund zu sehen: Das ist die Arbeit für Österreich, die Arbeit für unsere Bürgerinnen und Bürger! Das ist ein ambitioniertes Programm. Und wir werden mit al­lem Nachdruck darangehen, es zu verwirklichen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

10.44


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Posch-Gruska. – Bitte.

 


10.44.55

Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute haben wir die Möglichkeit, im Bundesrat zum Arbeitsübereinkommen, zum Re­gierungsprogramm zu sprechen. Diese Möglichkeit, im Bundesrat darüber zu sprechen,


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gibt uns Gelegenheit, qualitätsvoll über dieses Arbeitsprogramm zu sprechen, denn wir hier sind gewählte Politikerinnen und Politiker und haben die Aufgabe, qualitätsvoll zu sprechen.

Ich möchte nun einiges zitieren, was ich in der letzten Zeit über das Regierungspro­gramm gehört habe. Zum Beispiel: Es ist eine Verhöhnung. Es ist ambitionslos. Es ist inhaltlich überschaubar. Das Ganze ist ein Kasperltheater. Eine Ministerin der neuen Bundesregierung wurde sogar Schmalspurministerin genannt. Es ist eine Unfähigkeits­vermutung. Es ist Stillstand. Es wurden die Seitenzahlen des letzten Regierungspro­gramms und dieses Regierungsprogramms verglichen.

Nicht nur von den Medien wurde das gemacht, nein, es wurde auch von Parteien ge­macht – von Parteien, die Verantwortung für unser Land übernehmen sollten, von Par­teien, die angetreten sind, um für die Menschen hier in Österreich zu arbeiten und für die Menschen hier in Österreich etwas zu tun! Auch von dieser Seite ist haltlose Kritik gekommen. Ich bin eine – und ich glaube, ihr kennt mich sehr gut –, die sehr gerne kri­tisiert, aber immer mit einem Lösungsvorschlag dabei und immer dann, wenn es für die Menschen notwendig ist – und nicht populistisch und an den Haaren herbeigezogen, nur damit ich irgendwo eine Schlagzeile bekomme. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich glaube, dass wir als Politikerinnen und Politiker Vorbild sein sollten. Ich glaube, dass wir den Respekt vor anderen Menschen vorleben sollen. Aber wahrscheinlich er­warte ich mir hier – vor allem von einer Partei! – einfach zu viel. Ich glaube, dass ver­antwortungsvolles Arbeiten leider nicht jedem gegeben ist, aber wir können es ma­chen.

Kollegin Mühlwerth – sie ist nicht da; vielleicht können Sie es ihr ausrichten, aber es passt eh für die ganze Partei – hat gesagt, die Asylsuchenden sind mit den Füßen an­gekommen, aber nicht mit dem Kopf.

Integrationspolitik heißt, mit dem Herzen zu arbeiten, mit Hirn und Herz zu arbeiten. Diesen Teil, diesen wichtigen Teil der Integrationspolitik hat Kollegin Mühlwerth ver­gessen. Das ist aber vielleicht auch ein Zeichen, das zu ihrer Partei passt.

Ich glaube, dass wir dieses Arbeitsprogramm – und da möchte ich auf deine Ausfüh­rungen, lieber Marco Schreuder, eingehen – sehr wohl mit sehr viel Positivem leben können. Ja, es ist eine Anstrengung! Ja, wir müssen sicherlich sehr genau darauf schauen! Und – der Herr Vizekanzler hat es jetzt gerade gesagt – einige der Minister sind jetzt schon weg, da sie schon irgendwo anders arbeiten.

Ich glaube nicht, dass der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler dafür zustän­dig sind, uns ein Arbeitsprogramm vorzulegen, während wir als Bundesräte und Bun­desrätinnen hier nur mehr sitzen und abhaken beziehungsweise schauen müssen, ob die Regierung auch alles gemacht hat. Ich bin davon überzeugt, dass wir als Politi­kerInnen hier das mit Leben erfüllen müssen, dass wir als PolitikerInnen hier mitar­beiten und mitreden müssen. Das können wir jetzt tun, damit können wir jetzt begin­nen, denn es ist sehr viel Positives in diesem Arbeitsprogramm.

Als Familiensprecherin möchte ich natürlich mit dem Familienbereich beginnen, da mir dieser sehr wichtig ist. Ich freue mich, dass es ein eigenes Familienministerium gibt. Zu den eigenen Ministerien möchte ich einen Satz sagen: Ja, ich bin traurig, dass die Wis­senschaft bei der Wirtschaft ist! Ja, ich war traurig, dass die Familie bei der Wirtschaft war, da ich mir gedacht habe, da gibt es zu wenig Zusammenhang. Jeder und jede von uns weiß, dass wir für jedes einzelne Thema, ob das die Kultur und die Kunst ist, ob das die Wissenschaft ist, ob das die Familie ist, ein eigenes Ministerium machen könnten, da wir so viel arbeiten können, da wir so viel vorhaben, da wir so viele Ideen und Visionen haben, die wir umsetzen wollen. Aber es ist notwendig, dass wir zusam­menlegen, dass wir kürzen, aber dass wir trotzdem Verbindungen finden.


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Ich habe mit Herrn Familienminister Mitterlehner hier im Bundesrat sehr oft zusammen­arbeiten können. Bei aller Kritik – die ich natürlich auch angebracht habe – war es sehr konstruktiv, und es ist auch sehr viel vorangetrieben worden. Es ist mit der Artikel-15a-Vereinbarung sehr viel in den Ländern vorangetrieben worden. Das war keine einfache Aufgabe, aber wir haben es geschafft.

Ja, es ist schade, dass es kein eigenes Wissenschaftsministerium gibt, aber es ist not­wendig – und ich bin mir sicher, dass auch hier das Beste herausgeholt werden kann.

Nächster Punkt: Kinderbetreuungsgeldkonto. – Es wird ein neues Kinderbetreuungs­geldkonto geben, eine Fixsumme, wo Dauer und Bezugshöhe frei wählbar sind. Ich weiß nicht, wie viele von euch mit Eltern gesprochen haben, die die Möglichkeit hatten, zwischen mehreren Modellen zu wählen. Es war gut, dass es viele Modelle gab, aber es war auch nicht einfach. Jetzt wird wirklich auf die Lebenssituation der Familie einge­gangen. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

Zur Erhöhung der Familienbeihilfe wurde schon einiges gesagt. Zum Ausbau der Kin­derbetreuung möchte ich – und ich bin Kinderfreunde-Funktionärin – Folgendes sagen: Es ist eine langjährige Forderung der Kinderfreunde, dass die Kinderbetreuung ausge­baut wird, und vor allem, dass der Kindergarten endlich auch als Bildungseinrichtung angesehen wird. Ich glaube, dass das ein sehr wichtiger und wesentlicher Schritt ist.

Nächster Punkt: zweites kostenloses Kindergartenjahr. – Dazu wurde auch schon eini­ges gesagt. Ich halte es auch für eine sehr positive Sache.

Weiters: Verkürzung des Anspruches auf Elternteilzeit vom 7. auf das 5. Lebensjahr – auch eine sehr wichtige Maßnahme. In der ExpertInnengruppe, wo unter Einbeziehung der Sozialpartner der Wegfall der Zuverdienstgrenze diskutiert wurde, kamen sehr oft Anfragen genau zu diesem Thema. Aber auch die Einführung einer Arbeitszeitgrenze ist in dieser ExpertInnengruppe zu beraten.

Es ist heute – ich weiß nicht mehr, von welchen Kolleginnen oder Kollegen das ge­bracht wurde – der Sager gekommen: Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ’ ich ei­nen Arbeitskreis. Stimmt! Diesen Spruch haben wir – auch ich! – in den siebziger Jahren sehr gerne verwendet. Aber hätten wir jetzt ein Arbeitsübereinkommen, an dem wir nicht mehr mitarbeiten können, bei dem keine Experten und Expertinnen mehr nach ihrer Meinung gefragt werden können, bei dem wir nicht darauf eingehen können, was die Leute vor Ort brauchen, dann würden wir jetzt hier stehen und sagen: Alles ist da, aber niemand kann mehr mitreden! Daher glaube ich, dass eine ExpertInnengruppe nicht nur im Bereich Familie, sondern auch in anderen Bereichen sehr wichtig ist.

Nächster Punkt: Evaluierung der Kinder- und Jugendhilfe. – Das wird ein Thema sein, das gerade uns hier im Bundesrat sehr intensiv beschäftigen wird. Gegebenenfalls soll es auch weiterentwickelt werden, steht im Arbeitsübereinkommen, und diese Weiter­entwicklung sollten wir hier vorantreiben.

Was mich auch sehr freut: Die Elternbildung und die Familienberatung werden gestärkt und ausgebaut.

Ich möchte nun zum Bereich Frauen kommen.

Es kommt keine Anhebung des gesetzlichen Frauenpensionsantrittsalters. Das ist eine sehr wichtige und langjährige Forderung von uns, und ich bin wirklich sehr, sehr froh darüber.

Weiters: Absicherung und Ausbau der Beratungsstellen, der Gewaltschutzzentren und der Notwohnungen. – Leider ist dieser Ausbau wirklich notwendig. Wir hatten vom 25. November bis 10. Dezember die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“. In sehr vielen Bundesländern sind Aktivitäten dazu gemacht worden. Leider ist die Zahl in diesem Bereich eine steigende, eine Zahl, die zeigt, dass wir wirklich einen Ausbau dieser Be-


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ratungsstellen brauchen. Daher ist der Ansatz im Arbeitsübereinkommen, dass da ab­gesichert und ausgebaut werden muss, ein sehr wichtiger.

Ein weiterer Punkt: gleicher Lohn für Frauen und Männer. – Da wurde in der vorigen Legislaturperiode der erste Schritt mit dem Einkommenstransparenzgesetz gesetzt. Aber da wird weitergearbeitet. Wir sind zwar noch lange nicht am Ziel angelangt, aber da wird, wie gesagt, weitergearbeitet.

Ein sehr wichtiger Punkt für Frauen sind Änderungen im Unterhaltsvorschussgesetz. Da ist einiges zu reparieren, was wir aus vorigen Regierungen mitgenommen haben.

Nun zum Thema Arbeit. – Das Bonus-Malus-System zum Anheben der Beschäfti­gungsquote älterer Arbeitnehmer ist ein sehr wichtiger, positiver Schritt. Die Einschrän­kung unfairer Arbeitsvertragsklauseln, die All-In-Verträge, die uns schon sehr, sehr lan­ge beschäftigen, weil sie die Menschen wirklich teilweise an den Rand ihrer Existenz bringen ist ebenso zu erwähnen wie die Ausbildungsverpflichtung.

Zum Thema Kinder und Jugend möchte ich auch kurz etwas sagen, weil das für mich auch ein sehr wichtiges Thema ist. – Es wird ein Monitoring für Kinderrechte geben. Österreich hat schon ratifiziert. Wir haben noch nicht alles in der Verfassung, aber schon einen großen Teil.

Weitere Maßnahmen in diesem Bereich: Die Kinder- und Jugendanwälte in den Bun­desländern werden gestärkt. SchülerInnenparlamente für mehr Mitbestimmung werden geschaffen. Und – das finde ich sehr, sehr wichtig, vor allem auch für uns als Länder­vertreterinnen und Ländervertreter – es gibt jetzt die Unterstützung, Jugendgemeinde­räte in den Gemeinden zu installieren. Bei mir in der Gemeinde – ich bin Bürgermeis­terin – gibt es schon seit 15 oder 17 Jahren eine Jugendgemeinderätin/einen Jugend­gemeinderat – das hat gewechselt. Ich bin sehr froh darüber und sehr dankbar dafür, dass ich das habe, denn ich glaube, dass wir dadurch sehr viele und sehr gute Impulse setzen können. Was auch wichtig beim Jugendgemeinderat ist: Die Jugendlichen brau­chen auch ein eigenes Budget, das sie dann auch verwalten können, denn unsere lan­gen Gesetzgebungsperioden sind für die Jugendlichen nicht so einsichtig.

Ich möchte auch noch ein Wort zum Bundesrat verlieren. – Der Bundesrat ist sehr hef­tig und sehr lange diskutiert worden. Es hieß: Der Bundesrat muss reformiert werden. Beim Bundesrat müssen Änderungen erfolgen. – Ich glaube, wir als Bundesrätinnen und Bundesräte können sagen: Von uns wird sich niemand einer Reform verschlie­ßen!

Herr Bundeskanzler, wir alle hier herinnen sind Politikerinnen und Politiker mit Verant­wortung, wir wissen, dass immer, wenn es um den Themenkreis des Eigenen geht, die Angst sehr groß ist. Wir sind sicherlich bereit, Reformen durchzuführen. Wovor ich aber warnen möchte, und zwar wirklich eindringlich warnen möchte, ist, dass wir nur populistische Maßnahmen setzen, dass wir einfach nur Politiker oder Politikerinnen einsparen, dass es nur darum geht, eine Zahl zu verändern, und nicht darum, die Auf­gaben und Inhalte zu verändern, wo wir, wie ich glaube, viel zu tun hätten – und wir möchten hier auch gerne viel weiterbringen.

Ich glaube, dass wir ein gutes Arbeitspapier haben, dass wir, wenn wir gemeinsam an­packen, das alles auch machen können, dass wir dieses Programm mit Leben erfüllen können. Das ist das, was die Menschen draußen von uns erwarten, denen gegenüber wir verantwortlich sind. Wenn wir es gemeinsam machen, dann wird die Umsetzung wahrscheinlich noch einfacher. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

10.55


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Jenewein. – Bitte.

 



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10.55.43

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Frau Präsidentin! Meine Herren von der Bundesregierung! Die Dame ist ja leider nicht mehr da. – Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Nach diesen epochalen Durch­halteparolen, die wir jetzt schon am Beginn der Gesetzgebungsperiode hier hören, muss man sich ja wirklich die Frage stellen, ob die politischen Beobachter in diesem Land – abseits der Opposition; ich rede ja gar nicht von den Oppositionsparteien, son­dern meine alle sonstigen politischen Beobachter dieses Landes – denn wirklich alle ein Brett vor dem Kopf haben, sodass sie diese „großartige Leistung“, die mit diesem Regierungsübereinkommen erbracht wurde, einfach nicht erkennen können. – Offen­bar ist es so!

Der Herr Vizekanzler hat zuvor davon gesprochen, es werden immer wieder Visionen und Neuerungen eingefordert. Welche sollen denn das sein, wenn es nicht die Siche­rung ist und wenn es nicht die Darstellung ist? Aber auf eine der wesentlichsten Vi­sionen wurde vergessen, und die hätte ich mir schon aus seinem Mund gewünscht, weil es gerade die ÖVP war, die das im Zuge des Wahlkampfes immer gepredigt hat. Wir reduzieren zwar jetzt auf ein strukturelle Nulldefizit im Jahr 2016, das wollen wir mit Ach und Krach irgendwie erreichen, aber eine wirkliche Vision wäre gewesen, dass man nicht sagt, wir wollen ein strukturelles Nulldefizit im Jahr 2016, sondern dass man sagt, wir wollen einmal einen realen Schuldenabbau in diesem Land. – Das wäre ein­mal eine wirkliche Vision gewesen! Da wäre Ihnen wahrscheinlich nicht einmal jemand böse gewesen, wenn Sie am Ende der Gesetzgebungsperiode gesagt hätten: Wir haben es nicht hundertprozentig geschafft!, aber der Weg wäre der richtige gewesen. Geschehen ist es aber nicht. Man beschränkt sich darauf, dass man das Ganze ganz einfach verwaltet.

Es ist ja ganz interessant gewesen am Beginn der Koalitionsverhandlungen, die Sie dann doch zwei Monate geführt haben, mit allem Theaterdonner in Form einer Schmie­renkomödie – die Löwinger-Bühne wäre neidisch gewesen bei dem, was da abgezo­gen wurde, denn da musste dann der Vizekanzler den Bundespräsidenten aufsuchen, weil bei den Regierungsverhandlungen nichts los war; außerdem war zu dem Zeitpunkt schon längst klar, dass ÖVP und SPÖ in dieser Frage ohnehin aneinandergekettet sind. Und dann gibt es eine mediale Debatte über ein vermeintliches Budgetloch, wo man nicht so genau wusste, was das ist. Die einen sagten: Ja, das gibt es!, die ande­ren sagten: Nein, das gibt es nicht! Unsere Regierungsvertreter handelten nach der Méthode Coué und sagten: Es gibt kein Budgetloch! Es gibt kein Budgetloch! Es gibt kein Budgetloch! – Nur: Mit dieser Méthode Coué, mit der Autosuggestion, sehr ge­ehrte Herren von der Bundesregierung, werden Sie das Problem nicht lösen. Sie könn­ten es dann lösen, wenn Sie einen Kassasturz gemacht hätten. Aber das haben Sie ja wohlweislich nicht getan.

Da der Herr Vizekanzler in seinen Ausführungen die Hypo angesprochen hat, mit den Landeshaftungen, möchte ich Folgendes sagen: Er hat natürlich nicht dazugesagt, dass sowohl seine Partei als auch die SPÖ bei diesen Haftungsbeschlüssen immer da­bei war, entweder Rot oder Schwarz, manchmal auch beide. Jetzt zu sagen, wir kön­nen die nächsten fünf Jahre wegen der Hypo nichts machen – wie eine Schallplatte –, ist etwas, was Ihnen schon im Wahlkampf niemand abgenommen hat, und das wird Ih­nen auch in Zukunft niemand abnehmen. Damit werden Sie weiterhin Schiffbruch erlei­den, das sage ich Ihnen. Das wird so nicht funktionieren!

Mittelfristig wäre eine Vision gewesen, die Staatsschuldenquote in diesem Land Rich­tung 40 Prozent zu senken. Dann wären wir auf einem ähnlichen Niveau wie Schwe­den. Das ist im Übrigen auch eine vergleichbare Volkswirtschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

Das wäre ein Ziel gewesen, das man sich hätte setzen können. Dann hätte man zu­mindest sagen können: Na viel ist nicht drinnen in dem Regierungsprogramm, aber es


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gibt ein wirklich interessantes Ziel, nämlich Schulden abzubauen, Schulden zurückzu­zahlen und nicht den kommenden Generationen einen Berg Schulden zu übergeben, wo man heute nicht weiß, wie die in den nächsten 30, 40 Jahren damit zurande kom­men! Ich finde es wirklich interessant, dass die Herren von der Bundesregierung das nicht angegangen sind. Sie unterhalten sich auch jetzt lieber anstatt zuzuhören.

Diese angeblich neue Form des Regierens ist nichts anderes als ein Aufwärmen der al­ten Regierung. Man schreibt einfach das Regierungsprogramm irgendwie fort, man macht einfach so weiter wie bisher. Es ist nicht die FPÖ, die das behauptet, sondern die Medien, denn wenn Sie heute die Zeitungskommentare lesen, dann können Sie un­ter anderem von der „Abschiedstournee“ lesen, die diese rot-schwarze Koalition letzt­malig in dieser Republik macht.

Ich weiß nicht, worauf Sie warten, vielleicht kommt noch das große Wunder. Faktum ist, dass Sie beide mit dieser Form der Politik schon die letzten Wahlen verloren ha­ben, und Sie werden sie auch in Zukunft verlieren, wenn es so weitergeht.

Wir sehen ja jetzt schon, wie diese neue Form des Regierens ausschaut, zum Beispiel bei der Neubesetzung der Stelle des Chefredakteurs der „Wiener Zeitung“. Da sehen wir ja Folgendes: Sein Vertrag würde eigentlich noch ein Jahr laufen. Jetzt wird die Verlängerung vorgezogen. Offenbar ist das eine der Sideletter-Geschichten dieser Koa­litionsverhandlungen, die wir nicht kennen. Die Verlängerung wird ein Jahr vorgezogen, und zwar bekommt er keinen Zeitvertrag mehr, sondern er bekommt einen unbefriste­ten Vertrag. Das ist jetzt die Form.

Der Rechnungshof schreibt betreffend das Bundesministerium für Unterricht und Kunst, dass bei wichtigen Vergaben die Vergabevorschriften nicht eingehalten wurden. Gibt es Konsequenzen? – Natürlich gibt es keine Konsequenzen! Man macht so weiter wie bisher. Man macht so weiter wie bisher, und das ist dann Ihr neues Regieren, von dem Sie uns erklären, dass dieses neue Regieren ganz anders als die letzten fünf Jah­re wird.

Wir werden uns anschauen, wie anders es wird. Wir haben ja im Zuge der Regierungs­bildung einen kleinen Vorgeschmack bekommen; vor allem auch, wie Sie mit Ihren ei­genen Leuten umgehen, das ist ein „schönes“ Sittenbild, nämlich auch dafür, wie Sie mit Menschen im Allgemeinen umgehen. Wenn man dem Wissenschaftsminister ein paar Minuten, bevor er nicht mehr Wissenschaftsminister sein wird, dies mitteilt und dieser Wissenschaftsminister sich dann sogar noch in den ORF retten – und das war nicht gespielt, sondern das war durchaus echt – und dort seine Verwunderung und Ent­täuschung zum Ausdruck bringen muss, so sieht man daran, wie von manchen Leuten aus den Regierungsparteien mit Menschen umgegangen wird.

Und dann haben Sie die Frechheit und nehmen es sich heraus, von Menschlichkeit zu sprechen. Was hat das denn mit Menschlichkeit zu tun? – Vom Symbolwert, das Wis­senschaftsministerium einfach aufzulösen, möchte ich gar nicht sprechen. Das spricht sowieso für sich, ist selbsterklärend und damit haben Sie sich ohnehin selbst auch ei­nen Bärendienst erwiesen.

Aber unabhängig davon möchte ich auch eine Danksagung aussprechen. Es gibt ja nichts, was nur schlecht ist, es gibt ja auch etwas Positives. (Zwischenruf des Bundes­rates Perhab.– Nein, ich meine das jetzt gar nicht polemisch, Herr Kollege, das geht sogar in Ihre Richtung. Ich meine das also gar nicht polemisch. Ich möchte mich wirk­lich dafür bedanken, dass es gelungen ist, die Gesamtschule aus diesem Regierungs­vertrag herauszuhalten. Ich halte das für eine ganz wichtige Sache. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich halte das für eine ganz wichtige Sache. Das freut mich persönlich sehr, das hätte ich, ehrlich gesagt, nicht erwartet. Aber man kann sich ja immer wieder positiv überra­schen lassen. Das ist sicherlich eine positive Angelegenheit.


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Ich möchte mich auch bei der SPÖ bedanken, vor allem bei Bundeskanzler Faymann, weil er mit seiner Form der Regierungsbildung und natürlich auch mit diesem Regie­rungsprogramm den Grundstein für die Wiener Landtagswahl im Jahr 2015 gelegt hat. Es wird da ein tolles Ergebnis für die FPÖ geben, und es wird ein katastrophales Er­gebnis für die SPÖ geben. Die bestehende Regierung in Wien hat in Umfragen schon jetzt keine Mehrheit mehr. Im Übrigen wird diese Hypothek auch bis zur nächsten Na­tionalratswahl durchzutragen sein.

Abschließend muss ich Ihnen sagen, das, was Sie abgeliefert haben, auch heute hier abgeliefert haben, war nicht viel. Ich habe eigentlich gehofft, dass wir heute, da wir hier in der Länderkammer sind – hier haben wir meistens ein bisschen mehr Möglichkeiten, mehr in die Details zu gehen, weil es ein kleineres Gremium ist –, vielleicht eine Lehr­stunde über Parlamentarismus, eine Lehrstunde über Regierungspolitik bekommen, aber ich muss Ihnen ehrlich sagen: Eine Lehrstunde ist es nicht geworden. Nicht ein­mal eine Nachhilfestunde ist es geworden – und wenn, so muss ich Ihnen sagen, bei den intellektuellen Ansprüchen, die ich an Nachhilfestunden stelle, kann ich Ihnen da­für leider kein Honorar bezahlen.

Das war heute wieder ein relativ schwacher Auftritt. Und wenn Sie sagen, Sie sind jetzt auf dem Weg nach Brüssel, dann kann man das vor dem Hintergrund Ihrer bisherigen Leistungen auf dem europäischen Parkett eigentlich nur als gefährliche Drohung für die Republik verstehen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.04


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Vizepräsi­dent Mag. Himmer. – Bitte.

 


11.04.11

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Es ist ja eigentlich ein Privileg, dass wir in einer Demokratie leben, dass wir in einem der reichsten Länder dieser Welt leben und dass wir heute die Regierungserklärung diskutieren, was nichts anderes bedeutet, als dass wir uns gemeinsam darüber beraten, wie wir unser Land weiterbringen. Das ist doch ei­ne sehr, sehr würdige Aufgabe, die wir hier zu erfüllen haben. Das ist etwas, was sehr danach verlangt, dass wir hier auch kultiviert miteinander umgehen.

Wir haben jetzt eine neue Bundesregierung. Ich möchte dazu sagen, ich glaube, dass das auch die Bundesregierung ist – bevor Sie lachen, lassen Sie mich ausreden –, die die Österreicher alle haben wollen, denn wenn ich mich nämlich an die Tage oder auch nur an ein, zwei Tage nach der Nationalratswahl und an das Drängen anderer Parteien erinnere, dringend in dieser neuen Bundesregierung vertreten zu sein und mitzuarbei­ten, war es doch so, dass gleich die üblichen Reflexe da waren, wer mit den Freiheitli­chen auf keinen Fall zusammenarbeiten will. Dann sind die NEOS dazugekommen und haben gesagt, auch sie arbeiten nicht mit den Freiheitlichen zusammen. Dafür haben die Freiheitlichen gesagt, sie arbeiten ganz sicher nicht mit dem Team Stronach zu­sammen.

Damit war 48 Stunden nach der Wahl genau eine Konstellation gegeben, deren Ver­treter miteinander verhandeln können, und dieselben Journalisten, die es jetzt irrsinnig langweilig finden, dass sich die beiden Parteien wieder gefunden haben, sind auch jene, die analysiert haben, dass es nur diese eine Möglichkeit gibt. Das möchte ich nur zur Ausgangssituation vom Variantenreichtum her, den es bei diesen Regierungsver­handlungen gegeben hat, sagen.

Jetzt finde ich es durchaus normal und, so glaube ich, international üblich, dass bei ei­nem Land, das vergleichsweise – das, glaube ich, weiß jeder – so gut dasteht wie Ös-


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terreich, eine stärkere Neigung vonseiten der Regierung da ist, das Positive herauszu­streichen. Und genauso ist es natürlich das Recht, ja sogar fast die Pflicht einer kon­trollierenden Opposition, die Punkte anzusprechen, die verbesserungswürdig sind.

Ich teile aber die Meinung all jener, die meinen, dass es schon eine gewisse Unkultur darstellt, dass man am Beginn einer Gesetzgebungsperiode, da wir jetzt gemeinsam für unser Land etwas weiterbringen wollen, quasi mit Trauerflor agiert, von Depres­sionen spricht und Untergangsszenarien kreiert, weil wir ja alle so, wie wir hier mitein­ander umgehen, auch die Stimmung in diesem Land mitkreieren. (Bundesrat Schreu­der: Wer hat das gemacht?) Es enttäuscht mich schon auch ein bisschen, wenn ich daran denke, dass wir hier darüber reden wollen, was unser Land weiterbringt, dass wir uns rasch in Dingen verfangen, was alles taxativ in diesem Papier nicht drinnen steht, welche Wörter verwendet werden, die irgendwo in irgendwelchen Foren nicht mehr verwendet werden, und was wie oft vorkommt und dass organisatorische Fragen auftauchen, wie Ministerien aufgeteilt sind. Das ist für mich eigentlich sogar die poli­tischste Frage, aber gleichzeitig ist es auch so, dass wir alle wissen, dass es wahr­scheinlich eine Unzahl von Möglichkeiten gibt, wie man die Ministerien zusammenstel­len könnte. Und dann kommt es immer noch darauf an, wie der zuständige Minister diese Ministerien führt, wie die Beamtenschaft mitarbeitet und wie wir als Parlamenta­rier auch in der Wechselwirkung agieren.

Oft steht die Politik schlecht da. Wir erweisen uns alle keinen guten Dienst, wenn wir einen besonders rüden Umgangston miteinander pflegen. Ich werde oft gefragt, auch von meinen Kindern und anderen, warum die Politiker oft als so – das ist heute auch öfters gefallen – mangelnd intellektuell oder irgendwie schwach dargestellt werden. Ich verdeutliche das dann immer an einem Beispiel: Es ist ja so, dass wir hier darüber re­den, wie wir das Zusammenleben von 8,5 Millionen Österreichern organisieren. Jetzt es ist, wenn man beim Zusammenleben zweier Menschen beginnt, angeblich schon so, dass das nicht immer funktioniert. Da gibt es sogar einen eigenen Berufsstand, der zwei Menschen bei ihrem Zusammenleben berät. Aber jetzt reden wir insgesamt über 8,5 Millionen Menschen.

