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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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826. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Freitag, 31. Jänner 2014

 

 


Stenographisches Protokoll

826. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 31. Jänner 2014

Dauer der Sitzung

Freitag, 31. Jänner 2014: 13.04 – 16.51 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2014)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbe­diens­tetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz zur authentischen Interpretation des § 13a Abs. 2 Tabakgesetzes 1995, BGBl. Nr. 431/1995, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2008

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung – EuWO) geändert wird

*****

Inhalt

Bundesrat

Trauerkundgebung aus Anlass des Ablebens des früheren Mitgliedes des Bundesrates Helmut Wiesenegg ........................................................................................................................................... 5

Schreiben des Präsidenten des Landtages Steiermark betreffend Mandats­verzicht der Bundesräte Gregor Hammerl und Richard Wilhelm sowie Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat               ................................................................................................................................. 6

Angelobung der Bundesräte Mag. Ernst Gödl und Richard Wilhelm ........................ 7

Antrittsansprache des Präsidenten Michael Lampel ................................................. 7

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 (3) GO-BR .................................................................................................. 13


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Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................... 38

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 39

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 5

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .......................................................  11, 12

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 13

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 10

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundes­ministeriengesetz-Novelle 2014) (81/A und 20 d.B. sowie 9131/BR d.B. und 9135/BR d.B.) ......................................................................... 14

Berichterstatter: Ing. Bernhard Ebner, MSc ................................................................ 14

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche ........................................................................................................  14, 30

Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 16

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ..... 17

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ..... 19

Werner Herbert ......................................................................................................  21, 38

Inge Posch-Gruska ................................................................................................. ..... 23

Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ..... 26

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 27

Mag. Harald Himmer .............................................................................................. ..... 29

Günther Novak ........................................................................................................ ..... 30

Gerhard Dörfler ....................................................................................................... ..... 32

Ing. Andreas Pum ......................................................................................................... 34

Mag. Christian Jachs ................................................................................................... 34

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................ ..... 35

Hermann Brückl ...................................................................................................... ..... 37

Entschließungsantrag der Bundesräte Werner Herbert, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die rot-schwarzen Schließungen von Polizeidienststellen – Ablehnung (namentliche Abstimmung)         23, 38

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ...................................... 39

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 38

Gemeinsame Beratung über


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 3

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbediensteten­ge­setz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Landes­leh­rer-Dienstrechtsgesetz geändert werden (98/A und 17 d.B. sowie 9132/BR d.B. und 9136/BR d.B.) ............................................................ 40

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 40

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert wer­den (18 d.B. sowie 9137/BR d.B.)                       40

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 40

Redner/Rednerinnen:

Werner Herbert ....................................................................................................... ..... 40

Richard Wilhelm ..................................................................................................... ..... 42

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 43

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ..... 44

Elisabeth Grimling .................................................................................................. ..... 45

Josef Saller .............................................................................................................. ..... 46

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................ ..... 47

Hans-Jörg Jenewein (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 49

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 49

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 49

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bun­desgesetz zur authentischen Interpretation des § 13a Abs. 2 Tabakge­set­zes 1995, BGBl. Nr. 431/1995, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2008 (112/A und 19 d.B. sowie 9133/BR d.B. und 9138/BR d.B.) .................... 49

Berichterstatter: Josef Saller  ....................................................................................... 49

Redner/Rednerinnen:

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ..... 50

Johanna Köberl ....................................................................................................... ..... 51

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 52

Gerhard Dörfler ....................................................................................................... ..... 54

Mag. Gerald Zelina .................................................................................................. ..... 54

Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 55

Christian Poglitsch ................................................................................................. ..... 56

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 58

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung – EuWO) geändert wird (82/A und 21 d.B. sowie 9134/BR d.B. und 9139/BR d.B.) ..................... 58

Berichterstatter: Josef Saller  ....................................................................................... 58

Redner/Rednerinnen:

Hermann Brückl ...................................................................................................... ..... 58

Ingrid Winkler .......................................................................................................... ..... 60


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 4

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ..... 61

Gerhard Schödinger ............................................................................................... ..... 62

Ana Blatnik .............................................................................................................. ..... 63

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ..... 64

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 65

Eingebracht wurde

Anfrage der Bundesräte

Dr. Magnus Brunner, LL.M, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Maßnahmen zur Verhinderung von Schockrechnungen der Telekomunternehmen (2961/J-BR/2014)


 


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 5

13.04.09 Beginn der Sitzung: 13.04 Uhr

 


Präsident Michael Lampel: Ich eröffne die 826. Sitzung des Bundesrates.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte alle Bundesrätinnen und Bundesräte hier im Bundesratssaal herzlich begrüßen, insbesondere die Gäste aus Nah und Fern, speziell die Gäste aus meiner Heimatgemeinde. (Allgemeiner Beifall.)

Es freut mich ganz besonders, dass zu meiner Premiere als Vorsitzender des Bun­desrates der „Burgenland-Minister“ – wie man ihn auch bezeichnen kann – Dr. Josef Ostermayer hier ist. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 825. Sitzung des Bundesrates vom 19. Dezember 2013 sind aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Günther Köberl, Dr. Andreas Köll, Cornelia Michalke, Elisabeth Reich, Stefan Schennach und Werner Stadler.

13.06.04Trauerkundgebung

 


Präsident Michael Lampel: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Nachricht über das Ableben des früheren Mitgliedes des Bundesrates Helmut Wiesenegg hat uns tief betroffen gemacht.

Der Bundesrat verliert mit Herrn Bürgermeister Wiesenegg einen über alle Frak­tions­grenzen hinweg äußerst geachteten und verdienstvollen Parlamentarier, der sich immer mit vollem Engagement für die Menschen seines Bundeslandes Tirol und insbesondere für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger seiner Heimatgemeinde Reutte in vorbildlicher Weise eingesetzt hat. Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten in dieser Stunde vor allem seiner Familie. Der österreichische Bundesrat ge­denkt seiner.

Ich darf Sie ersuchen, sich zum Gedenken an Herrn Bundesrat Helmut Wiesenegg von den Sitzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzen und verharren einige Zeit in stummer Trauer.)

Ich danke Ihnen für das Zeichen Ihrer Trauer. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

13.07.26Einlauf

 


Präsident Michael Lampel: Eingelangt ist ein Schreiben des Präsidenten des Landtages Steiermark betreffend Mandatsverzicht sowie Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates.

Hinsichtlich des Wortlauts dieses Schreibens verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:


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Schreiben des Präsidenten des Landtages Steiermark betreffend Mandatsverzicht sowie Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern:

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13.07.49Angelobung

 


Präsident Michael Lampel: Die neuen Mitglieder des Bundesrates sind im Haus anwesend. Ich werde daher sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

 


13.08.11

Schriftführer Josef Saller: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

Über Namensaufruf durch den Schriftführer Saller leisten die Bundesräte Mag. Ernst Gödl (ÖVP, Steiermark) und Richard Wilhelm (SPÖ, Steiermark) ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.

*****

 


Präsident Michael Lampel: Ich begrüße die neuen Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in der Bundesratsfamilie und wünsche ihnen viel Erfolg hier in unserem Bun­desrat. (Allgemeiner Beifall. – Die neu angelobten Mitglieder des Bundesrates werden von ihren Kolleginnen und Kollegen beglückwünscht.)

13.11.46Antrittsansprache des Präsidenten

 


13.11.49

Präsident Michael Lampel: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Es ist mir eine große Ehre und Freude zugleich, dass ich in diesem halben Jahr das Amt des Bundesratspräsidenten ausüben darf, und ich möchte mich gleich eingangs bei meinem Amtsvorgänger Präsident Reinhard Todt sehr herzlich bedanken. Ich danke für die souveräne und engagierte Vorsitzführung in einer politisch sehr lebhaften Zeit. Vielen Dank, lieber Reinhard! (Allgemeiner Beifall.)

Auch dieses halbe Jahr steht im Zeichen wichtiger Entscheidungen. Vor allem aber steht das Jahr 2014 für das Gedenken an historische Ereignisse: 100 Jahre Ausbruch des Ersten Weltkriegs, 75 Jahre Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, 25 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs. Dem möchte ich auch den Beitritt unserer Nachbarn zur Euro­päischen Union, der vor zehn Jahren erfolgte, anfügen.

Diese Ereignisse stehen historisch betrachtet in einem sehr engen Zusammenhang. Es waren die nationalistischen Gegensätze, die zur Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts geführt haben, und es ist die Überwindung dieser Gegensätze, die zu einem neuen Europa führte, in dem die Idee eines dauerhaften Friedens in einer Friedensunion verwirklicht wurde.

Ich spreche diesen Aspekt ganz bewusst mit Blick auf die Wahl im Mai dieses Jahres an. Es gibt vieles, das man an dieser Europäischen Union kritisieren kann. Sie sollte sich nicht in alle Bereiche der Bürgerinnen und Bürgern einmischen, wie es erst kürzlich Martin Schulz, der Präsident des EU-Parlaments, gefordert hat. Es ist aber eines festzuhalten: Die Europäische Union ist ein Garant für Frieden und Stabilität in Europa. Und dieses Europa ist ein weit besseres Europa als ein Europa nationa-


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 8

listischer Gegensätze. Das zeigt die Geschichte, das zeigen die Anlässe und Geden­ken im Jahr 2014.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, von wesentlicher Bedeutung für die Zukunft Europas ist das Prinzip der Subsidiarität. Ich halte es für wichtig, dass dieses Prinzip gestärkt wird, weil damit auch einem Europa der Regionen Rechnung getragen wird. Das Motto des burgenländischen Vorsitzes in der Landeshauptleutekonferenz – und das gilt auch für den Bundesrat – lautet: „Starke Regionen – unsere Zukunft!“

Starke Regionen – das bedeutet Vielfalt! Starke Regionen – das bedeutet Bürgernähe! Daher sehe ich den Föderalismus, wie er in unserer Verfassung verankert ist, nicht als Teil eines Problems, sondern als Teil einer Lösung.

Die Bundesländer haben in der Zweiten Republik viel zum Aufbau und zum Aufstieg der Republik beigetragen, und ihr Mitwirken ist auch entscheidend für Erfolge in der Gegenwart und in der Zukunft unseres Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger.

Wie dieses Mitwirken im Detail ausgestaltet sein soll, welche Rolle der Bundesrat dabei einnehmen soll, wie die Aufgaben zwischen Bund und Ländern verteilt sein sollen, wie der Bundesrat künftig zusammengesetzt sein soll und ob der Bundesrat überhaupt noch weiter bestehen soll, über all diese Fragen ist in den letzten zwei Wochen wieder sehr intensiv diskutiert worden.

Es spricht nichts dagegen, dass über diese Fragen ohne Tabus diskutiert wird, denn so, wie sich die Gesellschaft verändert und weiterentwickelt, muss auch der Föde­ralismus modernisiert und weiterentwickelt werden. Dieser Reformbedarf ist auch im Arbeitsprogramm der Bundesregierung formuliert. Dieses Arbeitsprogramm sieht aber auch vor, dass der Bundesrat in seinen Aufgaben gestärkt werden soll. Das ist ein klares Bekenntnis.

Aufgabe einer Föderalismusreform-Kommission wird es sein, dass auf parlamen­tari­scher Ebene unter Einbindung der Länder Vorschläge diskutiert und Lösungen erar­beitet werden. Am Ende sollte ein Gesamtpaket stehen, das den Anforderungen eines modernen Föderalismus gerecht wird und das eine effektive Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung des Bundes sicherstellt.

Ein wichtiger Aspekt, den ich auch ansprechen möchte, ist die Rolle des Bundesrates als Europakammer. Durch den EU-Vertrag von Lissabon hat der Bundesrat zusätzliche Kompetenzen bekommen, und diese Kompetenzen werden sehr aktiv wahrgenommen. In einem Ranking aus dem Jahre 2013 liegt der Bundesrat, was die Aktivitäten im Zusammenhang mit dem EU-Recht betrifft, unter 39 parlamentarischen Kammern auf Platz zwei.

Als der große Soziologe Max Weber Politik mit dem „Bohren von harten Brettern“ ver­glichen hat, hat es die Diskussion über den österreichischen Bundesrat noch nicht gegeben, aber irgendetwas muss er geahnt haben. Von Max Weber stammt nämlich auch der Satz: „Der Einfall ersetzt nicht die Arbeit“. Einfälle gibt es, wie wir auch in den letzten Wochen wieder vernehmen konnten, genug. Jetzt sind wir gemeinsam gefor­dert, dass tragfähige Lösungen erarbeitet werden.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, dem Bundesrat haftet an, dass die hier geführ­ten Debatten sehr sachlich abgehalten werden. Es soll uns nichts Schlimmeres vorge­worfen werden, denn die Debattenkultur ist auch für das Bild der Politik in der Öffent­lichkeit wichtig. Als umso wichtiger erachte ich es, dass der Bundesrat auch in der medialen Berichterstattung seinen Stellenwert hat. Und ich habe persönlich die


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Erfahrung gemacht, dass die Live-Übertragungen der Sitzungen durch den ORF von vielen Bürgerinnen und Bürgern sehr positiv aufgenommen wurden. Der öffentlich-rechtliche Kernauftrag des ORF ist in § 4 des ORF-Gesetzes geregelt. Wesentlich für die Erfüllung dieses Auftrages ist es, dass die Berichterstattung über den Bundesrat auch in Zukunft erfolgt. Dafür werde ich mich besonders einsetzen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich danke den anwesenden Medienvertretern, dass sie heute bei dieser Sitzung sind, die aber nur per Live-Stream übertragen wird und leider nicht auf ORF III.

Ich bin sehr froh darüber, dass vor wenigen Wochen die Präsidiale des Nationalrates durch einen gemeinsamen Beschluss aller Fraktionen die Entscheidung für die Sanie-rung dieses Hauses getroffen hat. Damit wird ein dringend erforderliches Vorhaben, das für die Arbeitsbedingungen aller Parlamentarier und Mitarbeiter in diesem Haus unerlässlich geworden ist, umgesetzt.

Ich habe ja bereits das Motto der burgenländischen Vorsitzführung in der Landeshaupt­leutekonferenz angesprochen: „Starke Regionen – unsere Zukunft!“, und es ist tat­sächlich so, dass jede Region, dass jedes Bundesland seine besonderen Stärken hat. Und jedes Bundesland tut gut daran, dass diese Stärken auch selbstbewusst gepflegt werden, denn diese Vielfalt an Stärken ist ein guter Nährboden dafür, dass sich Österreich auch insgesamt positiv entwickeln kann.

Als Burgenländer erfüllt es mich mit Stolz, dass dieses Land in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen sehr erfolgreichen Weg gegangen ist. Das war der Weg eines sehr mühevollen Aufholprozesses, der vor allem durch den Fleiß und Einsatz der Menschen im Land gelungen ist. Heute ist das Burgenland zum Beispiel eine Modellregion bei der Nutzung erneuerbarer Energie. 2013 ist uns die Energiewende bei der Strom­versorgung gelungen. Dieser Weg der Nachhaltigkeit ist Notwendigkeit und Chance zugleich – eine Notwendigkeit für den Klimaschutz, für eine intakte Natur und Umwelt und eine Chance auf eine neue wirtschaftliche Dynamik und neue Arbeitsplätze.

Gerade dieser Weg des Burgenlandes ist ein Musterbeispiel für einen erfolgreichen Föderalismus, für die Sinnhaftigkeit, dass die Länder in dem einen oder anderen Bereich eigene Schwerpunkte setzen. Solche Beispiele finden sich in allen Bundes­ländern. Daher sage ich auch ganz deutlich: Die Zukunft und das Wohl dieser Republik und unserer Demokratie liegen nicht in einem zunehmenden Zentralismus. Die Zukunft liegt in einem modernen Föderalismus, in starken Regionen, in einer Politik und in einer Demokratie der Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern. (Allgemeiner Beifall.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin davon überzeugt, die Länder und mit ihnen der Bundesrat können auch in Zukunft viel zu einer erfolgreichen Entwicklung Österreichs beitragen. Als Präsident des Bundesrates werde ich mich wie meine Vorgänger be­mühen, dieses Amt mit Engagement auszuüben. Ich lade Sie herzlich dazu ein, dass wir die Herausforderungen, die vor uns liegen, durch ein sachliches und konstruktives Miteinander bewältigen.

Ich möchte abschließend Jakob Reumann, den ersten Präsidenten des Bundesrates, zitieren, der bei seiner Antrittsrede am 1. Dezember 1920 gesagt hat:

„Möge der Bundesrat zur Kenntnis nehmen, daß ich mein Amt als Vorsitzender streng objektiv führen werde, und ich hoffe, daß Sie in diesem Bestreben mir unterstützend zur Seite stehen werden.“ – In diesem Sinne: Auf eine gute und erfolgreiche Zusam­menarbeit im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

13.22


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 10

13.22.52Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Michael Lampel: Hinsichtlich jener Verhandlungsgegenstände, die gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen, beziehungsweise

jener Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union

verweise ich ebenfalls auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Beschlüsse des Nationalrates, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwir­kungs­recht des Bundesrates unterliegen:

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2014 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2014) und das Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 geändert wird (116/A und 22/NR der Beilagen),

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (42/A und 4/NR der Beilagen).

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Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:


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Präsident Michael Lampel: Eingelangt sind die nachstehend genannten Berichte, die wie folgt zur Vorberatung den Ausschüssen zugewiesen wurden:

Jahresvorschau des Bundesministeriums für Gesundheit, zugewiesen dem Gesund­heits­ausschuss,

Jahresbericht 2014 gemäß Artikel 23f Abs. 2 B-VG des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, zugewiesen dem Ausschuss für Arbeit Soziales und Konsumentenschutz,

Jahresvorschau 2014 des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, zugewie­sen dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung,

Jahresvorschau 2014 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend (Bereich Wirtschaft), zugewiesen dem Wirtschaftsausschuss,

Jahresvorschau 2014 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend (Bereich Familie und Jugend), zugewiesen dem Ausschuss für Familie und Jugend.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorbereitungen abgeschlossen und schriftliche Aus­schuss­berichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Michael Lampel: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Ab­standnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschuss­berichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? Es ist dies nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Michael Lampel: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 2 und 3 unter einem durch­zuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Wir gehen in Tagesordnung ein.


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13.25.511. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesminis­terien­gesetz-Novelle 2014) (81/A und 20 d.B. sowie 9131/BR d.B. und 9135/BR d.B.)

 


Präsident Michael Lampel: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung. Bericht­erstatter ist Herr Bundesrat Ing. Ebner. Ich bitte um den Bericht.

 


13.26.07

Berichterstatter Ing. Bernhard Ebner, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des National­rates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­ministeriengesetz 1986 geändert wird.

Der Beschluss bezweckt vor allem die Neuordnung der Ministerialkompetenzen ent­sprechend den Vereinbarungen, die anlässlich der jüngst erfolgten Regierungsbildung getroffen wurden.

Die bedeutsameren unter diesen Änderungen sind die folgenden:

Der Bereich der Kunst und Kultur und des Kultus wird aus dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur in das Bundeskanzleramt übertragen.

Der Bereich der Frauen- und Gleichstellungsangelegenheiten wird aus dem Bundes­kanzleramt in das künftige Bundesministerium für Bildung und Frauen übertragen.

Die Angelegenheiten der Integration werden aus dem Bundesministerium für Inneres in das künftige Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres übertragen.

Der Bereich Familie und Jugend wird aus dem Bundesministerium für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend in ein neues Bundesministerium für Familien und Jugend übertragen.

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wird mit dem Bundes­minis­terium für Wirtschaft, Familie und Jugend zum Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vereinigt.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 31. Jänner 2014 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Michael Lampel: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


13.27.56

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zuseher und Zuseherinnen dürfen wir leider nicht mehr begrüßen – vielleicht einige am Livestream, aber nicht mehr im Fern­sehen.

Nach wochenlangen zähen Regierungsverhandlungen ist also was herausgekom­men? – Mehr oder weniger das Übliche: Steuererhöhungen, Einsparungen, beispiels­weise bei der Sicherheit – darüber werden wir ja heute noch einmal reden –, und alte Hüte in quasi neuer Verpackung, eine neue oder teilweise neue Aufteilung der Minis-


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terien und der Kompetenzen. Das ist der erste Ausfluss dieser Regierung, den wir hier heute im Bundesrat zu beschließen haben.

Was ist so wesentlich neu dabei? Es gibt jetzt wieder einmal ein, wie ich sagen würde, Schmalspur-Familienministerium, dessen Agenden vorher beim Wirtschaftsministerium angesiedelt waren. Das war damals zugegebenermaßen auch schon unlogisch, und man hat jetzt eine weitere unlogische Reform gesetzt, man hat nämlich die Wissen­schaft zum Wirtschaftsministerium dazugeschlagen. Man fragt sich verzweifelt, welche Gründe denn dafür ausschlaggebend sein könnten. (Bundesrat Perhab: Sie sind ein Leobener ...!) Sind es Einsparungen? (Bundesrat Perhab: Sie sind ein Leobener, Sie müssten ...!) – Du bist dann noch am Wort, Kollege, lass dir Zeit! (Bundesrat Perhab: Gerd, fürchte dich nicht!) Einsparungen sind es augenscheinlich nicht, denn die Zahl der Minister und der Staatssekretäre ist gleich geblieben. (Bundesrätin Mag. Kurz: Stimmt ja nicht! Bundesrat Füller: Zwei Staatssekretäre sind weniger!)

Es gibt jetzt ein Finanzministerium mit zwei Staatssekretären, was durchaus logisch und erklärbar ist. Wenn ein und dieselbe Person Parteiobmann, Vizekanzler und Finanzminister ist, dann braucht sie klarerweise jemanden, der die Arbeit für sie macht. Das sind dann die Staatssekretäre. Dass das laut Proporzdenken natürlich zwei sein müssen, einmal Rot, einmal Schwarz, ist auch logisch. Das ist vielleicht das einzig Logische an dem Ganzen. Andere logische Gründe lassen sich nicht finden.

Was könnte noch sein? – Neue Köpfe. Ja, wahrscheinlich ist das so, aber nicht des­halb, damit man die besten Köpfe in die Regierung bekommt, denn immerhin hat die ÖVP einen ihrer wahrscheinlich intelligentesten und beliebtesten Minister geopfert und gegen ein medial bekanntes Gesicht ausgetauscht. Also hier offensichtlich auch sehr vordergründige Motive.

Was hört man denn in Sonntagsreden immer wieder? – Es wird die Wichtigkeit von Wissenschaft und Forschung betont, für die Zukunft unseres Landes und für den Wirtschaftsstandort Österreich. Da dürfte sich wahrscheinlich irgendein schlauer Kopf gedacht haben: Halt, Wissenschaft und Forschung sind wichtig für den Wirtschafts­standort, das geben wir zum Wirtschaftsministerium!

Aber dieser schlaue Kopf hat offensichtlich dabei vergessen zu bedenken, dass das Credo der Freiheit von Forschung und Lehre, der Freiheit der Wissenschaft da Gefahr läuft, unter die Räder zu kommen, und dadurch eine fatale Optik und eine fatale Sym­bolik entstehen.

Verstehen Sie mich nicht falsch, und jetzt komme ich zu deinem Zwischenruf, Kollege Perhab: Ich bin durchaus dafür, dass beispielsweise die OMV mit der Montanuni­versität Leoben kooperiert und auch nicht unbeträchtliche Summen in den Standort der Montanuniversität in Leoben fließen. Ich bin auch nicht dagegen, dass Drittmittel lukriert werden. Aber die hier mit diesem Gesetz zum Ausdruck gebrachte symbolische Unterordnung der Wissenschaft unter das Diktat der Wirtschaft ist ein falsches Signal. (Beifall bei der FPÖ. Bundesrat Kneifel: Das gilt nur, wenn der Wirtschaftsminister ein Diktator wäre, und das ist nicht der Fall!)

Es wäre viel logischer gewesen, wenn man beispielsweise gesagt hätte, Wissenschaft und Bildung gehören zusammen. Das ist auch geübte Praxis in 38 anderen euro­päischen Staaten. Nur wir tanzen da aus der Reihe, wobei die Forschungsagenden noch immer zersplittert und auf verschiedene Ministerien aufgeteilt bleiben. Auch die Pädagogischen Hochschulen haben in diesen neuen Verantwortungsbereich nicht Eingang gefunden.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist daher nicht Ausdruck des Willens, eine schlagkräftige und effiziente Politik für Österreich unter logischen Gesichtspunkten zu


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machen, sondern sie spiegelt nur den Versuch wider, parteiinterne und großkoalitio­näre Interessen ausgleichen zu müssen. Mit den Handlangern einer solchen Politik können wir uns nicht identifizieren, daher werden wir dieser neuen Aufteilung der Ministerien unsere Zustimmung nicht geben. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.34


Präsident Michael Lampel: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Todt zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


13.34.53

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mein Vorredner hat ja jetzt im Zusammenhang mit der Aufteilung der Ressorts einiges beklagt. Vom Grundsatz her macht jede Regierung ihre Kompe­tenz­verteilung. Als Sie in der Regierung waren, haben Sie auch eine Kompetenz­verteilung gemacht. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, die habt ihr auch ...!) Es steht Ihnen natürlich zu, zu kritisieren, dass das Wissenschaftsressort jetzt dem Wirtschafts­minis­terium zugeordnet wird oder dass das Frauenministerium jetzt zum Bildungs­ministerium kommt und vieles andere mehr. Es ist ja so berichtet worden. Es steht Ihnen natürlich zu, dass Sie das grundsätzlich kritisieren. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber wir ha­ben wenigstens Bildung und Wissenschaft zusammengetan! Bundesrat Mag. Taucher: Schreien Sie nicht immer herein!)

Aber es entspricht einer gewissen Logik, dass die Wissenschaft auch bei der Wirtschaft ganz gut aufgehoben sein kann. (Bundesrätin Mühlwerth: Das wundert mich, dass die Sozialdemokraten ...!) Es geht ja vom Grundsatz her um Regieren neu, es geht um Dinge, die neu gemacht werden.

Eines muss man den Regierungsparteien schon zugestehen: dass sie es geschafft haben, zumindest zwei Staatssekretäre einzusparen, so wie es auch versprochen worden ist. Das ist ja eine Tatsache. Es sollte also nicht beklagt werden, dass es jetzt zwei Staatssekretäre im Finanzministerium gibt. (Bundesrätin Mühlwerth: Die hätten wir aber eigentlich auch einsparen können!) Immerhin ist bei den Regierungsposten eingespart worden, und das ist sicherlich auch ein Teil des Regierens neu. Bei Regieren neu geht es ja vor allem um die Inhalte und darum, dass zum Beispiel am Beginn dieser Gesetzgebungsperiode das Prinzip der Amtsverschwiegenheit abge­schafft und das Prinzip der Informationsfreiheit eingeführt wird. Das ist eine sehr wichtige Maßnahme, die für die Bevölkerung schon einiges bedeutet, wenn die alte Forderung, die Amtsverschwiegenheit abzuschaffen, umgesetzt wird. Das ist Regieren neu!

Oder es geht darum, dass sich diese Bundesregierung auch das Ziel gesetzt hat, dass 500 Millionen € eingespart werden, wobei es nicht nur um neue Steuern geht. Es gibt da nämlich einen sehr großen Budgetposten, der auch finanziert werden muss, nämlich die Hypo Alpe-Adria, wobei einer der Ihren nicht unbeteiligt daran war, dass sie jetzt auch finanziert und abgewickelt werden muss.

Da geht es auch um die Einsparmöglichkeiten, wobei jedes Ministerium einsparen muss. Ein Ministerium muss das nicht tun – was Sie beklagt haben, Herr Krusche, und was in Ihrem Entschließungsantrag auch drinnen steht –, nämlich das Innenminis­terium. Das Innenministerium wird im Gegensatz dazu die Zahl der Dienstposten aufstocken und es wird auch im Rahmen der sogenannten Postenschließung, was Sie so beklagen, keinen einzigen Beamten abbauen. Im Gegenteil, das Innenministerium hat sehr viel getan. In der Regierung Faymann II wird es wie in der Regierung Faymann I so sein, dass wir vor allem auf die Sicherheit in Österreich schauen werden und somit darauf, dass die Polizei einfach effizienter wird.


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Daher geht meiner Meinung nach dieser Entschließungsantrag, den Sie vorgelegt haben, ins Leere. Er geht schlicht und einfach ins Leere, denn Sie wollen einen Status beibehalten, der so aussieht, dass die kleinen Gendarmerieposten – Entschuldigung, Polizeiposten heißt das ja jetzt –, die kleinen Polizeiposten am Wochenende und in der Nacht geschlossen sind, und vieles andere mehr. (Bundesrat Herbert: Punktgenau!)

Ich nenne Ihnen ein ganz einfaches Beispiel aus meinem eigenen Bezirk. Wir haben zwei Wachzimmer, eines in der Kaiser-Ebersdorfer Straße 290 und eines in der Sängergasse. Die Entfernung beträgt 500 Meter. Keines dieser beiden Wachzimmer ist mehr in der Nacht besetzt, weil man zu wenig Personal in diesem Bereich hat. Würde man das zusammenziehen, könnte da effizienter gearbeitet werden.

Es geht schlicht und einfach darum, die Organisation der Polizei zu verbessern, und nicht darum, irgendetwas einzusparen. Daher ist es äußerst fragwürdig, wenn Sie hier so einen Entschließungsantrag einbringen. (Bundesrätin Mühlwerth: Überhaupt nicht! – Bundesrat Herbert: Es geht darum, dass wir mehr Polizisten kriegen!) – Ja, natürlich, und das ist ja auch in Planung, denn genau im Bereich der Sicherheit wird nicht gespart. In anderen Ministerien wird gespart werden müssen. Im Übrigen ist das das eine oder andere Mal auch ein Verlangen der Opposition, dass viele Dinge eingespart werden. Daher setzt die Regierung das jetzt um, und das ist Regieren neu.

Regieren neu bedeutet auch, und das steht auch in dem Koalitionsübereinkommen drinnen, dass es zu einer Entflechtung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern kommt, dass hier eine Kommission eingesetzt wird, wo es darum geht, das klarer und besser zu regeln, damit endlich keine Doppelgleisigkeiten mehr vorhanden sind.

Und Regieren neu heißt natürlich auch, dass es effizientere Abläufe gibt, und das wird in den Ressorts angegangen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hören wir aber seit 20 Jahren!) – Sie hören immer alles schon seit 20 Jahren. Diese Regierung ist jetzt erst ganz kurz im Amt, und ich denke ... (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Das Gesetz ist notwendig, um die Kompetenzen entsprechend zu ver­teilen, und daher ist dieses Gesetz eingebracht und wird dieses Gesetz auch ent­sprechend beschlossen werden. Ob Sie jetzt einen Entschließungsantrag einbringen oder nicht, wir werden selbstverständlich dem Gesetz zustimmen, denn vieles wird damit neu geregelt und verbessert werden.

Dazu gehört auch, dass wir eigentlich – und das sieht man viel zu wenig – in Europa Vorreiter sind, was die EDV-Verwaltung betrifft. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, online bestimmte Anträge einzubringen. Jeder Bürger kann sich Anträge ausdrucken, kann sie einbringen und vieles andere mehr. Wir haben große Fortschritte im Bereich der Bürgerkarte gemacht. Dieses Instrument kann man noch wesentlich effizienter einsetzen, und das wird diese Regierung auch tun.

Ich denke, es ist ein richtiges Gesetz, es regelt die Kompetenzverteilung klar, und selbstverständlich wird es von den beiden Regierungsfraktionen auch beschlossen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.43


Präsident Michael Lampel: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Reiter. Ich erteile ihr dieses.

 


13.43.13

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Mir ist es erst heute im Ausschuss bewusst ge­worden, dass wir hier ein Privileg haben, das fast kein anderer Staat in der EU hat, nämlich dass bei der Einrichtung, der Aufteilung der Ministerien sozusagen das Par­lament ein Gesetz macht und hier Mitsprache hat und dass die Regierung das nicht in


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Eigenregie macht. Ich fühle mich hier also privilegiert, möchte Ihnen aber doch auch meine Bedenken hier mitteilen, die von unserer Seite gegen diese Aufteilung sprechen, bei der an vorderster Stelle die Abschaffung des Wissenschafts- und Forschungs­ministeriums und damit auch die Demontage eines äußerst kompetenten, beliebten und großartigen Ministers gestanden ist.

Ich hoffe nicht, dass dieser Bereich jetzt zu einem Appendix des Wirtschafts­ministe­riums wird, wie auch schon in den Medien geäußert wurde. Gott sei Dank sind Wis­senschaft und Forschung im Namen des Ministeriums zumindest an erster Stelle gereiht. Ich hoffe auch sehr, dass die Grundlagenforschung nicht vermehrt unter Druck gerät, von Wirtschaftsseite her, von den Effizienzüberlegungen von wirtschaftlicher Seite her, weil gerade dieser Bereich der Zukunftsbereich ist, der uns befähigen soll, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden.

Ich hoffe auf der anderen Seite, dass vielleicht gerade im Wirtschaftsministerium die Bedingungen für Stiftungen und so weiter, sich im Bereich der Forschung und der Wis­senschaft zu engagieren, verbessert werden, denn da gibt es durchaus Handlungs­bedarf, und da können auch die Bedingungen verbessert werden, um ein verbessertes Miteinander und mehr Effizienz zu erreichen.

Fehlen tut uns Grünen natürlich ein umfassendes Umweltressort, ein Zukunftsressort, so würde ich es nennen. Der Traum wäre ein Zukunftsressort, in dem die Agenden Umwelt, Wissenschaft, Forschung und Energie vereinigt wären.

Es hat sogar Angela Merkel in ihrer Regierungsantrittsrede bemerkt, dass die Ener­giewende das zentrale Projekt der Zukunft sein wird, dass die ganze Welt auf Deutsch­land blicken wird, um zu sehen, ob sie den Abschied vom fossilen Zeitalter und den Umbau der Wirtschaft in diese Richtung hinbekommen. Ich würde mir wünschen, dass Österreich hier als leuchtendes Beispiel vorangeht und dass sich das auch in der Ressortverteilung ausdrücken würde, dass die Energieagenden nicht nur beim Wirt­schaftsressort untergebracht sind, sondern dass sie mit einem schlagkräftigen Umwelt­ressort gekoppelt wären.

Beispiel: Die Umsetzung der europäischen Verordnung zu transeuropäischen Netzen und Projekten im Energiebereich ressortiert nur im Wirtschaftsministerium und nicht in einem Umweltministerium, was zum Beispiel im Bereich der 380-kV-Leitung dazu geführt hat, dass wir einen Diskussionsprozess haben, der jetzt bereits 20 Jahre dauert, mit großen Widerständen, auch großen Verlusten, weil man 20 Jahre mit unge­nügenden Systemen gearbeitet hat, und dass alternative Systeme aus dem Grund keine Berücksichtigung finden, weil sie nicht Stand der Technik sind.

Da frage ich mich schon: Wo bleibt der Gedanke der Innovation, des Fortschritts, wenn ich in so wichtigen Bereichen Projekte gar nicht in Betracht ziehe, weil sie nicht Stand der Technik sind, Projekte, die im Sinne der Umwelt, der nicht damit einhergehenden Landschaftszerstörung und so weiter wirklich vorbildlich sein könnten.

Dass, wenn man die Umwelt bei der Landwirtschaft belässt, das bedeutet, dass man in weiten Teilen den Bock zum Gärtner macht, das haben die letzten Monate bewiesen, die ganze Diskussion um Glyphosat und Bienen und so weiter. Von daher wissen wir, dass dort der Umweltbereich nicht ideal aufgehoben ist.

Also ein Zukunftsressort, in dem Wissenschaft, Forschung, Energie und Umwelt ge­bündelt wären, das wäre ein Zeichen für einen wirklichen Aufbruch und ein wichtiges Zukunftszeichen gewesen.

Noch ein Wermutstropfen in dieser Kompetenzaufteilung ist der Bereich der Inte­gra­tion. Mit großer Freude haben die Grünen vor zweieinhalb Jahren die Schaffung des Staatssekretariats Integration begrüßt. Gott sei Dank sind jetzt die Angelegenheiten,


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die die Integration betreffen, besser definiert. Da steht eindeutig, dass das „Angelegen­heiten der gesellschaftlichen Integration und des Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund“ umfasst. Das heißt, diese Agenden sind im Außen­ministerium denkbar schlecht aufgehoben. Der Hinweis, dass es sich hier um Aus­länder handelt, nicht einmal das hält. Das betrifft Menschen, die hier leben, das betrifft den Bereich der Arbeit, der Familie, der Jugend.

Diese Angelegenheiten wären in Ministerien aus diesem Bereich sehr viel besser aufgehoben als im Außenministerium, wo das eigentlich einen völligen Fremdkörper darstellt. So schaut es aus, als ob der entsprechende ... (Bundesrat Kneifel: Wo sollen wir es denn hingeben?) Zu Familie und Jugend zum Beispiel, oder im Innenministerium wäre es auch gut angesiedelt gewesen. (Bundesrat Kneifel: Da haben Sie gesagt, das gehört nicht in das Polizeiministerium! Das war Ihre Argumentation! Wie man es macht, passt es nicht!)

So schaut es aus, als ob der Minister sich das halt quasi als Hobby auf seinem Karriereweg mitgenommen hätte. (Ruf bei der ÖVP: Der war ja auch erfolgreich!) Wenn es ihn dann nicht mehr gibt, gibt es vielleicht das ganze Ministerium nicht mehr. Also dort finden wir es sicher nicht richtig eingegliedert. (Bundesrätin Mühlwerth: Wo war der denn erfolgreich? Der hat ja gar nichts umgesetzt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ob er etwas zustande bringt, das wird man erst sehen. Wie gesagt, wir finden es positiv, dass diese Angelegenheiten in dem vorliegenden Gesetz jetzt definiert und formuliert sind, aber die Ressortierung finden wir sehr unglücklich.

Aufgrund des Fehlens dieses umfassenden Zukunftsressorts, das ich versucht habe zu skizzieren, werden wir dieser Vorlage nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.51


Präsident Michael Lampel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. Ich erteile ihm dieses.

 


13.51.31

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe versucht, mich auf die Rede zum Bundesministeriengesetz vorzubereiten, und habe jetzt noch einmal nach­geschaut: Die Kompetenz Burgenland konnte ich bei Ihnen nicht entdecken. Ich hoffe als Ober­österreicher natürlich, dass Sie Ihr Auge nicht nur Richtung Osten richten, und bin tief davon überzeugt, dass das so sein wird. (Bundesminister Dr. Ostermayer: Genau! – Bundesrat Dörfler: Und den Süden nicht vergessen!)

Es ist etwas ganz Selbstverständliches geschehen, meine Damen und Herren, etwas ganz Normales: Es hat sich eine Regierung konstituiert, wie das nach Wahlen der Fall ist, und diese Regierung hat sich eine Geschäftsordnung verpasst. Ganz unabhängig davon, ob das nun Parlamente tun oder wie in Deutschland die Bundesregierung selbst, ist das ein völlig normaler politischer Akt. Und es ist nicht zum ersten Mal – ganz egal, wer in dieser Regierung gesessen ist –, dass Kompetenzen verschoben wor­den sind, dass Ministerialsektionen in andere Ministerzuständigkeiten gewandert sind.

Man kann inhaltlich kritisieren, man kann inhaltlich die Regierung herausfordern, aber sie schon bei der Geschäftsordnung madig zu machen, bevor es überhaupt erst losgegangen ist, das halte ich doch für ein etwas frühes Unkenrufen.

Und wenn Sie, Frau Kollegin, uns Deutschland mit einem Zukunftsministerium vor­halten, dann möchte ich Ihnen schon sagen: Sigmar Gabriel ist Minister für Wirtschaft und Energie. Ich würde nicht wagen, in Österreich das Ministerium so zu nennen, denn


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die Grünen würden Piranhas-artig über uns herfallen, wenn wir Wirtschaft, Umwelt­schutz und Energie in ein Ministerium nehmen würden. Ich will den deutschen Kollegen auch nicht ans Leder, aber die Energiewende, die in Deutschland groß propagiert worden ist, hinkt auch noch ein wenig, Frau Kollegin, wenn ich das so sagen darf.