Da ist es an sich sehr logisch, dass es unterschiedliche Bedürfnisse, Interessenlagen et cetera gibt. Natürlich haben wir auch Egoismen in unserer Gesellschaft, natürlich ha­ben wir auch Interessenkonflikte in unserer Gesellschaft. Und es ist eben die Aufgabe der Politik, diesen Interessenausgleich herbeizuführen. Dabei ist es nicht ganz schlecht, wenn auch wir Politiker halbwegs respektvoll miteinander umgehen, weil die Menschen auch darauf achten, wie wir miteinander umgehen, und das überträgt sich natürlich auch auf unsere Gesellschaft, wie dort die Menschen miteinander umgehen.

Ich habe das vielfach auch von Freunden erzählt bekommen, die auch Politiker sind, etwa in kleineren Gemeinden, in Landgemeinden. Die sagen, es ist tendenziell eine Zunahme an Egoismen in unserer Gesellschaft zu finden. Der Bürgermeister, der nicht gleich das Schlagloch vor der Haustüre eines Bürgers, sondern in einer anderen Stra­ße ausbessern lässt oder vielleicht zuerst den Kindergarten bauen lässt, wird gleich mit Abwahl bedroht.

Ich sage, da haben wir als Politiker schon auch ein Stück weit Mitschuld im Umgang miteinander, welches Bild wir so jeden Tag abgeben.

Ich habe an der Wirtschaftsuniversität studiert und habe mir einen Satz am besten ge­merkt, nämlich was „Management“ bedeutet. Da stand: Management heißt in Wider­sprüchen denken und handlungsfähig bleiben. – Das habe ich mir immer wieder in vie­len Situationen in meinem Berufsleben gedacht, denn vor der Aufgabe steht man fast jeden Tag, dass man auch Widersprüche auflösen muss.

Ich denke, es ist so, dass es bei Verhandlungen, so wie es bei Koalitionsverhandlun­gen zum Beispiel der Fall ist, natürlich Materien gibt, bei denen man leichter aufein-


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ander zugehen kann, und solche, bei denen es schwieriger ist. Wenn man sagt, man muss in gewissen Bereichen sparen, etwa bei den Bundesbahnen et cetera, wo die Sozialdemokratie ein stärkeres Sensorium hat, oder bei der Landwirtschaft und so weiter – all diese Klassiker, wo man meint, da ist der eine mehr Schutzpatron als der andere –, da aufeinander zuzugehen, das ist nicht so schwierig, weil man weiß, man muss gemeinsam sparen.

Was ideologische Themen betrifft, was Weltanschauungen betrifft: Bitte wo muss man sich dafür entschuldigen, dass man eine andere Meinung hat? Wenn man zum Beispiel von der Gesamtschule spricht: Ich hielte die Gesamtschule – und lassen Sie mich bitte ausreden – auch für einen großen Wurf, aber ich hielte sie für einen großen Wurf in die falsche Richtung. Ich habe aber Respekt vor jedem, der sie für einen großen Wurf in die andere Richtung hält. Lieber Kollege Schreuder, warum soll man, wenn man sie für einen großen Wurf in die falsche Richtung hält, das nicht sagen? Es ist eben in einer Demokratie so, dass es auch bestimmte Dinge gibt, die nicht stattfinden.

Gerade vor dem Hintergrund, weil wir ja auch einiges an Protesten in den letzten Ta­gen erlebt haben, wenn man jetzt beispielsweise die Thematik betreffend Beamtenge­haltsverhandlungen hernimmt: Ein Prozent kostet, glaube ich, 120 Millionen €, das macht auf fünf Jahre gerechnet 600 Millionen €. Sagen wir einmal, man würde diese 600 Millionen einstellen, dann müsste man dieses Geld irgendwo anders gegenfinan­zieren. Wenn man es woanders gegenfinanziert, was passiert dann? – Dann wird halt die Tabaksteuer oder die NoVA oder sonst irgendetwas erhöht. Ich bin mir gar nicht si­cher, ob sich das für den Einzelnen, der im öffentlichen Dienst ist, wieder positiv aus­geht. Es kommt nämlich darauf an, ob er ein Auto fahrender, rauchender Beamter ist oder ob er Familienvater oder sonst noch etwas ist. Wir diskutieren immer wieder über Dinge, wo sich letztendlich die Frage stellt, wie wir unser gemeinsames Zusammenle­ben insgesamt finanzieren.

Da brauchen wir alle ein bisschen mehr ein Aufeinanderzugehen. Ich glaube, nicht nur jene, die im Sternzeichen Zwilling geboren sind, sondern alle von uns sind mehrere. Es gibt rote Unternehmer, es gibt schwarze Gewerkschafter, es gibt Grüne, die irrsinnig gerne schnell Auto fahren, es gibt Freiheitliche, die gerne Kebab essen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dörfler.)

Es gibt alles – und wir haben in dieser Gesellschaft auch eine Solidarität. Das be­weisen die Österreicherinnen und Österreicher immer wieder, beispielsweise bei den Hochwasserkatastrophen, wenn viele Menschen, die im Alltag vielleicht im Verdacht stehen, egoistisch oder sonst etwas zu sein, mitanpacken, mittun und spenden. Das heißt, wir leben sehr wohl in einem tollen Land, in dem viele Menschen leben, die be­reit sind, für dieses Österreich etwas zu tun. Gehen wir Politiker als Vorbilder voran! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

11.14


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Dr. Reiter.

Bevor ich ihr das Wort erteile, möchte ich auf Folgendes hinweisen: Ich will niemanden in seiner Redezeit beschränken, aber ich mache darauf aufmerksam, dass der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler pünktlich um 11.30 Uhr leider wegen wichti­ger Termine diesen Sitzungssaal verlassen müssen. Nur, damit das allen klar ist, die sich noch zu Wort gemeldet haben. (Bundesrat Tiefnig: Das geht sich eh aus!)

Bitte, Frau Bundesrätin Reiter.

 


11.14.37

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Danke schön, das geht sich aus, glaube ich. – Werte Damen und Herren, auch an den Fernsehgeräten! Werte Kol-


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legen und Kolleginnen! Werte Regierung! Sie sind ja nicht zu beneiden. Was da in den letzten Tagen nach der Regierungsbildung auf Sie herniedergeprasselt ist, was da an Kommentaren, intern, extern, ausgepackt wurde, da regt sich bei mir Mitleid, das muss ich ganz ehrlich sagen. Ich bekomme so einen Verteidigungsimpuls, es gibt ja auch durchaus gute Dinge im Regierungsprogramm, und es gibt ein Bemühen.

Das Mitleid dämpft sich etwas, wenn ich mir in Erinnerung rufe, wie die Verhandlungen gelaufen sind, denn eines der Hauptziele dieser Verhandlungen dürfte schon gewesen sein, dass es keinen Sieger geben durfte. Das heißt, dass ganz streng darauf geachtet wurde, den anderen möglichst kleinzuhalten, und dabei hat man sich eben auch ge­genseitig in einem doch sehr großen Ausmaß ramponiert, einbetoniert, runtergezogen.

Ich brauche nur nach Deutschland zu schauen, wie es im Vergleich zu uns dort ge­laufen ist. Sich jetzt aus dieser Position der Verletzungen, Ramponierungen und Beto­nierungen, die passiert sind, den Herausforderungen der Zukunft zu stellen, das ist schon schwierig. In meinen Augen ist es eigentlich das Hauptziel eines Regierungspro­gramms und der Vorstellung dieses Regierungsprogramms, den Menschen Mut zu ma­chen, den Menschen in diesem Land Mut zu machen. Verlässlichkeit und Vertrauen zu schaffen, wie Sie ganz richtig gesagt haben, das muss das Hauptziel eines solchen Regierungsprogramms sein, denn wir leben doch in einem wirklich gesegneten Land, mit gut ausgebildeten, mit motivierbaren Menschen, die eine große Ressource darstel­len, die es in Form eines Regierungsprogramms zu heben und zu bestärken gilt.

Das heißt nicht, dass Probleme versteckt werden sollen. – Ganz im Gegenteil! Diese Probleme sollten angesprochen werden. – Auch das ist im Regierungsprogramm pas­siert. Budgetloch, haben wir das überhaupt? Hypo, brauchen wir dazu Geld? Wie viel? – Das ist alles offen geblieben, beziehungsweise wurde gar nicht hingeschaut; anstatt die Botschaft zu senden, da haben wir ein Problem, wir definieren dieses Pro­blem, wir werden dieses Problem lösen, wir werden es stemmen, wir werden es meis­tern. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Österreich hat so viele helle Köpfe. Es würden auch viele aus dem Ausland dazukom­men, wenn man sie entsprechend einladen würde, sich einzubringen, denn es lebt sich gut in unserem Land. Aber dass denen in diesem ganzen Prozess jetzt der direkte An­sprechpartner in Gestalt eines Wissenschaftsministeriums genommen wurde, ist schon ein Signal dahin gehend, dass es jetzt so als Blinddarm des Wirtschaftsministeriums existiert. Das ist ein fatales Signal.

Dafür haben wir ja ein anderes Ministerium bekommen, also die Einsparungen sind überschaubar. Wir haben ein Familienministerium bekommen, obwohl ich mir nicht so sicher bin, ob die Definition von Familie, die dort verhandelt oder betreut werden soll, selbst in diesem Saal, unter den Koalitionspartnern gleich ist. Also dieses Signal, den­ke ich, ist auch fatal, denn eine Gesellschaft lebt nicht von Geld und funktioniert nicht von Geld, sondern, wie auch mein Vorredner ganz deutlich gemacht hat, eine Gesell­schaft lebt vor allem von Kooperation und davon, wie es in dieser Gesellschaft gelingt, Kooperation gut zu organisieren, Teilhabe zu organisieren, Auseinandersetzungen zu führen  in welcher Form sie auch zu führen sind. Es gibt da Parlamente, die die Vo­raussetzungen schaffen, zum Beispiel mit entsprechenden Minderheitsrechten wie der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, um nur eines zu erwähnen, sie sind so ausgestattet, was jedoch leider bei uns nicht passiert ist. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Michalke.)

Es braucht dazu klare, transparente Kompetenzverteilungen, auch die Aufhebung des Amtsgeheimnisses, um nur einen der Punkte, der hier hereinpasst, zu erwähnen. Es braucht eben klare, transparente Kompetenzverteilungen in Österreich, etwa zwischen Bund und Ländern.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 62

Es braucht zum Beispiel keinen Einnahmenzentralismus, wie wir ihn derzeit haben, und kein Ausgabenchaos, genannt Finanzausgleich, der im Regierungsübereinkom­men so stehen geblieben ist, nein, einfach auf die lange Bank geschoben wurde, an­statt ihn als Problem mit Lösungskompetenz, mit Lösungswegen anzusprechen. Man rührt nicht daran. (Beifall bei den Grünen.)

Das hat dann nichts mit Verlässlichkeit und Berechenbarkeit zu tun. Man bietet schon einen Lösungsweg an, dieser stellt meiner Meinung nach jedoch eine massive Dro­hung dar, nämlich öfter mit Artikel-15a-Vereinbarungen zu arbeiten.

Das hat nichts mit Demokratie, nichts mit Teilhabe, nichts mit Diskussion zu tun. Das ist eine De-facto-Entmachtung der Parlamente, eine Ausschaltung der Parlamente. Und wenn es tatsächlich diesen Weg gehen sollte, dann können wir uns die Landes­parlamente sparen, dann können wir uns dieses Gremium hier sparen, und dann kön­nen wir selbst den Nationalrat auf ein Abstimmungsgremium, das man sich hält, ver­kleinern.

Das ist also meiner Ansicht nach und auch der Ansicht der Grünen nach ein falscher Weg und steht nicht für Offenheit, Transparenz, Auseinandersetzung auf einem guten Niveau auf der Suche nach gemeinsamen Lösungen. (Beifall bei den Grünen.)

Da wird über Menschen drübergefahren, da wird demotiviert, und das Beste, was man da erreichen kann, ist Friedhofsruhe. (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Ja, das ist auch ei­ne Form der Verlässlichkeit, und die Berechenbarkeit ist relativ einfach. Aber das ist nicht das, das ich möchte und mir vorstelle.

Leider habe ich beim Lesen des Regierungsprogramms nicht wirklich jemals das Ge­fühl bekommen: Okay, aufgekrempelt, tief durchgeatmet, da möchte ich mit dabei sein, da möchte ich mitmachen, das ist etwas, wo ich mich wirklich einbringen kann und einbringen möchte für die Zukunft!, sondern es war eher ein Durchschnaufen und ein tiefer Seufzer, weil ich eben glaube, dass sich bei den Verhandlungen in vielen Berei­chen die Partner gegenseitig die Luft zum Atmen genommen haben. Und daran droht auch das Land zu ersticken.

Deshalb mein Appell an alle: Lassen wir den positiven politischen Kräften in diesem Land die Luft zum Atmen, mehr als derzeit im Regierungsprogramm drinsteht und im Regierungsprogramm seinen Ausdruck gefunden hat! – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

11.22


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Schennach. – Bitte.

 


11.23.07

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Es ist klar: Es ist die Aufgabe der Opposition, Kritik am Re­gierungsprogramm zu üben. Ein Arbeitsprogramm soll sich auch der Kritik stellen. Aber es gibt Unterschiede. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Jenewein.) – Ja ja, genau diesen lachenden Herren spreche ich jetzt an. (Zwischenruf des Bundesrates Jenewein.)

Ich frage mich: Was befähigt die FPÖ, mit dieser Präpotenz hier heraus zu gehen und mit dieser Inhaltsleere und Rüpelhaftigkeit dem Kanzler der Republik Österreich zu sa­gen, dass es besser ist, wenn er nicht zum Rat fährt, da er dort ohnehin nur Blödsinn machen würde?! (Bundesrätin Mag. Kurz: Unter jedem Niveau!) Das ist eine Präpo­tenz, das ist eine Rüpelhaftigkeit, das ist eine Niveaulosigkeit, die ihresgleichen sucht! (Bundesrat Jenewein: Ist schon recht!) Und deshalb ist das, was Sie heute gesagt ha­ben, Schall und Rauch. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 63

Wenn ich auf die wenigen Jahre der FPÖ-Regierungstätigkeit zurückschaue, muss ich sagen: Hüllen Sie sich in Sack und Asche! (Bundesrätin Mag. Kurz: Ja, genau, und in Schweigen!) Bis jetzt beschäftigen sich Korruptionsstaatsanwaltschaften, Gerichte und andere mit Ihrer Tätigkeit. Und ein Bundesland weist eine dermaßen hohe Verschul­dung auf, dass alle Österreicherinnen und Österreicher auf Jahrzehnte hinaus die Re­gierungspolitik, die Sie in Kärnten gemacht haben, tragen müssen. (Bundesrat Jene­wein: Reden wir einmal von Wien!)

Deshalb: Das ist reiner Populismus! Für Sie ist es egal, ob im Arbeitsübereinkommen nichts drinsteht (Bundesrat Jenewein: Es steht eh nichts drinnen!) oder 1 000 Seiten beschrieben sind. Sie brauchen es ja gar nicht zu lesen; vielleicht sind Sie aber auch gar nicht in der Lage, zu lesen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Jenewein:  An­alphabet!)

Wir hatten schon gestern im Ausschuss ein typisches Beispiel der Pisa-Schwäche der FPÖ, wo Minus und Plus verwechselt wurden und gesagt wurde, das sei ein Sparpro­gramm, das eigentlich mehr koste. Das wurde uns ja gestern eindrucksvoll vor Augen geführt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Liebe Frau Kollegin, ich sage Ihnen eines: Das Lehrerdienstrecht als Sparprogramm zu bezeichnen, ist nicht richtig. Nicht zu sehen, dass eine Praktikantin in der AHS oder BHS bisher 1 100 € bekommen hat und ab jetzt 2 400 € plus Zulagen bekommt, zu sagen, das sei ein Sparpaket, heißt, dass Sie nicht einmal die Grundrechnungsarten kennen.

Aber ich komme nun zu einem Thema, das für die FPÖ so ferne wie das Weltall ist. Je­des Regierungsprogramm, jedes Arbeitsprogramm  (Zwischenruf des Bundesrates Jenewein.) – Sie können nachher wieder Wadlbeißen, beim nächsten Tagesordnungs­punkt, aber passen Sie auf die Grundrechnungsarten auf!

Im Arbeitsprogramm jeder Regierung, egal, ob das der deutschen Regierung, jenes der österreichischen Regierung oder jenes der luxemburgischen Regierung – diese drei Regierungen wurden in den letzten Tagen gebildet und konstituiert –, geht es auch da­rum: Wie ist das Verhältnis zu Europa? Das ist eine der ganz wesentlichen Fragen, nämlich die nationale Politik und die nationale Politik in Europa, denn wir sind in Euro­pa. Und diese Regierung legt ein klares Bekenntnis zu Stabilität, zur Vertiefung sowohl der Wirtschafts- als auch der Währungsunion ab, zur Verbesserung – und das ist ja eine der Hauptaufgaben und der Hauptwandlungen des Bundesrates – im Bereich des Lissabonner Vertrages, im Bereich der Subsidiarität, im Bereich der Verhältnismäßig­keit und im Bereich der Transparenz in der Rechtsetzung in Europa, in der Kommuni­kation auch mit der Bevölkerung. Europa muss ankommen – in den Schulen ankom­men. Europa muss in den Gemeinden ankommen; deshalb auch hier ein ganz klares Bekenntnis.

Aber auch ein ganz klares Bekenntnis zur sukzessiven Erweiterung im Gebiet des Westbalkans – der Westbalkan ist mit Österreich historisch eng verbunden, in allen Hö­hen und in allen Tiefen –, aber auch – und davon profitieren wir ja auch ganz beson­ders stark; das trägt auch Österreichs Handschrift – zur Donauraumstrategie. Wir sind ein Herzstück dieser Donauraumstrategie; dazu auch dieses klare Bekenntnis.

Herr Bundeskanzler, es ist ein schönes Symbol und ganz, ganz wichtig, dass sich Ös­terreich in der Donauraumstrategie besonders um Moldawien, dem Armenhaus in Eu­ropa, annimmt. Es ist das einzige europäische Land, dem Österreich im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit Hilfe leistet. Und das kommt auch in diesem Regierungs­programm zum Ausdruck.

Wichtig ist – und das ist Handschrift – die Beschäftigungspolitik, die Politik im Bereich Jugendbeschäftigung, und da sind wir Trendsetter. Wenn ein Barroso mittlerweile das österreichische Modell in allen Mitgliedstaaten Europas als ein Mustermodell darstellt


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 64

und wenn die österreichische Bundesregierung diesem Arbeitsprogramm, das Sie nicht gelesen haben – Sie haben irgendetwas anderes gelesen  (Bundesrat Jenewein: Steht ja nichts drinnen!) – Sie brauchen gar nicht zwischenzurufen, Sie haben es nicht gelesen! (Bundesrat Jenewein:  überheblich!) Sie kennen ein paar Stichworte, aber Sie haben es nicht gelesen!

Es steht etwas von Jugendbeschäftigungsgarantie drinnen. Es steht etwas drinnen, was für unsere Wirtschaft, für unsere Betriebe sehr wichtig ist: die Erleichterung zum Zugang zu EU-Fördermitteln. Denn viele unserer Wirtschaftsvorteile entstehen auch aus der Partnerschaft, durch die regionale Kohäsionspolitik, zu der man sich durch die­ses Arbeitsprogramm eindeutig und klar bekennt.

Dieses Arbeitsprogramm enthält auch noch ein anderes wesentliches Bekenntnis – da werden immer wieder soziale Auseinandersetzungen in der Welt hervorgerufen –: das Bekenntnis zu Wachsamkeit betreffend soziale und ökologische Vorgänge im Rahmen von Freihandelsabkommen und WTO-Vereinbarungen. Das zeigen Sie mir einmal in Arbeitsprogrammen anderer Staaten!

Das ist eine ganz besonders wichtige Handschrift, die wir gerade vonseiten des Bun­desrates besonders begrüßen, da wir ja dieses Thema immer wieder zur Sprache brin­gen.

Abschließend zum klaren Bekenntnis zur Menschenrechtspolitik – ich halte dieses für ganz wichtig. Ich bin froh, dem früheren Außenminister sagen zu können, dass ich sei­ne Schwerpunktsetzung – wir sind im Europarat gerade Präsidentschaftsland – hin­sichtlich Human Trafficking, nämlich das als einen der österreichischen Schwerpunkte zu sehen, unterstütze. Das ist Menschenhandel. 21 Millionen Menschen leben in Skla­verei, 800 000 davon in Europa.

Wenn ich einen Wunsch an die Spitze der Regierung habe, dann nur: Bitte, lassen Sie uns in dieser Legislaturperiode und relativ schnell die Konvention zum Schutz der Haushaltskräfte im Bereich der internationalen Haushalte verabschieden! Ich denke, das ist etwas ganz Wichtiges.

Zum Schluss: Natürlich ist das ein Übereinkommen. Meine Kollegin Inge Posch-Gruska hat schon gesagt – auch Harry Himmer hat das gesagt –: Zwei Parteien schließen ein Übereinkommen. Und es liegt nicht in unserer Verantwortung, nicht in der Verantwor­tung der SPÖ, zum Beispiel das Wissenschaftsministerium in dieser Form zu gestalten. Ich darf daran erinnern, die SPÖ hat das Wissenschaftsministerium gerade durch Her­tha Firnberg in einer ganz bestimmten Art und Weise gestaltet, und die SPÖ hat das Umweltministerium überhaupt erst eingeführt. Wir würden den Umweltbereich, wenn wir in einer Alleinregierung wären, vielleicht nicht mit der Landwirtschaft zusammenle­gen, wir würden aber vor allem auch nicht das Wissenschaftsministerium in dieser Form gestalten. Aber das gestaltet der Koalitionspartner. (Bundesrat Schreuder: Und wie ist das mit dem Frauenministerium? Wie ist das mit dem Frauenministerium?) – Das erste Staatssekretariat für Frauen, das mit Frau Johanna Dohnal besetzt war, ist auch aus dieser Zeit. (Bundesrat Schreuder:  abgeschafft!)

Insgesamt ist das ein Arbeitsprogramm, auf dem man aufbauen kann und das vor al­lem den Weg in die Zukunft und in ein vertieftes Europa weist. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.32


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.32.48

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 65

Staatssekretär! Meinem Kollegen Hans-Jörg Jenewein höre ich immer sehr gerne zu. Er pointiert sehr treffend, er analysiert perfekt – dem ist nichts hinzuzufügen.

Genauso gerne – deswegen habe ich mich für eine kurze Rede zu Wort gemeldet – habe ich hier im Bundesrat aber auch dem parteifreien, exzellenten Universitätsprofes­sor Töchterle zugehört. Ich kenne ihn auch aus anderen Ausschüssen, bei denen ich als Zuhörer im Plenum gesessen bin.

Herr Vizekanzler, Sie haben angesprochen, dass die Grundlagenforschung wichtig ist. Aber Herr Töchterle ist ein exzellenter Geistes- und Kulturwissenschaftler. Und wenn ich in dieses wunderschöne Plenum blicke und den ganzen Parlamentarismus be­trachte, muss ich sagen: All das ist Geisteswissenschaft! Die Geisteswissenschaft soll­te man also nicht hintanstellen. Man sollte das eher als Aufforderung betrachten, diese zu fördern und positiv darauf einzuwirken.

Herr Wissenschaftsminister Töchterle hatte sehr gute Mitarbeiter. Sie haben damals, wenn ich das sagen darf, in Ihrer Regierung nicht so gute gehabt und haben sie auch jetzt nicht, vor allem nicht solche, die eine ihrer Funktion entsprechende Ausbildung haben. Solch eine Wissensmacht ist die ÖVP bei Gott nicht, um einen Wissenschafts­minister Töchterle so leicht vorzugeben. Das darf ich persönlich in meiner Position als Mitglied des Wissenschaftsausschusses im Bundesrat hier anmerken.

Ein anderer Grund dafür, dass ich mich zu Wort gemeldet habe – Sie haben es ange­sprochen, Herr Bundeskanzler, offensichtlich ist Ihnen das ein Anliegen; Sie, Herr Vize­kanzler, sind im Rahmen Ihrer ersten Rede auch darauf eingegangen –, ist der Finanz­markt. Der Finanzmarkt findet im Regierungsprogramm erstmals Beachtung. Daher glaube ich, dass man auf die Wiener Börse Wert legt. Die Wiener Börse dient ja be­kanntermaßen zur Finanzierung der österreichischen Unternehmenslandschaft, der Groß-, aber auch der Mittelbetriebe.

Ich darf dieses Regierungsprogramm und Ihre Argumentation – von Ihnen, sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler, und auch vom Herrn Vizekanzler – zusammenfassen: Sie wol­len das Geld zum Staat lenken. Wir Freiheitlichen wollen das Geld zur Wirtschaft, in die Wirtschaft lenken. Das ist der Hauptunterschied zwischen Ihrem Regierungsprogramm und unseren oppositionellen Ansichten und Analysen. Es kann nicht sein, dass die Wirtschaft heute mit solch enormen Belastungen, mit solch großen bürokratischen Hemmnissen und Hindernissen konfrontiert ist, dass man gar nicht zum Arbeiten kommt. Und wenn Sie, sehr geehrter Herr Vizekanzler, sagen, man solle doch die Un­ternehmer arbeiten lassen, dann tun Sie es doch!

Sie sagen, Sie helfen den Unternehmen durch Förderungen. Aber wenn Sie Förde­rungen versprechen, dann ist das ja auch wieder – wie soll ich sagen? – eine Art Klien­telwirtschaft. Da muss man sich anstellen, da muss man Förderungsformulare unter­schreiben, da muss man argumentieren – und wieder bekommt nur eine lobbyistische Schicht diese Förderungen. Nein! Lassen Sie das Geld bei jenen, die es erwirtschaf­ten! Lassen Sie das Geld bei jenen, die zum Wirtschaftswachstum Österreichs produk­tiv beitragen! (Bundesrat Füller: Sie vergessen auf die Arbeitnehmer!) Darum geht es. Mit Ihrer Politik erreichen Sie kein Wirtschaftswachstum.

Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, haben gleich zu Beginn Ihrer Ausführungen die Staatsanleihen angesprochen, und da muss man einmal das Trio Infernale anspre­chen: Das sind dieser Euro, die Staatsverschuldung, die Sie ja verteidigen, und die Staatsanleihen, mit denen Sie das Ganze refinanzieren wollen. Ja, Sie sagen richti­gerweise, 80 Prozent der Staatsanleihen werden bereits im Ausland emittiert, weil im Inland gar nicht mehr das Kapital vorhanden ist, diese gewaltigen Summen zu finan­zieren: Lenken Sie dieses Geld doch nicht in den Staatsmolochapparat! Bitte, lenken Sie das Geld in die Wirtschaft! Lenken Sie es in die Unternehmenslandschaft! (Zwi-


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 66

schenruf des Bundesrates Füller.) Wir Unternehmer, wir Unternehmen brauchen das Geld! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Füller: Der Kollege Pisec vergisst auf die Mit­arbeiter in der Wirtschaft!)

Sie haben auch den Export angesprochen, gesagt, steigern wir die Exportquote. – Die Exportquote liegt schon bei 60 Prozent, da kann man nicht mehr viel steigern. Sie ha­ben es richtig gesagt, Herr Bundeskanzler, die Exportquote war vor wenigen Jahren noch bei 45 Prozent. Wenn sie nicht von 45 Prozent auf 60 Prozent gestiegen wäre durch tüchtige österreichische Unternehmer, hätten wir eine Rezessionslandschaft (Bundesrat Füller: Mitarbeiter! – Bundesrat Stadler: Mitarbeiter nicht vergessen!), weil die Binnenmarktnachfrage viel zu gering ist.

Natürlich auch durch die Mitarbeiter, das ist klar. Jedes Unternehmen ist so gut wie die Summe seiner Mitarbeiter vollkommen richtig.

Stichwort Mitarbeiter: Die Mitarbeiter haben einen Reallohnverlust, die haben einen Einkommensverlust. Und das sieht man an der sinkenden Kaufkraft und an der sinken­den Nachfrage. Wenn Sie ein Wirtschaftswachstum erzielen wollen, dann erreichen Sie das sicher nicht durch mehr Export, denn der hat schon den Plafond erreicht, mehr geht nicht mehr, sondern Sie müssten – Sie tun es ja nicht – die Binnennachfrage stär­ken, das Einkommen der Unternehmer und ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Da­rum geht es in erster Linie. Mit Ihrem Konzept werden Sie das nicht zustande bringen.

Noch ein letzter Punkt, den ich mir notiert habe: Sie haben Eurostat erwähnt. Sie wis­sen jedoch, dass Eurostat in Brüssel im Zusammenhang mit Österreich eine Anmer­kung gemacht hat, weil die statistischen Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind.

Sie berechnen ja alles in relativen Zahlen und nicht in absoluten Zahlen, deswegen ist ja auch dieses Finanzloch zustande gekommen, da offensichtlich die Cash-Steuerein­nahmen vom Soll abweichen, vom Sollwirtschaftswachstum, das ja gar nicht mehr er­reicht wird. Man sollte sich einmal anschauen, ob das Wirtschaftswachstum richtig be­rechnet wird, denn schön langsam glaube ich, so, wie Sie das Ganze immer mit dem Wirtschaftswachstum zurechtbiegen, mit 0, 0,2, 0,5 Prozent, dass da irgendetwas nicht stimmen kann, denn die Summe der Cash-Einnahmen stimmt nicht mit den Solleinnah­men überein.

Ich würde dem Finanzministerium empfehlen, einmal einen Wirtschaftsprüfer ranzu­lassen, der das Ganze einmal richtig analysiert, wie Boston Consulting, Pricewater­houseCoopers. Die würden sicher zu anderen Ergebnissen kommen, als uns immer vom Finanzministerium vorgemacht, respektive vorgegaukelt werden.

Zusammengefasst, an beide Herren: Lassen Sie die Wirtschaft arbeiten! Lenken Sie das Kapital zu den Unternehmen und ihren Mitarbeitern, aber sicher nicht in Staatsaus­gaben – das wollen wir nicht! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.38


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Dörfler.

 


11.39.20

Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Ich darf auch Frau Minister Heinisch-Hosek herzlich begrüßen sowie den neuen Kanzleramtsminister Josef Ostermayer, mit dem wir ja ein historisches Problem, den jahrzehntelang ungelösten Ortstafelstreit in Kärnten und Ös­terreich sehr positiv erledigen konnten. Und daran möchte ich anknüpfen, wenn es um Botschaften geht, die man heute auch gehört hat.

Wir alle sind Österreich, Regierende und Opposition. Ich kenne beide Seiten: Es ist das Regieren nicht immer so leicht, wie man glaubt. Auch Opposition kann durchaus


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unterhaltsam sein, ist aber auch nicht so einfach, wie man glaubt. Ich glaube, wir brau­chen ein Österreich der Optimisten, der Visionäre.

Herr Bundeskanzler, ich möchte mich bei Ihnen herzlich dafür bedanken – das tue ich für Kärnten und die Steiermark –, dass Sie heute auch klargestellt haben, dass Koralm­tunnel und Semmering-Basistunnel unverzögert weitergebaut werden, weil das auch ein Signal an den Standort Südösterreich ist und auch im Sinne unserer europäischen Verkehrsaufgaben, die wir im Rahmen der Baltisch-Adriatischen Verkehrsachse errei­chen konnten, und die Verlagerung besonders des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene nur dann möglich sein wird.

Zwei Dinge noch, zuerst zur Hypo: Einen Untersuchungsausschuss benötigen wir! Ich möchte endlich wissen, warum die Republik Österreich die Hypo-Bank den Bayern ab­genommen hat. Das möchte ich wissen. Ich als Landeshauptmann mit den Vertretern des Landes, mit dem damaligen ÖVP-Landesrat Martinz als Eigentümervertreter, wir waren dort Zaungäste. (Bundesrätin Grimling: Das ist ja sagenhaft! – Weitere Zwi­schenrufe bei SPÖ und ÖVP und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich weiß heute noch nicht, warum man diese Bank in den Staatsbesitz Österreichs übernommen hat. Und die Bürgschaft des Landes Kärnten war, wie Sie alle wissen, eine Ausfallsbürg­schaft. Das heißt, es hätte zuerst die Bayerische Landesbank in Konkurs gehen müs­sen, dann der Freistaat Bayern und dann erst wäre Österreich oder Kärnten drange­kommen. Das muss man doch immer wieder auch sagen!

Und was spricht dagegen, dass sich der Nationalrat endlich im Rahmen eines Untersu­chungsausschusses mit diesem Projekt, Verstaatlichung der Hypo, auseinandersetzt? Ich möchte nichts schönreden, es darf in der Republik Österreich nie mehr passieren, dass derartige Haftungen eingegangen werden. – Da brauchen Sie (in Richtung SPÖ) nicht den Kopf zu schütteln, denn Ihre Parteikollegen waren massiv mit dabei. (Beifall bei der FPÖ.) Und die ersten 500 Millionen €, die wurden von der Chianti-Koalition aus der Hypo gezogen. Ein gewisser Jörg Haider und ein Peter Ambrozy haben damals be­reits einen Vorschuss aus der Hypo herausgenommen. Wobei man auch sagen muss, danach hat es anscheinend noch einen quasi Freifahrschein für die Staatshilfe an die Hypo gegeben. Und da frage ich mich: Wo sind die Kontrollinstrumente dieser Repu­blik? Finanzmarktaufsicht, Nationalbank und Co, haben die alle nichts gesehen?

Das ist alles zu durchleuchten! (Bundesrat Stadler – auf den Redner weisend –: Er war ja Landeshauptmann!) Wir Kärntner haben unsere Lektion gelernt, aber ich lasse es nicht zu, dass man ständig die Hypo auf Kärnten sozusagen herabprasseln lässt. (Bun­desrat Stadler: Wie lange warst denn du Landeshauptmann?) – Ich habe mit der Hypo nie ein Problem gehabt, denn ich hatte damit nichts zu tun – damit das ausreichend klar ist –, ich habe keine 500 Millionen herausgenommen. (Weitere Zwischenrufe.) – Es hat sich gerade ein Kollege darüber beschwert, dass es keine Kultur im Hause gibt, und Harald Himmer hat ja auch von Kultur gesprochen. Ich habe auch den ganzen Vor­mittag lang zugehört, und das gerne, weil es sich so gehört, dass man einem Kanzler und einem Vizekanzler zuhört und auch allen Kolleginnen und Kollegen. Und das darf auch ich mir in diesem Haus erwarten! – Man kann nicht immer von Kultur sprechen und sie selbst nicht leben! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich hätte noch eine wichtige Aufgabe anzusprechen, weil das Thema Außenpolitik und ein junger Außenminister so sehr Thema der Medien und auch der politischen und öf­fentlichen Diskussion sind. – Ob jemand jung oder alt ist, es wird sich am Ende zeigen, wie attraktiv jemand Politik macht. Es hat viele junge erfolgreiche Politikerinnen und Politiker gegeben und auch ältere, die quasi mit 90 noch gute politische Ideen haben. (Bundesrat Kneifel: Es gibt alte Esel, und es gibt junge Esel!)

Wir haben 2014 aus meiner Sicht eine Verpflichtung, und diese lautet, wenn wir von Südeuropa oder von Südosteuropa sprechen, die Geschichte Österreichs und die Ge-


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schichte des Balkans miteinander zu verbinden und zu deuten, dass wir gerade für Bosnien und Herzegowina eine Außenpolitik der Nachhaltigkeit zustande bringen müs­sen. Dieses Land hat unsere Unterstützung verdient. Die sind nach wie vor nicht zu­kunftsfit, es muss Dayton II geben, und das wäre für mich die Aufgabe schlechthin im Jahr 2014 – 100 Jahre Erster Weltkrieg, 30 Jahre Olympische Spiele.

Und es gibt einen neuen Hoffnungsschimmer: Leider hat ein großer Bürger die Welt verlassen, Nelson Mandela. Er hat es geschafft, mit einer Fußball-Weltmeisterschaft Südafrika positiv nach vorne zu bringen und die Apartheid zurückzudrängen. Es wäre schön, wenn die erstmalige Teilnahme von Bosnien-Herzegowina an der Fußball-Welt­meisterschaft auch ein Licht in die Zukunft wäre, wenn das von der österreichischen Außenpolitik und von der Geschichte der Politik zwischen Bosnien-Herzegowina und Österreich mitgetragen werden würde. Das ist eine außenpolitische Aufgabe für unse­ren jungen Außenminister, wo er sich tatsächlich auch mit Unterstützung der Bundes­regierung und unser aller Unterstützung dafür einsetzen kann, dass wir einem Land be­hilflich sein können, wo wir in Zukunft Wirtschaftschancen haben und wo wir durch die Geschichte – 40 Jahre Monarchie – auch eine Verpflichtung gegenüber Bosnien-Her­zegowina haben und eingeladen sind, dieser Verpflichtung auch nachzukommen.

Wie gesagt, ich bin Optimist. Es ist allerdings nicht einfach, und man hat auch Sorgen. Wenn gestern 40 000 Menschen protestiert haben, weil sie nicht zufrieden sind mit Ge­haltsabschlüssen, die man ihnen anbietet, dann müssen wir das auch ernst nehmen. Die Unzufriedenen, das ist also nicht nur die Opposition, das sind auch öffentlich Be­dienstete. Und da muss es einen goldenen Mittelweg geben, das sage ich auch dazu.

Deshalb: Wir wollen nichts schönreden, wir wollen nichts schlechtreden. Ich kenne bei­de Seiten. Wir alle sind Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

11.45


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ich darf zwischenzeitlich sehr herzlich Frau Bundesminister Heinisch-Hosek bei uns begrüßen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Schreuder, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Beibehaltung des Wissenschaftsministeriums vor.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über diesen Entschließungsantrag.

Es ist hierzu eine namentliche Abstimmung verlangt. Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine na­mentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um deutliche Äußerungen.

Ich ersuche nun die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Blatnik geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****

 



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Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist damit beendet, und ich unterbreche zur Auszählung der Stim­men kurz die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 11.48 Uhr unterbrochen und um 11.52 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 55 abgegebe­nen Stimmen 13 „Ja“-Stimmen und 42 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesräte:

Brückl;

Dönmez, Dörfler;

Herbert;

Jenewein;

Krusche;

Michalke, Mühlwerth;

Pisec;

Reiter;

Schreuder, Schreyer;

Zelina.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesräte:

Beer, Bierbauer-Hartinger, Blatnik, Bock, Brunner;

Ebner Adelheid, Ebner Bernhard;

Füller, Fürlinger;

Grimling;

Himmer;

Jachs, Junker;

Kneifel, Köberl Günther, Köberl Johanna, Köck, Köll, Kurz;

Lampel, Ledl-Rossmann, Lindinger;

Mayer;

Novak;

Oberlehner;

Perhab, Pfister, Poglitsch, Posch-Gruska, Preineder, Pum;


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 70

Reich, Reisinger;

Saller, Schennach, Schödinger, Stadler, Stöckl;

Temmel, Tiefnig, Todt;

Winkler.

*****

11.53.182. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertrags­lehrpersonengesetz geändert werden und das Unterrichtspraktikumsgesetz auf­gehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst) (1 d.B. und 6 d.B. sowie 9128/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesord­nung.

Ich habe im Sinne von „Ladies first“ zwar nichts falsch gemacht, aber ich darf natürlich auch Herrn Bundesminister Dr. Ostermayer sehr herzlich bei uns begrüßen. (Allgemei­ner Beifall.)

Berichterstatter zu Tagesordnungspunkt 2 ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um den Bericht.

 


11.53.41

Berichterstatter Josef Saller: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesmi­nister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrperso­nengesetz geändert werden und das Unterrichtspraktikumsgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.54.58

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause an den Fernsehgeräten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider ist jetzt Kollege Schennach nicht mehr da, der sich gerade vorhin bei der Regierungs­erklärung so sehr darüber alteriert hat und gemeint hat, dass es nicht stimmen würde, dieses Lehrerdienstrechtspaket als Sparpaket zu bezeichnen. (Bundesrätin Mag. Kurz:


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Es stimmt auch nicht!) Es stimmt aber: Dieses Lehrerdienstrechtspaket ist ein Sparpa­ket! Und man soll es auch so nennen, man soll sagen, wie es ist, und es nicht ver­stecken.

Das hat übrigens die Ministerin Gehrer auch einmal gemacht. Auch sie hat gekürzt (Bundesrätin Mag. Kurz: Wo wird denn gekürzt?) und hat dann so getan, als ob das al­les notwendige Dinge wären. In Wirklichkeit war es sehr wohl auch ein Sparpaket, was wir ja durchaus auch damals schon erkannt haben.

Wir haben 1 700 – nicht ausschließlich, aber fast durchwegs – negative Stellungnah­men, die wenig Widerhall in diesem Dienstrechtspaket gefunden haben. Und ich frage mich schon – seit mindestens fünf Jahren wird darüber gesprochen (Bundesrätin Mag. Kurz: Seit zehn!), wird darüber auch immer wieder verhandelt –, warum man jetzt nicht noch ein bisschen mehr Zeit gehabt hat, all die Bedenken zu berücksichtigen, die auch per E-Mail zum Ausdruck gebracht wurden. Wobei ich schon anmerken möchte, es waren zum Teil wirklich sehr interessante, auch sehr qualitätsvolle E-Mails – ich ha­be mir nämlich wirklich fast alle angeschaut –, es war aber auch so eine akkordierte Aktion von Dienststellenausschüssen (Bundesrätin Mag. Kurz: So ist es!) oder was weiß ich, wo ich wirklich sagen muss: Liebe Damen und Herren von der Gewerkschaft, von welcher Seite auch immer, das war kontraproduktiv! (Beifall bei der FPÖ. – Bun­desrätin Mag. Kurz: Genau! Das stimmt wirklich!)

Ich bin wirklich gegen dieses Lehrer-Bashing, wie es auch stattgefunden hat, aber das ist wirklich in einer Art und Weise passiert – es war immer das gleiche Mail, immer der­selbe Text –, wo ich sage, da wende ich mich ab und da ist mir das Anliegen gar nicht mehr so ein Anliegen. Das heißt, weniger ist mehr, und es bringt gar nichts, Tausende Mails mit demselben Wortlaut zu verschicken. Ganz sicherlich bringt man die Leute damit nicht dazu, die Dinge dann etwas anders zu sehen oder darüber nachzudenken, ob man sie anders sehen sollte.

Aber, wie gesagt, es waren auch sehr viele gute E-Mails dabei. Und es waren ja nicht nur Lehrer, die uns welche geschickt haben, es waren auch Eltern und Schüler, was zeigt, wie groß die Besorgnis ist, dass hier ein Qualitätsverlust im Bildungswesen statt­findet. Und nach meinem Dafürhalten und nach dem Dafürhalten der Freiheitlichen ist es ein Qualitätsverlust im Bildungswesen, wenn es so beschlossen werden soll, wie man es heute vorhat.

Was sind die Kritikpunkte im Konkreten? – Es beginnt schon einmal damit, dass eine volle Unterrichtsverpflichtung im eigentlichen Praktikumsjahr stattfinden soll. Das ist für einen Junglehrer – und gerade Sie, Frau Ministerin, müssten ja am meisten Verständ­nis dafür haben, Sie haben ja selber einmal unterrichtet, das heißt, Sie wissen ja, von welchen Situationen wir hier sprechen – wirklich eine ordentliche Herausforderung. Dies ist eine Zeit, wo der Junglehrer sich eigentlich noch orientieren muss – er hat zwar theoretisch alles gelernt, aber jetzt muss er es einmal praktisch umsetzen. (Bun­desministerin Heinisch-Hosek: Und hat einen Mentor an seiner Seite, oder eine Men­torin!) Wir wissen auch, dass zwischen Theorie und Praxis eben ein bisschen ein Un­terschied ist.

Jetzt gibt es natürlich Mentoren, die diese Junglehrer begleiten (Bundesrätin Mag. Kurz: Genau!), leider sind es aber drei Lehrer auf einen Mentor. Viel vernünftiger wäre es, je­der hat einen (Bundesrätin Mag. Kurz: Mehr ist immer besser!), der ihn quasi – im übertragenen Sinn – an der Hand nimmt und in die neue Berufswelt einführt.

Daneben verlangt man aber auch noch, dass der Junglehrer das Masterstudium absol­viert, weil wir jetzt alles auf „Master“ machen müssen. Wir müssen ja alles akademi­sieren, wobei ich zugebe, dass wir bei der Pädagogenausbildung Neu schon daran ge­zweifelt haben, dass der künftige Volksschullehrer der bessere Volksschullehrer sein


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wird, weil er länger studieren muss und dann einen Master hat, denn keiner konnte uns wirklich sagen, was er in der Mehrzeit wirklich auch an Mehr lernen soll. Wir haben her­vorragende Volksschullehrer, es stellt sich daher schon diese Frage. Aber okay, Sie haben eine Mehrheit, es ist Ihr gutes Recht, das zu wollen, es ist auch Ihr gutes Recht, darüber abstimmen zu lassen und dann eben zu einem Mehrheitsbeschluss zu kom­men, wonach eben jetzt alles akademisiert wird. (Bundesrätin Mag. Kurz: Gott sei Dank!)

Jetzt soll der Junglehrer, der erst kurz unterrichtet, nebenbei das Master-Studium ma­chen. Es ist für jeden „normalen“ Arbeitnehmer eine Herausforderung, wenn er neben seinem Beruf – sei es zum Beispiel im Büro – an der Fachhochschule oder an der Uni­versität berufsbegleitend ein Studium fertig macht. Jeder, der das schon einmal ge­macht hat, weiß, wie herausfordernd das ist, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Freunde, für die Familie und so weiter.

Es gibt aber unterschiedliche Situationen. Der Lehrerberuf ist wesentlich herausfor­dernder, nämlich auch psychisch. Es ist ein Unterschied – ich möchte jetzt aber na­türlich nicht die Bürojobs schlechtreden, aber es ist trotzdem ein Unterschied –, ob ich in einem Büro sitze, auch mit allen Anforderungen, oder ob ich einen ganzen Vormittag oder bis zum Nachmittag eine Klasse zu unterrichten habe. Es kommt natürlich auch darauf an, wie alt die Schülerinnen und Schüler sind. In der Volksschule geht es noch ein bisschen leichter, wenn sie in der Pubertät sind, wird es ein bisschen schwieriger, das wissen wir alle, auch wenn wir keine Lehrer sind, von den eigenen Kindern. Das ist schon wirklich eine Herausforderung, und jetzt müssen die Lehrer daneben auch noch ein Masterstudium machen – und wir erwarten, dass das alles funktioniert. Also da werden die Ersten schon aufgeben, noch bevor sie ein Studium begonnen haben.

Das gilt jetzt vor allem für die AHS-Lehrer und die BHS-Lehrer. Die Pflichtschullehrer sind von diesem Paket jetzt nicht so direkt betroffen, denn die haben ja schon dieses Jahresarbeitszeitmodell. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Das war damals mit den Lehrern abgesprochen, und das war eine gute Maßnahme, es mit den Lehrern zu diskutieren und dann abstimmen zu lassen, aber selbstverständlich hat es natürlich auch damals Kritik gegeben. Auch damals war nicht alles Happy Pepi, nicht alle Lehrer haben gesagt: Wunderbar!, sondern es gab auch Kritik, das werde nicht funktionieren, das sei viel zu viel, wie sollten sie das machen. – Heute sagen die Pflichtschullehrer, sie seien durchaus zufrieden mit diesem A-, B- und C-Topf, er spiegle das in etwa wi­der, was sie tatsächlich leisten.

In den Medien ist das so kolportiert worden – und das finde ich wirklich perfide –, dass eigentlich alle Lehrer faul sind, eigentlich alle nur aus einem einzigen Grund Lehrer geworden sind, und der heißt Juli und August. Sie arbeiten ohnehin nur 17 Stunden oder vielleicht auch 20 – also wieso regen sie sich denn jetzt auf, wenn sie vier Stun­den mehr arbeiten müssen?

Da muss man jetzt genau unterscheiden. „Unterrichten“ und „an der Schule sein“, das sind zwei unterschiedliche Dinge. Wenn jetzt vier Stunden mehr unterrichtet werden müssen – und darum ist es auch ein Sparpaket –, dann sind mehr Klassen zu unter­richten. Der Lehrer hat somit mehr Schüler, aber weniger Zeit für den einzelnen Schü­ler auf der einen Seite, auf der anderen Seite reduziert sich natürlich mit der Stunden­erhöhung auch das Gehalt, und das wird nicht ausgeglichen. Man kann nicht sagen, weil es am Anfang höher ist, flacht es dann ab – was ja grundsätzlich vernünftig ist –, und es bleibt trotzdem unterm Strich gleich viel. Das ist einfach unwahr! Viele Lehrer haben uns gesagt, es sei überhaupt nicht ihr Problem, länger an der Schule zu sein. Darum geht es nicht, vier Stunden länger an der Schule seien nicht das Problem, das Problem sei dieses Mehr an Unterricht, das letzten Endes weniger Zeit für den Schüler bringt. (Beifall bei der FPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 73

Nächster Kritikpunkt: der fachfremde Unterricht. Es wird jetzt gleich der Einwand kom­men, das ist auch jetzt schon geltende Rechtslage, das kann man jetzt auch schon ma­chen. (Bundesrätin Mag. Kurz: Ja, genau!) – Leider, muss ich sagen, zum Teil leider.

Es gibt natürlich immer wieder Momente im Schulleben, dass man sagen muss, es muss schnell jemand einspringen. Er unterrichtet dann drei Wochen lang Chemie, weil ein anderer krank ist und es diese Reservepools, diese Supplier-Reservepools nicht mehr gibt und so weiter. Jetzt aber reden wir von einer Unterrichtsverpflichtung von bis zu einem Jahr. Erst nach einem Jahr muss der Betreffende gefragt werden, ob er das überhaupt will.

Es stellt sich auch die Frage, wie qualitätsvoll der Unterricht an einer AHS-Unterstufe und viel mehr noch an einer Oberstufe gestaltet wird. Ich ziehe jetzt nicht den Vergleich heran, dass der Turnlehrer dann Chemie unterrichtet, aber vielleicht muss ja der Deutschlehrer Chemie unterrichten, ein Fach, für das er nicht ausgebildet ist. Wir kön­nen davon ausgehen, dass ein Deutschlehrer an einer AHS – der Matura hat, ein Stu­dium gemacht hat – durchaus noch einiges von seiner Schulzeit weiß, aber das ist ein­fach zu wenig. Es ist einfach zu wenig! Man darf erwarten, dass in der Schule ein qua­litätsvoller Unterricht stattfindet, denn es sind unsere Kinder, unsere Jugendlichen, die gerüstet sein müssen für einen globalen Wettbewerb von morgen. Auch wenn wir die globalisierte Welt vielleicht nicht wollen oder nicht so toll finden, es gibt sie – man muss der Wirklichkeit ins Auge sehen –, und wir werden sie nicht per Dekret abschaffen kön­nen.

Das heißt, unsere jungen Menschen müssen gerüstet sein. Gerüstet zu sein für einen Wettbewerb heißt auch, gebildet zu sein, zu verstehen, worum es eigentlich geht. Es geht ja nicht nur um Wissen, sondern auch um Bildung, darum, zu hinterfragen: Was ist das? Worum geht es? Wie kann man es besser machen? Stimmt das, was die an­deren sagen? Und so weiter und so weiter, ich glaube, darin sind wir uns weitgehend einig. Irgendwo spießt es sich dann nur immer wieder bei der Umsetzung, weil Sie das anders sehen als wir, was in einer Demokratie aber eben so ist.

Das ist wirklich ein Wahnsinn. Wenn man einen fachfremden Unterricht zur Institution macht, dann kann ich nur sagen: Das wird in die Hose gehen. Dann wird unser Bil­dungssystem, das immer noch ganz gut ist, einfach nicht mehr das sein, was es ist, und das kann nicht unser Ziel sein!

Das Nächste, das fehlt, das in diesem Zusammenhang fehlt, und ich sage das nicht zum ersten Mal hier von diesem Pult aus: Der Lehrer ist dazu da, zu unterrichten. Dass er heute schon vielfältige Aufgaben, die eigentlich die Gesellschaft, die Eltern wahrneh­men sollten, übernehmen muss, ist traurig genug, ist schlimm genug. Dadurch geht schon viel Zeit für die Wissensvermittlung verloren, wobei ich nicht sage, dass Erzie­hung mit Unterrichten nichts zu tun hat, aber es kommt halt darauf an, in welchem Aus­maß. Muss er bei den Schülern bei null anfangen oder kann er irgendwo weiterführend und begleitend tätig sein?

Dazu fehlt einfach das Begleitpersonal. Das, was in dem Paket festgeschrieben wor­den ist, wird zu wenig sein. Es braucht wirklich zusätzliches Personal, das den Lehrern den Verwaltungskram abnimmt, Personal, das bei „schwierigen“ Schülern psycholo­gisch eingreift. Es braucht Sozialarbeiter, und es wäre auch ganz gut – in Finnland gibt es das –, sogenannte Assistenten – das sind in den meisten Fällen Eltern – zu haben, die keine Fachausbildung haben müssen, sondern einfach nur begleitend irgendwohin mitgehen, zu einem Lehrausflug oder was auch immer. Das alles fehlt, und das alles wird auch durch das neue Dienstrecht nicht mehr werden. Darunter werden wir noch sehr, sehr, sehr leiden.

Ebenso werden wir auch noch darunter leiden, dass sich viele überlegen werden, ob sie wirklich noch Lehrer werden wollen. Es könnte uns passieren, dass wir in eine Si-


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 74

tuation kommen, die Vorarlberg schon einmal hatte (Zwischenruf des Bundesrates Mayer), nein, Entschuldigung, die die Schweiz schon einmal hatte. Entschuldigung, die Schweiz war in dieser Situation und hat sich dann Lehrer aus Vorarlberg geholt. Bay­ern hatte das Problem auch schon einmal, weil niemand mehr Lehrer werden wollte, weil es zu unattraktiv war. Darüber hinaus werden in den nächsten Jahren bei uns viele Lehrer in Pension gehen, und da frage ich mich: Wie wollen Sie die ersetzen, wo sollen die alle herkommen?

Also man muss den Lehrberuf schon auch attraktiv machen. Das muss nicht nur im Be­reich des Gehalts und der Rahmenbedingungen geschehen, sondern es werden in den Schulen, wenn die Lehrer länger in der Schule sein sollen, auch adäquate Raumver­hältnisse erforderlich sein, die auch nicht gegeben sind. Fünf Quadratmeter Schreib­tisch, das wird sicherlich nicht genügen. Wir müssen auch danach trachten, dass der Lehrerberuf in der Gesellschaft wieder seinen Platz findet. Das Gehalt, das wissen wir, ist zwar auch wichtig, man muss ja von irgendetwas leben, aber es ist nicht das Um und Auf. Das Um und Auf ist schon die soziale und gesellschaftliche Anerkennung. Wenn wir so weitertun – an dieser Stelle auch mein Appell an die Medien –, wenn die Medien weiterhin so auf die Lehrer einprügeln und sagen, die seien eh alle unnötig und faul – wobei man sich von den wirklich faulen, die es natürlich auch gibt, leicht trennen kann –, dann wird sich bald wirklich niemand mehr finden.

Ich kann Ihnen sagen, ich merke im Stadtschulrat für Wien bei den Direktorenbestel­lungen, weniger im AHS- und BHS-Bereich, aber im Pflichtschulbereich, dass sich kaum noch jemand findet, der Direktor werden will. Es werden Schulen dreimal ausge­schrieben, damit sie wenigstens zwei Bewerber haben. Manche – auch diese Situation gab es schon – waren froh, dass sie überhaupt einen gefunden haben. Da stimmt doch irgendetwas nicht im System! Es kann ja nicht sein, dass das so arg geworden ist, dass jeder sagt: Nein, das tue ich mir wirklich nicht an! – Das heißt, da muss man an­setzen.

Etwas, das ich hier auch schon öfter gesagt habe – und ich wiederhole es heute wie­der –: Wir müssen dafür sorgen, dass die Lehrerbildung gut aufgestellt ist. Nicht jeder, der Lehrer werden will, muss Lehrer werden können. Lehrer sein ist auch eine Beru­fung, das ist nicht irgendein Job, den jeder machen kann, dazu muss man auch eine gewisse Begabung haben. Sie sollen dann in Ruhe unterrichten, und niemand redet drein und sagt ihnen, wie es geht und wie sie ihre Pädagogik- oder ihre Unterrichts­stunde zu gestalten haben.

Das Mitspracherecht der Direktoren bei der Lehrerbestellung ist im Paket mitenthalten, aber ich finde, es sollte noch viel stärker sein. Die Direktoren sollten eigentlich die Ma­nager ihrer Lehrer sein. Sie sollten unangemeldet kontrollieren, das, was die Schul­inspektoren eigentlich tun sollten, aber nicht tun. Ich kenne das von einer Schule in Wien. Frage von einer Lehrerin an den Landesschulinspektor: Wann kommst du uns denn wieder besuchen? – Antwort des Landesschulinspektors an die Lehrerin: Ihr ladet mich ja nie ein.

Das ist nicht Kontrolle. Die Kontrolle an einer Schule sollte der Direktor machen. Er sollte sich seine Lehrer anschauen und ihnen auch ein Feedback geben. Er sollte sa­gen, was gut gemacht wird – auch ein Lehrer will gelobt werden, er ist ja meistens ein Einzelkämpfer –, aber man muss ihm natürlich auch sagen, wenn es in die falsche Richtung läuft, und ihn dazu anhalten, dass er sich entsprechend nachqualifiziert oder nachschulen lässt. Damit wäre, glaube ich, schon wirklich sehr viel gewonnen.