Ich will den Punkt Integration, der ein wichtiger ist, nur kurz abhandeln. Wir alle wissen, im Innenministerium gab es eine Sektion für Integration. Die ist nun mitge­gangen mit einem jungen Bundesminister, der über die Parteigrenzen hinweg, Frau Kollegin – in Klammern: eine Ausnahme –, einen guten Ruf gehabt hat, in dieser Materie endlich einmal etwas weitergebracht und auch etwas getan hat. Daher, bitte, lasse ich mir das nicht schlechtreden, wenn Sebastian Kurz, egal, in welches Minis­terium er gegangen wäre, diese Agenden mitnimmt, weil sie bei ihm gut aufgehoben sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, und das lesen wir auch im Regierungs­übereinkommen, hat diese Regierung ein Bekenntnis zur Wissenschaft abgelegt. Sie hat ein ganz großes Bekenntnis zur Wissenschaft, zur Förderung der Wissenschaft abgelegt, erstens, weil sie es dort hineingeschrieben hat und weil die Wissenschaft nicht von Kürzungen betroffen ist. Das Zweite ist: Sie hat diese Agenden einem Minis­ter gegeben, der ein Politvollprofi ist, der alles, was er bisher politisch gemacht hat, gut gemacht hat. Und man kann sich sicher sein, dass bei Reinhold Mitterlehner auch die Wissenschaftsagenden sehr, sehr gut aufgehoben sind. Es ist auch sehr schnell, wenn ich mich erinnere, der erste aufkeimende, staubende Protest der Rektoren zu Ende gewesen, nachdem es das erste Mal Kontakt mit Mitterlehner gegeben hat.

Drittens bitte ich um eines: Wir haben immer diese moralisierende Debatte, dass das Geld stinkt, wenn es im Zusammenhang mit Wissenschaft ist. Geld stinkt nicht und schon gar nicht dort, wo es der Wissenschaft dienlich ist. Wer daran, dass auch die Wirtschaft ihren Input über normale Steuern hinaus zur Wissenschaft leistet, etwas Negatives findet, den kann ich nicht verstehen. Das hat so ein bisschen eine mora­lisierende Debattenqualität, wo ich sage, da fehlt mir doch ein bisschen der Sukkus. Pecunia non olet – und in diesem Zusammenhang am allerwenigsten.

Wir müssen überhaupt ein bisschen aufpassen, dass wir uns nicht nur in Symbolen ergehen. Letztlich sind fünf Sektionen in ein anderes Ministerium übersiedelt. Es ist kein Ministerium abgeschafft worden! Natürlich, ich gestehe Ihnen völlig zu, auch ich würde mich freuen, wenn es ein Wissenschaftsministerium gäbe. Und dafür ist nicht zuletzt Herr Professor Töchterle ein schlagendes Argument. Allerdings geht die Welt nicht unter. Im Gegenteil, ich bin tief überzeugt, dass das Wissenschaftsministerium dort, wo es jetzt ist, gut aufgehoben ist. Sie können mich natürlich in fünf Jahren stellen und sagen, das war nicht der Fall, ich bin aber vom Gegenteil überzeugt und werde mich der Debatte auch in fünf Jahren stellen.

Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir mit den Symbolen nicht gar so über­treiben. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hatte doch leichtes Bauchweh, als an dem Tag der Verkündung dieser Geschäftsverteilung schwarze Flaggen auf den Uni­versitäten gehisst worden sind. Man kann Symbole setzen, aber man kann Symbole auch missbrauchen. Symbol, das Wort kommt aus dem Griechischen, aus dem Alt­griechischen: „symbállein“ – etwas hineinführen, die Begegnung, etwas Positives, der Weg vom Chaos in den Kosmos, von Unordnung in Ordnung. Und wenn ich so ein Symbol mit einer schwarzen Fahne setze, sage ich nichts anderes, als dass etwas Wertvolles zu Ende gegangen ist, nämlich menschliches Leben. Wenn menschliches Leben zu Ende geht, ist das meiner Meinung nach etwas anderes, als wenn eine Verwaltungsebene abgeschafft wird – und mehr ist ein Ministerium nicht.


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Daher bin ich der Meinung, dass dieses Symbol eher das Gegenteil von „sym“: zusam­men, nämlich „diabollein“: auseinandergreifend, auseinanderstobend, Unordnung machend, bedeutet. Von diesem „diabollein“ kommt unser Fremdwort diabolisch. – Das zum Ausflug in diese Symbolik, die ich nicht als optimal empfunden habe.

Allerdings ist es dem Rektor Engl zu danken, dass er schon nach drei Tagen in der „ZiB 2“ den Wind aus dieser Diskussion herausgenommen hat.

Ich bin der tiefen Überzeugung, dass Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ein gutes Paar abgeben werden und dass Reinhold Mitterlehner ein guter Minister dafür sein wird. In diesem Sinne: Vivat academia! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bun­des­räten der SPÖ.)

13.57


Präsident Michael Lampel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert. Ich erteile ihm dieses.

 


13.57.40

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Krusche von meiner Fraktion hat es schon sehr gut und sehr ausführlich, auch sehr schlüssig erklärt, wo unsere Bedenken, die Bedenken meiner Fraktion bei diesem Bundesministeriengesetz liegen. Diesen inhaltlichen Bedenken kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen.

Es ist in vielen Punkten nicht nachvollziehbar, wie es zu dieser Zusammensetzung der Ministerien gekommen ist. Ich glaube auch nicht, dass es eine geeignete Grundlage sein wird, um die zukünftigen Herausforderungen – und deren gibt es ja einige große in dieser Republik – bewältigen zu können.

Darüber hinaus gewinnt man auch den Eindruck, dass es da nicht so sehr um die optimale inhaltliche Positionierung gegangen ist, sondern eigentlich mehr um die Befrie­digung parteipolitischer oder, sagen wir, auch koalitionärer Befindlichkeiten in Bezug auf die Aufteilung der verschiedenen Ressortinteressen in unserer Republik.

Ich glaube, das alleine – diesen Eindruck gewinnen ja nicht nur ich und meine Fraktion, sondern der ist auch in der breiten Öffentlichkeit spürbar – ist eher ein schlechtes Startsymbol, um die Worte meines Vorredners zu gebrauchen, für diese Bundes­regierung. Denn die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums, das wurde hier schon erklärt, und auch die Verlagerung der Frauenagenden zum Bildungsministerium sind inhaltlich nicht ganz nachvollziehbar. Da ist offensichtlich eine liebgewonnene Spielwiese der Frau Minister Heinisch-Hosek mittransportiert worden. Und ähnlich verhält es sich, und da gebe ich Frau Dr. Reiter recht, mit den Integrationsagenden, die auch in nicht nachvollziehbarer Weise vom Innenministerium in das Außenamt transferiert wurden.

Wenn wir schon beim Innenministerium sind: Überhaupt gewinnt man den Eindruck, dass man unsere Polizei seitens dieser Bundesregierung offensichtlich auf ein abso­lutes Daseinsminimum reduzieren möchte. Und da Kollege Todt, der leider im Moment nicht im Saal ist, zuerst gesagt hat, dass es bei der Sicherheit keine Einsparungen gibt, so erwidere ich: Das stimmt einfach nicht. Sie wissen – oder ich gehe davon aus, dass Sie es wissen und mitverfolgt haben –, dass am Mittwoch im Nationalrat bei der Budgetfortschreibung beschlossen wurde, dass im laufenden Jahr 38 Millionen € bei der Sicherheit, im Ressort Inneres eingespart werden. – So schaut es aus!

Wenn wir hier hören, dass diese Postenschließungen, die sich wohl als eine wesent­liche Grundlage dieser Einsparungen darstellen, keine negativen Auswirkungen auf unsere Sicherheit haben, ja sogar einen sicherheitspolizeilichen Mehrwert haben sollen, so stimmt das auch nicht.


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Abschließend zur Aussage des Kollegen Todt: Wenn er sagt, es sei eigentlich eine sinnvolle wirtschaftliche Maßnahme, dass Posten, die in der Nacht nicht besetzt sind, gleich zugesperrt werden, dann reduziert er ja den Standpunkt der Sicherheit, das Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit, den Schutz vor kriminellen Elementen und vor den Unbilden, die einem Staatsbürger so zustoßen können, auf ein wirtschaftliches Interesse und nicht auf das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung, das gerade in Zeiten wie diesen mit explodierenden Kriminalitätszahlen und steigenden Kriminalitäts­raten in allen Bereichen ausgeprägter ist als je zuvor. (Beifall bei der FPÖ.)

Gerade diese Postenschließungen sind es auch, die unsere Bevölkerung, aber nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die davon betroffenen Polizistinnen und Polizisten, so emotional berühren, nicht nur von der Arbeit und vom Sicherheitsstandpunkt her, sondern es ist eben auch ein emotionales Problem, das damit einhergeht.

Was steckt denn hinter diesen Postenschließungen? – Es ist eigentlich ein brutales Sparprogramm, um es auf den Punkt zu bringen. Was waren die Rahmenbedingun­gen? – Ein Drittel der Dienststellen bei der Exekutive ist aufgrund substanzieller baulicher Mängel dringend renovierungsbedürftig. Es gibt auch große Probleme bei den sozialen Rahmenbedingungen, ich spreche da die Dusch- und Waschräume an, die in vielen Dienststellen unter dem normalen Standard sind. Von behinderten­gerech­ten Eingängen und Zugängen möchte ich hier gar nicht sprechen. Somit wären Milliar­deninvestitionen in den nächsten Monaten im Bereich des Innenministeriums auf die Bundesregierung zugekommen. Durch die Postenschließungen werden diese Inves­titionen großteils abgefangen.

Der zweite Aspekt, der sich darstellt, ist, dass ein Großteil – da bewegen wir uns ungefähr bei einem Drittel bis zu einem Viertel – der Dienststellen in Österreich personell unterbesetzt ist. Warum? – Weil das Personal fehlt und die Pensionsabgänge in den vergangenen Jahren die Neuzugänge überschritten haben. Und unter dem Aspekt, dass der Polizei in der Vergangenheit viel mehr Aufgaben übertragen wurden, als sie eigentlich bewältigen kann, gibt es auch einen drastischen personellen Unter­stand.

Schließt man jetzt diese in Rede stehenden 122 Dienststellen österreichweit – Wien ist da noch gar nicht dabei; da redet man von kolportierten noch einmal 15 bis 20 Dienststellen –, dann kann man das Personal, das frei wird, auf die anderen Dienststellen aufteilen, minimiert dort den Personalmindeststand und hat noch dazu den Effekt – und das ist der dritte Aspekt –, dass man die explodierenden Überstun­den­zahlen, die sich gerade aus diesem fehlenden Personal, aus diesen Personal­unterständen laufend ergeben, zusätzlich minimiert und Abhilfe schafft.

Nur ein paar Vergleichszahlen: Alleine in Wien wurden bei der Exekutive im Jahr 2012 1,6 Millionen Überstunden gemacht, in Niederösterreich rund 1 Million Überstunden. Davon waren drei Viertel in der Regel systemimmanent. Das heißt, sie mussten gemacht und gezahlt werden, weil sonst der Dienst zusammengebrochen wäre. So schaut die sicherheitspolizeiliche Realität in Österreich aus!

Daher finde ich es einmal mehr unverantwortlich, dass die Bundesregierung als einzi­ges Exitszenario vorlegt: Wir schaffen die Probleme dadurch ab, dass wir die Posten einsparen, sprich: Wir sperren die Posten einfach zu. Das bringt weder einen sicher­heitspolizeilichen Mehrwert für die Bevölkerung, noch hat das eine Erhöhung der polizeilichen Präsenz auf der Straße zur Folge, weil ja die Zahl der Köpfe, also die Zahl der Polizistinnen und Polizisten, gleich bleibt. Es ist ja nicht so, dass sich diese jetzt auf einmal duplizieren (Bundesrat Mag. Himmer: Aber auch nicht weniger!) – nein, eh nicht! –, aber auch die Außendienstpräsenz dieser Beamten ändert sich nicht. (Bun­desrätin Zwazl: Warum nicht?)


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Das heißt, es bleibt alles beim Alten. Man sperrt nur die Wachzimmer zu. Das bedeutet aber auch, dass man die Beamten flächenmäßig weiter aufteilt, wodurch längere Anfahrtszeiten für die Bevölkerung entstehen und dringend notwendige Ansprech­stellen vor Ort, wenn man die Polizei wirklich benötigt, nicht mehr vorhanden sind.

Und dann das Sahnehäubchen: der Gemeindepolizist. Zu sagen, liebe Gemeinde, ich sperre dir den Posten zu, aber wenn du einem Beamten oder vielleicht auch zweien Kost und Logis für ein paar Stunden gewährst, dann kommt er mit einem Laptop zu dir, damit die Bevölkerung, die keinen Polizisten präventiv mehr sieht, zumindest nachher Anzeige erstatten kann, also das ist ja der Ausverkauf der Sicherheitsinteressen der Bevölkerung!

Aus diesem Grund darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Herbert und Kollegen betreffend die rot-schwarzen Schließungen von Polizeidienststellen

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge der Budgeterstellung dafür Sorge zu tragen, dass das BMI trotz Verlust von Kompetenzen ausreichende Mittel zur Verfügung hat, um sicherzustellen, dass es zu keiner Schließung von Polizeidienststellen kommen wird.

*****

Ich denke, das ist ein wichtiger, ein sinnvoller Antrag, der erstens sicherstellt, dass in der Bevölkerung, gerade in den ländlichen Gebieten, auch zukünftig das subjektive Sicherheitsgefühl und die erforderliche Polizeipräsenz gegeben sind. Zum anderen ist das auch ein Signal an unsere Polizistinnen und Polizisten, die einen harten und oft unbedankten Job machen, dass man ihnen zeigt: Freunde, ihr habt die Rücken­deckung von uns allen. Ihr könnt euch auf uns verlassen! Sonst würde das bedeuten, wir schätzen euch gering, ihr seid einfach Marionetten, die wir verschieben. Das kann und das soll es auch nicht sein – nicht für unsere Polizisten und auch nicht für unsere Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

14.07


Präsident Michael Lampel: Der von den Bundesräten Herbert und Kollegen einge­brachte Entschließungsantrag betreffend die rot-schwarzen Schließungen von Polizei­dienststellen ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Posch-Gruska. – Bitte.

 


14.08.04

Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte erst ganz zum Schluss auf das Thema Polizei eingehen, ich möchte vorher über das Bundesministeriengesetz sprechen, weil dies ja der aktuelle Tagesordnungspunkt ist und nicht ein Ent­schließungs­antrag.

Heute haben wir im Ausschuss schon gehört, dass wir in Österreich eigentlich in ganz Europa ein Unikum haben, dass nämlich nicht die Regierung selbst ihre Aufgaben beschließt, sondern dass der Nationalrat die Aufgaben der Regierung beschließt. Wenn wir nur alle an unsere eigenen Bundesländer denken, so ist festzustellen: In


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keinem Landtag ist es so, dass der Landtag beschließt, was die Landesregierung zu tun hat, sondern die Landesregierung gibt sich die Aufgaben selbst. Wir haben hier im Parlament seitens der Verfassung ein Unikum, und ich glaube, so sollten wir das auch betrachten und darüber diskutieren.

Was auch heute immer wieder bei jedem Redebeitrag zutage gekommen ist, ist, dass wir zu wenige Ministerien haben, dass wir eigentlich für jeden Bereich – ich habe das in der letzten Sitzung anlässlich der Regierungserklärung schon gesagt und sage es heute wieder, weil ich zu dieser Meinung stehe – ein eigenes Ministerium brauchen, weil alles seine Wichtigkeit und seine Richtigkeit hat.

Zugleich wird aber immer wieder, und das vor allem von der Freiheitlichen Partei, gefordert, es sollte doch weniger Minister geben, man könne nicht so viele Minister haben, die hier regieren, so viele brauche man überhaupt nicht.

Wenn man jetzt nur eins und eins zusammenzählt, dann kann man daraus schließen, das ist leider nicht möglich, auch wenn Kollege Krusche ein bisschen Schwierigkeiten mit dem Zählen hat, denn dass keine Staatssekretäre und Minister eingespart wurden, stimmt nicht. Aber auch das sind wir schon gewohnt, dass nämlich Populismus wesentlich wichtiger als der eigentliche Inhalt ist.

Es ist neu, dass wir ein eigenes Familienministerium haben. Ich denke, dass sich gerade an diesem Beispiel des Familienministeriums – heuer wird das Familien­minis­terium übrigens 30 Jahre alt – sehr gut ableiten lässt, in welchen Wogen sich dieses Familienministerium schon befunden hat. War es Anfang der sechziger Jahre noch so, dass das Familienministerium im Bundeskanzleramt unter ferner liefen aufschien, so ist Anfang der siebziger Jahre zu Beginn der ersten SPÖ-Alleinregierung 1971 die erste Staatssekretärin Elfriede Karl gekommen, und wir hatten somit eine Staatssekretärin für Familie. Am 1. Jänner 1984 ist Elfriede Karl auch die erste Familienministerin gewor­den, das war dann ein eigenes Ministerium, und wir hatten – ganz klar – alle sehr viel Freude damit.

Ihr wisst, ich komme aus dem Bereich der Kinderfreunde. Der Bereich Kinder, Jugend und Familie ist für mich ein sehr wichtiger Bereich. Wir haben das Familienministerium mit allen Wogen miterlebt: Es war 1987 beim Referat Umwelt dabei. Jetzt kann man natürlich fragen: Wie kommen Familie und Umwelt zusammen? So wie heute diskutiert wird: Wie kann jetzt plötzlich die Wissenschaft bei der Wirtschaft sein?

Im Jahre 2000 kam das Familienministerium plötzlich als eigenes Ministerium weg und wurde zur sozialen Sicherheit dazugegeben. Und im Jahr 2009 – diese Periode hatten wir auch – war es plötzlich beim Ministerium für Wirtschaft dabei. Diesen Zusam­menhang zu erklären ist auch relativ schwierig. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass das Familienministerium so, wie es in der letzten Periode geführt wurde, gut geführt wurde und dass viele Dinge für die Familien umgesetzt wurden, die wichtig und richtig waren.

Das kommt auch daher – das habe ich schon beim letzten Mal gesagt, und zu dem stehe ich auch –, dass wir eine Regierung haben, die es ermöglicht, dass auch die MandatarInnen, die BundesrätInnen und die NationalrätInnen an Gesetzentwürfen sehr wohl mitarbeiten, mitdenken, sich einbringen und mitwirken können. Und diese Auf­gabe sehe ich auch bei uns.

Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass nach jeder Wahl auch die Ressorts wieder neu verteilt werden. Das Bundesministeriengesetz ist 1986 entstanden, und seitdem ist es schon mehr als drei dutzend Mal passiert, dass Ministerien umgeändert wurden. An dieser Stelle möchte ich wirklich ein großes Kompliment an die Mitarbeiterinnen und


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Mitarbeiter der Ministerien aussprechen; ich denke, dort liegt wirklich eine große Herausforderung, dass sie immer wieder ihre Arbeitsplätze wechseln.

Aber ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, dass wir jedes Ministerium mit entsprechender Kompetenz ausstatten. Es geht nicht darum, dass die Frauenagenden, wie der Kollege von der Freiheitlichen Partei vor mir gesagt hat, eine „Spielwiese“ der Ministerin sind, sondern die Ministerien werden so ausgestattet, dass wir kompetente Personen dort sitzen haben, dass wir Minister und Ministerinnen haben, die ihre Kompetenzen dort einbringen können. Und das Bundesministeriengesetz – seien wir bitte ehrlich! – ist wirklich nur eine Hülle; eine Hülle für die politischen Vorhaben, die jetzt notwendig sind. Diese politischen Vorhaben gehören in die Tat umgesetzt, diese politischen Vorhaben sind auch das, was wir wirklich machen müssen.

Aufgabe der Bundesregierung ist es sicherlich, darauf zu schauen, dass es den Menschen in Österreich gut geht, dass es den Menschen trotz Krise gut geht. Diese Bundesregierung hat das in der vorigen Periode schon bewiesen, diese Bundes­regierung wird das jetzt weiter beweisen. Wir werden sehr viel dazu leisten können, dürfen und müssen, damit es den Menschen hier im Land wirklich gut geht – mit vielen kleinen Schritten, mit vielen Gesetzesbeschlüssen, die direkt zu den Menschen kom­men.

Ich warte nicht auf einen großen Wurf. Das ist jetzt eh schon lange nicht mehr gesagt worden, jetzt wärme ich es eigentlich wieder auf. Aber es hat mich anno dazumal sehr geärgert: immer diese großen Würfe. Ich brauche keinen großen Wurf. Ein großer Wurf haut dich vielleicht einmal um, aber er hilft im Leben nicht weiter. Viele kleine Schritte da, wo wirklich die Menschen betroffen sind, die helfen den Menschen. Ich glaube, dass dies das Wichtige ist.

Unsere Bundesregierung hat mit diesem Gesetz – und das freut mich natürlich sehr –, mit einem neuen Ministerium auch gezeigt, dass effizientes Handeln angesagt ist, dass es nicht darum geht, dass die Qualität sinken wird. Die Effizienz wird gesteigert werden, Synergien werden genutzt werden. Und ich glaube, dass das sehr wohl im Sinne der Bevölkerung ist. Darüber bin ich sehr froh.