Es wäre auch richtig gewesen – ich verstehe eigentlich nicht, warum das nicht gelingen konnte –, auch für die AHS und die BHS ein Jahresarbeitszeitmodell zu erstellen, weil dann die Diskussion über Nachbereitung, Vorbereitung, zusätzliche Aufgaben und Mü­hen, die sich Lehrer machen, wenn sie sich überlegen, wohin sie auf Landschulwoche


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fahren, was sie dort machen, wie man ein Projekt unterrichten kann, wie man dieses und jenes für die Schüler interessanter machen kann, wegfiele. Was tut der eigentlich, der unterrichtet ja eh nur so und so viele Stunden?, diese Diskussion ist im Zusam­menhang mit den Pflichtschullehrern eigentlich ziemlich verstummt.

Es ist wirklich schade, dass das nicht gelungen ist. Es gab zwar einige Abänderungs­anträge, noch im Zuge der Expertenhearings und der Nationalratssitzung, die aber noch immer zu wenig sind. Man muss wirklich sagen, man hätte sich noch ein oder zwei Monate Zeit lassen können, um dann wirklich ein Lehrerdienstrecht vorzulegen, mit dem alle einigermaßen leben können. Es ist leider ein Zeichen der alten Regierung gewesen und es ist leider auch ein Zeichen der neuen Regierung, dass sie genau das nicht macht. Dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn die Leute verärgert sind, wenn sie frustriert sind und Sie das nächste Mal bei den Wahlen einmal mehr abge­straft werden. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

12.12


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Vizeprä­sidentin Mag. Kurz. – Bitte.

 


12.12.47

Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher, an die ich mich heute in besonderem Maße wende, und zwar deshalb, weil ich wie alle meine Kolleginnen und Kollegen in den letzten Wochen wahrscheinlich Tausende Mails bekommen habe und es uns natürlich völlig unmöglich war, wirklich seriös zu antworten, nicht einmal auf die wenigen – für mich sind es nicht gar so viele –, die sich wirklich seriös mit der Materie auseinandergesetzt haben. Aber vielleicht sitzt ja der eine oder andere Geschichtslehrer momentan mit seinen SchülerInnen im Klas­senzimmer vor dem Fernsehgerät, oder auch jemand, der Politische Bildung unterrich­tet, und bringt sozusagen das Parlament ins Haus, in die Schule hinein. So können sich vielleicht die Schülerinnen und Schüler ein etwas objektiveres Bild machen, als das, was ihnen in den letzten Wochen darüber, was wir heute hier beschließen wer­den, vermittelt worden ist.

Ein Wort noch zu diesen Mails. Ein bisschen traurig finde ich es schon – ganz ehrlich –, dass von den vielen, vielen Mailverfassern ungefähr 99 Prozent die Mitglieder des Bun­desrates mit den Nationalratsabgeordneten gleichsetzen. – So viel zum Thema Politi­sche Bildung, das bei uns ein Unterrichtsprinzip ist, und somit auch jeder Pädagoge und jede Pädagogin wissen sollte: Das ist nicht dasselbe. (Bundesrat Kneifel: Oder auch: Sehr geehrte Regierungsmitglieder!) – Genau, das auch. Es werden auch jetzt noch Mails verschickt, obwohl das schon längst im Nationalrat beschlossen worden ist. Also man weiß nicht so genau, was da los ist. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber heute können wir noch einen Einspruch erheben!) Ja, aber sie wenden sich ja nicht an uns, sondern sie wenden sich an die Nationalratsabgeordneten. – Okay, gut, sei’s drum.

Ich rede heute hier nicht nur als Politikerin, das möchte ich gleich zu Beginn dieser Re­de wirklich betonen, ich rede auch als Professorin. Seit ein paar Jahren darf auch ich diesen Titel führen, früher durften das nur pragmatisierte Lehrerinnen und Lehrer. Seit ein paar Jahren dürfen das auch Vertragslehrerinnen und -lehrer, und eine solche bin ich. Ich unterrichte seit vielen, vielen Jahren, stehe also eher am Ende meiner berufli­chen Schullaufbahn. Ich unterrichte Deutsch und Englisch in einer HTL, 10 Wochen­stunden. Das nur, damit allen klar ist, dass ich weiß, wovon ich rede, wenn ich jetzt rede.

Wir reden heute über die Dienstrechts-Novelle aller PädagogInnen, und deshalb be­schränke ich mich auch auf dieses Thema, wiewohl das Schulthema natürlich viele, vie-


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le, viele Themen hätte. Aber man kann, sage ich einmal, in einem Gesetz nicht alles un­terbringen, also beschränke ich mich auf diese Novelle, die unbedingt notwendig ist, da­zu, glaube ich, wird wohl keiner sagen: Nein, das ist nicht so.

Das Gesetz besteht seit dem Jahr 1948 und ist jetzt über zehn Jahre neu verhandelt worden. Irgendwann einmal ist Schluss, irgendwann einmal muss man auch einen Schritt setzen. Es wird der Politik immer wieder vorgeworfen, sie sei zu zögerlich, sie treffe keine Entscheidungen – dann trifft man einmal eine Entscheidung, und es passt auch wieder nicht! Also ich bin für Entscheidungen, für klare Entscheidungen, und die werden wir heute glücklicherweise auch treffen. Daran werden auch die Freiheitlichen und glücklicherweise auch die grüne Fraktion nichts ändern. Bei den Freiheitlichen ver­stehe ich es noch irgendwie, denn Opposition aus Fundamentalismus sozusagen ist ein Prinzip, das hier herrscht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ja, leider, leider; ja. Bei den Grünen verstehe ich es noch weniger, und ich bin schon auf die Debattenbeiträge ge­spannt: darauf, ob irgendjemand von euch einmal erklären kann, warum ihr dagegen seid.

Klar ist – das wurde im Ausschuss klargestellt und heute auch von meinem Kollegen Schennach schon angesprochen –: Nein, das ist kein Sparpaket! Daran ändert sich nichts, wenn ihr es auch noch so oft sagt. Mathematik lässt sich ebenso wenig wie so manch anderes Fach verbiegen. Als „Sparpaket“ bezeichne ich – ich weiß nicht, wie es Ihnen da geht –: Ich gebe weniger Geld aus. Das ist ein Sparpaket. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wenn ich mehr Geld ausgebe, dann nenne ich das „Investitionspaket“. Und ein solches ist es in Wirklichkeit: ein Investitionspaket in die Zukunft unserer Kinder! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ebenso: Nein, werte Kolleginnen und Kollegen, es gibt auch keinen Qualitätsverlust! Woher soll denn ein Qualitätsverlust kommen? Weil die Lehrerinnen und Lehrer länger ausgebildet werden, deshalb gibt es dann weniger Qualität im Unterricht? – Also ich verstehe das gar nicht.

Ich werde auf die Sachthemen im Einzelnen eingehen, nur eines noch vorab, bevor ich zu diesen Einzelthemen komme. Was ich nicht richtig finde bei all diesen Diskussio­nen – eigentlich ist es verantwortungslos, ganz ehrlich –, ist, den Schülerinnen und Schülern Angst zu machen. Das finde ich wirklich nicht in Ordnung. Auch den Eltern Angst zu machen, dass ihre Kinder nicht mehr ordentlich unterrichtet werden, so etwas ist einfach nicht angebracht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ausgangsbasis ist: gleiche Ausbildung für alle Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben das hier beschlossen. Ob das jedem passt oder nicht, sei irgendwie dahingestellt, es gibt einen Beschluss. Es geht dabei um mehr Ausbildung. Ich habe viele Mails bekommen, in denen behauptet wurde, die LehrerInnen seien nicht mehr ordentlich ausgebildet. – Also, ich weiß nicht, vier Jahre Bachelor-Ausbildung plus 1 bis 1,5 Jahre Master kön­nen doch nicht weniger sein als bisher. Es waren auch bisher fünf Jahre. Was ist daran weniger? Ich wüsste nicht, was.

Gleiche Ausbildung. – Wir haben lange darum gerungen, und ich möchte mich an die­ser Stelle auch noch einmal bei der nicht mehr im Amt befindlichen Unterrichtsminis­terin für dieses letzte Gesetz bedanken (Beifall bei Bundesräten der SPÖ), das in ihrer Ära hier herinnen noch wirklich errungen worden ist, das uns hilft, für die Zukunft die Pädagoginnen und Pädagogen wirklich auf eine gleiche Stufe zu stellen, egal wo sie unterrichten. Dieses Gesetz führt zwangsläufig dazu, dass die Pädagoginnen und Pä­dagogen auch gleich bezahlt werden.

Entschuldigt, was soll denn das heißen? Sie sollen zwar gleich ausgebildet werden, aber sie dürfen nur unterschiedlich viel verdienen, weil die einen „nur“ die kleinen Kin­der unterrichten und solche wie ich zum Beispiel die großen, die in der Pubertät sind?


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Ja, das ist manchmal ganz schön mühsam, aber glaubt mir, als VolksschullehrerIn 25 SchülerInnen – die Hälfte kann noch nicht einmal Schuhbänder binden –, sozusa­gen einen Sack voll Flöhe zu hüten, ist nicht weniger anstrengend. Nein, KollegInnen, das ist nicht weniger anstrengend. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Lehrer bekommen also in Zukunft das gleiche Gehalt. Irgendjemand behauptet im­mer, das ist weniger. Ich weiß nicht, wieso das weniger sein soll. Das ist wirklich grund­legendes Rechnen, da sage ich jetzt schon gar nicht mehr Mathematik dazu, denn das ist Grundlagenrechnen. Das lernt man vielleicht nicht unbedingt in der Volksschule, aber in der Hauptschule auf jeden Fall. Auf jeden Fall haben wir dort gelernt, dass mehr Geld mehr Geld ist. Niemand kann das als weniger bezeichnen.

Ich bringe Ihnen jetzt ein Beispiel: Eine Lehrerin, so wie ich (Zwischenruf der Bundes­rätin Mühlwerth), Kollegin, eine junge Lehrerin – sagen wir einmal, sie ist jung und fängt jetzt an –, unterrichtet Deutsch und Englisch und ist noch keine Klassenvorstän­din, weil sie für die Klassenvorstandstätigkeit noch zu jung ist. Sie unterrichtet jetzt dann 22 Wochenstunden, weil sie diese Zulagen ja nur begrenzt bekommt. Sie muss alle Stunden unterrichten, hat sonst keine Tätigkeiten – 22 Wochenstunden –, dafür bekommt sie 2 400 € Grundgehalt und 660 € Zulagen für ihre Fächer Deutsch und Englisch. Sie verdient 3 060 € im dritten Dienstjahr. – Das verdiene ich in meinem 20. Dienstjahr! Ja, das ist so, und Sie glauben, dieser Beruf ist unattraktiv für junge Menschen? – Ich glaube das nicht.

Wir hier herinnen beschweren uns immer und immer wieder. „Generation Praktika“ sa­gen wir zu den Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen. Wir schaffen end­lich ein System, damit Leute, die von einer Universität kommen, gleich eine Anstellung bekommen, volles Gehalt bekommen und den Beruf, für den sie ausgebildet worden sind, auch ausüben – und das passt wieder nicht? Also was, bitte, passt dann eigent­lich? – Das zu diesem Thema.

Zum Thema Arbeitszeit, ein bisschen vertiefend: Im Laufe eines Schuljahres werden 2,75 Millionen Überstunden geleistet, alleine von den 42 000 AHS- und BHS-Lehrerin­nen und -Lehrern, die schließlich auch nicht zusammenbrechen unter der Last ihrer Stunden. Bei mir würde das zum Beispiel bedeuten, bei einer vollen Lehrverpflich­tung – wenn man wirklich alle diese Stunden auf alle Lehrer ganz gleich aufteilt –, ich müsste 1,6 Stunden mehr unterrichten pro Woche. – Ja, fällt das überhaupt auf? Fällt das ins Gewicht? Hunderte SchülerInnen muss ich da mehr unterrichten? Ich weiß nicht, wo da die Rechenkünstler in diesem Hause sind, vor allem in der Opposition.

Eines möchte ich auch klar und deutlich sagen: Selbst wenn ich eine Klasse mehr un­terrichte, oder auch zwei, und 30 oder 40 SchülerInnen mehr habe, bedeutet das nicht, dass ich für den einzelnen Schüler weniger Zeit habe, weil ich ja in dieser Zeit in der Klasse stehe. Das persönliche Gespräch mit dem Schüler – Individualisierung – führe ich während meiner Unterrichtsstunde und nicht zu einer anderen Zeit – außer Dinge, die man sowieso macht, weil man viele Sachen außerhalb des Unterrichts macht. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Da hat man deshalb nicht weniger Zeit für den Einzelnen, weil er ja in der Klasse sitzt und ich vor ihm stehe oder neben ihm sitze oder was auch immer. Also alle diese Behauptungen stimmen schlichtweg einfach gar nicht.

Ich kann kein Masterstudium machen, weil ich so viel arbeiten muss. – Hmm! Also ich habe eine Mail gekriegt, die ich wirklich beantwortet habe. Da hat mir eine Lehrerin ge­schrieben, eine AHS-Lehrerin – „Professorin“ muss ich sagen –, sie hat eine volle Lehr­verpflichtung, auch Deutsch und Englisch, das sind 17 Stunden, sie arbeitet 80 Wo­chenstunden. – Ich habe ihr geschrieben, sie soll sich überlegen, ob sie den falschen Beruf gewählt hat, ganz ehrlich, denn wer für 17 Unterrichtsstunden 80 Wochenstun­den arbeitet, der hat irgendwie gar nicht begriffen, was er da in seinem Leben tut. (Bun-


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desrätin Mühlwerth: Aber laut SORA-Studie arbeiten sie ! – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Heinisch-Hosek.)

Ich habe 30 Dienstjahre, ich kenne so viele Kolleginnen und Kollegen: Der Schnitt sind 40 Wochenarbeitsstunden, die man für so einen Unterricht braucht. Es gibt natürlich Wochen, wo man Hefte von drei Maturaklassen liegen hat, da arbeitet man sicher 60, 70 Stunden; aber das ist nicht jede Woche so. Man kommt also locker mit einer
40-Stunden-Woche übers Jahr gerechnet aus, denn man kann ja selber eine Jahres­rechnung machen, man braucht ja nicht jemanden, der einem sagt: Das ist deine Jah­resarbeitszeit! Ich weiß ja selber, was meine Jahresarbeitszeit ist.

40 Stunden in der Woche arbeite ich also, dann bleiben mir immer noch 80 Stunden zu meiner freien Verfügung übrig; 80 Wochenstunden, die ich verwenden kann, wie ich will. Wenn ich jetzt eine junge Lehrerin, ein junger Lehrer bin, ist es mir dann nicht zu­mutbar, dass ich fünf Stunden pro Woche für meine Weiterbildung verwende? – Dann sollte ich diesen Beruf auch nicht wählen, denn Weiterbildung und Fortbildung sind das Gebot der Stunde, und das ist von jedem zu verlangen – von jedem hier herinnen und von jedem, der einen pädagogischen Beruf ausüben will. (Zwischenruf der Bundesrä-
tin Mühlwerth.)

Insofern sehe ich überhaupt kein Problem, das Masterstudium berufsbegleitend zu ma­chen – aber es muss ja gar nicht sein. Jeder und jede kann ja sagen: Ich mache zuerst alles fertig und gehe dann in den Unterricht! – Passt auch, passt alles; also das ist alles kein Problem. Hier werden Probleme geschaffen, die mit Sicherheit gar keine sind.

Zum Thema fachfremder Unterricht: Das ist auch so etwas, wo ich mir denke, da werden Schreckgespenster in den Raum gestellt. Das gibt es bereits seit Ewigkeiten, das hat aber auch seine Grenzen, da bin ich völlig Ihrer Meinung. Ich war jetzt gerade auf einer Tagung, weil ich Pilotlehrerin für die mittleren Berufsschulen bin – ich erkläre jetzt nicht, was das ist –, und da habe ich eine junge Kollegin getroffen, die irgendwo in Oberösterreich unterrichtet. Diese Kollegin hat nicht einmal an der Hochschule studiert, sie hat vier Fächer abgeschlossen. Was sie nicht abgeschlossen hat, ist zum Beispiel Deutsch. Sie unterrichtet 27 Stunden, macht das Pädagogikum an der Hochschule fer­tig, und muss Deutsch in einer Oberstufe unterrichten. Könnt ihr euch das vorstel­len?! – Das nenne ich grenzwertig, ganz ehrlich. Das gibt es aber jetzt schon (Bundes­rätin Mühlwerth: Das gibt es aber öfter, das ist kein Einzelfall!), das gibt es in Zukunft dann hoffentlich nicht mehr so oft.

Wieso unterstellt ihr einem Direktor oder einer Direktorin, nicht zu wissen, wofür sie ih­re Lehrerinnen und Lehrer einsetzen? – Nein, ich werde als Deutschlehrerin nicht ein­gesetzt werden, um Chemie oder Physik zu unterrichten, weil ich das wahrscheinlich wirklich nicht kann. Ich traue mir aber ohne Weiteres zu, einmal eine Zeit lang Ge­schichte zu unterrichten oder Geographie oder Politische Bildung oder sonst ein geis­teswissenschaftliches Fach, und die Naturwissenschaftler werden für die Naturwissen­schaften eingesetzt – wenn es notwendig ist.

Ein Schulsystem ist ja nicht etwas, das nicht lebt und wo die Leute nicht miteinander reden. Ein Direktor weiß ja, was die Leute können, und sie werden auch so eingesetzt. Das brauchen sie auch nur ein Semester lang zu tun – nein, nicht ein Jahr, ein Se­mester; das ist wieder so ein mathematisches Problem, das man irgendwie auseinan­derteilen muss –, und dann können sie sagen: Tut mir leid, das überfordert mich!, dann wird man eine andere Lösung suchen. Wollen tut das eh keiner. Wir wollen, dass es genügend ausgebildetes Fachpersonal gibt, aber es wird diese Engpässe das eine oder andere Mal in der einen oder anderen Schule geben. Und glaubt mir: Die jungen Lehrerinnen und Lehrer, und auch die älteren, haben ausreichend bewiesen, dass sie durchaus fähig sind, mit solchen Situationen fertigzuwerden.


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Zwei Punkte noch: Ich möchte mich bedanken, ganz ehrlich. Ich möchte mich auch be­danken bei all den Lehrerinnen und Lehrern, die hier jetzt nicht nur protestiert haben, sondern die ihren Unterricht machen – täglich, stündlich – und gute Arbeit leisten, egal, ob sie in einer Volksschule sind, in einer Neuen Mittelschule, in einer Hauptschule, in der Sekundarstufe I oder II. Da gibt es ganz, ganz viele, die niemals darauf schauen, dass sie genau 22 Stunden im Unterricht sind und 40 Stunden in der Woche brauchen, sondern die unzählige Projekte machen. Diese Stundenklaubereien, das machen die Lehrerinnen und Lehrer eigentlich gar nicht, weil sie ihre Arbeit ja gerne machen. Sie nehmen an Wettbewerben teil, sie beschäftigen sich mit Umweltthemen, mit Nachhal­tigkeit et cetera.

Ich alleine mache nebenbei zwei Projekte. Ich mache ein Comenius-Projekt – alle, die Comenius-Projekte kennen, wissen, wie viel Arbeit das ist –, und ich fahre auf Sprach­woche. Ich habe Gender Mainstreaming an einer Schule eingeführt, und, und, und – Hunderte Themen, die Lehrerinnen und Lehrer tagtäglich machen, die sich niemals da­rüber aufregen, ob sie da jetzt eine Stunde mehr oder weniger dafür brauchen.

Deshalb wende ich mich zu guter Letzt an alle, die daran denken, auf Lehramt zu stu­dieren oder die schon im Studium sind: Nicht rausbringen lassen! Es ist einer der al­lerschönsten Berufe, die man haben kann, wirklich! Ich spreche aus Erfahrung, und ich weiß es von vielen Kolleginnen und Kollegen. Man ist frei in der Entscheidung, was man jeden Tag tut im Unterricht. So viel Freiheit hat man fast nie in einem Beruf. Wie oft kommt jemand und schafft dir an, was man unterrichten muss? – In meinem ganzen Berufsleben ist mir das, glaube ich, noch nie untergekommen. (Bundesrat Kneifel: Bei dir traut sich niemand!) Es ist ein wunderbarer Beruf mit einer großen Verantwortung.

Lasst euch nicht verunsichern von der Opposition oder sonstigen Leuten, die glauben, sie wissen ganz genau, was ihr könnt; sie wissen es nicht! Macht diesen Beruf, er wird euch euer Leben lang Spaß machen! – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

12.29


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Dr. Reiter. – Bitte, Frau Kollegin. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

 


12.29.24

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Das war ein flammender Appell für das Lehrer-Dasein, den ich nur vollinhaltlich unterschreiben kann, aber ich weiß – und wir alle haben es jetzt mit diesen Mails erlebt –, welch große Verunsicherung, welch große Unruhe jetzt in diesem ganzen Bereich besteht. Ich kenne auch viele Rückmeldungen, gerade von engagierten Lehrern, die sich über Jahre für Projektunter­richt, für neue Formen des Unterrichtens eingesetzt haben und die nach diesen Jahren sehr frustriert sind, weil das nicht wertgeschätzt wird, und das drückt sich auch in die­sem Gesetz aus.

Bildung – das Wort ist in aller Munde – ist die Lösung für viele Fragen, und es ist ganz klar, dass die Voraussetzung für eine gute Bildung gute, motivierte, engagierte Päda­gogInnen sind, die für ihre Fächer brennen, die für ihre Aufgabe, für ihren Beruf bren­nen und das auch entsprechend vermitteln können, die aber eben auch Arbeitsbedin­gungen haben, um ihre Vorstellungen und ihr Engagement entsprechend umsetzen zu können. Also die Bedeutung der PädagogInnen ist wirklich unbestritten. (Vizepräsiden­tin Mag. Kurz übernimmt den Vorsitz.)

Gerade im Lichte dessen ist aber bei der Entstehung des Lehrerdienstrechts so ziem­lich alles danebengegangen, denn obwohl es dieses klare Bekenntnis gibt, obwohl auch ganz glaubhaft versichert wurde und nachzurechnen ist, dass es sich nicht um ein Sparpaket handelt, weil eben der finanzielle Aufwand steigt, und obwohl sicherlich


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Statistiken zu finden sind, die das besagen, und ich auch gelesen habe, dass heute mehr in Bildung investiert wird als je zu vor – pro Schüler und so weiter –, stehen wir jetzt, nach einem Lehrer-Bashing, das seinesgleichen sucht, vor einem Scherbenhau­fen mit doch sehr vielen demotivierten Lehrern.

Nach vielen Wochen und Monaten, ja, zehn Jahren Verhandlungen stehen jetzt Lehrer wegen zweier Stunden plus oder minus als faul da, sie werden auch gegeneinander ausgespielt. Wir haben verängstigte Studenten, die, so hoffe ich, auf den flammenden Appell meiner Vorrednerin hören, die aber jetzt glauben, ihren Beruf in Zukunft nicht mehr in der Form, wie sie es sich vorstellen, ausüben zu können. Wir haben besorgte Eltern, die sich auch gemeldet haben, die das Gefühl haben, dass ihre Kinder nicht mehr in guter Qualität unterrichtet werden. Und ich frage mich, wie viele Schüler da noch mit großem Zutrauen, mit großem Respekt in die Schule gehen und dort ihre Aus­bildung machen.

Die ganze Debatte ist für mich wirklich auch unfassbar. Ich bin ja selbst doch in einer anderen Zeit aufgewachsen: antiautoritäre Erziehung, Summerhill, Pestalozzi, Montes­sori, das ist ja noch um einiges älter. Das Rechnen in fragmentierten Unterrichtseinhei­ten von 50 Minuten, wo der Schüler frontal unterrichtet wird, sozusagen aufgespaltet, und was jetzt im Zentrum dieser Diskussion steht, ob der Lehrer 22 Stunden, 17 Stun­den oder eben 24 Stunden machen muss – das ist ja völlig uncool!, hätte man damals gesagt. Wo dann in diesem Lehrerdienstrecht der Platz ganz allgemein für Projektun­terricht ist, weiß ich nicht.

Es ist mir insofern auch unverständlich, als ja im Nationalrat dann noch Anträge nach­geschoben wurden, um diesem Druck und dieser Debatte zu entsprechen, die in die richtige Richtung gehen (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), wie der Ausbau von Unterstützungssystemen, von Schulpsychologie, von schulärztlichem Dienst, von Sozialarbeit, wie zum Beispiel, dass beim Um- und Neubau geeignete Arbeitsplätze für die Lehrer in den Schulen geschaffen werden sollen. – Ich frage mich nur: Warum gibt es dafür kein Bauprogramm? Wieso wird das im Nationalrat beim Beschluss des Leh­rerdienstrechts so nachgeschoben?

Ein anderes Beispiel ist das Bemühen um den Einsatz nichtpädagogischen Personals bei Verwaltungstätigkeiten. – Ja, warum nicht gleich? Warum ist es in zehn Jahren nicht ge­lungen, ein attraktives Paket mit all diesen Punkten zu schnüren, um zu verhindern, dass sich das in der öffentlichen Wahrnehmung auf Lehrverpflichtungen – 22 oder 24 Stun­den und ähnliche Dinge – reduziert?

Also ich glaube wirklich, man hat hier an einem Punkt etwas durchgezogen, das so in dieser Form nicht notwendig gewesen wäre. (Bundesrat Ing. Bock: Hätten wir nochmal zehn Jahre warten sollen, oder? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein, man hätte das mit größerer Attraktivität machen können, als es jetzt ist. (Bundesrätin Blat­nik und Bundesminister Dr. Ostermayer: Wie?)

Die Opposition hat da auch sehr konstruktiv – sehr konstruktiv! – einen Antrag verfasst, der im Nationalrat auch behandelt wurde, in dem man eben – nur um einen der zentra­len Punkte zu nennen – den Umstieg auf Ganzjahresarbeitszeit für die Lehrer gefordert hat, denn es ist schlicht und einfach so, dass man damit diesen Problemen von zu­sätzlicher Belastung, von Projektarbeit aus dem Weg geht, auch diesen Debatten, dass die Lehrer zu wenig arbeiten und zu wenig Zeit in der Schule verbringen. Man hat sich da an der OECD-Statistik orientiert, was die Jahresarbeitszeit für Lehrer betrifft, und da ist es ja auch klar, dass österreichische Lehrer überdurchschnittlich viel arbeiten, dass dieser Vorwurf also in keiner Weise gerechtfertigt ist.

Ich möchte diese Gelegenheit hier wahrnehmen und Sie, werte Kollegen und Kollegin­nen, auffordern, dieses in wesentlichen Punkten missglückte Lehrerdienstrecht an den


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Nationalrat zurückzuverweisen, um die Chance zu eröffnen, diese wesentlichen Kor­rekturen miteinzubauen und auch die Absicht abzusichern, Unterstützungssysteme zu schaffen, Personal für Verwaltungstätigkeiten einzubinden. Dann stehen wir mit einem Lehrerdienstrecht da, das den Eltern die Sicherheit gibt, dass die Bildung wirklich den erforderlichen Stellenwert hat und ihre Kinder diese Bildung erfahren können, das den Lehrern Wertschätzung vermittelt und die Lehramtsstudenten mit Freude und Zuver­sicht ihr Studium weitermachen und auch vollenden lässt.

Wir glauben, dass es wesentlich besser geht, mit einem besseren Resultat als das, was uns hier vorliegt, und deshalb bitte ich Sie, diesem Antrag auf Rückverweisung an den Nationalrat zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen. – Die Rednerin übergibt den An­trag dem Präsidium.)

Wir begehren für diesen Antrag auch namentliche Abstimmung.

Zehn Jahre – ein halbes Jahr auf oder ab sollte eigentlich keinen Unterschied machen (ironische Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ), für ein Ergebnis hinter dem wir alle, auch die Lehrer, die Eltern und die Schüler, mit vollem Herzen stehen können. (Bun­desrat Füller: Äpfel zu Äpfel und Birnen zu Birnen !) Deshalb bitte ich Sie, diesen Schritt zu setzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der FPÖ.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Bitte verlesen Sie den Antrag.

 


Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (fortsetzend): Wir stellen daher den Antrag auf Einspruch des Bundesrates gemäß Artikel 42 B-VG gegen den Beschluss des Natio­nalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflich­tungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonen­gesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden und das Unterrichtspraktikumsgesetz aufgehoben wird, Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich stelle fest, dass der von den Bundesrätin­nen und Bundesräten Dr. Reiter, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag ge­mäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, genügend unter­stützt ist und demnach in Verhandlung steht.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Ebner. – Bitte.

 


12.40.01

Bundesrat Ing. Bernhard Ebner, MSc (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Prä­sidentin! Frau Minister! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man mei­nen Vorrednerinnen so zuhört, könnte man glauben: Bildung ist ausschließlich weib­lich. – Daher ist es gut, dass auch ich einmal hier vorne stehe.

Es ist so, dass von meinen Vorrednerinnen, von den Kolleginnen im Bundesrat bereits sehr, sehr viel zu diesem Thema gesagt wurde, vieles auch sehr, sehr richtig ist, und wir davon auch speziell das, was Kollegin Kurz gesagt hat, unterstreichen und wir dazu stehen. Aber eines ist klar: Die Ressourcen unseres Landes und die Chancen von uns allen liegen in den Köpfen unserer Kinder! Daher sind es in erster Linie die Lehrerinnen und Lehrer da draußen, die für unsere Kinder die besten Rahmenbedingungen schaf­fen, die für unsere Kinder diese Schätze hoffentlich auch heben, damit diese am Ende des Tages auch ihre Talente entwickeln und sich dementsprechend auf das Leben vor­bereiten können.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 82

Es sind Regelungen und Gesetze, die die Bildung in Österreich ausmachen, und diese sind auch wichtig. Es ist auch ein Lehrerdienstrecht wichtig, besonders wichtig natür­lich für unsere Lehrerinnen und Lehrer, für unsere neuen Lehrerinnen und Lehrer, die neu in den Dienst treten. Aber es sind drei Punkte, die außer Streit stehen.

Der erste Punkt ist einmal: Es ist leider nicht möglich gewesen, hier ein Gesetz zu ma­chen, das von allen mitgetragen wird. Leider, muss man sagen, ist es so, dass die ge­lebte Sozialpartnerschaft gerade in diesem Punkt nicht möglich war und dabei nicht al­le in die gleiche Richtung gearbeitet haben.

Aber – und das ist der zweite Punkt – es steht außer Streit, dass es gelungen ist, über den Nationalrat noch das eine oder andere zu korrigieren, das eine oder andere auch noch dementsprechend zu verändern, um am Ende des Tages, glaube ich, ein ver­nünftiges Gesetz auf die Beine zu bekommen.

Es wurde schon zitiert: Es sind Tausende Mails herumgeschickt worden. Jeder von uns hat diese in seinem Account gehabt. Jeder von uns, hoffe ich, hat sie auch gelesen, viele vielleicht auch beantwortet, und ist mit den Lehrern in Dialog getreten.

Wir seitens des ÖAAB und der ÖVP sind hinausgegangen zu den Lehrern und haben Gespräche geführt, haben versucht, mit ihnen diese Themen auch zu diskutieren, die für sie wichtig sind, um dann am Ende des Tages die Änderungen, die bereits bespro­chen wurden und die ich im Detail nicht wiederholen muss, auch dementsprechend festzulegen, sei es die Master-Ausbildung, seien es die Hürden, die bei der Gewich­tung der Schulstunden entstanden sind, um diese auch aufzubessern, oder sei es die Lehrbefähigung außerhalb der tatsächlichen Befähigung. Auch das ist wichtig, das wur­de bereits gesagt.

Aber – und das möchte ich als Fakt auch noch hinstellen – dieses Ergebnis, das er­reicht wurde, darf nicht der Schlusspunkt sein, sondern muss der Auftakt für eine wei­tere Bildungsdiskussion in diesem Land sein. Wir alle wissen, es sind Entschließungs­anträge im Nationalrat beschlossen worden, die sich damit auseinandersetzen, wie der Arbeitsplatz des Lehrers in Zukunft ausschauen muss.

Es kann nicht sein, dass ein kleiner Arbeitsplatz für mehrere Lehrer zur Verfügung steht, dass ein Computer für zehn Lehrer in einer Schule steht. Da muss infrastrukturell etwas passieren, das muss erledigt werden, um auch dem Lehrer die Chance zu ge­ben, in der Schule seine Arbeit zu verrichten, um auch die Chance zu geben, am Ar­beitsplatz zu sein. Wir brauchen Unterstützungspersonal, um von administrativer Arbeit zu entlasten. Ganz wichtig ist es natürlich, dieses Lehrerdienstrecht dann auch dem­entsprechend zu evaluieren, um am Ende des Tages zu wissen: Wurden die Maßnah­men, die gesetzt wurden, auch umgesetzt in die richtige Richtung, dann auch steuernd eingegriffen und am Ende des Tages dieses Gesetz auch angenommen?

Bildungsexperten haben in den letzten Tagen, Wochen und Monaten sehr, sehr viel zu diesem Thema gesagt. Man muss es vielleicht auf drei wesentliche Punkte einschrän­ken. Das Wichtigste für die Entwicklung unserer Kinder im Schulsystem ist der Lehrer, das sagen alle Bildungsexperten unisono: ein motivierter Lehrer, der draußen steht, ein motivierter Lehrer, der zu den Kindern hingeht, der mit Projekten, mit Individualisierung auf die Schüler zugeht und somit auch die Talente dementsprechend hebt.

Es sind umfangreiche persönliche Stärken- und Schwächenanalysen, die einfach et­was für die Kinder bedeuten, nämlich eine Weiterentwicklung in jenen Bereichen, wo sie stark sind, wo sie Kraft haben, wo sie ihre Talente haben. Es ist nicht jeder so aus­gebildet, dass er Doktor wird. Es hat nicht ein jeder die Talente, dass er auf eine Hoch­schule geht. Der eine ist stark im Fachwerklichen, dann muss man ihn da unterstützen; der Zweite ist stark im Geistigen, dann muss man ihn dort unterstützen. Beides ist wichtig, beides brauchen wir.


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Das Dritte ist: Man muss die Ziele dementsprechend hoch ansetzen. Niedrige Ziele be­deuten am Ende des Tages auch eine niedrige Ausbildung. Das heißt für uns ganz klar, wir brauchen die beste Ausbildung mit den besten Lehrern in bestausgestatteten Schulgebäuden, damit wir auch für unsere Kinder das Beste herausholen können. Denn darum geht es am Ende des Tages in der Schulpolitik: Im Mittelpunkt müssen für uns die Kinder stehen. Es geht zentral darum, dass unsere Kinder die bestmögliche Ausbil­dung genießen können.

Hier auch ein großes Danke an die Lehrer! Ein Danke an die Lehrer, die sich bereits jetzt mit viel Engagement, mit viel Kraft, mit viel Eigeninitiative in den Schulen bewe­gen, die die Schüler ausbilden. Sie tragen in den Schulen auch mit viel Kraft und En­gagement und vielleicht auch mit der einen oder anderen Aufgabe, die nicht abgegol­ten werden, die sie in ihrer Freizeit machen, zum Wohl unserer Kinder bei.

Ich möchte mit einem interessanten Detail enden. Es war vor Kurzem wieder einmal der PISA-Test in aller Munde. Es ist schon spannend zu beobachten, dass die Bundes­ministerin außer Dienst Gehrer für das Ergebnis, das heute als Trendumkehr bezeich­net wird, damals gescholten wurde von der damaligen Opposition. Wir wissen aber, dass seit Jahren PISA so oder so ausgelegt werden kann und ein jeder für sich etwas herausnimmt, um es so oder so zu interpretieren.

Eines ist klar, und 99 Prozent der Schulleiter haben das angegeben: Die Lehrer in un­seren Schulen sind motiviert! Das müssen wir herausstreichen. Da müssen wir dran­bleiben. Da müssen wir die Nummer eins bleiben, damit auch unsere Lehrerinnen und Lehrer da draußen die Rahmenbedingungen haben, um unsere Schüler bestmöglich zu unterrichten. Bildungspolitik darf nicht beim Lehrerdienstrecht enden. Ich denke, wir sind am Start einer Diskussion über Bildungspolitik. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Füller.)

12.47


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte.

 


12.47.48

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! Ja, vieles wurde gesagt, vieles ist richtig. Aber das, was wir von der Opposition und was auch ich kritisiere, ist, dass wir an einem Bildungssystem herumdoktern und herumzimmern, das aus dem 19. Jahrhundert stammt.

Wenn Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, das Beispiel angeführt haben, dass Sie seit über 30 Jahren in diesem Beruf als Lehrerin tätig sind und schon viel Erfahrung ge­sammelt haben, dann dürfte es Ihnen, glaube ich, auch nicht entgangen sein, dass wir in vielen Fächern seit über 30 Jahren und nach wie vor die gleichen Bücher verwen­den, dass unsere Pädagogen und Pädagoginnen einen Arbeitsplatz vorfinden, der viel­leicht nicht einmal größer als dieses Rednerpult ist.

Wenn wir Schulen haben, wo sich zehn Lehrer einen Computer teilen können, dann können wir, glaube ich, froh sein; der Schnitt ist, glaube ich, noch schlechter. In den zahlreichen E-Mails, die wir alle bekommen haben, haben wir Fotos erhalten von den diversesten Arbeitsplätzen, wir haben Arbeitsplatzbeschreibungen bekommen. Ich sel­ber bin auch sehr viel an Schulen unterwegs und komme mit den Pädagogen und Pä­dagoginnen auch ins Gespräch. Ich höre mir ihre Verbesserungsvorschläge an und das, was sie an dem System kritisieren.

Wenn wir bei Reden immer wieder betonen, dass das Kind im Mittelpunkt der Bildung stehen sollte und muss, sage ich: Ja, natürlich, wer wird denn da nein sagen! Aber schauen wir uns bitte die realen Bedingungen und Gegebenheiten an! Das fängt schon


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im Kindergarten an und geht hin bis zu den Hochschulen: ein Pädagoge/eine Pädago­gin, 24 Schüler/Schülerinnen mit den unterschiedlichsten Stärken und Schwächen. Die­
se PädagogInnen sollen immer mehr Aufgaben übernehmen, einerseits eine inhaltliche Wissensvermittlung, andererseits auch erzieherische Aufgaben. Wie sollen die das, bit­te, schaffen unter diesen Rahmenbedingungen, innerhalb diesen Strukturen, die sie vor­finden?

Ja, wir müssen über das LehrerInnendienstrecht sprechen, über die Arbeitszeiten, über den Verdienst. Aber meiner Meinung nach zäumen wir das Pferd von hinten auf. Ei­gentlich müssten wir eine Diskussion darüber führen – und da gebe ich dem Vorredner, Kollegen Ebner, absolut recht, das ist sicher nicht der Endpunkt –, dass wir einmal Bil­dung für uns selber definieren. Was verstehen wir darunter? Was sollen die Inhalte sein? Welche Rahmenbedingungen brauchen wir dafür?

Das fängt bei den Schulgebäuden an, geht bis zu den Klassenzimmern und betrifft dann die Arbeitszeiten, die Unterrichtszeiten und dann auch das Gehalt. Das wäre mei­ner Meinung nach eine optimale Herangehensweise. Aber in dieser Form, wie es ge­tätigt worden ist, ist es für viele nicht nachvollziehbar. Das hat für massive Irritation ge­sorgt.

Ja, die LehrerInnen wurden und werden in den Medien zerrissen. Wir haben wahr­scheinlich auch unseren Beitrag dazu geleistet. Aber Hand aufs Herz: Welcher Bereich verursacht die meisten Kosten? – Das sind die Personalkosten.

Ich bin selber unter anderem Sozialarbeiter, und ich kann Ihnen eines sagen: Wenn Sie mit SozialarbeiterInnen oder mit Menschen, die im Gesundheits- und Sozialbereich arbeiten, sprechen und das Wort „BAGS“ in den Mund nehmen, rollt es ihnen die Ze­hennägel auf, sie kriegen Wutausbrüche und könnten uns allen miteinander ins G’nack speiben, da oben und unten zumachen und uns durchbeuteln – weil diese Leute im Endeffekt über die Lebensverdienstzeit viel weniger verdienen, als sie vorher teilweise verdient haben!

Auf das Gleiche läuft es auch bei den Pädagoginnen und Pädagogen hinaus. Wir ha­ben alle die E-Mails erhalten, worin LehrerInnen zum Beispiel sagen: Als Quereinstei­ger mit einem Doktorat in der Fachrichtung Biochemie – ein Pädagoge von einer AHS in Tirol hat mir das zugeschickt – würde ich in der Industrie deutlich mehr verdienen, und wenn ich einsteigen würde, dann würden mir maximal nur bestimmte Vorzeiten an­gerechnet werden. Das ist im Sozialbereich auch mit maximal zehn Jahren gedeckelt. In Bayern zum Beispiel sind die Verdienstmöglichkeiten viel, viel höher als in Öster­reich, schon am Beginn der Lehrertätigkeit.

All diese unterschiedlichen Faktoren tragen dazu bei, dass das leider Gottes kein gro­ßer Wurf ist. Das ist auch die Kritik der Opposition, und das ist nicht nur eine Kritik der Grünen, sondern auch die Freiheitlichen, NEOS, das Team Stronach haben Abände­rungsvorschläge eingebracht. Diese wurden leider Gottes vom Tisch gefegt.

Wir im Bundesrat diskutieren doch immer: Ja, der Bundesrat soll der Motor für Innova­tion werden, aus dieser Kammer sollen doch die Ideen kommen. – Jetzt hätten wir die Gelegenheit! Wir hätten die Gelegenheit, dass wir einmal sagen: Leutl’n, so nicht! Wir nicken nicht alles eins zu eins ab (Bundesrat Mag. Himmer: Aber wir sind nicht einer Meinung!), was vom Nationalrat herüberkommt, sondern wir greifen auch gute Ideen auf. (Bundesrat Mag. Himmer: Wir sind nicht einer Meinung!)

Ich glaube, dass ein Jahresarbeitszeitmodell für die LehrerInnen eine gute Idee ist. Das sagen alle Experten, das sagen viele Pädagogen und Pädagoginnen, die im Feld tätig sind. Eines sage ich euch auch: Die werden es besser wissen als wir hier herinnen, und ich vertraue diesen Experten und Expertinnen. Wenn ein guter Vorschlag auf dem Tisch liegt, dann gehe ich davon aus: Wenn wir konstruktiv arbeiten wollen zum Wohle


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dieser Nation, dann sollten wir das aufgreifen, auch wenn es von der Opposition kommt! Von dieser Kammer aus könnten wir hier einmal den ersten Schritt in diese Richtung setzen.

Ich gehöre zu jenen Politikern, die die Leute nicht an den Worten messen, sondern an den gesetzten Taten und Handlungen. Wir können hier jetzt wirklich konkrete Schritte setzen, daher kann ich das noch einmal unterstreichen und an alle die Einladung aus­sprechen: Geht bei unserem Antrag mit! Trauen wir uns, schicken wir einmal diese Vorlage zurück an den Nationalrat! Diskutieren wir gemeinsam über das Bildungssys­tem, das wir für die Zukunft haben möchten, und doktern wir nicht an einem veralteten System aus dem 19. Jahrhundert weiter herum! – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.54


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Reich. – Bitte.

 


12.54.46

Bundesrätin Elisabeth Reich (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Herr Bundesminister! Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich möchte mich zuerst bei Frau Kol­legin Kurz ganz, ganz herzlich für den flammenden Appell bedanken. Du hast mir da natürlich aus der Seele gesprochen, und ich werde mich jetzt sozusagen mit meinem flammenden Appell ein bisschen zurückhalten.

Was ich hier machen möchte, ist, dass ich meiner Schule, meinen Lehrerinnen und Lehrern und meinen Schülerinnen und Schülern ganz herzlich gratulieren möchte. Sie haben gestern am Abend ein sensationelles Theaterstück, „A Christmas Carol“, in Eng­lisch aufgeführt. Ich konnte leider wegen der Lehrerdienstrechtsdebatte nicht dabei sein.

Das neue Dienst- und Besoldungsrecht für den pädagogischen Dienst hält uns seit Wochen in den Familien – so wie es bei mir ist, wo zwei Lehrer in einer Familie sind –, in den Medien, in den Konferenzzimmern, an den Stammtischen und auf der Straße in Bewegung und in Spannung. Nicht nur Tausende Mails von LehrerInnen, vorwiegend aus dem AHS- und BHS-Bereich, von Eltern und Schülerinnen und Schülern haben uns als Abgeordnete gewaltig unter Druck gesetzt, und nach den ersten Versuchen, zu antworten, waren wir wahrscheinlich alle wegen der enormen Dichte zum Aufgeben dieser Intention gezwungen.

Vernünftige Argumente werden sicher von den meisten von uns geteilt. Teilweise ge­hässige und untergriffige Anschuldigungen haben mich und viele meiner KollegInnen an der Vernunft, der Einsicht und noch mehr an einer Kompromissbereitschaft man­cher LehrerInnengruppen zweifeln lassen. Ganz ehrlich, manchmal war ich auch nur richtig verärgert über fachlich absolut falsche und haltlose Behauptungen.

Manchmal konnte ich sogar schmunzeln, wenn mir zum Beispiel eine Kollegin schrieb und den Anhang vergaß: Lieber Michael, kannst du mir sagen, wie viele Abgeordnete ich am besten auf einmal erwischen kann? Ich möchte nicht jeden einzeln hineinko­pieren.

Viele von ihnen haben sich persönliche Rückmeldungen und Erfahrungen gewünscht. Es tut mir leid, mir war es unmöglich.

Durch die Verabschiedung der PädagogInnenbildung-Neu im Juni 2013 auch hier in diesem Haus, die nun die Aus- und Weiterbildung aller in pädagogischen Berufen Tä­tigen erfasst, soll der Lehrberuf auf allen Ebenen den aktuellen gesellschaftlichen Ent­wicklungen, aber auch den veränderten Rahmenbedingungen gerecht werden. Ziel ist es, bestehende Kompetenzen zu nutzen, die Qualität der Bildung zu erhöhen und eine Durchlässigkeit unterschiedlicher Ausbildungswege zu gewährleisten.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 86

Mit diesem Gesetz wollen wir die Zweiklassengesellschaft unter den Pädagoginnen und Pädagogen und damit auch unterschiedliche und ungerechte Entlohnung beenden, und das ist gut so. Im Juni habe ich mir hier ein neues, attraktives, leistungsorientiertes und faires Dienst- und Besoldungsrecht gewünscht und gehofft, dass dies auch in Verhand­lungen mit der Standesvertretung und Regierung umsetzbar wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir jetzt als langjähriger Pflicht­schullehrerin, Ausbildungslehrerin und nun als Direktorin einer Sekundarschule I, et­was Persönliches einzubringen. Seit ich mich erinnern kann, haben meine Kolleginnen und Kollegen sich gewünscht und es auch für absolut vernünftig gehalten, mehr zu ver­dienen, wenn man jung ist, wenn man eine Familie gründen will, kleine Kinder hat, ein Haus oder eine Wohnung braucht, und nicht am sogenannten Ende der Karriere, meis­tens, bevor man in Pension geht. Das haben wir jetzt, mit diesem Gesetz, geschaffen!

Die Kolleginnen und Kollegen aus meinem Bereich, dem Pflichtschulbereich, sind schon seit Jahren 21 oder 22 Stunden in ihren Klassen. Die pädagogische Leistung und Verantwortung ist für mich nach langjähriger Erfahrung und nicht als Außenste­hende in der Grundstufe, im Primarbereich, bei den Jüngsten – angefangen von den Kindern, die durch das Elternhaus gefördert werden und daher schon Vorbildung mit­bringen, den Schülerinnen und Schülern, die noch oder überhaupt soziale Schwierig­keiten aufweisen und sogar besondere Unterstützung und Förderung brauchen, bis zu jenen, die dem Unterricht wegen fehlender Sprachfertigkeit nicht folgen können – min­destens genauso groß wie dabei, Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II Fachbereichsarbeiten, Schularbeiten oder Aufsätze zu korrigieren.

PädagogInnen der Primarstufe und Sekundarstufe I brauchen meiner Meinung nach auch eine größere Flexibilität, mehr Differenzierungs- und Individualisierungsangebote, was folglich auch längere und intensivere Vorbereitungsarbeit bedeutet als in höheren Klassen, die erwiesenermaßen relativ homogen sind  das bedeutet, Schülerinnen und Schüler relativ gleicher Leistungsstärke zu unterrichten. Noch dazu wissen wir aus der Forschung, dass gerade die ersten Schulwochen für einen positiven oder negativen Zugang zum weiteren Lernen entscheidend sind – also eine enorme Verantwortung für die PrimarpädagogInnen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, auch die Möglichkeit, fachfremd zu unterrichten, die heute schon so oft angesprochen wurde, ist für uns PflichtschullehrerInnen jetzt mög­lich und auch relativ normal, wird aber durch das neue Gesetz eingeschränkt gehand­habt werden und dann nur mehr kurzzeitig möglich sein.

Ich persönlich sehe darin aber auch im Sekundarbereich eine Chance. Die Möglichkeit zu projekt-, zu fächerübergreifendem Unterrichten und zu Teamteaching sind leichter gegeben, und aus meiner langjährigen Erfahrung wird die Sportlehrerin kaum Chemie unterrichten, Monika hat dasselbe gesagt – oder vielleicht doch. Warum auch nicht?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ich zum Beispiel habe aus persönlichem Inter­esse und weil Geschichte schon immer mein Hobby war und ist als ausgebildete Sport- und Englischlehrerin freiwillig fachfremd Geschichte gewählt und habe dann berufsbe­gleitend Politische Bildung studiert. Meiner Meinung nach und auch der Meinung der Eltern nach war das kein Nachteil und ist das kein Nachteil für meine SchülerInnen, und für mich persönlich war es überhaupt kein Nachteil.

Ein großer und wertvoller Schritt für mich ist in diesem Gesetz, dass das neue Dienst­recht nun nicht nach dem Einsatz in der Schulart unterscheidet und die jahrzehnte­lange Ungleichbehandlung von gleichen oder ähnlichen Lehrerleistungen im Bereich der Sekundarstufe I aufgehoben wird. Ein langjähriger Wunsch der PädagogInnen an den Pflichtschulen wird erfüllt, eine Ungerechtigkeit weniger.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 87

Und nun an die Mailerinnen und Mailer: Zu der in euren beinahe Tausenden Mails an­gesprochenen Erhöhung der Unterrichtszeit und der Unmöglichkeit der Erfüllung dieser möchte ich euch hier etwas zu erklären versuchen. Mehr Unterrichtszeit in den Klassen heißt nicht, Hunderte Schüler und Schülerinnen in den Klassen mehr zu unterrichten, denn die Klassenschülerzahl ändert sich nicht. Es heißt zweitens nicht weniger Indi­vidualisierung, denn Individualisierung ist eine methodische Herangehensweise, findet im Unterricht statt und hängt nicht von der SchülerInnenzahl ab. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Mehr Unterrichtszeit mit den Schülerinnen und Schülern heißt aber, mehr Zeit für den direkten Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern zu haben und damit ein gutes, ein besseres, ein persönlicheres Lernklima aufzubauen. Und, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, was ist mit all denen, die diese Mehrstunden als Überstunden halten und be­zahlt bekommen?

Werte Damen und Herren, für die zukünftige PädagogInnenbildung ist dem Gesetzge­ber die ausreichende und wertvolle Praxisausbildung und Praxiserfahrung im vierjähri­gen Bachelorstudium eine solide Grundlage für den Lehrberuf. Diesen Ansatz kann ich aus langjähriger Praxislehrertätigkeit nur unterstreichen, denn die beste fachliche Aus­bildung nutzt wenig, treibt einige sogar ins Burn-out, wenn die pädagogische und menschliche Kompetenz fehlt. (Ruf bei der FPÖ: Aber umgekehrt auch!)

Liebe Verena, Kristin und Mira! Ein bisschen Angst vor der Unterrichtszukunft möchte ich Ihnen heute auch nehmen. Sie schreiben mir, Sie sind jung, idealistisch und wün­schen sich, mit Begeisterung zu unterrichten, und das neue Dienstrecht hält Sie ab.  Sie werden sicher mit Begeisterung unterrichten, auch mit dem neuen Dienstrecht, falls es Sie überhaupt betrifft. (Ruf bei der ÖVP: Genau!)

Nun zu Ihren Fragen: Ja, auch ich war Schülerin. Ja, auch ich habe gute Lehrerinnen und Lehrer in Erinnerung. Ja, auch ich habe Lehrer gehabt, meistens waren es die Männer, die mit: „Hefte schließen! Test!“ ihre Stunden begannen oder mit „Nicht genü­gend, setzen!“ ihre Stunden beendeten. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Aber da ging es nicht und niemals ums Dienstrecht.

Vielleicht beruhigt es Sie, dass ich Ihnen dazu etwas Persönliches sagen kann. Ich war 22, als ich meinen ersten Dienst angetreten habe – wie Sie voller Idealismus, Motiva­tion und Begeisterung. Und ich habe in den ersten Jahren 29 Stunden unterrichtet – nicht wegen dem Dienstrecht, sondern einfach, weil ich gebraucht wurde und weil kei­ne LehrerInnen da waren. Und ich habe nach 30 Jahren diesen Idealismus, die Motiva­tion, das Engagement und die Freude immer noch behalten.

Liebe Verena, Kristin und Mira! Sie werden das auch schaffen!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, für mich bietet das neue Dienstrecht neu eintre­tenden Pädagoginnen und Pädagogen eine gute Grundlage für ihre Unterrichtstätig­keit. Es bringt eine bessere Entlohnung in den Anfangsjahren, mehr Gerechtigkeit zwi­schen den unterschiedlichen Schultypen und mehr wichtige Zeit mit den SchülerInnen, also eindeutige Verbesserungen in vielen Bereichen.

Und noch einmal: Es ist absolut kein Sparprogramm! Wir alle hoffen aber, dass nach den Zeiten von sehr emotional geführten Diskussionen die sachliche Arbeit wieder auf­genommen werden kann, dass auch die Verhandlungspartner ihre Gespräche wieder aufnehmen, und wir wünschen uns, dass viele kommende, engagierte Pädagoginnen und Pädagogen mit diesem Gesetz gut leben werden können.

Aus meiner Sicht ist das neue Dienstrecht ein wichtiger Schritt und großer Fortschritt in der österreichischen Bildungspolitik. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.06



BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 88

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.

 


13.07.03

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Gospa pre­sident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Gospa zvezna ministrica! Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Efgani Dönmez, ich schätze dich wirk­lich sehr (Rufe: Aber!), aber heute hast du mich so herausgefordert, dass ich einfach Stellung beziehen muss.

Ja, ein Computer, ein Tisch, ein Stuhl, das sind wichtige Rahmenbedingungen. Aber wisst ihr, was noch wichtiger ist neben der fachlichen Kompetenz? – Herzensbildung, Verständnis, Respekt, partnerschaftliches Begegnen mit den Schülern und Schülerin­nen, Motivation und Freude. Und das wünsche ich mir von Lehrern und Lehrerinnen. Wenn wir das zusammenbringen, muss ich euch ehrlich sagen, sind unsere Schüler und Schülerinnen für die Zukunft gerüstet, und vor allem hätten unsere Schüler und Schülerinnen das verdient. Und es gibt sehr viele Lehrer und Lehrerinnen, die das auch haben! – Danke! Hvala lepa! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.08


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Hei­nisch-Hosek. – Bitte schön.

 


13.08.33

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Gabriele Heinisch-Hosek: Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr vieles gesagt worden, sehr viel Positives über dieses Dienst- und Besoldungsrecht, denn das und nur das ist es, was beschlossen werden wird – auch heute vom Hohen Bundesrat, so hoffe ich.

All die Bereiche betreffend, die heute bereits andiskutiert wurden: Da bin ich natürlich in meiner neuen Funktion mehr als bereit, über Bildung und den Stellenwert von Bil­dung in unserem Land, von den Kleinsten beginnend bis zur Erwachsenenbildung, nicht nur sofort mit Ihnen in Dialog zu treten, sondern das, was an Reformen begonnen hat, auch weiterzuführen, weiterzuentwickeln und vielleicht auch die eine oder andere neue Idee, die wir gemeinsam entwickeln können, aufzugreifen. Das ist ja selbstver­ständlich.

Ich glaube aber, wichtig ist, heute ein bisschen zu unterscheiden: Was kann dieses Dienst- und Besoldungsrecht? Und was sollen oder können wir darüber hinaus ge­meinsam, wie ich soeben gesagt habe, auch noch weiterentwickeln? – Dieses Dienst- und Besoldungsrecht kann sehr viel. Ich brauche nicht zu wiederholen, was die Kol­leginnen von der Sozialdemokratie vor mir schon ausgeführt haben, weil direkt betrof­fen, weil direkt in pädagogischen Berufen auch tätig. Auch Sie könnten es sich leicht machen und sagen: Mich betrifft es ja nicht!

Betreffend die jungen Kolleginnen und Kollegen: Es waren heuer wieder 3 700, die ein Studium abgeschlossen haben, 1 500 im Bereich der Volksschule, 1 400 im Bereich der Hauptschule oder Neuen Mittelschule und 800 an den Unis für den AHS-Bereich. Das ist seit Jahren ungebrochen, das heißt, der Lehrberuf ist ein begehrter Beruf. Ich würde mir mehr Männer in diesem Beruf wünschen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Auch dafür werde ich werben, das wird Teil meiner neuen Tätigkeit sein: die Vorteile des pä­dagogischen Lehrberufes in den Vordergrund zu stellen. Es sind nicht nur die Kinder­gärtner, die wir in Österreich nicht sehr breit gestreut haben, sondern auch die Volks­schullehrer, die Mittelschullehrer, die AHS-Lehrer und so weiter. In den Grundstufenbe­reichen fehlen sie uns, in den Oberstufenbereichen sind es ein bisschen mehr. Das soll heute aber nicht das Thema sein.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 89

Das Lehrer- und Lehrerinnendienstrecht, das Dienst- und Besoldungsrecht, das wurde ja über Jahre hinweg nicht nur diskutiert und über Monate jetzt auch entwickelt. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei meinen Ex-Kolleginnen Claudia Schmied und Maria Fekter, zu Ende verhandelt hat es mit mir gemeinsam der jetzige Klubobmann Rein­hold Lopatka, und auch der Herr Bundesminister Ostermayer war in der allerletzten Runde dabei, wo wir uns leider nicht – leider nicht, sage ich – mit der Gewerkschaft ha­ben einigen können. Dennoch, glaube ich, haben wir aber durch die Nachschärfungen, die im Nationalrat stattgefunden haben, schon noch für den Bereich der Oberstufen in Schularbeitsfächern einen nächsten Schritt machen können.