Vorhin kam die Aussage betreffend den Kanzleramtsminister, dass der Sepp kein Burgenländer ist. Wir sind aber stolz darauf, dass er im Burgenland geboren wurde, er ist ein Schattendorfer und wird halt immer unser Burgenländer bleiben, egal, wo er noch hinzieht und wie lange er noch woanders wohnen wird. Aber wir sind eben sehr stolz darauf. Und ich freue mich auch sehr, dass unser Kanzleramtsminister diese Agenden übernommen hat. Ich glaube, dass das keine einfache Aufgabe wird. Aber dadurch wird Effizienz gezeigt und Effizienz gelebt. Helfen wir alle zusammen, damit diese Effizienz auch gelebt werden kann!

Ganz zum Schluss möchte ich kurz auf diesen Punkt betreffend Polizei eingehen. Ich komme aus einem Bundesland, das genauso von Postenschließungen betroffen ist. Auch ich bin verärgert, auch ich finde es nicht in Ordnung, dass nicht miteinander gesprochen wird. Auch ich finde, dass mit den Ländern, mit den Gemeinden vorher gesprochen hätte werden müssen. (Bundesrat Perhab: Landeshauptmann Niessl ist schon !) Auch ich bin der Meinung, dass die Sicherheitsagenden jetzt nicht auf die Gemeinden übertragen werden können und so ein Ministerium einspart.

Ich bin aber der Meinung, dass auch in diesem Bereich einmal gespart werden muss, dass hier Gespräche geführt werden sollen und dass wir Bundesräte und Bundes­rätinnen nicht mit einem Entschließungsantrag antworten können und genauso wenig das Gespräch suchen. Ich glaube, dass in dieser Frage die Menschen an einen Tisch gehören, dass miteinander gesprochen werden muss, dass wir nicht diejenigen sind, die das einfach hinnehmen müssen, sondern dass wir diejenigen sind, die das Ge-


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 26

spräch suchen. In diesem Sinne denke ich, dass wir nicht mit einem Gegenantrag antworten sollen, sondern dass wir das Gespräch suchen sollen.

Ich wünsche der Bundesregierung alles, alles Gute! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

14.16


Präsident Michael Lampel: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Schreyer. – Bitte.

 


14.16.35

Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen hier und zu Hause! Meine Kollegin Reiter hat schon sehr viele Punkte aus grüner Sicht zum Umweltministerium vorgebracht. Ich habe noch ein paar Anmerkungen, ein paar Daten und Fakten, wie das in anderen europäischen Ländern gehandhabt wird, gesammelt.

Die einzigen Länder in ganz Europa, die eine ähnliche Themenbündelung wie wir in Österreich haben, also dass Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in einem Ministerium gebündelt sind, sind Großbritannien und Malta. Rumänien hat Forstwirtschaft mit Umwelt zusammengelegt, Portugal hat aus Einsparungsgründen im Jahr 2011 Umwelt und Landwirtschaft in ein Ministerium zusammengeführt.

Im Gegensatz dazu gibt es eigenständige Umweltministerien in Belgien, in den skandinavischen Ländern wie Finnland und Norwegen, in den baltischen Staaten, in Deutschland, Bulgarien, Island, Italien, Spanien und Tschechien sowie in der Slowakei.

In einigen Ländern haben die Umweltministerien sehr interessante Zusammen­schlüs­se, die ich mir sehr gut als Vorbild für Österreich vorstellen kann, zum Beispiel in den Niederlanden, in Slowenien und Kroatien: Dort ist die Raumplanung mit der Umwelt gepaart. Die Schweiz hat Umwelt, Verkehr und Energie zusammengelegt und in einem Ministerium gebündelt. Das ist durchaus eine Lösung, die wir Grüne im Sinne eines Zukunftsministeriums anstreben.

Griechenland hat Umwelt, Energie und Klimaschutz zu einem Ministerium zusam­mengelegt. Sehr gut gefällt mir auch Frankreich, da sind Ökologie, nachhaltige Ent­wicklung und Transport zusammen. (Bundesrat Füller: Bei Umwelt und Verkehr bin ich skeptisch!)

Sie sehen also, es gibt durchaus Umweltministerien, die, wie wir Grüne schon immer fordern, die Umwelt und nicht die Landwirtschaft im Zentrum haben. Die Entschei­dungen über Arten- und Lebensraumschutz dürfen nicht mit Entscheidungen über maximalen Pestizid- und Düngemitteleinsatz im selben Ressort erfolgen.

Die Diskussion, die meine Vorrednerin betreffend Agrarförderungen angesprochen hat, die künftig vor allem die intensive Landwirtschaft fördern sollen, zeigt ja, in welche Richtung das Landwirtschaftsministerium entscheidet.

Aber – ich möchte da ganz hoffnungsvoll aufhören – heute findet ein Treffen der NaturschutzreferentInnen der Länder statt. Das ist das erste Treffen seit über zwölf Jahren, das auf Initiative der grünen Naturschutzlandesrätin in Tirol stattfindet, und der neue Minister nimmt an diesem Treffen teil. Bei diesem Treffen wird es vor allem um „Natura 2000“, um die Biodiversitätsstrategie Österreich 2020, um Au- und Naturparke und um die Rote Liste gefährdeter Arten gehen.

Ich nehme es als sehr positives Zeichen, dass – und da möchte ich jetzt Sie kurz zitieren – der neue „Tirol-Minister“ den Umweltschutz in seinem Ressort besser vertritt als der vorherige „Burgenland-Minister“. (Heiterkeit.)


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Abschließend noch zum Antrag der FPÖ: Wir werden seitens der Grünen dem Antrag der FPÖ nicht zustimmen (demonstrativer Beifall des Bundesrates Mag. Taucher), weil er vor allem fordert, dass alles beim Alten bleibt, also dass es so bleibt, wie es jetzt ist. Diese Meinung teilen wir nur teilweise. Zirka ein Drittel der Schließungen ist aus unserer Sicht gerechtfertigt, aber es braucht dringend eine Reform.

Sehr oft wurde schon das Sicherheitsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger ange­sprochen. Es braucht viel mehr PolizistInnen auf der Straße. Es braucht viel mehr gut ausgebildete, spezialisierte KriminalbeamtInnen.

Und ein Punkt, der gerade im Bundesrat sehr wichtig ist und den wir hier sehr oft besprechen, ist die Ausdünnung des ländlichen Raumes, die natürlich durch die Einsparung von Posten im ländlichen Raum noch mehr forciert wird.

Wir stimmen dem Antrag also in weiten Teilen zu, möchten aber, dass es generell weitergeht. (Beifall des Bundesrates Schreuder.)

14.20


Präsident Michael Lampel: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile ihm dieses.

 


14.20.40

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist natürlich so, dass man als achter Redner zu einem Tagesordnungspunkt der Gefahr ausgesetzt ist, Dinge zu wiederholen. Ich möchte aber doch einige Anmerkungen aus meiner Sicht machen.

Ich beginne beim Kollegen Krusche: Ich glaube, Kollege Krusche, wir als gebürtige Leobener sind sicher einer Meinung – du bist nicht dort gebürtig, aber inzwischen wohnhaft in Leoben – mit dem Kollegen Wilhelm, dass wir haben wollen, dass die Montanuniversität Leoben so weit wie möglich mit der Wirtschaft vernetzt wird, um den Standort in Leoben nicht nur zu erhalten, sondern in der angewandten Forschung weiterhin dieses hohe Niveau zu halten. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat er eh gesagt!) Ich glaube, darin sind wir uns einig.

Also ist schon einmal der erste Ansatz der Kritik nicht richtig, nämlich dass Wissen­schaft und Wirtschaft total unvereinbar seien, da Wirtschaft – nach gewissen Aussagen gewisser Kollegen – ungefähr das Letzte in diesem Land sei. Dagegen muss ich mich schon verwahren!

Ich brauche nicht Schopenhauer zu zitieren und zu sagen, dass Wirtschaft nicht alles ist, aber ohne Wirtschaft alles nichts. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundes­rates Schreuder.)

Für uns von der Volkspartei, das möchte ich auch sagen, ist die Wirtschaft eine der Existenz- und Lebensgrundlagen dieses Staates, des Wohlstandes und des Wohl­befindens unserer Bürger. Wir, die Wirtschaft, schaffen Arbeitsplätze und verdienen Anerkennung. Wir, die wir in der Wirtschaft tätig sind und Arbeitsplätze schaffen, ver­bieten uns derartige Aussagen. Nur weil das neue Bundesministeriengesetz jetzt so formuliert ist, dass zufällig die Wissenschaft bei der Wirtschaft landet, können doch nicht solche Aussagen gemacht werden. Das ist scharf zurückzuweisen! (Bundesrätin Dr. Reiter: Da hoffe ich schon, dass das kein Zufall war!)

Nein, das ist kein Zufall. Aber Sie, Frau Kollegin Reiter, als Akademikerin werden das ja wohl verstehen, denn die besten Universitäten der Welt – ETH Zürich, Stanford und so weiter – sind mit der Wirtschaft vernetzt.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 28

Worin ich Ihnen recht gebe, ist, dass wir darauf achten müssen – und da werden wir Steirer genauso aufpassen wie Sie vielleicht –, dass die Grundlagenforschung nicht zu kurz kommt. Das ist ein Ansatzpunkt, auf den wir uns einigen können. Wir Steirer – und die Steiermark ist der zweitgrößte Universitätsstandort in Österreich, mit vielen Universitäten – werden darauf achten.

Das war auch in der Steiermark – das gebe ich offen zu – ein gewisser Kritikansatz, aber man sollte nicht schon vorher negativ denken. Und – Kollege Fürlinger hat es ja erwähnt – mit Minister Mitterlehner haben wir einen absoluten Profi dort am Werk. Es werden ja keine Abteilungen aufgelöst, es werden keine Sektionen aufgelöst, das Fachpersonal bleibt im Ministerium – nur das Türschild wird ein anderes. Ich hoffe, dass Minister Mitterlehner das Versprechen wahrmacht und zusätzliche Mittel aus der Privatwirtschaft lukrieren kann. Sie haben ja auch gesagt, dass wir in dieser Beziehung das Stiftungswesen reformieren können.

Was wäre die TU Graz ohne ihre Kooperation mit AVL List, einer Forschungsstätte par excellence – Weltmarktführer?! Also stellen wir die positiven Synergien in den Vordergrund und treten wir nicht a priori schon alles Negative breit. Aber ich weiß schon, dass das für die Opposition eine gewisse Chance ist, hier politisches Kleingeld zu wechseln.

Nichtsdestotrotz werden, meine ich, die Ergebnisse besser sein, obwohl die Rahmen­bedingungen für jeden Minister und für diese Bundesregierung nicht leichter, sondern schwieriger geworden sind, Frau Kollegin Mühlwerth, oder?

Wir wissen ja, dass Österreich, dass die Bundesregierung ein Ziel hat, dieses steht über allen Maßnahmen: die Budgetkonsolidierung bis 2016, der Budgetpfad. Und das nicht nur deshalb, weil es irgendwelche EU-Kriterien gibt, sondern weil wir, unsere Bun­desregierung, unsere Minister dazu verpflichtet sind, uns für die nächsten Gene­rationen finanziell zu rüsten. Das muss diesmal ohne Wenn und Aber gelingen. Das wird ohnehin schwierig genug, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber schauen wir, dass wir das zustande bringen, denn dann stehen wir vor unserer Bevölkerung auch wieder besser da. Wir werden bei der Bevölkerung ein besseres Image erreichen, wenn wir das durchziehen.

Es ist Licht am Ende des Tunnels, es gibt entsprechende Voraussetzungen, auch wenn wir einige nicht berechenbare Größen haben. Aber ich denke, das ist das primäre Ziel: die finanzielle Konsolidierung des Staates Österreich und ab 2016, wenn es möglich ist, keine neuen Schulden zu machen, denn die Schuldenuhr tickt und tickt und tickt, und wir wollen unseren nächsten Generationen doch faire Chancen eröffnen, ihr Leben so zu bestreiten, wie sie es haben wollen, und nicht, wie wir es a priori entschieden haben, unter schlechteren Rahmenbedingungen.

Noch kurz einen Satz zum Familienministerium: Es ist kein Nebenministerium gewe­sen, Kollege Krusche, und die finanziellen Mittel, die in den nächsten Jahren von der Bundesregierung bereitgestellt werden, sind keine Peanuts, das sind 1,4 Milliarden €. Und dass die Familien – gleich, wie man sie definiert – ein Zukunftspotenzial für die österreichische Bevölkerung, für die Wirtschaft, für die Entwicklung, für die Innovation sind, ist in diesen Reihen, glaube ich, auch unbestritten.

Ich denke, dass wir da in Bezug auf Wirtschaft, Wissenschaft, Familie und Konso­lidierung des österreichischen Budgets auf dem richtigen Weg sind, und man sollte der Bundesregierung jetzt – seit ihrem Amtsantritt ist erst ein Monat vergangen – eine reelle und faire Chance geben, diese Dinge zu verwirklichen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.26



BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 29

Präsident Michael Lampel: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Mag. Himmer. Ich erteile ihm dieses.

 


14.26.24

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was das Bundesministeriengesetz betrifft, ist ja schon sehr viel gesagt worden. Ich finde es sehr interessant, dass wir über organisatorische Fragestellungen oft eine längere Debatte haben als über die inhaltlichen Fragen selbst.

Ich möchte, was das Bundesministeriengesetz betrifft, nur noch erwähnen, dass es ja in der Politik eine Einrichtung gibt, die sich Parlament nennt, wo wir alle sitzen und wo all diese Materien zusammenkommen.

Nervosität, weil in einem Ministerium zwei, drei, vier inhaltliche Bereiche – egal, ob das Landwirtschaft und Umwelt, Wirtschaft und Wissenschaft sind – einander begegnen, ist nicht angebracht. Ich glaube, dem kann man schon mit einer gewissen Gelassenheit entgegentreten, da wir Parlamentarier uns ja auch zutrauen, in der weiteren Folge in der Gesetzgebung über alle Materien gemeinsam zu befinden. Wir haben auch kein eigenes Parlament für Umweltfragen, für Wirtschaftsfragen, für Verfassungsfragen (Ruf: Ausschüsse!), sondern wir selbst halten uns ja offensichtlich für die größten Generalisten – und das sind wir Parlamentarier ja auch.

Man kann daher die Aufgeregtheit, die diesbezüglich aufkommt, zurücknehmen, denn für uns Parlamentarier ändert sich in diesem Sinn, wenn Regierungsvorlagen ins Haus kommen, rein gar nichts. Es ändert sich überhaupt nichts daran, wie wir das parla­mentarisch in Behandlung nehmen. Das wollte ich einmal erwähnt haben, da wir Parlamentarier wahrscheinlich diejenigen sind, die die meisten Reaktionsmöglichkeiten auf Änderungen im Ministerium haben.

Ich wollte mich nur deshalb noch einmal kurz zu Wort melden, weil ein Entschließungs­antrag im Raum steht und es bei uns Tradition ist, bevor wir abstimmen, zu sagen, wie wir und warum wir so abstimmen. Deswegen möchte ich hier nicht verhehlen, warum wir diesem Entschließungsantrag der Freiheitlichen nicht beitreten werden.

Ich weiß, dass es sehr einfach ist, das so darzustellen und nur zu sagen: Wenn es weniger Polizeidienststellen gibt, dann gibt es weniger Sicherheit! Gleichzeitig möchte ich sagen, dass wir uns alle, denke ich, darin einig sind, dass Sicherheit nicht von einem Gebäude ausgeht, dass Sicherheit nicht von einem Raum und einem Faxgerät ausgeht, sondern dass das Wesentlichste ist, dass die Polizisten vor Ort sind, dass sie auf der Straße sind.

Welche budgetäre Situation auch immer wir haben – momentan haben wir eine bud­getäre Situation, in der alle Minister angehalten sind zu sparen; generell sollte man ja auch in besseren Zeiten keine sinnlosen Ausgaben tätigen, aber momentan haben wir eine Situation, in der die Minister besonders gefordert und angehalten sind zu sparen, weil sie von einer gegebenen Latte noch herunterkommen müssen –, wir müssen immer darauf schauen – selbst wenn wir eine entspanntere Budgetlage hätten, wäre ich auch dafür –, im Sicherheitsbereich in die Polizisten und in das Personal zu investieren, anstatt die Gebäude aufrechtzuerhalten.

 Dass es natürlich unterm Strich so sein muss, dass die erforderlichen Polizisten vorhanden sind, um flächendeckend Sicherheit zu gewährleisten und in einer gewissen Geschwindigkeit vor Ort zu sein, ist keine Frage. Aber ich glaube, man soll den Menschen nicht Sand in die Augen streuen und sie glauben machen, dass man dann, wenn das eine oder andere Gebäude besiedelt bleibt, die Bösen besser bekämpfen kann.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 30

Die Bösen werden von unserer Polizei sehr gut bekämpft. Sie helfen uns dadurch, dass sie, wenn die Bösen kommen, rasch vor Ort sein werden. Das werden sie auch in Zukunft so machen. Auf diese Sicherheitskräfte setzen wir ganz besonders, diese unterstützen wir, und in diese Richtung geht auch die Reform im Polizeibereich. Daher werden wir hier unseren Kurs fortsetzen. Das inkludiert, dass wir in diesem Fall dem Entschließungsantrag leider nicht beitreten können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.31


Präsident Michael Lampel: Zum zweiten Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Krusche. Ich erteile ihm dieses.

 


14.31.10

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Ganz kurz zu deinen Ausführungen, Kollege Perhab, weil du mich direkt angesprochen und auch die Montanuniversität erwähnt hast. Ich habe ja bereits in meinem Redebeitrag gesagt, dass ich nicht grund­sätzlich dagegen bin, dass die Wirtschaft und die Universität zusammenarbeiten. Aber vielleicht weißt du, dass die Montanuniversität vor einiger Zeit damals auf Druck der noch verstaatlichten voestalpine einem Herrn Mittag die Ehrendoktorwürde verliehen hat. Herr Mittag war Stellvertreter von Herrn Honecker. – So viel zu den Gefahren einer zu engen Verflechtung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

14.31


Präsident Michael Lampel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Novak. Ich erteile ihm dieses.

 


14.32.11

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Da es für mich als Bundesrat nicht die Möglichkeit gab, zum Thema Schließung von Polizeidienststellen zu sprechen, möchte ich einfach jetzt dazu Stellung nehmen.

Bei uns in Kärnten ist letzte Woche Folgendes geschehen – etwas, was man so nicht zur Kenntnis nehmen kann –: Unser Herr Landeshauptmann wurde am Freitag darüber informiert, dass in Kärnten 30 Posten geschlossen werden, mit der Bemerkung, dass er bis Montag Zeit hätte, darauf zu antworten. Er hat dann am Montag mit der Frau Ministerin darüber gesprochen und ihr einen Vorschlag vorgelegt, der glattweg abge­lehnt wurde. Dieses Treffen ist bei Weitem auch nicht auf Augenhöhe erfolgt, sondern auf herablassende Weise, was mehrere Personen, die dabei waren, bestätigt haben. Bei einem derart sensiblen Thema ist das unannehmbar! (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Dörfler.)

Man muss sich das vorstellen, weder das Land noch die Bezirkshauptleute, die erste Instanz in Fragen Sicherheit sind, noch wir Bürgermeister, noch die Bevölkerung sind darüber informiert worden, wie die Situation ausschaut. Es ist bezeichnend, dass man drüberfährt, dass man versucht, in diese Richtung etwas durchzudrücken. Und ich sage Ihnen, in Kärnten ist der Teufel los. Das hat die Landtagssitzung gezeigt. (Bundesrat Kneifel: War schon immer so!) – War schon immer so. Ja, vielleicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kollege Dörfler hat sich auch gerade zu Wort gemeldet. Er wird da etwas dazu sagen können.

Wenn die Ministerin vom „Geheule“ der Bürgermeister spricht, auf das sie nicht eingehen könne, und auch sagt, dass der Landeshauptmann mit den Bürgermeistern noch mitheult, dann ist das ein schlechter politischer Stil. Das werden Sie von der ÖVP doch auch so sehen. Das ist nichts von mir frei Erfundenes, sondern das ist über die Medien gegangen, das ist im Fernsehen gewesen, das war im „Mittagsjournal“.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 31

Wenn ich einen Vergleich mit den anderen Bundesländern ziehe und sehe, dass bei uns in Kärnten 74 Posten auf 10 000 Quadratkilometer kommen, während es in Nieder­österreich 181 Posten auf 20 000 Quadratkilometern sind, dann, muss ich sagen, stimmt das Verhältnis im Grunde genommen nicht. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, das ist nicht falsch, das ist hundertprozentig richtig. Sie können ja dann versuchen, es zu berichtigen.

Wenn man die 22 Gemeinden, wo die Polizeiinspektionen zugesperrt worden sind, näher betrachtet, dann ist festzustellen, dass es in diesen Gemeinden folgende Mehr­heiten gibt: 15 sind der SPÖ zuzuzählen, vier der FPÖ und drei der ÖVP.

Es stellt sich für uns die Frage: Sind wir da jetzt bestraft worden, oder was ist in diesem Fall geschehen? Es wird über die Mitarbeiter, die Polizisten derart drübergefahren, dass auch noch Frau Landespolizeidirektorin Kohlweiß feststellt, dass es viel wichtiger ist, dass die Mitarbeiter draußen sind statt den Schreibtisch zu bewachen. Was haben die Leute denn vorher gemacht? Allein die Aussage, dass Mitarbeiter den Schreibtisch bewachen ist unvorstellbar! Wir sind wirklich frustriert.

Der stellvertretende Landespolizeidirektor sagt dann auch noch, alle 18 Kilometer wird es bei uns in Kärnten einen Polizeiposten geben. – Das stimmt natürlich nicht, denn wir haben nur alle 30 Kilometer einen. Das ist also in mehreren Fällen leider Gottes nicht so.

Als Bürgermeister der Gemeinde Mallnitz muss ich sagen, dass ich das überhaupt nicht verstehe. Deswegen bin ich auch so aufgeregt. Drei Kollegen aus dem Mölltal, die das auch nicht akzeptieren, unterstützen mich in dieser Frage. Bei uns in Mallnitz sind heute übrigens ein Meter Schnee im Tal und zwei Meter auf dem Berg gefallen. Es gibt also größte Probleme mit Lawinen. Die Polizei setzt Maßnahmen im Falle von Rettungseinsätzen, von Einsätzen der Bergrettung und von Hubschraubern und so weiter, damit man von dort wegfliegen kann, um Menschen zu retten. Mallnitz liegt am Ausgang des Tauerntunnels, es befindet sich dort eine internationale Bahnstation. Und vor acht oder zehn Jahren hat man auch ein neues Gebäude gebaut, das barrierefrei zugänglich ist. Dass man das jetzt zusperrt, das verstehen wir nicht.

Ich komme schon zum Schluss meiner Ausführungen, denn jetzt habe ich mehr zu diesem Thema gesagt als meine Vorredner. (Ruf bei der ÖVP: Dafür sind wir ja da!) Ich möchte einfach nur eines feststellen: Das Schlimme an dieser ganzen Geschichte war, was ich eingangs erwähnt habe, und das möchte ich zum Schluss noch einmal festhalten, dass man mit uns nicht gesprochen hat, dass man mit den Bürgermeistern nicht gesprochen hat, dass man mit dem Herrn Landeshauptmann nicht gesprochen hat, obwohl er zehnmal nachgefragt und versucht hat, Informationen zu bekommen, dass man mit der Sicherheitsbehörde erster Instanz, sprich den Bezirkshauptleuten, nicht gesprochen hat und dass man uns im Regen stehen lassen hat. Man hat gesagt, du hast 72 Stunden Zeit, Herr Landeshauptmann, um zuzustimmen und mit dabei zu sein. Oder: Hund, friss oder stirb! So möchte ich das sagen.

Es ist über die Kärntner Bevölkerung, über uns drübergefahren worden. Wir sind zutiefst frustriert, auch ich als Bürgermeister. Deswegen stehe ich heute hier als Bun­desrat, als Bürgermeister. Und ich sage es auch: Ich werde dem Antrag der Freiheit­lichen zustimmen. (Beifall der Bundesrätin Blatnik sowie demonstrativer Beifall bei FPÖ und Grünen.)

14.38


Präsident Michael Lampel: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dörfler. Ich erteile ihm dieses.

 



BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 32

14.39.03

Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Ich darf dir für das nächste halbe Jahr eine gute Hand bei der Erledigung deiner nicht einfachen Aufgaben wünschen.

Herr Kanzleramtsminister, lieber ehemaliger Staatssekretär! Weil heute auch gesagt wurde, dass man auf alle Bundesländer schauen sollte: Wenn wir Geduld haben, dann wird der Mann aus Schattendorf schon darauf schauen, dass für alle österreichischen Bundesländer sinnvolle und gute Politik gemacht wird.

Jetzt komme ich zu einem guten Vergleich. Wir beide haben in einer Art Unaufgeregt­heit, aber Hartnäckigkeit und Fairness allen Beteiligten gegenüber  (Rufe bei der ÖVP: Das kennen wir schon!) – Für die ÖVP: Seid ein bisserl ruhiger! Ich weiß, dass heute so manche von euch das Problem haben, dass sie gegen ihre Überzeugung agieren müssen. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Ich sage nur: Stichwort ländlicher Raum.

Wieder zum Thema: Wir haben den jahrzehntelangen Volksgruppenstreit in Kärnten gelöst.

Faktum ist, dass wir eine unlösbare Aufgabe in Österreich für Österreich und für Kärnten so lösen konnten, dass niemand das Gesicht verloren hat, dass über nieman­den drübergefahren wurde, dass mit jedem Bürgermeister, mit jedem Volks­gruppen­vertreter, mit allen Parteien monatelang verhandelt wurde, dass wir auch nichts den Medien angekündigt, sondern erst das fertige Paket vorgelegt haben.

Und jetzt kommt die sogenannte Reform der Polizeireform. – Ich bin ein leidenschaft­licher Befürworter dessen, dass Polizei und Gendarmerie zusammengeführt wurden. Das war klug. Wie es gemacht wurde, darüber kann man schon wieder diskutieren. Ich bin aber auch ein leidenschaftlicher Befürworter dessen, dass die Säulen der Republik Arbeit, Soziales, Gesundheit und Sicherheit kein politischer Spielball sein dürfen.

Hier haben wir vorhin den Hilferuf eines Bürgermeisters gehört. Bürgermeister und Bundesrat Günther Novak kenne ich schon lange, ich kannte ihn schon vor meiner politischen Zeit, er ist kein typischer Parteisoldat. Es gehört Mut dazu, den Hilferuf eines Bürgermeisters zu hören, der von einer Ministerin herabgewürdigt wird, wie auch mein Nachfolger Peter Kaiser. Es ist unanständig, am Freitag Beamte nach Klagenfurt zu schicken und nicht selbst als zuständige Ministerin dort hinzukommen. So kann man mit einem Landeshauptmann, so kann man mit Bürgermeistern, so kann man mit Mitarbeitern der Exekutive einfach nicht umgehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Da wünsche ich mir einen Stil Ostermayer! Wir haben lieber fünf Runden länger verhandelt, aber am Ende des Tages haben alle den Weg zur Mitte der Brücke gefun­den.

Und Bürgermeister herabzuwürdigen, Exekutivbeamte als Schreibtisch bewachende Organe hinzustellen, das ist eine Herabwürdigung hochanständiger Mitarbeiter der Republik Österreich, die nicht akzeptabel ist.

Ich bedanke mich auf der anderen Seite auch bei Johanna Mikl-Leitner, denn sie hat in Kärnten auch Gutes geleistet. Es gibt wieder eine Polizeiausbildung in Krumpendorf, die übrigens hervorragend ist. Alle jungen Polizistinnen und Polizisten, die in Öster­reich ausgebildet werden, werden wirklich hochkarätig ausgebildet. Ich bedanke mich auch für viele Investitionen, zuletzt in Straßburg oder St. Andrä. Ich bin nicht einer, der alles schwarzredet, was die ÖVP betrifft, aber ich bin einer, der versucht, eine faire Balance und Mitte zu finden.

Das alles ist ja nicht eine Idee der FPÖ, wie man auch den Zeitungen entnehmen kann. So schreibt etwa die „Krone“: „Riesige Protestwelle“ gegen Polizeiposten-


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schließungen. – Der Michael Häupl ist nicht zufrieden, der Hans Niessl ist nicht zufrieden und der Peter Kaiser ist nicht zufrieden. Also scheint es in der Regierung doch so zu sein, dass das schwarze Sicherheitspferd durch den Staat galoppiert und viele Verwundungen, Unverständnis und Ablehnung produziert.

Wenn wir die Bundesländer vergleichen, dann ist das schon interessant – es schreibt auch die „Krone“: „Eine Frage der Farbe“ –: Kärnten: 23 Prozent Schließungen oder 22 Inspektionen. Das nächste Bundesland ist dann das Burgenland, natürlich auch ein SPÖ-Land: 17 Prozent oder 11 Schließungen. Dann kommen die Steiermark mit 15 Pro­zent, Salzburg mit 15 Prozent, Oberösterreich mit 15 Prozent, Tirol und Vorarl­berg mit 14 Prozent und das hochgelobte Pröll-Land Niederösterreich mit nur 10 Pro­zent. Die Johanna hat halt zu Hause beim Onkel Erwin dafür Sorge getragen, dass Niederösterreich anscheinend eine andere Sicherheitsarchitektur hat als Kärnten oder das Burgenland oder andere Bundesländer. (Bundesrätin Zwazl: Sie hat aber !) Und genau das schafft – zu Recht – Betroffenheit beim Bürger, bei den Bürgermeistern und bei drei Landeshauptleuten, nämlich Häupl, Niessl und Kaiser. – In Wien ist es ohnedies etwas anders. Da hat man sich doch noch nicht ganz getraut, die geplante Schließungswelle bekannt zu geben.

Ich meine – und das in Richtung ÖVP –: Jahrelang hört man – ich kann das alles schon nicht mehr hören –, die Stärkung des ländlichen Raums sei das oberste Gebot der ÖVP. Was aber tut sich? – Die Schwächung des ländlichen Raums ist im Gange! Zuerst geht die Post, dann geht der Kaufmann, dann hat der Wirt keinen Nachfolger, dann geht die Polizei, dann fusionieren wir den Kindergarten, die Kleinschulen sperren wir zu, und am Ende geht der Bauer und dann ganz generell der Mensch. – Das ist es, was für den ländlichen Raum zu erwarten ist, wenn das Programm der Frau Mikl-Leitner so weitergefahren wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich verwahre mich dagegen, dass sozusagen eine Umfärbung der Sicherheit in parteipolitischer Blindheit stattfindet. Ich hätte mir erwartet, dass man über das, was angekündigt wurde – darüber kann man ja reden –, eine faire Diskussion führt, dass man den Landeshauptleuten und den Bürgermeistern der Gemeinden, über die zu diskutieren ist, erklärt, warum es so sein soll. Aber eines kann ich nicht nachvollziehen: warum weniger Inspektionen mehr Sicherheit bringen sollen. Hat die ÖVP die Leserbriefe in den letzten Tagen nicht gelesen, wie betroffen auch Bürger sind?

Jetzt komme ich nochmals auf Günther Novak in Mallnitz, einer Tourismusgemeinde, zu sprechen. Tourismus und Sicherheit sind untrennbar miteinander verbunden. Ein sicheres Österreich ist wohl auch eine touristische Sicherheitsmarke. Er hat das Problem, Bürgermeister einer Lawinengemeinde zu sein, und er hat das Problem, aufgrund der Tauernschleuse Bürgermeister einer besonderen Verkehrsgemeinde zu sein. Und er darf in der Zeitung lesen: Deine Polizisten, deine „Schreibtischbewacher“ sind morgen nicht mehr da.

Vielleicht sollte die ÖVP doch auch zu einer Fairness zurückkehren. Man muss, um in der Sportlersprache zu sprechen, von einem Fehlstart reden. Es ist im Sport auch so, dass man im zweiten Anlauf vielleicht einen besseren Erfolg erzielt. Deshalb ist dieser Entschließungsantrag der FPÖ und auch mir ein Anliegen – nicht, weil ich grund­sätzlich gegen jede Veränderung und Reform bin, sondern weil ich mich gegen die Art und Vorgangsweise wehre, weil ich es nicht zulassen kann, dass man über den Günther Novak und meinen Nachfolger Peter Kaiser und andere drüberfährt und dass die Sicherheit in Österreich in schwarzen Bundesländern ganz anders gesehen wird als in roten Bundesländern. Blaues gibt es ja leider derzeit keines mehr; das wird aber wieder kommen.


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In diesem Sinne ist das auch eine Einladung an die ÖVP. Und auf die Aussagen von Harald Himmer zurückkommend möchte ich ihm sagen: Du lebst in der Großstadt. Fahr mit mir einmal aufs Land und höre dir die Sorgen der Mensch dort an! Alles, was man ihnen wegnimmt, ist verlorene Zukunft! Ihr hier in Wien habt das Glück, als Bun­des­hauptstadt ein Zuzugsgebiet zu sein, erfreulicherweise. Es gibt aber eben auch den entgegengesetzten Trend. Und fahr mit mir einmal in das oberitalienische Friaul – die haben diesen traurigen Prozess bereits hinter sich –, wo architektonisch wunderbare Bergdörfer ausgestorben sind, leblos sind!

Daher, wenn die ÖVP ihr eigenes Parteiprogramm ernst nimmt, dann bitte: Zurück an den Start! Eine faire Diskussion! Und wenn Sie einen Mediator brauchen: Josef Ostermayer und ich bieten euch gerne Hilfe an. (Beifall bei der FPÖ.)

14.46


Präsident Michael Lampel: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Her Bundesrat Pum. Ich erteile ihm dieses.

 


14.46.38

Bundesrat Ing. Andreas Pum (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Mitglieder des Bundesrates! Ich darf vielleicht gerade zu den letzten Anmerkungen ein paar Richtigstellungen vornehmen, möchte aber auch zur Situation ein paar Klarstellungen treffen. Denn jede Reform bedeutet letztlich auch Einschnitte, die mehr oder weniger in Regionen, bei Bürgern auch Folgen nach sich ziehen. Und alle, die heute von Reformen sprechen und darüber sprechen, Verände­run­gen umsetzen zu müssen, sollten gerade in politischen Gremien auch die Verant­wortung auf sich nehmen, das gemeinsam umzusetzen.

Und es ist schon bei Reformen, wo es um keine Verringerung der Zahl von Mitarbeitern geht, wo es um keine Kosteneinschränkungen geht, wo es letztlich um strukturelle Refor­men geht, schwierig, diese Diskussion zu führen. Hier zeigt sich sehr klar, letzt­lich tritt dabei immer wieder das Eigeninteresse Einzelner in den Vordergrund, die hier natürlich groß die Diskussion führen, aber das Ganze oftmals ein wenig in den Hinter-grund stellen. Daher ist es notwendig, diese gemeinsame Reform, diese moderne Polizei auch so umzusetzen.

Ich darf hier sehr klar die Zahlen noch einmal ins Lot bringen. Wenn davon gesprochen wird, wie viele Einwohner in Kärnten, wie viele Einwohner in Niederösterreich heute auf einen Polizeiposten entfallen, dann sind das in Kärnten 7 955, und in Niederösterreich kommen auf einen Posten 8 961 Einwohner. Und wenn man das Flächenausmaß, das hier auch angeschnitten wurde, in Zahlen fasst, dann sind es in Kärnten 33 Quadrat­kilometer, die auf einen Posten entfallen, und in Niederösterreich ist das Verhältnis der Posten zur Fläche 1 zu 62. Alle, die hier von Ungerechtigkeit sprechen, sollten sich diese Zahlen klar vor Augen halten.

Letztlich wurden in Kärnten 22 Posten und in Niederösterreich 21 Posten zusammen­gelegt, und es zeigt sich auch sehr klar, dass diese Reform mehr Sicherheit auf den Straßen bringt. Und das ist der Erfolg dieser Reform. (Beifall bei der ÖVP.)

14.49


Präsident Michael Lampel: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jachs. – Bitte.

 


14.49.28

Bundesrat Mag. Christian Jachs (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Ja, ich möchte dem Bundesrat Dörfler recht geben. Ja, er hat recht: Manchmal würden wir gerne das Rad der Zeit zurückdrehen. Aber nicht bei der Polizeireform wünschen wir uns, das Rad zurückzudrehen, sondern viel gescheiter


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wäre es, wir könnten es zurückdrehen bis in die Zeit der Entstehungsgeschichte der Hypo Alpe-Adria, denn dann hätten wir heute und morgen das Geld, das wir für die Polizei und für mehr Sicherheit brauchen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, mitunter ist die blaue Fraktion versucht, eine Posten­diskussion zu führen, aber ich würde mir vielmehr eine Qualitätsdiskussion wünschen. Es ist nicht damit abgetan, dass wir uns über die Anzahl der Posten unterhalten. Wir sollten als Bundesrat vielmehr über die Frage diskutieren: Was erwarten wir uns von der Polizei? Und da hat unsere Fraktion eine ganz klare Haltung. Erstens: Am Personalpaket darf nicht gerührt und gedeutelt werden. Und da ist Wien in einer hervorragenden Position: Wien erhält 1 000 Polizisten mehr. Und wir im ländlichen Raum, wir in den Bundesländern, wir in den Flächenbezirken haben die Zusage, die Gewissheit, dass uns kein Polizist verloren geht. Und darum geht es.

Andreas Pum hat es vorhin schon angeführt, es gibt so etwas wie einen Betreuungs­schlüssel, also: Wie viele Menschen kommen auf einen Polizisten, oder wie viele Men­schen hat ein Polizist zu betreuen? Und da nenne ich Ihnen eine interessante Zahl: Das Burgenland ist gut betreut, denn dort kommt auf 232 Bürger ein Polizist. In Niederösterreich kommt auf 366 Bürger ein Polizist und in unserem Bundesland, Oberösterreich, auf 417 Bürger ein Polizist. Da zu sagen, das wären politisch einge­färbte Zahlen, das ist wider alle Zahlen, denn die Statistik lügt nicht, die gibt uns ein objektives Bild. Also in Oberösterreich, in Niederösterreich haben wir ein wesentlich anderes Betreuungsverhältnis als im Burgenland.

Aber das zeigt ja auch, dass wir die Möglichkeit haben, etwas zu verändern. Und was wollen wir? – Erstens: viel Personal auf den Straßen, beim Bürger. Wir wollen mobile Einheiten, dass dort wirklich die Polizei sektormäßig unterwegs ist, damit sie auch, sage ich einmal, der Kriminalität oder den Bösewichten Paroli bieten kann. Und wir wollen, dass die Menschen das Gefühl haben: Ich bin bei meiner Polizei gut aufge­hoben! – Und dazu braucht es Investitionen in die Infrastruktur, in die Ausrüstung. Auch dieses Geld wird in Zukunft kommen. Und daher können wir von Veränderungen und Reformen nur profitieren.

Schauen wir doch nach Niederbayern, wenn Sie den Zahlen der Frau Minister nicht glauben! Niederbayern – das ist ja ganz interessant – kann man mit Oberösterreich gut vergleichen: Niederbayern hat gleich viele Einwohner wie Oberösterreich, Nieder­bayern hat die gleiche Fläche wie Oberösterreich, aber Niederbayern hat nur 25 Polizei­inspektionen – und Oberösterreich derzeit 144; 18 verlieren wir durch diese Reform. Aber niemand würde behaupten, dass Niederbayern Chicago ist. Nieder­bayern hat einen hervorragenden Ruf, und wir schauen auch hinüber und nehmen uns Niederbayern zum Vorbild. Dort haben sie eben auch ein hohes Maß an Sicherheit und ein hohes Maß an Sicherheitsgefühl in der Region.

Daher: Nur Mut zu Reformen! Es wäre gefährlich, die Räder zurückzudrehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Novak: Das sollte man aber vorher ausdiskutieren!)

14.53


Präsident Michael Lampel: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Ostermayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.53.47

Bundesminister im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Erstens darf ich dir, Herr Präsident, auch eine gute und erfolgreiche Vorsitzführung wünschen. Zweitens, Tagesordnungspunkt 1 be-


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trifft die Bundesministeriengesetz-Novelle 2014; das ist der Punkt, zu dem ich Stellung nehmen will. Ich möchte aber nicht verhehlen, dass ich auch im Zusammen­hang mit der Diskussion über die Polizeistrukturreform – wir hatten in der letzten Legislatur­periode auch entsprechende Reformvorhaben, die die Frau Bundesministerin und ich auch gemeinsam präsentiert haben – die Hoffnung habe, dass wir auch da noch zu einem konsensualen Ergebnis kommen werden.

Aber nun zum Bundesministeriengesetz. Wir könnten wahrscheinlich tagelang disku­tieren, welche die richtige Zusammensetzung der Ministerien ist. Wenn man dem folgt, was Frau Bundesrätin Dr. Reiter gesagt hat, die von einer „Abschaffung“ des Wis­senschaftsministeriums gesprochen hat, dann würden wir – abgesehen davon, dass ich hinsichtlich dessen, was Sie gesagt haben, ganz anderer Meinung bin als Sie – wahrscheinlich ungefähr 30 Ministerien brauchen, denn das würde bedeuten, dass es keine Kombination von einem Ressort mit einem anderen Ressort geben dürfte.

Wir haben in den meisten Ministerien mehrere Bereiche, die kombiniert werden, nämlich um über diesen Weg zu einer überschaubaren, akzeptablen Anzahl von Minis­terien zu kommen. Der Darstellung, dass sozusagen die Kombination zweier verschie­dener Felder die Abschaffung des einen bedeuten würde, darf ich nur entgegenhalten: In Salzburg sind Wissenschaft, Migration, Sport und etliche andere Bereiche in einem Ressort kombiniert. In Salzburg sind Umwelt und Baurecht mit noch etlichen anderen Agenden in einem Ressort kombiniert, geführt von einer Landesrätin, die Ihrer Fraktion angehört. In Tirol sind Umwelt und Verkehr kombiniert, in einem Ressort, das zu Ihrer  (Bundesrätin Mag. Schreyer: Mobilität!) Nein, „Verkehr“ heißt es! Zumindest auf der Homepage steht ausdrücklich „Verkehr“.

Warum also Umwelt und Verkehr besser kombinierbar sein sollen oder warum Wissen­schaft und Migration und Sport besser kombinierbar sein sollen als Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, oder auch Umwelt und Landwirtschaft, warum Umwelt und Baurecht besser kombinierbar sein sollen als Umwelt und Landwirtschaft, kann ich jetzt vordergründig zumindest nicht erkennen. Ich glaube, es hängt immer auch von den Personen ab, die dann letztendlich diese Ressorts innehaben.

Und würde man davon ausgehen, dass es immer nur sozusagen monothematische Ressorts geben dürfte, dann hätten wir eigentlich nur ein Finanzressort, ein Gesund­heitsressort, ein Ressort Inneres und ein Justizressort, denn in allen anderen Be­reichen haben wir natürlich mehrere Themen kombiniert. Bei mir zum Beispiel sind Verfassung, öffentlicher Dienst und, wenn das hier beschlossen wird, Kunst und Kultur kombiniert. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsiitz.)

Eine Anmerkung noch zu den Ausführungen des Herrn Bundesrates Herbert: Also, Frauen als „Spielwiese“ zu bezeichnen, halte ich für extrem respektlos. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Und dass Bundesministerin Heinisch-Hosek, die bisher auch schon für Frauen zustän­dig gewesen ist, eine entsprechende Kompetenz bewiesen hat, muss ich, glaube ich, nicht länger ausführen. Und ich muss auch nicht den Vergleich ziehen zu einem früheren Minister aus Ihrer Partei, der auch für diesen Bereich zuständig war – Sie wissen, wen ich meine. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Noch ein abschließender Punkt, sozusagen auch eine Richtigstellung aus meiner Sicht: Herr Bundesrat Krusche hat gesagt, die Anzahl der Minister und Staatssekretäre sei gleich geblieben. Also für mich sind 16 und 18 nicht identisch, und für mich sind zwei und vier auch nicht identisch. Da wir von 18 auf 16 reduziert haben oder, was die Staatssekretariate betrifft, von vier auf zwei reduziert haben, führt die eingangs von


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Ihnen gemachte Feststellung, dass die Anzahl gleich geblieben ist, dazu, dass auch meine Glaubwürdigkeit im Hinblick auf die restlichen Aussagen deutlich gesunken ist. Ich bitte dafür um Verständnis. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

14.58


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Brückl. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.58.58

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Jachs, du hast uns eine Statistik präsentiert, ich kann dir auch eine präsentieren: In Oberösterreich werden 21 Polizeiposten geschlossen, zehn dieser Posten befinden sich in Gemeinden mit ÖVP-Bürgermeistern, neun in solchen mit SPÖ-Bürgermeistern, einer in einer Gemeinde mit einem freiheitlichen Bürgermeister und einer in einer Gemeinde mit einem BZÖ-Bürgermeister – das aber, und das weißt du auch, in einem Bundesland, in dem mehr als zwei Drittel der Bürgermeister die ÖVP stellt. Das musst du nämlich vor den Menschen draußen dann auch einmal rechtfertigen! Und die Menschen sagen uns auch tagtäglich, schon jetzt, diese Woche, was sich da abspielt. Das ist keine Reform, das sind parteipolitisch motivierte Einsparungen! (Bundesrat Mag. Jachs: Von parteipolitisch kann keine Rede sein!)

Die Frage, die sich stellt, ist: Was ist mir Sicherheit wert? – Das müsste sich die ÖVP fragen. Aber offensichtlich ist der ÖVP die Sicherheit nichts wert, denn wenn es um Einsparungen geht, dann frage ich euch: Warum reden wir nicht über Einsparungen im Verwaltungsbereich, wovon der ländliche Raum nicht betroffen ist? Warum reden wir nicht über Bezirkshauptmannschaften, wo man Abteilungen, wo man ganze Bezirks­haupt­mannschaften zusammenlegen könnte? (Zwischenrufe der Bundesräte Mag. Jachs und Tiefnig.) Brauchen wir 18 Bezirkshauptleute? Brauchen wir den Landesschulrat? Über all das können wir reden. Zuerst reden wir darüber, und dann reden wir über die Sicherheit. Euch als ÖVP ist die Sicherheit nichts wert. (Beifall bei der FPÖ.)

Lieber Kollege Jachs, du hast die Hypo Alpe-Adria angesprochen; ich frage dich: Warum verhindert die ÖVP seit Monaten, seit Jahren beinahe schon, dass hier ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird? Warum verhindert die ÖVP das? Offen­sicht­lich steckt da mehr dahinter als das, was ihr euch hier immer vorzutragen erlaubt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Das Beispiel Niederbayern – dies sei zum Abschluss noch gesagt – ist ein schlecht gewähltes Beispiel. Da hat man diese Strukturreformen bereits vor Jahren gemacht, das wissen wir, und es zeigt sich in der Wirklichkeit, im realen Leben, dass das nicht funktioniert. Da ruft die Polizeiinspektion Straubing den Posten Schärding an und fragt, wo in Passau denn das Stoanerne Bankerl ist. – Die kennen sich nicht aus in der Gegend, die wissen nicht, wo sie hin müssen, wenn der Anrufer sagt, ich bin da oder da. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Der Kontakt zum Bürger fehlt. Ein schlechtes Beispiel ist Niederbayern, da kannst du mit den Kollegen reden, sowohl am Posten Schärding als auch im bayerischen Raum: Das ist ein schlechtes Beispiel.

Zum Abschluss noch einmal: Der ÖVP ist ganz offensichtlich in dieser Debatte die Sicherheit nichts wert. (Beifall bei der FPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 38

15.01


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ein weiteres Mal hat sich Herr Bundesrat Herbert zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.01.48

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte es kurz machen, weil offensichtlich ein Teil meiner Rede beim Herrn Bundesminister falsch angekommen ist: Es war nicht die Intention, die Frauen als Spielwiese zu bezeichnen, und ich habe es auch nicht so gesagt (Ruf bei der SPÖ: Oh ja!), sondern es war meine Feststellung, dass das Ressort im Sinne der Verwaltungsaufgaben und des Verwaltungsbereiches von der Frau Bundesminister Heinisch-Hosek in dieser Art und Weise mitgenommen wurde in ihr neues Ressort. (Bundesrätin Posch-Gruska: Frauenagenden als Spielwiese !)

Ich wollte in keiner Weise die Frauen in irgendeiner Form abqualifizieren. Das hier festzustellen, ist mir wichtig. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

15.02


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Herbert, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend die rot-schwarzen Schließungen von Polizei­dienst­stellen vor.

Hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte in diesem Zusammenhang um deutliche Äußerungen.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alpha­beti­scher Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Blatnik geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 39

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung und bitte alle, im Saal zu bleiben; die Sitzung wird gleich wieder aufgenommen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 15.07 Uhr unterbrochen und um 15.13 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 53 abgege­benen Stimmen 41 „Nein“- und 12 „Ja“-Stimmen.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist damit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesräte:

Blatnik, Brückl;

Dönmez, Dörfler;

Herbert;

Jenewein;

Krusche;

Mühlwerth;

Novak;

Pisec;

Schmittner, Schreuder.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesräte:

Beer, Bierbauer-Hartinger, Bock, Brunner;

Ebner Adelheid, Ebner Bernhard;

Fetik, Füller, Fürlinger;

Gödl, Grimling;

Himmer;

Jachs, Junker;

Kneifel, Köberl Johanna, Kurz;

Ledl-Rossmann, Lindinger;

Mayer;

Oberlehner;

Perhab, Pfister, Poglitsch, Posch-Gruska, Preineder, Pum;

Reisinger, Reiter;

Saller, Schödinger, Schreyer, Stöckl;

Taucher, Temmel, Tiefnig, Todt;


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 40

Wilhelm, Winkler;

Zelina, Zwazl.

*****

15.13.392. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz geändert werden (98/A und 17 d.B. sowie 9132/BR d.B. und 9136/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forst­wirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (18 d.B. sowie 9137/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu diesen Punkten ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. Ich bitte um die Berichterstattung.

 


15.14.14

Berichterstatter Dr. Magnus Brunner, LL.M: Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus zu dem vom Herrn Vorsitzenden angeführten Bundesgesetz.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 31. Jänner 2014 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Auch der zweite Bericht, der vom Herrn Vorsitzenden angesprochen wurde, über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landes­vertrags­lehrpersonengesetz und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertrags­lehr­personengesetz geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Auch diesbezüglich stellt der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus nach Beratung der Vorlage am 31. Jänner 2014 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.

 


15.15.13

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden diesem Gehaltsgesetz wie auch dem vorliegenden Gehaltsabschluss unsere Zustimmung nicht geben. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Wir sehen da eine Fortführung des bereits in


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den vergangenen Jahren beschrittenen Weges, nämlich den öffentlichen Dienst sei­tens der Bundesregierung ein Jahr mehr mit einem Reallohnverlust zu bedenken.

Ich darf vorweg an Folgendes erinnern: Es gab in den letzten fünf Jahren – mindestens fünf Jahren; wenn ich die Zeitabstände noch weiter fortsetze, mit ein paar Unter­brechungen sogar noch länger – kaum einen Gehaltsabschluss, der über der Inflations­rate lag.

Wenn ich hier lese, dass das durchschnittliche Gehaltsplus 1,8 Prozent ausmacht, dann muss ich feststellen – im Dezember 2013 lag die Inflationsrate bei 1,9 Prozent, Tendenz steigend –, dass wir für die Bediensteten im öffentlichen Dienst hier einmal mehr einen Abschluss unter der Inflationsrate vorliegen haben.

Jetzt kann man sagen: Na gut, wir haben es ja auch hier mit einer neuen Lage zu tun, denn der Gehaltsabschluss ist ja nicht übers Jahr gerechnet, sondern vom März 2014 bis Februar 2015, und man hat wohl die Zeit gebraucht, um zu verhandeln. Wenn ich das aber auf das Jahr herunterbreche, dann ergibt sich nicht nur ein Gehaltsabschluss unter der Inflationsrate von 1,88 Prozent im Durchschnitt, sondern in manchen Berufs­gruppen sogar ein noch geringerer Wert, nämlich beispielsweise bei der Exekutive 1,56 Prozent. Und das, meine Damen und Herren, geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen, ist wahrlich nicht die Art und Weise, wie man mit dem öffentlichen Dienst um­gehen sollte!

Wir alle wissen, dass die wirtschaftliche Lage in Österreich (Ruf bei der ÖVP:  Hypo!) alle gleich trifft und natürlich auch die Verwaltungsbediensteten und Bundesbeamten. Nur deshalb, weil die Bundesregierung in den letzten Jahren schlecht gewirtschaftet hat und weil man Defizite aufgebaut hat, schlussendlich als Quintessenz zu sagen: Meine lieben Angestellten, wir haben leider nicht genug Geld, dass wir euch einen gerechten, einen fairen, einen guten Lohnabschluss geben können (Zwischenruf des Bundesrates Perhab), seid froh, dass ihr überhaupt einen vermeintlich gesicherten Job habt!, das ist, so denke ich, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen keine faire, keine sozial gerechte und auch keine bezugs-/gehaltsrechtlich vertretbare Position.

Ich gebe schon eines zu bedenken: Gerade diese öffentlich Bediensteten – alle Ver­trags­bediensteten, alle Beamten – haben selbst ein soziales Umfeld, haben selbst Familien, auch Kinder, auch ihre sozialen Bedürfnisse, die sie täglich befriedigen müs­sen, und es ist eigentlich nicht einzusehen, warum man – und jetzt komme ich zu einem Punkt, der da auch wesentlich mit einfließt – im Vergleich zu der Privatwirtschaft jedenfalls seit Jahren immer schlechter abschneidet.

Man könnte ja das Argument noch akzeptieren – wenn wir schon die wirtschaftlichen Bedingungen heranziehen –: Die Wirtschaft in Österreich gilt für alle, da schließt sich die öffentliche Hand auch an, und daher nehmen wir jenen Ansatz, der auch in der Privatwirtschaft gilt. – Darüber könnte man ja noch diskutieren. Wenn man aber in der Privatwirtschaft um fast ein dreiviertel bis ein Prozent höher abschließt und im öffent­lichen Dienst genau unter diesem Aspekt niedriger (Bundesrat Todt: In der Privat­wirtschaft gibt es keine Biennien!), dann, würde ich sagen, hat die Bundesregierung in ihrer Verantwortung für ihre Mitarbeiter versagt – aber noch viel mehr die Gewerkschaft öffentlicher Dienst, die sich da einmal mehr über den Tisch hat ziehen lassen.

Wenn ich mir das mit den jährlichen Abschlägen so anschaue  bleiben wir bei der Exekutive mit 1,56 Prozent für heuer! , unter Berücksichtigung, dass die ersten zwei Monate ja nicht bei dieser „Lohnerhöhung“  unter Anführungszeichen  inkludiert sind, dann frage ich mich schon, warum die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst nicht schon im Dezember abgeschlossen hat, denn da war das Angebot der Bundesregierung noch bei 1,7 Prozent, also das wäre ja eigentlich noch der bessere Weg gewesen.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 42

So gesehen – das möchte ich an dieser Stelle auch nicht verhehlen – darf man sich nicht wundern, wenn man im Bereich der Bediensteten des öffentlichen Dienstes sagt: Ich vermute, da gab es Scheinverhandlungen. Hier wurden die Verhandlungen be­wusst in die Länge gezogen, um einfach ein Showprogramm für die Vertragsbediens­teten und Beamten zu machen, um sowohl für die Bundesregierung als auch für die Gewerkschaft ein gutes und nach außen hin scheinbar vertretbares Ergebnis zu präsentieren  von den 40 000 protestierenden öffentlich Bediensteten, die zu diesem Zweck offensichtlich, oder wie man so hört ansichtsweise, missbraucht wurden, ganz zu schweigen. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Das ist alles in allem ein Bild, das für die öffentlich Bediensteten, für die Verwal­tungs­bediensteten wie auch für die Beamten, höchst unbefriedigend ist, ein weiteres verlorenes Jahr in der Gehaltsentwicklung und einmal mehr eine Enttäuschung, sowohl vonseiten der GÖD als auch von der Bundesregierung, die ihnen hier aufgebürdet wird.

Ich kann nur sagen: Wir geben uns damit nicht zufrieden, auch wenn man sagt, besser ein kleiner Abschluss als gar kein Abschluss  aber so weit will ich ja gar nicht denken. Ich glaube, auch der Herr Bundesminister würde wahrscheinlich nicht so weit gehen, zu sagen, unsere Bundesbediensteten bekommen gar nichts, also das wäre ja wahr­scheinlich nicht der Ansatz  (Bundesminister Dr. Ostermayer: Aber Sie offenbar!) – Na, ich nicht. (Bundesminister Dr. Ostermayer: Wenn Sie nicht zustimmen !)

Nein, nein, nein, also das ist ja fast eine unredliche Ansage, nach dem Motto: Nimm die kleine Gabe in der Hand, denn sonst kriegst du gar nichts! – Also das kann es ja auch nicht sein! Also wenn das die Botschaft an die Beamten, an die Verwaltungs­bediensteten, an unsere öffentlich Bediensteten generell ist, na dann wundert es mich nicht, dass die das Vertrauen nicht nur in ihre ministeriellen Vorgesetzten, sondern auch in diese Bundesregierung in politischer Hinsicht verlieren. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Sinne wünsche ich mir, dass es zumindest für nächstes Jahr eine bessere Ausgangslage, ein besseres Ergebnis gibt, denn unsere Beamten und Verwaltungs­bediensteten haben sich diese Art, wie man mit ihnen umgeht, argumentativ wie auch bei den Gehaltsabschlüssen, wahrlich nicht verdient. Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

15.22


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Wilhelm. – Bitte.

 


15.23.08

Bundesrat Richard Wilhelm (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und werte Kollegen! Also mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach stimmte der Verfassungs­aus­schuss dem zwischen Gewerkschaft und Regierung vereinbarten Gehaltsabschluss für die Jahre 2014 und 2015 für den öffentlichen Dienst zu.

Natürlich waren es schwierige Verhandlungen. Ich glaube das. Auf der einen Seite muss man die Mitarbeiter zufriedenstellen und den verdienten Mitarbeitern etwas zukommen lassen, auf der anderen Seite aber sollte das Budget nicht überspannt werden, und damit ist der Spagat wahrscheinlich nicht so einfach gewesen. Aber ich denke, mit diesem Abschluss können wirklich beide Seiten leben.

Für Vizekanzler und Finanzminister Spindelegger sowie für unseren Minister wird durch diesen Beamtenabschluss das Budget also nicht gefährdet. Meiner Meinung als Gewerkschafter nach ist es natürlich so, dass ich die Beamtenproteste als gerecht­fertigt empfunden habe. Ich finde, dass der Druck auch richtig war, damit dort ein bisschen etwas passiert ist, aber die Gewerkschaft ist auch so weit, dass sie keine


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 43

Illusionisten sind, und sie wissen sehr wohl, wie weit sie gehen können und wie weit etwas tragbar ist und was nicht tragbar ist.

Was ich natürlich ebenfalls als sehr positiv empfunden habe, war, dass bei der heu­rigen Gehaltsrunde der Vorsitzende der Gemeindebediensteten Christian Meidlinger auch am Verhandlungstisch saß, damit auch eine möglichst einheitliche Anhebung für die Landes- und Gemeindebediensteten erzielt werden konnte. Gemeinsam mit den Bundesbediensteten ging es jetzt um Bezüge für zirka 340 000 Beschäftigte, im Durchschnitt war der Gehaltsabschluss 1,88, und die Zulagen wurden ebenfalls um 2,2 Prozent erhöht.

Wichtig war in der angespannten Situation, dass man den Weg gegangen ist, die niedrigen Einkommen ein bisschen mehr zu erhöhen und die hohen Einkommen ein bisschen weniger. Der Abschluss ist für die Kaufkraft natürlich wichtig, und ein bisschen mehr kann es natürlich immer sein!  Danke. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

15.25


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Mayer. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.25.20

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes-Burgenland-Minister – wunderbare Bezeichnung, freut mich sehr! Zum Gehaltsgesetz: Eingangs möchte ich mich bei den Bediensteten im Hohen Haus, aber auch bei vielen Kolleginnen und Kollegen im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden für ihre hervorragende Dienstleistung herzlich bedanken, und ich denke, unsere Leute, die für uns tätig sind, haben sich hier auch einen gemeinsamen Applaus verdient.  Vielen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Kollege Herbert hat leider den Saal verlassen (Zwischenrufe bei der FPÖ) oder ist aufgerückt auf den Sessel der Frau Fraktionsvorsitzenden. Herr Kollege Herbert, so wie ich das begonnen habe, beginnt eine gute Rede  beispielhaft für Sie jetzt, für das nächste Mal, dass man das auch so machen kann. (Ruf bei der FPÖ: Aber Eigenlob stinkt schon ein bisschen!)

Den Gehaltsverhandlungen ging wirklich ein Marathon an Besprechungen voraus, und die öffentlich Bediensteten haben sich – da gebe ich dir recht, lieber Kollege Herbert – auch in einer entsprechenden Demonstration geäußert und auch ihren Unmut kund­getan. Aber dass man jetzt gleich von Missbrauch und von Täuschung spricht und sagt, die Verhandlungen seien bewusst hinausgeschoben und verzögert worden, ist zurückzuweisen, denn das entspricht einfach nicht den Tatsachen, Herr Kollege. Das ist an den Haaren herbeigezogen, so sollte man einfach nicht argumentieren. Das in aller Deutlichkeit! (Bundesrat Herbert: Dann müssen Sie das den Kollegen sagen!)

Der Abschluss ist deshalb klarerweise auch ein Kompromiss, aber man sollte ihn auch nicht dermaßen schlechtreden, weil er in guter sozialpartnerschaftlicher Manier aus­verhandelt wurde. Der Weg, wie es dazu gekommen ist, war steinig, klar, aber man kann natürlich bei derartigen Geschichten auch immer ein Haar in der Suppe finden, und die Opposition findet ja gerne viele Haare in jeder Suppe, die dann nicht mehr genießbar ist.

Im Dezember  um jetzt noch einmal zurückzukommen auf den Vorwurf, man habe die Verhandlungen verzögert  waren die Verhandlungen noch bei 1,7 Prozent (Bundesrat Herbert: Genau!) für alle  1,7 Prozent, bitte! , und jetzt sind wir im Schnitt bei 1,88  nicht bei 1,8, man darf die zweite Kommastelle nicht vergessen und man darf sie auch


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 44

nicht kleinreden! –, dauerhaft, schemawirksam. Und das ist schon ein wichtiger Punkt, Herr Kollege! (Bundesrat Herbert: Und zwei Monate !)

Wichtig ist bei der Staffelung auch, dass auch die Niedriglohnbezieher, wie man sie nennt, bis zu 2,53 Prozent mehr bekommen, und das kommt diesen dann auch wirklich zugute, denn die niedrigsten Einstiegsgehälter sind in etwa dann auch bei 1 500 €, so wie die Arbeiterkammern immer diesen Mindestlohn fordern. Da wird also wirklich deut­lich angehoben, und diese Kolleginnen und Kollegen haben sich das auch verdient, Herr Kollege. Das ist ganz entscheidend!

Auch bei den hohen und höchsten Gehältern gibt es noch eine Anpassung, 1,55 Pro­zent  ja, auch die Leute in den Kabinetten sollten eine entsprechende Lohnentwick­lung haben, weil sie sehr viel, wenn wir das Beispiel Hohes Haus hernehmen, auch für uns tätig sind. Und auch da sollten wir schauen, dass in etwa die Kaufkraft erhalten bleibt. Für 2015 haben wir vereinbart, dass es zumindest die Inflationsrate gibt, plus 0,1 Prozent, und das ist dann eben auch ein Reallohnzuwachs, Herr Kollege, das ist schon nicht schlecht.

Wer sagt, es waren schwierige Verhandlungen, hat recht, das kann man wirklich in aller Form betonen. Ich möchte aber trotzdem hier unseren Minister Ostermayer und auch Staatssekretär Danninger entsprechend hervorheben und auch das Verhand-lungs­ergebnis loben, denn zusammen mit der GÖD und der Gewerkschaft der Ge­mein­debediensteten ist für mich ein tragbarer Kompromiss herausgekommen. Dafür einen herzlichen Dank.

Zu den Kosten, Herr Kollege: 227 Millionen € kostet dieser Lohnabschluss. Klar können wir den Beamten 5 Prozent geben, ja, das hätten sie sich verdient, aber das Ganze muss man natürlich auch finanzieren, denn wir sind immer noch dabei, unsere große Wirtschaftskrise aufzuarbeiten. Und wenn wir die Budgetziele nicht erreichen, dann sind die Freiheitlichen die Ersten, die Verschwendungssucht schreien, von Budgetlöchern reden und Schreckensszenarien malen bis zum Untergang der Re­publik. Aber Finanzierungsvorschläge eurerseits habe ich bis heute noch nicht zu Gesicht bekommen und schon gar nichts davon gehört. Das ist leider eure Proble­matik, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ. Bundesrat Jenewein: Vom Budgetloch hat die Frau Finanzministerin gesprochen!)

Insgesamt ist es ein passables Ergebnis. Wir haben jetzt einen Finanzminister und nicht eine Finanzministerin, Herr Kollege. (Bundesrat Jenewein: Aber sie hat vom Budgetloch gesprochen!) Ihr habt das aufgegriffen. Das Budgetloch habt ihr erfunden. (Bundesrat Herbert: Das stimmt nicht! Das war die Frau Finanzministerin Fekter!) Das ist eine Erfindung der Opposition, denn tatsächlich haben wir für 2013 unser Budget ausfinanziert. Es ist im Rahmen, und dieses Budgetloch war eine Erfindung der Opposition. Genauso schaut es aus! (Rufe bei der FPÖ: Das ist nicht wahr!)

Insgesamt ist es ein tragbarer Kompromiss, dem wir sehr gerne zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.30


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Dr. Reiter. – Bitte.

 


15.31.00

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Ich glaube, es war ein schwie­riger Kompromiss, der aber doch beide Seiten das Gesicht wahren ließ und es möglich machte, dieses Ergebnis zu beschließen, wo die Regierung mehr zahlt als vorgesehen, aber das doch besser auf zwei Jahre aufteilen kann. Trotz der massiven Streikdrohun­gen, die wir ja gerade bei der letzten Sitzung hautnah auch vonseiten der Bundes-


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länder hier vor dem Hohen Haus erlebt haben, hat man doch eingesehen, dass offensichtlich nicht mehr drinnen war.

Ich glaube, dieser Kompromiss hat gute Seiten, zum Beispiel was eben die höhere Anhebung der Ansätze bei den niedrigen Gehaltsstufen im Vergleich zu den hohen Gehaltsstufen betrifft. Ich denke, das ist ein wichtiges Zeichen für den öffentlichen Dienst, ja generell. Allerdings hat der ganze Kompromiss nicht wirklich eine strukturelle Wirkung. Es wird aber notwendig sein, zu einer grundsätzlicheren Neuregelung des Dienstrechtes zu kommen: mit höheren Einstiegsgehältern, mit einer flacheren Verdienstkurve. Das braucht eben auch die Zusammenarbeit mit den Ländern, um eine einheitlichere Regelung zu erreichen, auch über die Länder, über die Magistrate und so weiter hinweg.

Es wird eben auch notwendig sein, die Aufgaben des öffentlichen Dienstes genau zu durchleuchten. Es war auch das Bestreben der grünen Fraktion, bei der Verhandlung dieses Gesetzes noch einmal für ein modernes LehrerInnen-Dienst- und Besoldungs­recht zu kämpfen, wo man sich mit den Gewerkschaften doch massiv angelegt hat. Es ist aber leider nicht gelungen, diese unselige Stundendiskussion dorthin zu bringen, dass man über Jahresarbeitszeiten bei den LehrerInnen spricht und so zu einem sehr viel moderneren Dienst- und Besoldungsrecht in diesem Bereich kommt oder es diese Möglichkeit gäbe. Also es gibt auch durchaus, bei aller Kritik vonseiten der Opposition, sehr konkrete Vorschläge, die von der Opposition kommen und die wir versuchen, auch hier einzubringen.

Wir hoffen, dass es gelingt, den öffentlichen Dienst attraktiv zu halten und auch weiter zu ermöglichen, dass auch junge Mitarbeiter eingestellt werden, dass also auch dafür Mittel frei werden, um eine Vergreisung des öffentlichen Dienstes hintanzuhalten. Wir denken, dass es durchaus wichtig ist, den öffentlichen Dienst attraktiv zu halten. Das ist eben nicht nur eine Sache der Gehaltsabschlüsse, aber sicherlich auch, denn das Land braucht einen effektiven, einsatzfreudigen öffentlichen Dienst. Es wird gute Arbeit geleistet in vielen Bereichen, in den meisten Bereichen, und das soll sich natürlich auch in einer entsprechenden Entlohnung ausdrücken.

Also es muss gelingen, die besten Köpfe für Ärzte, für den öffentlichen Dienst und so weiter zu gewinnen, um dieses Land auch im besten Sinne fortzuentwickeln. Wir werden diesem Kompromiss zustimmen. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Todt.)

15.35


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Grimling. – Bitte.

 


15.35.21

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich möchte zwei Seiten ansprechen: die sachliche und die persönliche. Die vorliegenden Gesetzentwürfe regeln den zwischen der Bundesregierung und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, gemeint GÖD und Gemeindebedienstete, für die Jahre 2014 und 2015 vereinbarten Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst.

Demnach werden die Gehälter der BeamtInnen und Vertragsbediensteten des Bundes einschließlich der Landeslehrer ab 1. März 2014 um 1,4 Prozent plus einem Fixbetrag von 14,5 € angehoben. Das entspricht einer Gehaltserhöhung zwischen 1,55 Prozent für die höchsten und 2,41 Prozent für die niedrigsten Einkommen. Ab März 2015 wer­den sie um die Inflationsrate plus einem Aufschlag von 0,1 Prozent erhöht. Für die


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Inflationsberechnung gilt der Zeitraum zwischen Oktober 2013 und September 2014. Gut, das haben wir jetzt schon sehr oft gehört.

Ich erlaube mir jetzt hierzu ein paar persönliche Anmerkungen: Ich bin in meinem Lebensberuf selbst Bundesbeamtin und seit Jahrzehnten, glaube ich, engagierte Personalvertreterin und Gewerkschafterin. Ich kenne daher die Probleme und die Veränderungen dieses Berufszweiges. Der Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichert die Kontinuität der Bundesverwaltung und auch der Gemeindever­waltung, trotz der ständigen Mehrbelastungen durch Personalabbau, Nicht-Nachbe­setzungen von frei werdenden Planstellen, Aufnahmestopp und völlige Zurücknahme – was vielleicht ein bisschen übertrieben ist, aber ich glaube es – des öffentlich-rechtlichen zugunsten des privatrechtlichen Dienstverhältnisses.

Wer daher heutzutage noch von den sogenannten Privilegien, wie ich das heute schon gehört habe, des Beamtenstandes spricht, hat den Zug der Zeit verpasst. Dass bei der Entwicklung der Gehaltsstruktur in den letzten Jahren die Tendenz zu einer bevor­zugten Anhebung niedriger Gehaltsstufen besteht, spricht für die Solidarität mit jenen Bedienstetengruppen, deren Dienste unerlässlich sind, die aber nur gering entlohnt wurden.

Es darf aber auch nicht übersehen werden, dass in den höheren und höchsten Funk­tionen mit entsprechenden Aufgaben und Verantwortungsbereichen Fachleute tätig sind, deren Einkommen gegenüber vergleichbaren privatwirtschaftlich geführten Ein­rich­tungen – und dazu gehören auch die zahlreichen Ausgliederungen von früheren Kernbereichen der Bundesverwaltung – immer mehr zurückbleiben. Bei den vorliegen­den Gesetzentwürfen handelt es sich um eine Maßnahme zugunsten der öffentlich Bediensteten. Meine Fraktion wird den vorliegenden Gesetzentwürfen die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

15.39


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Saller. – Bitte.

 


15.39.08

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mit einem Dank an den Bundesminister Ostermayer und den Staatssekretär Danninger dafür beginnen, dass es gelungen ist und dass sie es geschafft haben, diese Einigung herbeizuführen. Das war alles andere als leicht. Es hat wahrscheinlich für viele zu lange gedauert, aber man könnte vielleicht ein altes Sprichwort sozusagen hervorzaubern: Gut Ding braucht Weile!, könnte man auch sagen. Das ist also sehr positiv zu bewerten.

Ähnlich wie im Pensionsbereich, wo der Fokus auf jene gerichtet wird, die niedrigere Pensionen haben, ist es auch hier in einer gewissen Weise geschehen. Es ist ein lang gehegter Wunsch vieler in den öffentlichen Dienst neu Eintretender, dort mit höheren Gehältern zu beginnen, und ähnlich wie im Pensionsbereich ist es auch hier ge­schehen. Ich glaube, die Tatsache, dass man das besondere Augenmerk darauf gerichtet hat, ist besonders hervorzuheben.

Wichtig ist, glaube ich, dass bei diesem Thema die Sachlichkeit im Vordergrund steht – und nicht Privilegien oder sonstige Dinge. Wir haben gute Beamte, wir haben einen guten öffentlichen Dienst; und der muss interessant bleiben für die Leute und nicht als eine lästige Pflicht gesehen werden, wo man Zeit verbringen kann. Dazu ist besonders die Motivation wichtig. Motivation muss an erster Stelle stehen. Es ist ganz egal, ob das Lehrer, Polizei, Finanz, Kindergärtnerinnen, Ärzte, Krankenschwestern betrifft – die Liste im öffentlichen Dienst ließe sich fortsetzen –, da muss man einen


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wichtigen Beitrag leisten, indem man die Motivation an erste Stelle setzt. Nur so kann man auch den Erfolg im öffentlichen Dienst sichern.

Ebenso wichtig ist in vielen Bereichen auch die Autonomie. Im Bildungsbereich ist es wichtig, dass es dort keinen Stillstand gibt; es muss die Weiterentwicklung gewähr­leistet sein. Wenn ich an die Schule denke, wo ich Direktor war, so kann ich sagen, es sind dort 1985 die Leistungsgruppen gekommen, und bereits 1989 sind die ersten Schwerpunkte gesetzt worden: Sport, in weiterer Folge beziehungsweise in den Folge­jahren Informatik, verschiedene andere Angebote, Berufsorientierungen, ECO-Klassen. Es ist also immer Bewegung im Bildungsbereich, und das ist, glaube ich, auch sehr, sehr wichtig, dass man nämlich bestimmte autonome Möglichkeiten intern offen lässt.

Ich stelle abschließend fest – alles andere ist bereits gesagt worden –, dass hier wirk­lich eine positive Bewertung dieses vorliegenden Gesetzes anzumerken und festzu­stellen ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.42


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Ostermayer. – Bitte, Herr Minister.

 


15.42.26

Bundesminister im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für all jene, die gelobt haben. Ich möchte den Dank auch weitergeben: Die ersten Verhandlungsrunden hat meine Vorgängerin, Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek, geführt. Und als es dann sozusagen in die Endphase gegangen ist, also ungefähr die letzten 25 Stunden, hat Herr Staatssekretär Danninger an meiner Seite mitverhandelt, wofür ich ihm ganz besonders danke.

Ich möchte aber auch allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einerseits in meinem Kabinett, im Kabinett des Herrn Staatssekretärs Danninger, aber auch den Kolleginnen und Kollegen in der Sektion III und im Finanzministerium danken, die immer an unserer Seite waren und immer, wenn neue Ideen, neue Verteilungsmodelle diskutiert wurden, dies auch sofort durchgeführt haben.

Ein Kollege sitzt ja hier im Raum und hört unser Diskussion zu. Er könnte genauso wie meine Kollegin bestätigen, dass da nicht „Show“-Verhandlungen, wie das Bundesrat Herbert gesagt hat, stattgefunden haben, sondern, wie es eben bei sozialpartner­schaftlichen Tarifverhandlungen der Fall ist, sehr zäh, sehr intensiv, durchaus auch kräfteraubend verhandelt wurde. Ich glaube, die letzte Runde hat von 17.30 Uhr bis 2.00 Uhr in der Früh gedauert. Man setzt sich da nicht hin, um eine Show abzuziehen, sondern um zu einem konsensualen – Abgeordneter Mayer hat gesagt, „in guter sozialpartnerschaftlicher Manier“ – Ergebnis in sozialpartnerschaftlicher Manier zu kommen.

Wir haben natürlich versucht, die verschiedensten Aspekte unter einen Hut zu bringen, wie es so schön heißt; also einerseits natürlich zu schauen, dass wir mit dem Budget zurande kommen. Wenn das nicht der Fall ist, muss man sich ja immer überlegen: Wie finanziert man die Differenz? Da gibt es dann an einem Tag die Kritik, dass man höhere Abschlüsse hätte erzielen sollen; am nächsten Tag wird von der FPÖ kritisiert, wenn das Budget nicht eingehalten wird; und am dritten Tag wird eine Verwal­tungsreform verlangt, mit der man Milliarden einsparen kann. Dabei weiß jeder: Milliar­den einsparen geht nur, indem man entweder weniger öffentlich Bedienstete hat oder die öffentlich Bediensteten weniger verdienen.

Unser Ziel war es, ein Ergebnis zu erzielen, das einerseits eine entsprechende Wert­schätzung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darstellt – inklusive der Landes- und Gemeindebediensteten sind es 460 000 Menschen, die von diesem Gehaltsab-


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schluss profitieren –, mit dem wir auf der anderen Seite aber auch unsere Ziele, was den Staatshaushalt anlangt, einhalten können.

Wir haben daher gesagt, wir wollen um durchschnittlich 1,88 Prozent von März 2014 bis inklusive Februar 2015 anheben. Man könnte jetzt lange diskutieren: Sind 1,7 Pro­zent besser oder 1,88 Prozent? Langfristig gesehen sind natürlich – ich glaube, da brauchen wir nicht lange herumzureden – 1,88 Prozent besser, weil so das Niveau auch für die nächsten Gehaltsabschlüsse entsprechend angehoben wird. Wir haben, das wurde schon gesagt, eine Verteilung gefunden, bei der die niedrigen Einkommen eine entsprechend höhere Anhebung haben, also 2,41 Prozent, und die höchsten Einkommen, jene der Sektionschefs, 1,55 Prozent.

Wir haben auch geschaut, dass die Medianeinkommen, die durchschnittlichen Einkom­men, über 2 Prozent liegen, und wir haben festgelegt, dass auch die Zulagen um 2,02 Prozent angehoben werden. Für das Jahr 2015 haben wir vorgesehen, dass wir von März 2015 bis Ende 2015 um die Inflationsrate, plus 0,1 Prozent, anheben. Basis für diese Inflationsberechnung sind das letzte Quartal 2013 und die drei ersten Quartale 2014.

Noch eine Anmerkung zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Herbert: Die Inflation betrug im Oktober 1,5 Prozent, im November 1,5 Prozent und im Dezember 1,9 Prozent. Also wenn man da den Durchschnitt rechnet, sind wir ungefähr bei 1,6 Prozent. Die Tendenz bei der Inflation ist jedenfalls nach den Prognosen der Wirt­schaftsforscher ausgehend von 1,9 Prozent nicht steigend, sondern sinkend; denn die Prognose vom WIFO für das Jahr 2014 ist 1,7 Prozent, und das ist bekanntlich weniger als 1,9 Prozent. Also wenn die Prognose von 1,7 Prozent hält, dann legen wir dort jedenfalls 0,1 Prozent drauf.

Wir haben noch ein Ziel verfolgt, nämlich wiederum möglichst Homogenität zwischen Bundesbediensteten, Landesbediensteten und Gemeindebediensteten zu erreichen. Das war natürlich nicht durchgängig möglich; denn bevor wir abgeschlossen haben, hat Vorarlberg schon einen Gehaltsabschluss vorgenommen. Aber für die restlichen Bundesländer haben wir es gemacht.

Wir haben auch eine zusätzliche Vereinbarung für die Gemeindebediensteten getrof­fen, nämlich dass die sich dem anschließen, was wir vereinbart haben – der Vertreter der Gemeindebediensteten ist die ganze Zeit mit am Tisch gesessen –, dass aber für die Gemeindebediensteten eine andere Staffelung möglich ist, nämlich eine Anhebung um 2,3 Prozent bis zu ungefähr 2 700 € und dann ein Deckel von ungefähr 62 €.

Insgesamt glaube ich, es war eine sehr intensive Verhandlungssituation – durchaus auch kräfteraubend, das muss ich schon zugeben –, aber am Ende haben wir ein konsensuales Ergebnis erzielt. Ich glaube, das ist ganz besonders erfreulich. Dafür bin ich nicht nur meinen Mitverhandlern, sondern natürlich auch den Vertretern der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten sehr dankbar.

Natürlich gibt es noch viele weitere Punkte, die im Bereich des Dienstrechtes zu ver­handeln sind. Frau Dr. Reiter hat schon das Kippen der Gehaltskurve genannt. Genau das haben wir beim LehrerInnendienstrecht gemacht, nämlich die Gehaltskurve gekippt, die einzelnen Sprünge dazwischen weniger gemacht. Das ist auch ein Ziel, das wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen haben.

Aber ich bitte um Verständnis: Bei Gehaltsverhandlungen auch eine große Dienst­rechts­reform – und das wäre das – mit zu verhandeln, das geht sich beim besten Willen nicht aus. Aber das Ziel ist auch so im Regierungsabkommen definiert, dass wir


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die rechtliche Basis für ein modernes zukünftiges Dienstrecht schaffen wollen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Dr. Reiter.)

15.50


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Jenewein zu Wort gemeldet. Herr Bundesrat, du kennst die ent­sprechenden Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


15.50.28

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine Damen und Herren! Bundesrat Edgar Mayer hat in seinem Redebeitrag behauptet, die Begrifflichkeit Budgetloch sei eine Erfindung der FPÖ gewesen.

Ich berichtige tatsächlich: Tatsächlich hat am 8. November 2013 erstmals der WIFO-Chef Karl Aiginger von einer Lücke im Budget gesprochen und bezog sich dabei auf eine Aussage des Vorarlberger Landeshauptmannes Wallner, wonach bis zum Ende der Legislaturperiode ein Budgetloch in der Größenordnung von 30 Milliarden € bis 40 Milliarden € auf die Republik wartet. – Danke schön.

15.51

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrats erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrats vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrats vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landesvertragslehrer­per­sonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonen­gesetz geändert werden.

Ich ersuche abermals jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustim­men, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu er­heben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.52.094. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesge­setz zur authentischen Interpretation des § 13a Abs. 2 Tabakgesetzes 1995, BGBl. Nr. 431/1995, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2008 (112/A und 19 d.B. sowie 9133/BR d.B. und 9138/BR d.B.)

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. – Bitte um den Bericht.

 


15.52.24

Berichterstatter Josef Saller: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föde-


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ralismus über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz zur authentischen Interpretation des § 13a Abs. 2 Tabakgesetzes 1995, zuletzt geän­dert 2008.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 31. Jänner 2014 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Dr. Reiter. – Bitte.

 


15.53.14

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich hoffe, dass auch die Raucherinnen und Raucher diese Debatte mit Gelassenheit verfolgen können.

Wir halten nämlich dieses Gesetz für einen Affront gegen den Rechtsstaat. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) – Ich suchte eben nach den Worten. Diese authentische Inter­pretation des Gesetzes halten wir für einen Affront gegen den Rechtsstaat, denn hier wird eine oberstgerichtliche Entscheidung torpediert. Fünf Jahre nach Beschluss­fassung der Gastgewerberegelung im Tabakgesetz nimmt jetzt der Gesetzgeber eine authentische Interpretation vor. Diese authentische Interpretation ist entweder unsinnig oder wider den Wortlaut und auch die Intention des Gesetzes.

Da interpretiert jetzt der Verfassungsausschuss ein Gesetz, das im Gesundheits­ausschuss vorberaten wurde und auch eine Gesundheitsmaterie darstellt. Ganz klar ist im Tabakgesetz geregelt, dass das Rauchen in öffentlichen Bereichen verboten sein soll.

Nun ist es schon derzeit so, dass sich offensichtlich 86 Prozent der Gastronomen nicht an die Vorgaben und Auflagen halten. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Es gibt entsprechende Untersuchungen dazu. Nun gibt es einen weiteren Ausnahmetat­bestand und damit vermutlich auch weitere Rechtsunsicherheit und auch weitere Verstöße; und das, obwohl sich zwei Drittel der Österreicher einen absoluten und lückenlosen Nichtraucherschutz in der Gastronomie wünschen. Zwei Drittel der Österreicher wünschen sich das!

Was ich persönlich nicht verstehe: Ich war vor etwa 15 Jahren in Irland. Die haben kein besseres Klima als wir. Über Italien sagt man ja immer, die können gerne draußen rauchen, denen ist das eher möglich. Trotzdem ist es in Irland in der Gastronomie wirklich lückenlos möglich, dass auch in noch so urigen, finsteren Pubs nicht geraucht wird. Bei uns geht es hingegen in vielen Lokalen, ich weiß es auch aus Salzburg, um die Frage, ob die Tür geschlossen ist, ob sie dicht ist, ob man da durch muss, inwieweit doch weite Räume der Gastwirtschaft von Rauch betroffen beziehungsweise durch Rauch kontaminiert sind.

Wir würden ein wirklich generelles Rauchverbot als wichtiges Signal sehen, das das Problem Rauchen und insbesondere Passivrauchen doch massiv bekämpfen würde. Ich bin viel mit Leuten aus den USA unterwegs. Die sind immer wieder darüber entsetzt, in welchem Ausmaß bei uns nach wie vor geraucht wird, nämlich im öffent­lichen Raum, aber auch in Gaststätten.


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Wir sind EU-Schlusslicht bei der Rate der 16-Jährigen, die rauchen. Ein Viertel der 16-Jährigen raucht, insbesondere auch viele Mädchen und Frauen. Es ist einfach Tat­sache, dass die Zahlen sinken, wenn das Rauchen in der Gastronomie wirklich verboten ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nicht nur sind dadurch weniger Menschen als Passivraucher exponiert, sondern es wird auch unterm Strich deutlich weniger geraucht.

Wir glauben, dass das gesundheitspolitisch das wichtigere Zeichen wäre, als das hier so augenzwinkernd und irgendwie wieder authentisch zu interpretieren. Das löst das Problem nicht. Es verschärft das Problem, es verschleppt das Problem, löst es aber in keiner Weise und wird den Anforderungen, die es aus der Gesundheitspolitik dazu gibt, keinesfalls gerecht.

Es ist international in vielen Staaten möglich. Warum es bei uns nicht möglich ist, das erschließt sich uns nicht. Wir lehnen diese Interpretation ab. (Beifall bei den Grünen.)

15.58


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Köberl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.58.43

Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie meine Vorrednerin schon gesagt hat, handelt es sich um eine Klarstellung zum Tabakgesetz. Und diese Klarstellung ist keine gesundheitspolitische Frage, sondern eine Präzisierung des im Jahre 2008 beschlossenen Nichtraucherschutzes.

Im Jahre 2008 hat der Gesetzgeber mit großer Mehrheit dieses Gesetz, wie ich gelesen habe, nach langen kontroversen Diskussionen beschlossen. Wille und Ziel waren es damals, die Gäste eines Lokals vor den Auswirkungen des Passivrauchens zu schützen.

Wenn wir das jetzt präzisieren, denke ich, kann es keine Gesundheitsgefährdung sein, wenn man beim WC-Gehen durch die Raucherzone schreiten muss. Unsere Wirte haben 96 Millionen € in diese Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen investiert. Ich denke, sie würden jetzt bestraft werden, obwohl sie im Vertrauen auf die Rechtslage und im Einklang mit den behördlichen Auflagen diese baulichen Investitio­nen getätigt haben.

Gerade in letzter Zeit habe ich sehr bewusst bei Lokalbesuchen darauf geachtet – und musste feststellen, dass in sehr vielen Lokalen keine Möglichkeit gegeben ist oder nur mit sehr hohem Kostenaufwand, dass man beim Gang zum WC nicht durch den Raucherraum durchgehen muss.

Obwohl ich selber Nichtraucherin bin, nie geraucht habe – und man mir daher nicht vorwerfen kann, dass ich eine Vertreterin der Raucherlobby bin – und auch keine Trafik und kein Gasthaus besitze, bin ich schon der Meinung, dass sich die Menschen auf Gesetze, die wir beschließen, verlassen können müssen. Wir haben auch den Auftrag, darauf zu achten, dass, wenn Gesetze durch andere Interpretationen ins Gegenteil verkehrt werden, diese durch eine authentische Interpretation korrigiert werden. Dies werden wir mit dem heutigen Beschluss tun. Ich sehe auch hierin keine Aufweichung oder einen Rückschritt, wie sehr oft behauptet wird, sondern einfach eine genaue Interpretation. Und diese Möglichkeit steht dem Gesetzgeber zu. (Vizepräsidentin Mag. Kurz übernimmt den Vorsitz.)

Obwohl dieser heutige Beschluss unabhängig von einem Rauchverbot diskutiert wer­den sollte, ist eine Diskussion darüber natürlich jetzt wieder voll entflammt. Liebe


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 52

Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich die Umfragen anschaut – meine Vorrednerin hat es ja gesagt –, dann sieht man, dass 67 Prozent für ein generelles Rauchverbot sind. Ich wundere mich aber, dass, wenn man in die Lokale schaut oder auch bei uns hier im Parlament in die Cafeteria, die Raucherzonen in den Gastbetrieben trotzdem sehr gut gefüllt sind. Daher verstehe ich auch die Gastronomen, wenn sie sich um ihre Gäste sorgen und dadurch auch finanzielle Einbußen befürchten.

Es gibt aber auch immer wieder Wirte, die dem blauen Dunst abschwören und ihre Lokale rauchfrei halten. Laut Aussagen haben sie zwar einerseits tatsächlich Gäste verloren, andererseits aber sehr viele neue dazugewonnen, und zwar Familien. Sie haben dadurch ihre Entscheidung nicht bereut. In Speiserestaurants ist das Rauch­verbot ja heute vielerorts schon fast obligatorisch. In Kaffeehäusern, Bars und Wirts­häusern – bei denen gerade auf dem Land Stammtische üblich sind – ist ein solches aber, wie ich denke, sehr schwierig, weil es irgendwie zur österreichischen Kultur gehört, ins Kaffeehaus zu gehen und gemütlich eine Zigarette zu rauchen oder sich an den Wirtshaustisch zu setzen, Bier zu trinken und eine Zigarette zu rauchen. Da braucht es noch viel Arbeit, damit wir ein gesellschaftliches Umdenken bewirken kön­nen.

In dieser ganzen Diskussion um das Tabakgesetz darf aber das Personal nicht verges­sen werden, das diesem blauen Dunst tagtäglich ausgesetzt ist und, ob es will oder nicht, Passivraucher ist. Bei allem Verständnis für die wirtschaftlichen Aspekte muss hier schon der Arbeitnehmerschutz im Vordergrund stehen. Die Mitarbeiter und Mitar­beiterinnen in der Gastronomie sind die Einzigen, denen man die Arbeit in einer verrauchten Umgebung zumutet. Daher kann es nur in Richtung Rauchverbot gehen. Es muss also in diese Richtung weiterdiskutiert werden, denn es geht um unsere Gesundheit, und wir haben nur eine. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.03


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


16.03.31

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Johanna Köberl, jetzt wollte ich dich schon loben, mein Herz hat sich geöffnet. (Allgemeine Heiterkeit.) – Es ist ja klar, bei deiner Herkunft aus der „Republik“ Bad Aussee kannst du es dir nicht leisten, dass du im Bundesrat über ein totales Rauchverbot redest. Das ist ja klar, denn dann hast du Stammtischverbot im gesamten Ausseerland, das ist einmal ganz sicher.

Nun zum Ernst der Sache. Frau Kollegin Reiter, es ist schon immer bemerkenswert, wie zweigeteilt die Grünen in dieser Sache sind. Da Sie die einzige Fraktion sind, die dieser „authentischen Interpretation“ – unter Anführungszeichen – aus Gewissens­gründen oder sonstigen Gründen, die Sie erörtert haben, nicht zustimmen können, bedanke ich mich bei den anderen Fraktionen dafür, dass sie der österreichischen Tourismuswirtschaft und damit der Gastronomie mit ungefähr 50 000 Betrieben und 180 000 Mitarbeitern diesen Kompromiss für die nächsten Jahre überhaupt ermög­lichen und nicht mit einer Ablehnung bewirken, dass hier wahrscheinlich Tau­sende Leute arbeitslos werden und Betriebe von heute auf morgen zusperren könnten.

Das wäre so ähnlich, wie wenn ein Häuslbauer eine Förderung für eine thermische Sanierung in Aussicht gestellt bekommt, dann in diese investiert, und drei Jahre später kommt der Staat oder irgendjemand und sagt, du bekommst diese Mittel nicht, aus welchen Gründen auch immer. Ich glaube, das würde kein Mensch verstehen. So ähnlich geht es den Wirten, die, wie bereits erwähnt, umgebaut haben.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 53

Ich möchte vielleicht hinzufügen, da ich seit 1980 selber aktiver Gastwirt mit Beher­bergungsbetrieb bin: Ich bin Nichtraucher, bin inzwischen 61 Jahre alt, bin seit 35 Jah­ren natürlich Passivraucher und erfreue mich nach meiner Einschätzung einer ganz guten Gesundheit. Wenn ich nicht 80 Jahre werden sollte, ist es auch gut für das Staatswesen, denn dann bin ich Netto-Einzahler in alle anderen Sozialversicherungs­systeme – nur insoweit, um von der Volksgesundheit und solchen Dingen zu reden.

Ich denke, es wäre unverantwortlich gegenüber diesen 50 000 bis 70 000 Betrieben. Dann muss man hier doch unterscheiden: In der Hotellerie haben wir das Problem ja nur mehr peripher, weil sich diese Regelung auch ohne Gesetz durchgesetzt hat und heute in einem Speiserestaurant und auch beim Frühstück nicht mehr geraucht wird. Wir hätten gar keine gesetzliche Regelung gebraucht. Etwas anderes ist es natürlich in der Erlebnisgastronomie, vor allem auch für die Jugend. Und dass die Jugend heute in Österreich zu den Gruppen gehört, die am meisten rauchen, kann jeder beobachten, das ist leider so. Vor allem die Mädchen haben da total aufgeholt.

Bei mir im Lokal gibt es kein Rauchen, keinen Vertrieb von Tabakmitteln an unter 16-Jährige; man muss den Ausweis herzeigen. Das haben wir bei den Automaten gemacht, bei den Trafikanten. In Wirklichkeit greifen diese Maßnahmen meiner Meinung nach nicht richtig, weil immer Umgehungsmöglichkeiten da sein werden.

Die Grundsatzfrage lautet: Verbot oder Nichtverbot? Die Grünen sind doch, was andere Drogen betrifft, liberaler eingestellt. In dieser Beziehung sehe ich aber den volkswirtschaftlichen Nutzen für die Republik ganz von der ökonomischen Seite. Außerdem muss ich schon sagen, auch in diesem Haus wird gerne geraucht. Wenn man sich den Bericht des Finanzministers ansieht: 1,5 Milliarden € Tabaksteuer sind ja auch keine Peanuts.

Wenn man das also alles einander gegenüberstellt, muss man schon fragen, wo unsere klare Linie ist. Ich bin hundertprozentig dafür, dass man das Rauchen erst ab einem gewissen Alter erlaubt, aber man kann nicht die Gastronomie als Haupt­verursacherin des Rauchens darstellen, noch dazu, wo wir gewerberechtliche Auflagen haben, die ja nicht ohne sind.

Wissen Sie, Frau Kollegin, welchen Luftaustausch Sie brauchen, wenn Sie heute ein Raucherlokal haben? – Eins zu 18. Da haben Sie so dicke Rohre drinnen, dass es Ihnen, wenn Sie leicht kälteempfindlich sind, die Gänsehaut aufzieht. (Allgemeine Heiterkeit.)

Ich sage Ihnen, es ist ein Riesenproblem geworden, dass es die Leute dort einfach nicht mehr gemütlich finden, denn es zieht ein bisschen, weil der Abzug meistens so stark ist. Daher würde ich vor einem generellen Rauchverbot in unseren schönen Lokalen in Österreich warnen, die ja weltweit Beachtung finden. Umsonst ist der Erfolg im Tourismus nicht so, wie er ist. Ich habe sehr viele Gäste aus Deutschland, aus Bayern, die sich bei mir sehr wohl fühlen, weil sie sagen: Ihr Österreicher seid doch ein wenig gescheiter als wir, denn ihr lasst in dieser Beziehung auch ein bisschen etwas zu. – Das muss man auch einmal sagen.

Zusammenfassend bedanke ich mich noch einmal dafür, dass wir diesen Weg mehrheitlich auch hier im Bundesrat gehen werden. Wie es in Zukunft ausschaut, kann niemand prognostizieren, dieses Pendel kann auch wiederum in die andere Richtung ausschlagen, wie bei anderen Problematiken in dieser Beziehung. Aber ich möchte nicht in einem Land leben – nicht nur weil ich Gastwirt und Hotelier bin –, wo alles verboten ist, schon gar nicht in einem Tourismusland wie Österreich. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

16.08



BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 54

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dörfler, der gerade bei der Tür hereinkommt. Herr Kollege Dörfler, Sie sind eigentlich am Wort.

 


16.09.04

Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Ich bitte um Entschuldigung, das war „just in time“. Ich bin Nichtraucher, aber ich habe gerne ab und zu gepafft, zum Beispiel mit Josef Ostermayer gerne eine Pausenzigarette während der Ortstafelverhand­lungen.

Ja, wo fange ich an? In Österreich könnte man das Autofahren verbieten, weil die Autos Abgase produzieren. Man könnte manches Gemüse verbieten, das chemisch behandelt ist. Man könnte das Rauchen generell verbieten. – Ich bin da mehr derjenige, der meint, der Mensch hat auch eine Eigenverantwortung.

Wenn es in Österreich im Rahmen des jeweiligen Schulgemeindeausschusses möglich ist, dass eine Schulgemeinschaft, nämlich Eltern, Lehrer und die betroffenen Beteiligten, demokratisch entscheiden kann, ob im Außenbereich einer Schule eine Raucherzone für junge Menschen eingerichtet wird, dann halte ich diese ganze Diskussion der letzten Wochen – da man richtigerweise die Rauchergesetzgebung saniert, weil man aus einem Nichtraucherbereich nicht rauchfrei aufs WC gehen kann – für eine Kinderei. Ich denke, dass es für die Rechtssicherheit wichtig und notwendig ist, dass man dieses Gesetz entsprechend saniert und repariert. Ich meine auch, dass wir nicht ständig ein Verfolgungsprogramm gegen diejenigen benötigen, die Fleisch essen, die rauchen oder was auch immer tun. Die Menschen haben, wie schon gesagt, auch noch eine Eigenverantwortung. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

Wir sollten alles tun, damit wir zum Beispiel bei der Jugend – und jetzt komme ich wieder zur Schulautonomie – einen Weg finden – dass man irgendwann so klug ist in dieser Republik –, dass junge Menschen von sich aus in der Schule keine Raucher­zonen mehr haben wollen, wie es sie etwa jetzt in Kärnten an einigen höheren Schulen gibt. Dann wäre das der beste Weg dazu, dass jeder für sich entscheidet, wie gesund oder weniger gesund das Rauchen ist.

In diesem Sinne werden wir diese Reparaturen natürlich mittragen. Und, Herr Staatssekretär, Josef (um Verzeihung ersuchend), Herr Kanzleramtsminister Oster­mayer, ich hoffe, du wirst heute deine – was hast du immer geraucht? Muratti? (Bundesminister Dr. Ostermayer: Gauloises!) – Gauloises genießen. In diesem Sinne erteilt auch die FPÖ die Zustimmung, und ich warne davor, alles verbieten zu wollen.

Zu den grünen Freunden darf ich sagen, Professor Van der Bellen war doch ein wunderbarer Mann, so etwas wie ein politischer Genussraucher der Nation. (Bundesrat Schreuder: Ich rauche auch!) – Eben, ich wundere mich, dass deine Parteichefin Glawischnig, die die Erziehungstante der Nation ist, den Bürgern so viele Verbote wie nur möglich auferlegen will. Lassen wir doch diejenigen rauchen, die es wollen, und dort, wo wir essen, rauchen wir nicht! In diesem Sinne stimmen wir diesem Tagesordnungspunkt gerne zu. (Beifall bei FPÖ, SPÖ und ÖVP.)

16.11


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Zelina. – Bitte.

 


16.11.57

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kollegen! Lieber Herr Perhab und Herr Dörfler! Natürlich können wir das Rauchen auch als Staat fördern, mit dem Argument, die Raucher zahlen hohe Steuern und sterben bald und wir ersparen uns Pensions­auszahlungen.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 55

Die Eigenverantwortung hört beim Rauchen aber dort auf, wo es in die Sucht geht, in die Nikotinsucht.

Wir wissen alle, dass das Rauchen und auch das Passivrauchen nicht gesund sind. Bei älteren Leuten habe ich es schon aufgegeben, diesbezüglich auf ein Umdenken hinzuarbeiten. Sie kennen alle die Situation: Die Leute haben gesundheitliche Probleme, gehen zum Arzt, und dieser sagt, sie sollen weniger rauchen. Das Erste, was sie nach dem