Dieses Dienst- und Besoldungsrecht wird über den Zeitraum bis 2054 an die 10 Mil­liarden € mehr kosten und ist somit alles andere als ein Sparprogramm. Die Mehrzeit mit Kindern zu verbringen heißt ja nicht nur mehr Unterrichtszeit, wie heute auch schon gesagt wurde, sondern mehr Beziehungszeit mit den Schülerinnen und Schülern, und das ist in einer modernen Pädagogik durchaus gefragt, dass man nicht nur das reine Unterrichten betrachten kann, sondern Lehrerinnen und Lehrer sind Zukunftsarbeiterin­nen und -arbeiter  und genau an der Zukunft unserer Kinder sollten wir gemeinsam bauen und arbeiten!

Zum Abschluss – denn die Argumente wurden heute wirklich schon ausgetauscht – lassen Sie mich weder Öl ins Feuer gießen, noch provozieren, aber Folgendes sagen: Ich bin auch dazu bereit, mit Ihnen in Dialog über eine Bildungsreform zu treten, die da heißt: Schauen wir uns einmal diese Jahresarbeitszeit an! Schauen wir einmal diese 15 unterrichtsfreien Wochen pro Jahr an! Wenn wir die ein bisschen anders verteilen, haben die Lehrerinnen und Lehrer weniger Wochenstunden, die Schülerinnen und Schüler weniger Wochenstunden und beide Gruppen wären nicht so großem Druck ausgesetzt und würden auch entlastet werden. Darüber mit den Eltern, den Schülern und den LehrerInnen einen Dialog zu beginnen, dazu bin ich mehr als bereit.

Ich wünsche Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil wir uns nicht mehr sehen im heurigen Jahr, angenehme, ruhige Fest- und Feiertage, und auf gute Zusammenarbeit im neuen Jahr 2014! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Mag. Zelina und Mag. Schreyer.)

13.13


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Os­termayer. – Bitte.

 


13.13.31

Bundesminister im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren Bun­desräte! Da ich jetzt für diesen Bereich zuständig bin, möchte ich die Gelegenheit nut­zen, mich zu bedanken – Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek hat es schon vorweg­genommen –, und zwar bei Claudia Schmied, Maria Fekter und Reinhold Lopatka. Mir obliegt es jetzt, mich bei Gabi Heinisch-Hosek zu bedanken. Ich bin wirklich sehr, sehr dankbar, dass sie dieses  ja, es ist auch ein Jahrzehnte-Thema  Jahrzehnte-Thema gelöst hat und es im Nationalrat beschlossen wurde, und ich hoffe und gehe davon aus, dass es auch im Bundesrat beschlossen wird.

Alle künftigen Pädagoginnen und Pädagogen haben dann eines neues, modernes Leh­rerInnendienstrecht, das auch dem entspricht, was im Gesetz über die PädagogInnen­ausbildung vorgegeben wurde, nämlich, dass man für gleiche Ausbildung und gleiche Leistung auch Gleiches und damit ein gerechtes Entgelt bekommt. Also noch einmal vielen herzlichen Dank!

Eines möchte ich noch erwähnen: Ich möchte mich auch bedanken bei der Vizeprä­sidentin des Bundesrates und bei Kollegin Reich für diese beiden aus der Praxis kom-


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 90

menden und extrem ambitionierten, flammenden Plädoyers für dieses neue Gesetz.  Vie­len herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

13.14


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es liegt ein Antrag der Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter, Kollegin und Kollegen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begrün­dung Einspruch zu erheben.

Es ist hierzu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf BundesrätInnen gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um deutliche Äußerungen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Junker geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. Die Sitzung wird um 13.18 Uhr unterbrochen und um 13.21 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates vom 17. Dezember 2013 betreffend die Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogi­scher Dienst mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, bei 55 abge­gebenen Stimmen 14 „Ja“-Stimmen, 41 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag auf Erhebung eines Einspruches ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 91

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrätinnen und Bundesräte:

Brückl;

Dönmez, Dörfler;

Herbert;

Jenewein;

Krusche;

Michalke, Mühlwerth;

Pisec;

Reiter;

Schmittner, Schreuder, Schreyer;

Zelina.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrätinnen und Bundesräte:

Beer, Bierbauer-Hartinger, Blatnik, Bock, Brunner;

Ebner Adelheid, Ebner Bernhard;

Fetik, Füller, Fürlinger;

Grimling;

Himmer;

Jachs, Junker;

Kneifel, Köberl Günther, Köberl Johanna, Köck, Köll, Kurz;

Lampel, Ledl-Rossmann, Lindinger;

Novak;

Oberlehner;

Pfister, Poglitsch, Posch-Gruska, Preineder, Pum;

Reich, Reisinger;

Saller, Schennach, Schödinger, Stadler, Stöckl;

Temmel, Tiefnig, Todt;

Winkler.

*****

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

13.21.563. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstge­setz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Lan-


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 92

deslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheater­pensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsge­setz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrens­gesetz 1984, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Militärberufsför­derungsgesetz 2004, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Überbrückungs­hilfengesetz, das Poststrukturgesetz, das Rechtspraktikantengesetz und das Ge­richtsorganisationsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2013) (41/A und 8 d.B. sowie 9129/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (40/A und 9 d.B. sowie 9130/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um die Berichte.

 


13.22.17

Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föde­ralismus über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 erstatten, be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsan­waltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienst­rechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschrei­bungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfah­rensgesetz 1984, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Militärberufsför­derungsgesetz 2004, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Überbrückungshil­fengesetz, das Poststrukturgesetz, das Rechtspraktikantengesetz und das Gerichts­organisationsgesetz geändert werden. Das ist die Dienstrechts-Novelle 2013.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung:

Der Ausschuss stellt nach Beratung am 18. Dezember 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben.

Weiters kommen wir zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öf­fentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss stellt nach Beratung am 18. Dezember 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 



BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 93

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.

 


13.24.55

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auf den ersten Blick erscheint diese Dienstrechts-Novelle durchaus nicht so schlimm, wie wir es aus der Vergangenheit ken­nen, wo ja Dienstrechts-Novellen meistens ein Mittelding zwischen dienstlicher Benach­teiligung der Bediensteten einerseits und pensionsrechtlichen Grauslichkeiten auf der anderen Seite enthalten haben. Das ist diesmal erfreulicherweise etwas anders.

Im Wesentlichen enthält diese Dienstrechtsreform die Angleichung der aus der Privat­wirtschaft bereits seit längerer Zeit bekannten Pflegekarenz an die Bestimmungen des Dienstrechtes im öffentlichen Dienst. Es gibt darüber hinaus einige redaktionelle An­passungen aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, rechtliche Adaptierungen aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben und Bestimmungen beziehungsweise Erkenntnisse und einige inhaltlich durchaus positive Ergänzungen.

Was auffällt – und das habe ich bei dieser Dienstrechts-Novelle schon eingangs er­wähnt –, ist, es gibt keinerlei pensionsrechtliche Änderungen, die den nachteiligen Ef­fekt dieser Dienstrechts-Novelle wesentlich beeinträchtigen könnten. Ich gehe davon aus, dass diese wohl in einigen Monaten in einer neuerlichen Dienstrechts-Novelle nach­gereicht werden.

Wie es halt so üblich ist: Wo viel Licht, da ist auch viel Schatten. Daher ist es vielleicht auch interessant, die Schattenseiten dieser Dienstrechts-Novelle ein bisschen zu be­trachten, nämlich vor allem darauf bezogen, was nicht enthalten ist. Es gibt ja einige Punkte in Bezug auf dienstrechtliche Problemstellungen, die seit Jahren insbesondere von meiner Fraktion, aber auch von der Personalvertretung und den Gewerkschaften gefordert werden.

Da wäre einmal eine Novellierung, eine Adaptierung des § 109 Abs. 2 BDG. Da geht es um die schriftliche Ermahnung beziehungsweise Belehrung des Dienstvorgesetzten. Es steht zwar im Gesetz, dass das nicht als disziplinäres Mittel angewendet werden darf, es wird aber in der Praxis sehr wohl so gehandhabt, da diese Mahnungen, diese Belehrungen immer wieder im Handakt zu finden sind. Es gibt zwar die Verpflichtung, diese zu entfernen, darauf wird aber immer geflissentlich vergessen. Wir fordern seit Langem, dass zum einen klargestellt wird, dass der betroffene Beamte über die Ent­fernung dieser Belehrungen und Ermahnungen nachweislich verständigt werden muss, damit er auch weiß, dass dieser Fall für ihn erledigt ist. Zum anderen soll aus dem Ge­setzestext auch klar hervorgehen, dass es diese disziplinär angewendeten Maß­nahmen in Verbindung mit diesen schriftlichen Ermahnungen und Belehrungen kei­nesfalls geben darf. Das ist derzeit etwas schwammig formuliert, jedenfalls nicht so klar, dass es dezidiert ausgeschlossen werden soll.

Die zweite Sache, die uns seit Jahren in den dienstrechtlichen Novellierungen abgeht, ist die ungelöste Frage der Anrechnung der Dienstzeiten von Zeitsoldaten. Diese ist derzeit mit 30 Monaten gedeckelt, das heißt, Zeiten, die ein Zeitsoldat darüber hinaus für den öffentlichen Einsatz, für sein Heimatland, für die Republik Österreich geleistet hat, werden pensionsrechtlich nicht anerkannt. Das ist, denke ich, eine Ungleichbe­handlung, das ist eine Ungerechtigkeit jenen jungen Männern und Frauen gegenüber, die sich freiwillig und aus eigenen Stücken bereit erklären, dem Land zu dienen, und dafür nicht die pensionsrechtlich volle Anerkennung bekommen, die ihnen eigentlich zustehen würde.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 94

Der dritte und eigentlich der Hauptgrund, warum wir gegen diese Novelle sind, ist jener Abänderungsantrag, der im Ausschuss im Rahmen dieser Dienstrechts-Novelle einge­bracht wurde, in dem es um die Absetzung beziehungsweise Versetzung der Vorste­herin des Bezirksgerichts Enns geht. Das ist eine an und für sich schon sehr frag­würdige Gerichtsorganisations-Novelle, die sich derzeit auch in einer rechtlichen Beru­fungsphase befindet, da der Verfassungsgerichtshof aufgerufen wurde, zu entschei­den. Da passiert nun Folgendes, dass man – obwohl es vom Verständnis her um die Unversetzbarkeit, Unabsetzbarkeit der Richter und die Unabhängigkeit der Gerichte geht, wofür es ja natürlich auch eine gesetzliche Regelung gibt – einfach sagt, man er­kennt einem Richter diesen Status gerne zu, solange es um nichts geht, aber wenn er sich auf diesen Status der Unabsetzbarkeit, Unversetzbarkeit und Unabhängigkeit be­ruft, dann kommt die Bundesregierung und – ratzfatz – weg ist er. (Präsident Todt übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das kann es nicht sein, denn entweder gibt es diesen Status, entweder gibt es diese verfassungsrechtliche Sicherstellung, oder es gibt sie nicht. Und wenn wir schon die grundsätzliche Verordnung für diese Gerichtsorganisations-Novelle in Zweifel ziehen, dann wäre es wohl unlogisch und auch nicht nachvollziehbar, wenn wir diesem zusätz­lichen Antrag in dieser Dienstrechts-Novelle zustimmen würden. Daher gibt es von uns ein klares Nein.

Der letzte Punkt ist eine allgemeine Kritik, nicht nur an dieser Dienstrechts-Novelle, sondern am gesamten Dienstrecht im öffentlichen Dienst. Es ist mittlerweile ein Sam­melsurium von verschiedenen Rechtsvorschriften für eine unglaublich breite Palette des öffentlichen Dienstes, die ja ursprünglich nur für die Verwaltung gedacht war. Mitt­lerweile umfasst sie die unterschiedlichsten Bereiche des öffentlichen Dienstes, die miteinander kaum vergleichbar sind: die Richter und Staatsanwälte, die Lehrer – sie wurden heute schon angesprochen –, die Exekutivbeamten, die Bundesheerangehöri­gen, die Verwaltungs- und Gemeindebediensteten. Es gibt da unterschiedlichste Be­reiche, wo man zwar einzelne Sonderregelungen für die Lehrer, für die Exekutive oder für das Bundesheer herausgenommen hat, aber alles in allem gibt es keine schlüssige, konkrete Gesetzesnorm für die einzelnen Berufsgruppen. Gerade für Berufe wie jene der Exekutive, die ja einen Arbeitsauftrag hat, der mit kaum einem anderen Beruf ver­gleichbar ist, wäre es höchst an der Zeit, ein eigenes Exekutivdienstgesetz zu schaf­fen.

Ein solches Gesetz sollte im Rahmen der bestehenden dienstrechtlichen Grundsätze oder auf diese aufbauend erstellt werden, klar vorgeben, welche dienstrechtlichen, wel­che besoldungsrechtlichen, aber auch welche pensionsrechtlichen Zugänge und An­sprüche vorliegen, und festhalten: Ein Polizeibeamter leistet einen besonderen Beitrag, leistet einen wichtigen, einen oft unbedankten Beitrag, eine Tätigkeit für die Allgemein­heit, und soll dafür auch die eine oder andere vom allgemeinen Verwaltungsdienst ab­weichende Regelung erhalten.

Ich denke, das ist legitim, den vielen Polizistinnen und Polizisten gegenüber, die einen harten und oft unbedankten Job für die Allgemeinheit erbringen, daher darf ich folgen­den Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheitspolitik in der XXV. Gesetzgebungsperiode

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellst möglich eine Regie­rungsvorlage betreffend ein neues Exekutivdienstgesetz vorzulegen.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 95

Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, die Anzahl der Planstellen für die ös­terreichische Exekutive um 3.000 Planstellen auch unter dem Aspekt der zu erwar­tenden hohen Zahl von Pensionsabgängen in den folgenden Jahren unverzüglich auf­zustocken.“

*****

Noch eine Ergänzung zu diesem Antrag: Es gibt eine Studie aus dem Bundeskanz­leramt, aus dem Jahr 2007, die die Pensionsentwicklung im öffentlichen Dienst bein­haltet. Diese Studie sagt, in den Jahren 2014 bis 2020 werden ungefähr ein Drittel aller jetzt den Dienst versehenden Polizeibeamten in den Ruhestand eintreten. Das sind un­gefähr 10 000 Beamte. Wir haben aber momentan in personeller Hinsicht keinerlei Strategie, wie wir dem begegnen. Es gibt weder Mehraufnahmen, noch gibt es zu­sätzliche Planstellen, um diesen sehr großen und zeitlich sehr nahen Abgang zu ver­kürzen; auch darauf soll dieser Antrag abzielen.

Gestatten Sie mir abschließend noch ein paar Worte zum Bundesbezügegesetz! Wir haben ja im Nationalrat diese – wenn auch abgefederte – Erhöhung der Politikerbezü­ge nicht nur abgelehnt, sondern wir haben auch einen Antrag eingebracht, der eine Nulllohnrunde für Politiker vorsieht. Wir sehen das als Beitrag in wirtschaftlich schlech­ten Zeiten, in denen der Bevölkerung viel abverlangt wurde, in denen Einsparungen und finanzielle Nachteile für unsere Bevölkerung nicht zuletzt auch durch das heute be­reits besprochene Regierungsprogramm täglich anstehen und in denen es ein fatales Zeichen wäre, wenn wir als Politiker hier sagen, wie sparen bei der Bevölkerung, aber tun uns selbst etwas Gutes, indem wir unsere Bezüge erhöhen.

Ich denke, das ist die falsche Botschaft. Wenn man – und damit komme ich auch schon zum Schluss – diese gestrige Demonstration noch einmal nachhaltig auf sich wirken lässt, dann kann man nicht nur den großen Frust und die Unzufriedenheit einer Vielzahl öffentlich Bediensteter sehen, sondern auch die allgemeine soziale Unzufrie­denheit, die damit zum Ausdruck gebracht wurde. Schon alleine aus diesem Grund würde es der Politik gut anstehen, diese angedachte Gehaltserhöhung in Demut zu­rückzunehmen und einen Solidaritätsakt mit der Bevölkerung zu bekunden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.36


Präsident Reinhard Todt: Der von Bundesrat Herbert, Kolleginnen und Kollegen ein­gebrachte Entschließungsantrag betreffend Sicherheitspolitik in der XXV. Gesetzge­bungsperiode ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Grimling. – Bitte.

 


13.36.53

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Herr Kollege Herbert, ich habe wirklich versucht, Ihnen in Ihren Ausführungen zu folgen. Das ist jetzt keine Kritik, aber ich bitte Sie, das nächste Mal ins Mikrofon zu sprechen, wir haben Sie nicht verstanden und konnten daher zeitweise Ihren Ausführungen wirklich nicht folgen.

Mitbekommen habe ich aber, dass Sie über diese Dienstrechts-Novelle 2013 sehr ent­täuscht sind. So sehe ich es nicht. Diese Dienstrechts-Novelle hat zahlreiche Detail­änderungen im öffentlichen Dienst zum Inhalt. Wichtigste Inhalte dieser Dienstrechts-Novelle 2013 sind die Einführung – das haben Sie ja erwähnt – der Pflegekarenz und Anpassung der Pflegeteilzeit für den öffentlichen Dienst. Wie auch in der Privatwirt­schaft wird es mit 1. Jänner 2014 für Beamtinnen und Beamte, für Vertragsbedienstete


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 96

möglich sein, Pflegekarenz in Anspruch zu nehmen. Die Regelungen für die Pflegeteil­zeit werden ebenfalls an die Privatwirtschaft angepasst.

Sehr wichtig sind auch das Recht der Beamtinnen und Beamten auf ein Dienstzeug­nis – damit ist gemeint, dass Beamtinnen und Beamte als Instrument der Mobilitätsför­derung einen Anspruch auf ein Dienstzeugnis erhalten –, die bessere Berücksichtigung von Teilzeitkräften und TelearbeiterInnen beim Fahrtkostenzuschuss, eine Begrün­dungspflicht bei Abweichen von Gutachten der Bundes-Gleichbehandlungskommission oder die Umsetzung von Unionsrecht. Damit ist die Einführung einer Urlaubsersatz­leistung für Beamtinnen und Beamte im Ausmaß von maximal vier Wochen gemeint, wenn diese vor Ausscheiden aus dem Dienst ihren Erholungsurlaub aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht konsumieren konnten. Darunter fallen etwa Lang­zeitkrankenstände oder Fälle von Invaliditätspension. Gleichzeitig wird der tatsächliche Verbrauch des Urlaubes vor Ausscheiden aus dem Dienst gefördert. Kein Anspruch besteht beispielsweise bei einer Entlassung oder bei vorzeitigem Ruhestand.

Zwei Punkte möchte ich noch erwähnen, die sehr, sehr positiv sind, insbesondere der eine Punkt, nämlich die Erhöhung der Entlohnung für Verwaltungspraktikanten und -prak­tikantinnen nach drei Monaten. Sie kommen in den öffentlichen Dienst, arbeiten bei uns drei Monate und bekommen dann 100 Prozent der Entlohnung eines Vertragsbe­diensteten in der Ausbildungsphase. Das ist ganz sensationell, wenn wir wissen, wie Verwaltungspraktikantinnen und -praktikanten rekrutiert werden.

Durch den Aufnahmestopp, der jetzt seit Jahren besteht, sind wir – und ich darf das sagen, da ich persönlich auch aus dem öffentlichen Dienst komme, aus einem Ministe­rium – heilfroh, wenn wir Verwaltungspraktikantinnen und -praktikanten bekommen. Wir sehen ihr Knowhow und dass sie sich unglaublich schnell einarbeiten, und es war ungerecht, wie sie bezahlt wurden. Dieses Verwaltungspraktikum ist ja eine Phase der Ausbildung, und eigentlich arbeiten sie, als ob sie voll als Vertragsbedienstete aufge­nommen worden wären.

Diese neue Regelung finde ich ganz toll. Ich durfte schon mit etlichen Kolleginnen und Kollegen darüber sprechen, und die freuen sich schon riesig.

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen, Herr Bundesminister: Sabbatical für alle un­befristet durchgesetzt. Das ist ganz sensationell und freut mich auch. Aber – und jetzt kommt es – durch den Aufnahmestopp gibt es Fälle, die menschlich sehr berührend sind. Ich versuche sonst immer, sehr sachorientiert zu bleiben, diesmal ist es jedoch sehr emotional. Ich habe Kolleginnen und Kollegen, die um ein Sabbatical ansuchen. Der Dienstgeber würde es ihnen gewähren, allein wir können es ihnen nicht geben, da wir keine Ersatzkräfte haben. Damit meine ich jetzt nicht ein Ressort, das Unterrichts­ministerium, einen Landesschulrat. Dort kann das alles noch geregelt werden. Nicht mehr regeln kann man es in den nachgeordneten Dienststellen, an den Schulen. Wenn ein Schulwart, bei dem die familiäre Situation so ist, dass die Ehe auseinandergeht, er für die Kinder zu sorgen hat, im Burgenland lebt und in Wien arbeitet, ein Sabbatical nehmen möchte, um seine familiäre Situation neu ordnen zu können und wir als Dienst­geber sagen müssen, dass das nicht geht, weil wir keine Ersatzkraft haben, dann ist das so ein Fall.

Im nachgeordneten Bereich spüren wir ganz massiv den kompletten Aufnahmestopp. Und da hätte ich eine Bitte an dich, Herr Bundesminister. Natürlich weiß ich, dass der Aufnahmestopp verlängert wurde, aber meine ganz große Bitte wäre, mit all diesen Fällen zu dir kommen zu dürfen. Man sollte sich das einzeln anschauen. Man sollte den Aufnahmestopp nicht über einen Kamm scheren, sondern sich das von Dienst­stelle zu Dienststelle anschauen und schauen, wo wir da weiterhelfen können.Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

13.43



BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 97

Präsident Reinhard Todt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Rei­ter. – Bitte.

 


13.43.33

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Das vorliegende Gesetz, die vorliegende Dienstrechts-Novelle enthält zahlreiche sehr positive Änderungen im Be­reich des öffentlichen Dienstes. Die sind hier schon angesprochen worden: Pflege­karenz, Pflegeteilzeit, die Aufwertung des Verwaltungspraktikums, denke ich, ist ein ganz wichtiger Schritt, aber auch Dinge wie die stärkere Beachtung psychisch belas­tender Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst, die diversen Anpassungen an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Es sind auch Wehmutstropfen drinnen. Wir befürworten zum Beispiel die Anpassung des Fahrkostenzuschusses an das Pendlerpauschale. Dass jedoch die grundsätzliche Bevorzugung der Autopendler gegenüber den Benutzern des öffentlichen Verkehrs in diesem Bereich wieder nicht korrigiert worden ist oder nicht korrigiert wird, ist ein Weh­mutstropfen. Ebenso ist der Kündigungsschutz für Frauen bis zum vorzeitigen Pen­sionsantrittsalter der Männer, also der Fall Pittermann und dessen Lösung, die durch das EuGH-Judikat notwendig wurde, für uns zu wenig weit reichend. Wir möchten ei­nen echten Schutz vor Altersdiskriminierung in diesem Bereich haben.

Das Sondergesetz für die Vorsitzende des BG Enns ist schon vom Kollegen erwähnt und auch im Ausschuss diskutiert worden. Auch das sehen wir als Wermutstropfen in dieser Dienstrechts-Novelle.

Ein Wermutstropfen ist auch der Umgang mit eingetragenen Partnerschaften, die An­passung ans Namensrechts-Änderungsgesetz. Mir ist völlig unverständlich, warum ein­getragene Partnerschaften keinen Familiennamen besitzen. Welches Symbol damit ge­setzt oder beibehalten werden soll, ist mir völlig unverständlich, denn gleichzeitig kommt es in der Novelle zur Anerkennung der Fürsorgepflichten eingetragener Part­nerInnen. Das wurde entsprechend geregelt. Warum man das Namensrecht nicht auch gleich regelt, ist wirklich unverständlich. (Beifall des Bunderates Schreuder.)

Diese Sammelnovelle enthält viel Positives und, wie schon erwähnt, auch einige nega­tive und Ja, aber-Punkte, aber ich werde trotzdem keinen Einspruch erheben, ebenso nicht gegen Punkt 4. – Danke. (Beifall des Bunderates Schreuder.)

13.47


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jachs. – Bitte.

 


13.47.11

Bundesrat Mag. Christian Jachs (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die vorliegenden No­vellen enthalten drei Herzstücke. Für mich, für meine Fraktion ist das vor allem die Pflegeteilzeit und die Pflegekarenz. Mit der Pflegeteilzeit wird sichtbar, dass wir als Ar­beitgeber mit unseren Bediensteten in Bund, Ländern und Gemeinden solidarisch sind. Wir verlangen nicht nur Leistung, sondern unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kön­nen sich auch auf unsere Solidarität als Dienstgeber verlassen. Wir tauchen mit ihnen schwierige Lebensphasen durch. Daher gibt es jetzt auch die verbesserte Pflegeteilzeit und Pflegekarenz für unsere Mitarbeiter in Bund, Ländern und Gemeinden.

Der zweite sehr erfreuliche Punkt ist die unbefristete Verlängerung des Sabbaticals. Die Wirtschaft lebt uns das bereits seit Langem vor. Nun wird es auch möglich, dass Beamte in Zukunft in jede Richtung, in jeder Form ein Sabbatical in Anspruch nehmen können. Und was uns besonders freut, ist, wir schauen nicht nur auf die Mitarbeiter im


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 98

Aktivstand, sondern wir kümmern uns auch um einen gut qualifizierten Nachwuchs. Daher sind die Praktika und die Praktikantenentschädigungen ganz besonders wertvol­le Investitionen in die Zukunft.

Ja, Herzensanliegen wurden verwirklicht. Es gibt auch, sage ich einmal, einen Schön­heitsfehler in der Novelle, ein ordentliches Glas Wehmut: Das ist, dass wir heute kei­nen Gehaltsabschluss präsentieren und festschreiben können. Der Gewerkschaftsauf­tritt gestern hier in Wien war ein deutliches Signal für eine ordentliche Entlohnung. Wir alle gönnen unseren Mitarbeitern in Bund, Ländern und Gemeinden eine ordentliche, eine angemessene, eine gerechte Gehaltserhöhung. Ich bin mir sicher, im Jänner, im Februar können wir einen entsprechenden Beschluss fassen. Ich appelliere aber auch an die Gewerkschaft: Die Lösung liegt nicht auf der Straße, die Lösung führt über den Verhandlungstisch. Über Weihnachten ins neue Jahr hinein werden sich dann auch die Positionen annähern.

Zum Schluss noch ein offenes Wort zum Thema Bezüge: Politik kostet. Gute Politik darf auch etwas kosten; eine schlechte Politik sollten wir uns gar nicht leisten. Nach mehreren Nulllohnrunden ist es durchaus vertretbar, dass wir vor unsere Wählerinnen und Wähler mit einer angemessenen, sage ich einmal, Bezügeerhöhung hintreten. 1,6 Prozent sind gerechtfertigt. Das orientiert sich auch am Pensionistenabschluss. Wir sind keine Ruheständler! Es ist ja nicht so, dass wir pensionierte Politiker wären. Jeder von uns hat viel Herzblut, viel Engagement und viel Idealismus in die Politik mitge­bracht. Mit diesem Einsatz können wir auch die Gehaltserhöhung rechtfertigen für die Mandatare, für die vielen Gemeinderäte, über 40 000 Gemeinderäte, denen das ja auch zugutekommt, die tagtäglich für die Menschen in unserem Land arbeiten.

Liebe FPÖ, das ist ja purer Populismus, wenn wir uns jetzt um Promille und kleine Pro­zentpunkte streiten. Ich nehme Ihre Anträge dann ernst, wenn Sie sagen: Ich möchte, dass ich als Abgeordneter auf den gesamten Bezug verzichten kann, ich möchte ein Bezügegesetz, gemäß dem der Klub auf jedes Klubgeld und die Parteien auf jede Parteienförderung verzichten können. Dann sind wir, bin ich gemeinsam mit meiner Fraktion gerne diskussionsbereit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.51


Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Oster­mayer. – Bitte.

 


13.51.12

Bundesminister im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Lie­ber Herr Staatssekretär! Jetzt kann ich es erstmals in dieser Form sagen. Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nutzen, mich bei Frau Bundesministerin Gabi Heinisch-Hosek zu bedanken. Die hat nämlich mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Dienstrechtssektion diese Dienstrechts-Novelle vor­bereitet. Vielen herzlichen Dank dafür!

Zum Inhalt selber: Es ist eigentlich von meinen Vorrednern, Herrn Bundesrat Jachs und Elisabeth Grimling, alles gesagt worden, was den Inhalt der Dienstrechts-Novelle anlangt. Das möchte ich auch nicht mehr weiter ergänzen. Ich möchte nur eine Anmer­kung machen zu den Ausführungen des Herrn Bundesrats Herbert. Wenn ich Sie rich­tig verstanden habe, haben Sie gesagt, dass Sie den Inhalt gut finden, aber trotzdem dagegen stimmen. Das hat für mich eine ähnliche Logik wie die Diskussion oder die Klage darüber, dass es so lange dauert, bis Gesetze entstehen, Gesetze beschlossen werden. Und wenn es dann so weit ist, gibt es hier von der Opposition den Ratschlag, dass man ja noch einige Jahre Zeit hat, um weiterzuverhandeln. Stichwort: Lehrer­dienstrecht.

Wir werden wahrscheinlich nie Gesetze schaffen können, die alles beinhalten. Es ist ein wesentlicher Teil der Demokratie, dass man auch kompromissfähig ist. Und wenn


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 99

jetzt ein Gesetz geschaffen wird, das dann in Kraft treten soll, das alles beinhaltet oder das positiv von Ihnen eingeschätzt wird, auch wenn es nicht alles beinhaltet, wäre für mich der logische Schluss daraus, dass ich diesem Gesetz zustimme, aber darauf dränge, dass die anderen Dinge, die ich auch für wichtig halte, weiter in Diskussion bleiben und vielleicht auch einmal ihren gesetzlichen Niederschlag finden. Wir haben da aber offenbar einen anderen Zugang. Auch Ihr Sitznachbar, der liebe Herr Bundes­rat und Landeshauptmann außer Dienst Gerhard Dörfler, hat einen anderen Zugang, wenn ich das anmerken darf.

Ich habe Ihrer Rede einen zweiten interessanten Aspekt entnommen. Wenn ich mich nicht ganz irre, sehen Sie die Tatsache, dass organisatorische Standorte der Verwal­tung oder auch der Gerichtsbarkeit verändert werden, noch nicht als Hauptproblem. Damals, als Ihre Partei an der Bundesregierung beteiligt war, hat man auch Gerichts­standorte zusammengelegt, verlegt und so weiter. Das dürfte also noch nicht das Pro­blem sein.

Jetzt gibt es einen Gerichtsstandort, den es ab 1. Jänner 2014 nicht mehr geben wird. Es gibt dort eine Vorsteherin, der bei mehreren Ausschreibungen angeboten wurde teilzunehmen. Das ist jedoch nicht erfolgt, und jetzt gibt es auf parlamentarischer Ebe­ne einen Abänderungsantrag – Sie haben übrigens Regierung gesagt, es ist im Parla­ment erfolgt –, um eine, sagen wir, kuriose Situation zu vermeiden. Dieser Abände­rungsantrag basiert auf einer Bestimmung der Bundesverfassung, die geradezu die Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit von Richtern und Richterinnen mit beinhaltet. Aber dass nicht die absurde Situation entsteht, wenn ein Gerichtsstandort aufgelassen wird, dass dort eine Person Richterin ist, obwohl es kein Gericht mehr gibt, genau für diesen Fall ist dieser Abänderungsantrag entwickelt und dann letztendlich auch im Na­tionalrat beschlossen worden.

Eine letzte Anmerkung noch zur gestrigen Demo. Ich habe es schon mehrfach öffent­lich gesagt, ich sage es auch hier: Das Demonstrationsrecht ist eines der ganz, ganz wichtigen Rechte in einer Demokratie, und es war richtig und gut so, dass die Gewerk­schaft von diesem Recht Gebrauch gemacht hat. Ich möchte aber trotzdem hinzufü­gen, dass wir – der Bundeskanzler, der Vizekanzler, die Frau Bundesministerin Hei­nisch-Hosek und ich mit Vertretern der Gewerkschaft – am Nachmittag und in der Nacht von Sonntag auf Montag in Summe neun Stunden lang Gespräche geführt ha­ben, verhandelt haben, uns dazwischen sehr weit angenähert haben. Dann ist es halt wieder etwas auseinandergegangen. Und ich habe ja auch Verständnis, wenn schon eingeladen worden ist, wenn schon Busse organisiert sind, wenn alles vorbereitet ist, dass es dann eben die Demonstration gibt.

Was ich versprechen kann – und ich glaube, dass ich das in den letzten fünf Jahren immer wieder bewiesen habe –, ist, dass ich, beginnend nach Weihnachten, versuchen werde, das Gespräch mit den Vertretern der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes zu führen – mit einem Ziel, nämlich dass wir womöglich im Jänner schon zu einem Ergebnis kommen. Mein Vorredner hat Jänner oder Februar gesagt, mein Ziel wäre Jänner. In der Nationalratssitzung wurde auch ein entsprechender Antrag eingebracht, also eine sogenannte Trägerrakete eingebracht, damit man dort aufsetzen kann und schon im Jänner ein Beschluss zur Anpassung der Gehälter möglich wäre. An mir wird es also nicht liegen. Ich werde alles dafür tun, dass wir zu einem konsensualen Ergeb­nis kommen, und das möglichst rasch.

Abschließend, da es wohl meine letzte Rede im heurigen Jahr im Bundesrat ist, möch­te ich sie nützen, um Ihnen alles Gute zu den bevorstehenden Feiertagen zu wün­schen. Nützen Sie die Zeit, um sich mit Ihren Angehörigen zu erholen! Alles Gute auch im Neuen Jahr! – Vielen herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

13.57



BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 100

Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Brückl. – Bitte.

 


13.57.47

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte noch zur Anmer­kung, die Sie bezüglich Gerichtszusammenlegung Enns gemacht haben, Stellung neh­men. Die Verfassung sagt – ich möchte das deswegen betonen, damit die Leute das verstehen, die vor den Bildschirmen sitzen –, die Grenzen der politischen Bezirke, der Gerichtsbezirke, der autonomen Bezirke und der Ortsgemeinden dürfen sich nicht schneiden. Und genau das ist hier aber der Fall. Es geht ja in Wirklichkeit nicht darum, dass man eine Planstelle sozusagen wegversetzen will, was auch immer. Das tatsäch­liche Problem ist: Man legt Gerichte zusammen. Darüber kann man diskutieren. Und ich bin einer jener, der solche Dinge nicht durchwegs negativ beurteilt, sondern das, wenn es Sinn macht, durchaus auch unterstützen kann. Dazu bräuchte es jedoch diese Verfassungsänderung, und die machen wir nicht.

Es wird zusammengelegt; mit 1. Juni 2014 wird es das Bezirksgericht Enns nicht mehr geben. Das heißt, aus dreien wird eines gemacht. Wenn der Verfassungsgerichtshof, der das jetzt prüft, sagt, dass das nicht geht, weil es der Verfassung widerspricht, dann wird dieses eine Gericht wieder auf drei aufgeteilt. Und das ist ja der wirkliche Wahn­sinn, der dahinter steht: der finanzielle Aufwand, der organisatorische Aufwand und vor allem auch die Leute, die Menschen, die sich dann nicht mehr auskennen, ob sie jetzt ein Gericht haben oder keines. Das ist die Problematik.

Es geht nicht um die Planstelle, die sozusagen versetzt werden soll, sondern es geht darum, dass man einfach ein Gesetz macht, das der Verfassung widerspricht, und zwar dahin gehend, dass sich die politischen Grenzen des Bezirks mit denen der Ge­richtsbezirke schneiden. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Dr. Ostermayer: Der Verfassungsdienst sagt etwas anderes!)

13.59


Präsident Reinhard Todt: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. De­zember 2013 betreffend Dienstrechts-Novelle 2013.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Herbert, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Sicherheitspolitik in der XXV. Gesetzgebungsperiode vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um deutliche Äußerung.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 101

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabe­tischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Lindinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****

 


Präsident Reinhard Todt: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.04 Uhr unterbrochen und um 14.07 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Reinhard Todt: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und ge­be das Abstimmungsergebnis bekannt:

55 abgegebene Stimmen; davon 14 „Ja“-Stimmen und 41 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrätinnen und Bundesräte:

Brückl;

Dönmez, Dörfler;

Herbert Werner;

Jenewein;

Krusche;

Michalke, Mühlwerth;

Pisec;

Reiter;

Schmittner, Schreuder, Schreyer;

Zelina.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrätinnen und Bundesräte:

Beer, Bierbauer-Hartinger, Blatnik, Bock, Brunner;

Ebner Adelheid, Ebner Bernhard;

Fetik, Füller, Fürlinger;

Grimling;

Himmer;

Jachs, Junker;


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 102

Kneifel, Köberl Günther, Köberl Johanna, Köck, Köll;

Lampel, Ledl-Rossmann, Lindinger;

Mayer;

Novak;

Oberlehner;

Perhab, Poglitsch, Posch-Gruska, Preineder, Pum;

Reich, Reisinger;

Saller, Schennach, Schödinger, Stadler, Stöckl;

Temmel, Tiefnig, Todt;

Winkler.

*****

 


Präsident Reinhard Todt: Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden.

Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Artikel 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bun­desrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit unter Berück­sichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

14.09.335. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastrophenfondsge­setz 1996 geändert werden (2 d.B. und 10 d.B. sowie 9126/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über das Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“ (3 d.B. und 11 d.B. sowie 9127/BR d.B.)

 



BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 103

Präsident Reinhard Todt: Nunmehr kommen wir zu den Punkten 5 und 6 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lampel. Bitte um die Berichte.

 


14.10.07

Berichterstatter Michael Lampel: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geän­dert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2013 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme zum zweiten Bericht des Finanzausschusses, nämlich über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über das Hochwasserschutz­projekt „Eferdinger Becken“.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher wieder gleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2013 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Reinhard Todt: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Tiefnig. Ich erteile es ihm.

 


14.11.33

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Werte Zusehe­rinnen und Zuseher! Geschätzte Damen und Herren! Bevor ich in die Debatte über die Artikel 15a-Vereinbarung betreffend das Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“ eingehe, möchte ich mich im Vorhinein bei all denjenigen bedanken, die in der Zeit des Hochwassers ihre ehrenamtlichen Dienste geleistet haben, bei den Freiwilligen Feuer­wehren, all denjenigen, die tage- und wochenlang im Einsatz waren und den Men­schen zur Seite gestanden sind. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte auch all jenen danken, die durch ihre Geldspenden finanzielle Unterstüt­zung geleistet haben. Das Land Oberösterreich hat ja schon im September entspre­chende finanzielle Maßnahmen, ein Sonderbudget beschlossen, nämlich 127 Millio­nen € für das Jahr 2014 und 112 Millionen € für das Jahr 2015. Auch in Zeiten wie diesen, wo immer wieder behauptet wird, die Politik bringe nichts voran, auch in Zeiten, wo die Wirtschaft nicht so wächst, wie man es sich vorstellt, ist dieses Budget Men­schen in Not sofort zur Verfügung gestellt worden.

Ich möchte aber auch zurückschauen. Im Jahr 2002 war das Jahrhunderthochwasser; und nur elf Jahre später gab es wieder ein Jahrhunderthochwasser. Damals haben wir 182 Millionen € in die Hand nehmen müssen, um den Hochwasserschutz im Bereich Machlanddamm ausbauen zu können und 22 000 Menschen Sicherheit zu geben.

Dieses Mal ist es eine Summe von 250 Millionen €, die in die Hand genommen werden muss, um den Menschen Schutz zu geben, aber auch um die Menschen, die freiwillig


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 104

aus dem Gebiet Eferdinger Becken aussiedeln wollen, zu unterstützen. Betroffen sind 138 Wohnprojekte, 612 Objekte, es ist eine Fläche von 24 Quadratkilometern betrof­fen.

Ein Dankeschön dem Bund und dem Land Oberösterreich dafür, dass da rasch und ef­fizient geholfen worden ist, um den Menschen wieder Sicherheit zu geben, damit sie auch in Zukunft wieder ihre Wohnungen und Häuser bauen können.

Es wird nicht zu 100 Prozent abgegolten, sondern es werden nur 80 Prozent des Zeit­wertes abgegolten. Es ist gestern schon im Ausschuss besprochen worden, ob auch Villen und ähnliche Gebäude abgegolten werden. Es wird der Zeitwert der Gebäude mit 80 Prozent abgegolten, das ist auch dementsprechend gedeckelt, das ist hier vor­gesehen.

Ein Dankeschön noch dem Landesrat Max Hiegelsberger, der vonseiten des Landes Oberösterreich als Erster im Katastrophenschutz die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen hat müssen. Da wurde rasch und schnell geholfen.

Ich komme nun zum 5. Punkt der Tagesordnung, nämlich zum Finanzausgleichsgesetz und Katastrophenfondsgesetz: zuerst das Hochwasser, dann die Dürre. Es war eine Dürre, die Österreich, glaube ich, in den letzten 100 Jahren nicht gesehen hat. Im End­effekt wurden doch auch im Zuge des Wahlkampfes 50 Millionen € für den Katastro­phenfonds zur Verfügung gestellt.

Dieses Geld ist unbedingt wichtig, damit in der Landwirtschaft die Tiere nicht notge­schlachtet werden müssen, damit eben Futtermittel angekauft werden können. Ein Dankeschön dafür auch dem Finanzministerium und dem Landwirtschaftsministerium, die miteinander verhandelt haben, um da Sicherheit zu geben.

Es ist nur ein Teil, der abgegolten wird. Zum Beispiel im Bereich Ackerbau Linz-Land haben die Betriebe Ernteeinbußen von bis zu 70, 80 Prozent. Sie bekommen aus dem Katastrophenfonds jetzt kein Geld. Es sind nur die Tierhaltebetriebe, die aus dem Ka­tastrophenfonds Gelder bekommen. Aber, wie gesagt, es sind wieder Schritte gesetzt worden, um den Menschen Sicherheit zu geben, um Perspektiven zu geben.

Ein Dankeschön dir, lieber Staatssekretär Danninger. Ich wünsche dir auch für die Zu­kunft in deinem Amt alles Gute! Es freut mich als Oberösterreicher, dass die Finanz wieder teilweise in oberösterreichischer Hand ist und mit dieser Hand sicher geführt wird.

Auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest! Ich wünsche uns allen, dass wir im kommenden Jahr wieder gemeinsam für Öster­reich, für unser Land arbeiten und dass wir viele gemeinsame Beschlüsse fassen kön­nen. In diesem Sinne noch alles Gute; und den ZuseherInnen auch ein Dankeschön dafür, dass Sie uns im Bundesrat immer wieder auf ORF III verfolgen und auch sehen, was hier geleistet wird. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

14.16


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster hat sich Herr Staatssekretär Mag. Danninger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


14.16.16

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Jochen Danninger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Sie wissen, das ist heute mein erster Auftritt hier im Bundesrat. Darum möchte ich die Ge­legenheit nützen, um Ihnen zu versichern, dass ich als überzeugter Föderalist an einer guten Zusammenarbeit mit Ihnen sehr interessiert bin. (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 105

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle können uns noch an die Wetter­kapriolen des vergangenen Sommers erinnern. Davon war natürlich die Landwirtschaft ganz besonders betroffen. Die Bundesregierung hat daher zur Unterstützung der Land­wirte nach der Dürre im Sommer ein Hilfspaket im Ausmaß von 50 Millionen € ge­schnürt, wobei die betroffenen Länder noch zusätzlich einen mindestens gleich hohen Beitrag leisten sollen. Insgesamt können wir somit 100 Millionen € für die betroffenen Landwirte zur Verfügung stellen.

Damit wird aus Mitteln des Katastrophenfonds der Zukauf von Raufutter, Raufutterer­satzprodukten sowie allenfalls auch sonstigen pflanzlichen Ersatzfuttermitteln ermög­licht, die außerordentlichen Ertragsausfälle bei bestimmten Acker- und Dauerkulturen werden abgefedert. Dadurch wird Notverkäufen von Nutztieren vorgebeugt und die langfristige Versorgung der Konsumenten mit Lebensmitteln heimischer Qualität gesi­chert sowie ein Beitrag zur Erhaltung der Landwirtschaftskultur in Österreich geleistet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten aber auch noch ein anderes Wet­terphänomen im vergangenen Sommer, nämlich das Hochwasser. Ich komme daher zum 6. Punkt der Tagesordnung, nämlich dem Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“. Der Bund und das Land Oberösterreich kamen aufgrund des Donauhochwas­sers im Juni 2013 überein, für eine Finanzierung und Umsetzung des Hochwasser­schutzprojektes „Eferdinger Becken“ Sorge zu tragen.

Oberösterreich wurde im Juni 2013 von einem verheerenden Donauhochwasser heim­gesucht. Westlich von Linz befindet sich dieses Eferdinger Becken. Diese große Be­ckenlandschaft stellt einen bedeutenden Lebens- und Wirtschaftsraum dar. Derzeit be­steht für dieses Becken jedoch kein ausreichender Hochwasserschutz. Rund 60 Qua­dratkilometer Fläche können durch dieses neue Projekt jetzt zusätzlich gesichert und künftig vor Hochwasser geschützt werden.

Bei derzeit geschätzten Gesamtkosten von bis zu 250 Millionen € – es ist an eine Hal­be-halbe-Lösung zwischen Bund und Ländern gedacht – würde der Bund wieder 125 Millionen € zur Verfügung stellen. Die budgetäre Bedeckung erfolgt wieder aus Mitteln des Katastrophenfonds. Gleichzeitig verpflichtet sich aber auch das Land Ober­österreich seinerseits, die Finanzierung sicherzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Alternativen zu diesem Projekt bestehen aus unserer Sicht nicht. Wenn man sich ansieht, was frühere Hochwässer an Schäden ver­ursacht haben, so kann ich darauf verweisen, dass alleine im Jahr 2002 Schäden in Höhe von 500 Millionen € verursacht wurden. Das heißt, wenn man sich die Kosten für dieses Projekt anschaut und dem die Schäden, die entstanden sind, gegenüberstellt, dann muss man sagen, das ist eindeutig zu befürworten.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und möchte auch meinerseits gleich die Gele­genheit nützen, Ihnen und Ihren Familien ein gesegnetes Weihnachtsfest sowie einen guten Rutsch ins neue Jahr zu wünschen und Ihnen nochmals zu versichern, dass ich an einer guten Zusammenarbeit mit Ihnen allen größtes Interesse habe. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

14.19


Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesrätin Winkler. Ich er­teile ihr dieses.

 


14.20.13

Bundesrätin Ingrid Winkler (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich möchte nicht wiederho­len, was mein Vorredner oder der Herr Staatssekretär an fachlichem Input schon gege­ben hat. Aber Sie wissen, wo dieser Tagesordnungspunkt herkommt und kennen mei­nen persönlichen Hintergrund; ich sage Ihnen, bei diesem Tagesordnungspunkt stehen


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nicht die Wirtschaftlichkeit und die Finanzen im Vordergrund, sondern bei diesem Ta­gesordnungspunkt geht es um die Menschlichkeit und um die wirklich drastischen Ent­wicklungen des Wetters.

Ich denke, das Jahr 2013 hat uns allen gezeigt – ich bin 55 Jahre alt und habe das Wetter schon aus diesem Grund einige Zeit beobachtet –, hat uns das Wetter gezeigt, dass die Umwelt mit uns nicht einverstanden ist. Und ich glaube, wir sollten sehr auf­merksam sein und diesen Warnungen auch Gehör schenken.

Wir erinnern uns an die Auswirkungen im Jahr 2013, das im Juni Hochwasser brachte und in dem sich Menschen in völlig dramatischen Situationen wiedergefunden haben, obwohl sie durch unser Bundesheer, durch unsere Feuerwehr bestens unterstützt wur­den. Dinge gingen verloren. Aber eigentlich ist der materielle Verlust in den Hinter­grund getreten, und der persönliche Verlust war viel schlimmer. Es wurden in den Häu­sern Bilder durch das Hochwasser zerstört, die vielleicht keinen großen materiellen Wert darstellen, aber wodurch ein Teil der Identität verlorengeht.

Trotzdem, wenn all diese Dinge passieren, die so schrecklich sind, sind wir als Staat gefordert. Deshalb herzlichen Dank, dass es hier diese Möglichkeiten gibt, einzugrei­fen, helfend unter die Arme zu greifen.

Ich denke, da gibt es viele Komponenten. Eine Komponente ist, unsere Landwirte er­zeugen das Futter für ihre Tiere selbst. Dieses ist in sehr hohem Ausmaß unterge­gangen. Wenn laut Schätzungen – und ich glaube, das sind sehr fundierte Schätzun­gen – 25 000 Landwirte betroffen sind, dann wissen wir, das ist kein Klacks. Und diese müssen teilweise um den Verlust ihrer Existenzgrundlagen fürchten. Deswegen ist es unsere Aufgabe und unsere Pflicht, hier helfend einzugreifen, damit es nicht zu etwai­gen Notverkäufen von Tieren kommen muss, sondern gewährleistet ist, es kann einen Zuschuss für den Kauf von Futtermitteln geben und es kann die österreichische Tier­haltung durch Zukauf aufrechterhalten werden. – Das ist die eine Komponente.

Die zweite Komponente – und auch das haben wir schon gehört – ist der Hochwasser­schutz. Es ist nur recht und billig, dass ein Gebiet, das immerhin 30 000 Menschen – und das ist schon eine beachtliche Zahl – eine Heimat bietet, soweit wie möglich ge­schützt wird.

Und wenn in der ersten Phase bei 20 Prozent der Personen – es ist hier an mehrere Phasen gedacht, wie man dem Hochwasser Einhalt gebieten sollte – an Absiedelung gedacht ist, dann ist es nur recht und billig, wenn man diesen Menschen, die eine ge­wohnte Umgebung, ihren Lebensraum verlassen, die ohnedies auch finanzielle Einbu­ßen erfahren haben, in einem Ausmaß von etwa 80 Prozent unter die Arme greift.

Sie sehen, so ganz kann ich die Wirtschaftlichkeit nicht außer Acht lassen, denn solche Hochwasserprojekte sind auf der einen Seite ein notwendiger, richtiger und menschli­cher Akt. Auf der anderen Seite sind sie aber auch ein Wirtschaftsmotor. Gerade diese Maßnahmen können sehr oft durch heimische Wirtschaftstreibende gesetzt werden, generieren aus diesem Grund Wertschöpfung im Land und sorgen somit auch für Ar­beitsplätze. Und das ist für uns ganz wichtig, denn die Grundlage für die Finanzierung unseres Lebensunterhalts ist ein geregeltes Einkommen.

Bei aller Tragik, über die wir hier sprechen, gibt es meiner Meinung nach auch Positi­ves zu berichten. Es wurden bereits Maßnahmen entlang der Donau gesetzt, die im Jahr 2013 gezeigt haben, dass sie auch standhalten, dass sie sinnvoll und auch ziel­führend sind.

Aber lassen Sie mich abschließend eines sagen, und das ist wirklich meine tiefste Überzeugung: Wir müssen mit Augenmaß für Machbares und für die Realität, aber auch mit großer Wachsamkeit beobachten, dass sich die Umwelt in einem Ausmaß entwickelt, das es erforderlich macht, ihr in vermehrtem Maße Augenmerk zu schen-


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ken. Wir alle, wie wir hier sitzen – ich bin erst seit kurzer Zeit im Bundesrat, ich habe aber diese Länderkammer als eine sehr konstruktive Institution des österreichischen Staates kennenlernen dürfen –, kommen aus verschiedenen Gebieten, mit verschiede­nen Eindrücken, mit verschiedenen Aufgabenstellungen, aber ich denke, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, auf unsere gemeinsame Heimat zu achten.

Meine Fraktion wird diesen sehr sinnvollen und guten Beschlüssen zu diesen Tages­ordnungspunkten selbstverständlich die Zustimmung erteilen.

Abschließend darf ich allen ein ruhiges – ich glaube, das ist eine der wichtigsten Aus­sagen für uns alle – und gesegnetes Weihnachtsfest wünschen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.27


Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Brückl. Ich erteile ihm dieses.

 


14.27.36

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Gesetze, die wir hier unter einem verhandeln, haben eines gemeinsam: Es geht darum, dass man Men­schen, die unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten sind, hilft. Und hier ist die Politik, hier sind wir, hier ist die öffentliche Hand gefordert, Hilfe zu leisten, und zwar zum einen im Bereich der Landwirtschaft den Bauern, den Landwirten, die entspre­chende Unterstützung zukommen zu lassen, die sie brauchen, damit wir auch zum anderen die qualitativ hochwertige Nahrungsmittelproduktion in unserem Land, in un­serer Heimat beibehalten können.

Der zweite Punkt betrifft das Eferdinger Becken, betrifft den Hochwasserschutz im Eferdinger Becken. Hier geht es ebenfalls um das Eingemachte. Hier geht es um Exis­tenzen. Hier geht es darum, dass Menschen ihre angestammte Heimat verlassen müs­sen, wo sie ihr Leben verbracht haben, oft über Generationen hinweg gelebt und ge­wohnt haben. Und auch in diesem Fall ist es notwendig, dass die Politik unterstützend eingreift. Diesen Bürgern muss geholfen werden.

Ich komme aus Schärding. Ich weiß selbst, was es heißt, in einer Region zu leben, die ständig von Hochwasser betroffen ist. Dort leben die Menschen seit Hunderten von Jahren, seit jeher mit diesem Hochwasser. Und es ist einfach schrecklich, wenn man oft nächtelang nicht schlafen kann, weil man nicht weiß: Steht meine Wohnung morgen Früh unter Wasser oder nicht? Und es ist schlichtweg die Pflicht von uns allen, da zu helfen. Wie die Hilfe ausschaut, haben Sie, Herr Staatssekretär, ja bereits erwähnt, und Sie haben auch die einzelnen Schritte beschrieben. Wir Freiheitliche unterstützen das selbstverständlich.

Aber, liebe Kollegen, gestatten Sie mir abschließend auch noch eine Bemerkung, weil im Zuge dieser gesamten Diskussion im Laufe der letzten Monate – Hochwasser, Dür­rekatastrophe und so weiter – immer wieder gesagt wurde, schuld sei unter anderem der durch Menschenhand verursachte Klimawandel.

Ich glaube, man muss da schon auch die Realität sehen. Ich stelle außer Streit, dass sich das Klima wandelt, dass sich das Klima ändert, aber ich sehe auch, dahinter steht immer wieder eine Geschäftemacherei. Und ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an den unsinnigen Handel mit den sogenannten Klimazertifikaten. Dieser Handel führt zu schweren Nachteilen für die Industrie, für die Unternehmen in unserem Land, er gefährdet Arbeitsplätze und somit auch Existenzen.

Als Beispiel sei nur angemerkt: Die voestalpine in Linz hat heuer im Mai, glaube ich, in Corpus Christi in den USA, also an einem zweiten Standort, ein Werk errichtet und dort


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550 Millionen investiert, unter anderem mit der Begründung, erstens, weil dort die Energiekosten wesentlich geringer sind als bei uns, und zum anderen, weil es dort kei­nen Zertifikatehandel gibt, weil sie dort nicht dafür bezahlen muss.

Oder – um das Ganze noch an einem regionalen Beispiel festzuhalten –: Wer die Stadt Schärding kennt, der kennt auch das Wassertor. Herr Staatssekretär! Das ist ein Teil der alten Stadtbefestigung, und da sind Hochwassermarken angebracht. Und ich weiß, es war heuer ein Jahrhunderthochwasser, es war auch 2002 ein Jahrhunderthochwas­ser. Aber wissen Sie, wann die höchsten Marken angebracht wurden? – 1899, 1787, 1786, 1606, und der Höchststand war 1598. Das ist damals das Doppelte dessen ge­wesen, was wir in diesem Jahr hatten.

Also es gibt diesen Klimawandel oder diese Naturkatastrophen seit jeher. Ich denke, man sollte das einfach immer wieder auch ein bisschen realistisch sehen und nicht Dinge ins Spiel bringen, die meiner Ansicht nach hier einfach nicht diskutiert werden müssen.

Als letztem Redner meiner Fraktion am heutigen Sitzungstag erlauben Sie mir ab­schließend, dass ich Ihnen allen, werte Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident, Herr Staatssekretär, ein schönes Weihnachtsfest, ein paar besinnliche Tage der Ruhe wün­sche, und ich hoffe, wir sehen einander am 31. Jänner bei der nächsten Sitzung wieder in der gleichen Stärke und in der gleichen Anzahl wie heute. (Allgemeiner Beifall.)

14.32


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. Ich erteile es ihm.

 


14.32.21

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Paket zeigt eines ganz deutlich, und das ist absolut begrüßenswert: Wenn der Wille vorhanden ist, dann bringen wir etwas zustande – von der Ministerin über die zustän­digen Landesregierungen, die Landesräte bis hinunter zu den Gemeinden, Bürger­meisterInnen und gemeinsam mit den betroffenen Bürgern und Bürgerinnen. Das ist doch eine wirklich große Leistung.

Nicht nur ein Dank an jene, die, als die Katastrophe eingetreten ist, mitgeholfen haben, die Schäden zu beseitigen, sondern auch ein Dank an alle, die hier daran mitgewirkt haben, dass wir innerhalb kürzester Zeit ein derart komplexes Maßnahmenpaket unter Bürgerbeteiligung zustande gebracht haben. Auch das ist eine große Leistung, die man hier auch unterstreichen muss.

Das, was Kollege Brückl gesagt hat, möchte ich ebenfalls unterstreichen, aber nicht in der Form, wie er es gemacht hat. Die Ursache dafür, dass derartige Katastrophen in letzter Zeit häufiger auftreten, ist unter anderem der von Menschen verursachte Klima­wandel.

Wenn wir immer mehr produzieren und uns mit motorisierten Fahrzeugen fortbewegen, dann wird sich das, no na net, irgendwo auswirken. Aber wir sind auch teilweise selbst daran schuld, dass es zu derartigen Situationen gekommen ist, und zwar bei den kleinsten Einheiten. Die älteren Bauern, Landwirte werden noch lange gewusst haben, wo man kein Haus hinbaut und wo man Flächen zur Ausbreitung lieber belässt.

Und was ist geschehen? – Aufgrund des Drucks, der auch auf die Bürgermeister und Gemeinderäte ausgeübt worden ist, eben günstiges Bauland zur Verfügung zu stel­len – das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit, Ehrlichkeit und Offenheit sagen –, sind Flächen umgewidmet worden, wo man halt retrospektiv betrachtet keine Häuser hätte hinstellen sollen. Das heißt jetzt, dass die Öffentlichkeit dadurch auch Kosten hat,


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und zwar enorme Kosten. Wir tragen diese Kosten gerne, weil wir in einer solidari­schen Gemeinschaft leben, und wir wollen da niemanden in Stich lassen. Egal, wie sich die Betroffenen entscheiden werden, ich habe größten Respekt, denn es ist wirk­lich keine leichte Entscheidung, ob man einer freiwilligen Absiedelung zustimmt oder ob man sozusagen den Wohnraum in die oberen Stockwerke verlegt.

Wir haben hier mit der Unterstützung in Höhe von 80 Prozent natürlich einen wesentli­chen Beitrag dazu geleistet, dass es leichter fällt, diese Entscheidung zu treffen. Die Beträge sind ja gedeckelt – Kollege Tiefnig hat es schon angesprochen –: pro Objekt 500 000 €. Das hört sich jetzt auf den ersten Blick viel an, ist aber angesichts dessen, dass im Eferdinger Becken großteils landwirtschaftliche Betriebe stehen, nicht so viel. Viele von euch haben ja selbst landwirtschaftliche Betriebe, da brauche ich euch nicht zu sagen, dass 500 000 € für einen Vierkanter eigentlich ein Lercherl sind. Und da re­den wir noch gar nicht von Wohnraum und so weiter.

Also nochmals: Es gäbe diesbezüglich vieles zu sagen. Die KollegInnen haben es schon erwähnt, darum werde ich das nicht mehr wiederholen. Mein Dank geht an alle, die mitgeholfen haben, die Schäden zu beseitigen, aber auch an die Entscheidungs­träger und Entscheidungsträgerinnen, von der Ministerin bis zu den Landesräten, den Gemeinderäten und auch den BürgerInnen. Wenn wir wollen – und das ist das beste Beispiel dafür –, können wir innerhalb kürzester Zeit wirklich Gutes für unser Land und für die Bevölkerung bewegen, wobei das noch Beträge sind, die sich sicher noch ver­vielfachen werden.

Wir wissen aus heutiger Sicht, dass wir für die komplette Hochwasserabsicherung bis 2030 in etwa 1 Milliarde € benötigen werden. Auch dieses Geld müssen wir aufstellen und investieren. Aber das ist gut investiertes Geld, denn wenn es zu Schäden kommt – und das wissen wir aus den Hochwasserkatastrophen der vorigen Jahre –, dann sind die Beträge, die für deren Beseitigung aufzuwenden sind, um einiges höher.

Daher müssen wir – wir kommen ohnehin nicht daran vorbei – diese Investitionen täti­gen, müssen aber gleichzeitig auch auf anderen Ebenen ansetzen. So müssen wir zum Beispiel Maßnahmen gegen Emissionen jeglicher Art setzen. Dass das natürlich Ös­terreich nicht alleine bewältigen kann, ist uns auch allen klar. Aber auch da müssen wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen.

Ich wünsche auch seitens meiner Fraktion Ihnen allen und Ihren Liebsten gesegnete, frohe Weihnachten, erholsame Feiertage, viel Kraft und viel Gesundheit und dass wir einander im neuen Jahr wieder alle in dieser Konstellation sehen. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

14.37


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prein­eder. Ich erteile es ihm.

 


14.37.58

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegen im Bundesrat! 2013 war ein Jahr der extremen Wetterereignisse. Hochwasser im Juni, und auf das Hochwasser folgte dann eine Hitzeperiode, die auch eine entsprechende Trockenheit ausgelöst hat.

Beim Hochwasser gab es rasche Hilfe und eine breite Solidarität. Und ich darf auch all jenen danken, die ihre Hilfsbereitschaft gezeigt haben durch Arbeitsleistung, durch frei­willigen Einsatz oder vielleicht auch durch eine Geldspende. Daher ist es nur richtig und wichtig, dass wir in Schutzmaßnahmen investieren, und im Eferdinger Becken wird das auch entsprechend durchgeführt.


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Es gab aber auch eine zweite betroffene Gruppe, nämlich jene der Landwirte, die unter der Dürre gelitten haben. Mindererträge bis hin zu fast totalem Ernteausfall waren das Ergebnis. Und als Bauern wissen wir, dass wir dem Risiko des Wetters, dem Risiko der Natur ausgesetzt sind und mit diesem Risiko auch leben müssen.

Ein Teil dieses Risikos ist versicherbar. Marktfrüchte können gegen Hagel, gegen Tro­ckenheit auch entsprechend versichert werden. Und es wird auch ein Thema der Zu­kunft in der Landwirtschaft sein, wie wir solche Risken langfristig entsprechend ausglei­chen und absichern können.

Heuer hat es aber besonders jene Betriebe getroffen, die im Grünland zu Hause wa­ren, die Tierhalter, die Rinderhalter waren, die aufgrund der Trockenheit keinen Heu-, keinen Silageertrag einbringen konnten und dadurch auf Zukäufe angewiesen waren. Oder sie mussten ihre Tiere notverkaufen, was sich wieder auf den Preis entsprechend ausgewirkt hat.

Besonders betroffen waren auch die steirischen Obstbauern, und deshalb ist es, so glaube ich, gut, dass wir heute eine Hilfsmaßnahme in der Höhe von 50 Millionen € be­schließen – wiewohl ich sagen muss, dass die Betroffenen auf diese Hilfe lange ge­wartet haben und eigentlich erst jetzt Sicherheit besteht, dass Geld fließen wird.

Wir haben bei der letzten Bundesratssitzung den Grünen Bericht diskutiert, und disku­tiert, dass sich die Einkommensverluste in der Landwirtschaft im Jahr 2012 im Durch­schnitt auf 8 Prozent belaufen haben und im Grünlandbereich noch höher waren. Um auch da entgegenzuwirken und diese Belastung durch die Trockenheit entsprechend abzufangen, ist es, wie ich meine, gut und richtig, hier heute diese Maßnahme zu tref­fen und die Hilfe auch zielgerichtet umzusetzen.

Ich darf damit der Republik Österreich ein herzliches Dankeschön sagen, dem Parla­ment, uns, die diese Maßnahmen beschließen, weil es ein Zeichen der Solidarität ist mit jenen, die unsere Hilfe brauchen. Ich glaube, wenn das heute der letzte Tagesord­nungspunkt vor Weihnachten auf der Tagesordnung ist, dann ist das auch ein schönes Zeichen für Solidarität in unserer Republik, in unseren Ländern, und ein Zeichen, das wir vielleicht auch als Politiker in unsere Diskussionen mitnehmen sollten, nämlich dass es öfter darum gehen sollte, das Gemeinsame und nicht das Trennende zu suchen.

In diesem Sinne darf ich Ihnen allen auch namens unserer Fraktion gesegnete Weih­nachten, viel Freude und Kraft für das nächste Jahr wünschen, und damit alles Gute für 2014. (Allgemeiner Beifall.)

14.41


Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Lindinger. Ich erteile es ihm.

 


14.42.04

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! 31. Mai 2013: Schneefall in den Ber­gen, Regen im Tal – zum Beispiel gab es in den Voralpen, bei uns auf der Steirerhütte, am 31. Mai 20 Zentimeter Neuschnee, ich war dort.

Am nächsten Tag, am Samstag, den 1. Juni: Hochwasser, das sich dem Donauraum nähert. Die Donau ist noch nicht aus den Ufern getreten, aber ich fuhr durch Grein an der Donau, und in Vorbereitung auf das Hochwasser hatte man schon die Hochwas­serwände montiert – das war am Vormittag. Um 10 Uhr abends fuhr ich wieder nach Hause, weil ich wusste, dass vielleicht auch zu Hause das Hochwasser kommt, und da war die Uferstraße der Donau nicht mehr befahrbar.

Ein paar Tage später, wir saßen hier im Plenum und in der Ausschussrunde, war Grein an der Donau Mittelpunkt des Hochwassers – nicht, weil es überschwemmt war, son-


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dern weil nur einige Zentimeter gefehlt hatten: 7 Zentimeter unter der Oberkante der Spundwände.

Gerade durch den Schutz, den wir dem Machland seit dem Hochwasser 2002 gewährt haben, in den wir investiert und den wir fertiggestellt haben, können wir sehen, dass das Machland in diesem Bereich großteils wirklich geschützt wurde, von Mauthausen an über Grein an der Donau bis St. Nikola. Das war natürlich 2013 in anderen Berei­chen, wie im Eferdinger Becken, in Melk, im Ybbser Raum, in vielen Bereichen entlang der Donau und in Schärding (Ruf: Am Inn!) – am Inn – eine Katastrophe.

Wir wissen, welcher Schaden angerichtet wurde, wir wissen, dass es 2002 500 Millio­nen € Schaden in diesen Gebieten gab, und stellt man die vergangenen Investitionen ge­genüber – 195 Millionen €, die in Oberösterreich schon investiert wurden –, dann sieht man, dass das gut investiert wurde in den Schutz vor Hochwasser.

In Schärding wurden 200 Häuser evakuiert – mein Kollege hat das vorhin schon ge­schildert: die Hochwassermarken von Schärding und die Jahrhundertstände bis in das 15. Jahrhundert zurück. Die Fußball-Tribüne stand unter Wasser; das war auch so ein Erinnerungsfoto, das der Fußballverein wahrscheinlich lange in seiner Kantine hängen haben wird. (Ruf: Welche Kantine?)

150 Straßen waren unterbrochen, es gab den Schaden für die Wirtschaft, die West­bahn war unterbrochen, und auch einen Bürgermeisterkollegen aus unseren Reihen, Bundesrat Franz Wenger, hat es in dieser Zeit in Taxenbach mit den Murenabgängen in der Gemeinde schwer getroffen. Die Bahn war unterbrochen, die Straße war unter­brochen, aber er hat auch persönlich durch sein Engagement einen gesundheitlichen Schaden erlitten. Er hat wirklich in der Zeit sehr viel geleistet: 48, 72 Stunden lang und darüber hinaus hat er sich für seine Gemeinde engagiert.

Unser Bundesratskollege Robert Zehentner, den ich einige Tage darauf in Taxenbach treffen wollte, hat mir gesagt: Du, Ewald, ich kann nicht mehr! Es ist 10 Uhr abends, ich bin fertig! Wir haben den ganzen Tag die Schäden der Murenabgänge beseitigt, wir können uns heute nicht mehr treffen. – Ich hatte Verständnis dafür, weil auch ich bei vielen Einsätzen der Feuerwehr dabei bin. Damit komme ich schon zu den Einsatz­kräften, die uns immer unterstützen und dabei sind.

Viele Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren, Tausende Männer und Frauen, sind im Einsatz, auch mit Unterstützung von zivilen Kräften, die mithelfen, die Feuerwehren zu versorgen. Indem sie Sandsäcke füllen, einfache Tätigkeiten ausführen, unterstützen sie die Freiwillige Feuerwehr. Es gibt aber auch das Rote Kreuz – immerhin gab es sehr viele Verletzungen und leider hat es im vergangenen Jahr auch fünf Tote bei dem Hochwasser gegeben.

Geschätzte Damen und Herren! Im abgelaufenen Jahr hatten wir eine sehr lange De­batte über das österreichische Bundesheer. In diesem Bereich hat das österreichische Bundesheer wieder einmal gezeigt, dass es gerüstet ist für solche Einsätze, insbeson­dere für die Leistungen danach, wenn die Feuerwehren nicht mehr können, wenn den Feuerwehren auch aufgrund ihrer Ressourcen die Luft ausgeht. Ich habe gesehen, wie ein paar Tage später die Feuerwehren die Bahnstrecken vom Schlamm, der getrocknet war und wie Beton auf dem Bahndamm lag, freigeklopft haben. Hier brauchen wir eine gute Koordination, und die haben wir. Mit Bundesminister Gerald Klug, der sehr wohl fördert und unterstützt, dass gerade das Bundesheer herangezogen werden kann, sind wir gut aufgestellt.

Geschätzte Damen und Herren! Gerade im Eferdinger Becken, für das wir heute diese Förderung, diese Artikel-15a-Vereinbarung beschließen, waren es 25 Quadratkilometer Überschwemmung mit 612 Objekten, und es gab im Ausschuss die Frage, ob es Luxus­villen in diesem Bereich gibt. – Nein, der Großteil sind landwirtschaftliche Objekte; es


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sind von 612 Objekten nur 138 Haushalte betroffen. Bei vielen Menschen hängen Emo­tionen dran: Sie sind dort aufgewachsen, es ist das Haus ihrer Eltern, ihrer Großeltern, ihrer Urgroßeltern. Und die sollen jetzt absiedeln? – Das ist mit viel Schmerz und Über­windung verbunden, denn Generationen haben in diesem Haus gelebt, und jetzt ist es Zeit, in eine sichere Gegend abzusiedeln. Dabei wird man dafür sorgen müssen, dass auch die Grundpreise für die Neuansiedlungen in Ordnung sind.

Ich glaube, so rasch, wie wir hier reagieren – das Bundesministerium, die Landesregie­rungen und auch die Gemeinden –, wenn es 2013 das Hochwasser gab und 2013 sämtliche Beschlüsse herbeigeführt werden, 2014 die Planungen durchgeführt werden und man 2015 schon an der Umsetzung der Maßnahmen ist, dann sehen Sie eines, geschätzte Damen und Herren: Wenn alle an einem Strang ziehen, dann geht etwas weiter! Es wird sich etwas bewegen, damit das in Zukunft nicht mehr passieren kann. Es kann immer etwas passieren, aber wir wollen doch glauben, dass die Maßnahmen, die seitens des Bundes, des Landes und der Gemeinden getroffen werden, gut sind, und dass jene, die Schaden erlitten haben, in Zukunft nicht mehr Schaden erleiden. Das Ziel ist ja auch in der Vereinbarung beschrieben: „Schutz der Bevölkerung durch nachhaltigen Hochwasserschutz“.

Meine Damen und Herren, wir werden natürlich gerne beiden Gesetzesvorlagen die Zustimmung erteilen. – Ich darf jetzt die Gelegenheit nützen und auch namens der Fraktion Weihnachtswünsche übermitteln.

Geschätzte, liebe Kolleginnen und Kollegen! 2013 war ein bewegtes Jahr. Vorarlberg und Wien hatten den Vorsitz im Bundesrat, es war also ein „VW-Vorsitz“.

Es hat auch viel Bewegung hier im Bundesrat gegeben: Es hat drei Landtagswahlen gegeben, viele neue Gesichter. Viele Kollegen sind ausgeschieden und haben sich in ihren Ruhestand zurückgezogen oder sind in die Landtage oder auch – durch die Na­tionalratswahlen – in den Nationalrat eingezogen. (Bundesrat Schennach: Oder in die Regierung!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es hat sich viel getan; der Bundesrat war bei den Diskussionen oft im Mittelpunkt. Auch wenn wir im Herbst keine Sitzung hatten, glaube ich doch, dass viele Bundesratskollegen in den Landtagen gut eingebunden sind, viele Kollegen hier im Bundesrat bei den Landtagsklubs eingebunden sind und die Sitzungen verfolgen und ihnen beiwohnen und damit dazu beitragen, dass wir auch während der sogenannten Sitzungspause hier im Hause – obwohl der EU-Ausschuss permanent getagt hat – präsent sind. Viele Bundesrätinnen und Bundesräte engagie­ren sich auch in ihren Wahlkreisen, in ihren Gemeinden. Es kann niemand behaupten, dass Bundesrätinnen und Bundesräte arbeitslos sind. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bedanke mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Hause, denn ohne sie wäre vieles nicht möglich – wie zum Beispiel, dass wir jetzt hier am Podium ab und zu frisches Wasser bekommen oder sonst wie versorgt werden, beispielsweise dass wir die richtigen Beratungen haben.

Allen jenen guten Geistern, die dazu beitragen, dass wir unseren Aufgaben nachkom­men können, ein frohes Weihnachtsfest und Gesundheit für das Jahr 2014! (Allgemei­ner Beifall.)

14.52


Präsident Reinhard Todt: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. De­zember 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden.


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 113

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. De­zember 2013 betreffend Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über das Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle hier ebenfalls die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich komme zu meiner Abschiedsrede.

14.53.54Schlussansprache des Präsidenten

 


14.54.11

Präsident Reinhard Todt: Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe mit 1. Juli 2013 die ehrenvolle Aufgabe übernommen, den Vorsitz im Bundesrat zu führen. Ich möchte mich an dieser Stelle für die Zusammenarbeit und für die aktive Mitarbeit bedanken.

Danken will ich Herrn Vizepräsidenten Himmer, Frau Vizepräsidentin Susanne Kurz, dem Fraktionsvorsitzenden der ÖVP Gottfried Kneifel, dem Geschäftsführenden Frak­tionsvorsitzenden der SPÖ Christian Füller, der Fraktionsvorsitzenden der FPÖ Monika Mühlwerth und dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen Marco Schreuder für die gute Zusammenarbeit.

Bedanken möchte ich mich auch bei Frau Bundesratsdirektorin Susanne Bachmann und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ebenso bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Internationalen Dienstes des Parlaments.

Dieses halbe Jahr unter meiner Vorsitzführung war geprägt vom Nationalratswahl­kampf, von Verlusten mich persönlich prägender Menschen. Wir mussten mit Betrof­fenheit die Nachrichten vom Ableben des ehemaligen Bundesratspräsidenten Peter Mitterer und des Nationalratsabgeordneten Peter Schieder, der zuletzt Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und deren Ehrenpräsident war, ent­gegennehmen.

Bei meiner Abschiedsrede will ich auch dem Herrn Landtagspräsidenten von Tirol Her­wig von Staa danken, der es mir ermöglicht hat, im Tiroler Landtag eine Rede zu hal­ten. Ich habe im Tiroler Landtag zum Bundesrat unter anderem Folgendes gesagt:

„Mitbestimmung, meine Damen und Herren, ist das zentrale Element der Demokratie. Gerade die ist es auch,“ – nämlich die Mitbestimmung – „die unsere pluralistische Ge­sellschaft in allen parlamentarischen Gremien widerspiegeln soll. Unser Ziel muss sein, den Bundesrat als gesetzgebendes Gremium noch weiter zu stärken und in der öf­fentlichen Wahrnehmung präsenter zu machen. Denn leider wird der Österreichische Bundesrat, trotz seiner essentiellen Rolle in der österreichischen Demokratie und klar definierten Aufgaben, von vielen Österreicherinnen und Österreichern nicht als wesent­licher Entscheidungsträger im demokratischen Prozess gesehen. Es ist unsere ge­meinsame Aufgabe, die wichtige Arbeit des Bundesrates den Österreicherinnen und Österreichern noch sichtbarer zu machen und ihm damit auch den Stellenwert zu ge­ben, der ihm zusteht.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Reformen sind notwendig, damit es zu Ver­änderungen und damit auch zu Verbesserungen kommt. Daher ist es auch notwendig,


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dass wir für Reformen im Bundesrat eintreten. Der österreichische Bundesrat ist bereit für Veränderungen, er ist bereit, Reformen zu wagen und voranzutreiben.

Es gibt eine Reihe von Vorschlägen. Unter anderem hat auch die Landtagspräsiden­tenkonferenz, an der ich teilgenommen habe, einen einstimmigen Vorschlag erarbeitet. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage fordern verstärktes Mitwirkungsrecht des Bundesrates bei der Gesetzwerdung von Bundesgesetzen.

Eines meiner besonderen Anliegen war die Stärkung der Position der älteren Genera­tion in Österreich. Mein Ziel war es und wird es auch in Zukunft sein, den Kampf gegen die Armut zu führen sowie existenzsichernde sozialpolitische Maßnahmen für Pensio­nistinnen und Pensionisten in Österreich durchzusetzen. Bei der am 1. Oktober durch­geführten Enquete konnte ich als Referenten unter anderem Bundesminister Hundstor­fer und Bundesminister Mitterlehner sowie die Präsidenten des Seniorenrates Karl Ble­cha und Andreas Khol begrüßen.

Ich stelle Folgendes klar: Es muss unumstößlich feststehen, dass jeder Mensch in Ös­terreich in Würde und Sicherheit altern kann! Dafür braucht es ein sicheres staatliches Pensionssystem und ein gut ausgebautes Gesundheits- und Pflegesystem.

Am 4. Dezember habe ich ein Hearing zum österreichischen Städtetourismus mit hoch­rangigen Vertretern der Tourismusbranche durchgeführt, darunter auch mit Experten, die hier im Bundesrat vertreten sind. Danke an Bundesrat Franz Perhab und Bundesrat Günther Novak, die auch mit ihrer Expertise zu dieser sehr interessanten Tagung bei­getragen haben. Ihre sehr engagierten Beiträge, die uns die Lage des Tourismus nä­hergebracht haben, haben für eine interessante Diskussion gesorgt.

Dazu passend habe ich zum Thema Kunst und Gesellschaft zu einer Präsentation des Buches mit dem Titel „Die Wiener Ringstraße“ von Michael Schmid am Abend des 4. Dezember 2013 in das Abgeordneten-Sprechzimmer eingeladen und diese interes­sierten Österreicherinnen und Österreichern angeboten. Mein Ziel war es, dieses Buch allen WienerInnen sowie Wien-Interessierten für ihre Entdeckungstouren bezüglich der unterschiedlichen Prachtbauten, darunter auch das Hohe Haus, entlang der Ringstraße näherzubringen, denn es bietet einen unvergleichlichen Fundus an Informationen.

Ich habe Ihnen heute einen Gruß aus Wien, von einer Wiener Institution, dem Sacher, mitgebracht. Ich hoffe, es schmeckt Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

In meiner Präsidentschaft habe ich eine Reihe von Auslandsbesuchen durchgeführt. Dafür möchte ich zwei Beispiele nennen.

Ich konnte bei der Inauguration des neuen georgischen Präsidenten in Tiflis dabei sein. In einem Gespräch mit dem Präsidenten habe ich über weitere Projekte sprechen kön­nen, da Georgien ein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammen­arbeit ist. So habe ich parlamentarische Aktivitäten mit Entwicklungsaktivitäten verbun­den.

In Bulgarien hatte ich die Gelegenheit, in einer Musikschule 20 neu renovierte Zimmer zu übergeben. Das Geld wurde von Pensionistinnen und Pensionisten gesammelt, die am Frühjahrstreffen des österreichischen Pensionistenverbandes teilgenommen ha­ben. Zusammengekommen sind 50 000 €, ganz spontan. Die Renovierung ist bereits durchgeführt, und die jungen Leute erfreuen sich bereits der neuen Zimmer. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Da wir unser Frühjahrstreffen auch heuer wieder in Bulgarien durchführen, kann ich versichern, dass wir da weitermachen werden. Es ist uns auch gelungen, mit tatkräf­tiger Unterstützung der österreichischen Botschaft österreichische Firmen dazu zu be­wegen, dass sie da mithelfen. In einem Gespräch mit dem bulgarischen Kulturminister


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 115

hat mir dieser versprochen, dass die Musikschule im Namen einen Beisatz bekommt, und zwar soll sie künftig „Musikschule der österreichisch-bulgarischen Freundschaft“ heißen.

Ich hatte als Präsident des Bundesrates eine umfangreiche und vor allem intensive Zeit, möchte aber die gemachten Erfahrungen nicht missen, denn sie hatten alle ein Ziel: zum Wohle des österreichischen Volkes gedient zu haben.

Abschließend möchte ich mich bei allen Bundesrätinnen und Bundesräten herzlich für die Zusammenarbeit bedanken, Ihnen ein besinnliches, frohes Weihnachtsfest und ei­nen guten Rutsch in das Jahr 2014 wünschen.

Ich beende somit meine Tätigkeit als Bundesratspräsident und wünsche Michael Lam­pel als neuem Präsidenten alles Gute.

Zum Schluss noch eine Einladung: Am 23. Jänner um 11 Uhr gibt es die Übergabe im Wiener Rathaus. Sie sind alle dazu herzlich eingeladen, die Einladungen werden noch kommen. – Ich danke Ihnen recht herzlich. (Allgemeiner Beifall.)

15.02

15.03.21Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Reinhard Todt: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 2 bis 6 über die Beschlüsse des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend eine Dienst­rechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst und eine Dienstrechts-Novelle 2013 so­wie ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden, beziehungsweise ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden, und eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über das Hochwasserschutz­projekt „Eferdinger Becken“ zu verlesen, damit dieser entsprechende Teil des Amtli­chen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Dadurch soll die umgehen­de Beschlussausfertigung ermöglicht werden.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nun den entsprechenden Teil des Amtlichen Protokolls.

„TO-Punkt 2: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Lan­desvertragslehrerpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesleh­rer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonen­gesetz geändert werden und das Unterrichtspraktikumsgesetz aufgehoben wird (Dienst­rechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst) (1 d.B. und 6 d.B sowie 9128/BR d.B.)

Die Bundesräte Dr. Heidelinde Reiter, Kolleginnen und Kollegen bringen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates 1 d.B. und 6 d.B. sowie 9128/BR d.B. mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, ein (Beilage 2/1).

Es liegt hiezu ein ausreichend unterstütztes Verlangen (Beilage II/1) auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung vor.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung: 13.18 – 13.20 Uhr.

Abstimmung: Der Antrag auf Erhebung eines Einspruches mit der beigegeben Begrün­dung (Beilage 2/1) wird in namentlicher Abstimmung


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 116

abgegebene Stimmen: 55

davon: Ja-Stimmen: 14

Nein-Stimmen: 41

abgelehnt.

Der Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit angenommen.

TO-Punkt 3: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstge­setz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bun­des-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensions­gesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bun­des-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Auslands­zulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Militärberufsförderungsgesetz 2004, das Bun­des-Bedienstetenschutzgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Poststrukturge­setz, das Rechtspraktikantengesetz und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wer­den (Dienstrechts-Novelle 2013) (41/A und 8 d.B. sowie 9129/BR d.B.)

TO-Punkt 4: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (40/A und 9 d.B. sowie 9130/BR d.B.)

Die Bundesräte Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 3/1 EA ein; dazu wird eine namentliche Abstimmung verlangt.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung: 14.04 – 14.07 Uhr

Abstimmungen:

Zu TO-Punkt 3: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmenmehrheit).

Der Entschließungsantrag Beilage 3/1 EA wird in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen: 55

davon: Ja-Stimmen: 14

Nein-Stimmen: 41

abgelehnt.

Zu TO-Punkt 4: Berichterstattung: Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stimmenmehrheit),

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit Stimmenmehrheit (und zwar mit der erforder­lichen Zweidrittelmehrheit) angenommen.

TO-Punkt 5: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastrophenfondsge­setz 1996 geändert werden (2 d.B. und 10 d.B. sowie 9126/BR d.B.)

TO-Punkt 6: Beschluss des Nationalrates vom 17. Dezember 2013 betreffend Verein­barung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über das Hochwasserschutzprojekt „Eferdinger Becken“ (3 d.B. und 11 d.B. sowie 9127/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 117

Abstimmungen:

Zu TO-Punkt 5: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmeneinhelligkeit).

Zu TO-Punkt 6: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmeneinhelligkeit).

Es liegt ein schriftliches Verlangen von 5 Mitgliedern des Bundesrates gemäß § 64 Abs. 2 GO-BR vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 2 bis 6 zu verlesen (Beilage B).“

*****

Erheben sich gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Proto­kolls Einwendungen? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsord­nung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

15.10.45Einlauf

 


Präsident Reinhard Todt: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt zwei Anfragen, 2959/J-BR/2013 und 2960/J-BR/2013, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg er­folgen. Als Sitzungstermin wird Freitag, der 31. Jänner 2014, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorbereitungen sind ebenfalls für Freitag, den 31. Jänner 2014, vorge­sehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

15.11.35Schluss der Sitzung: 15.12 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien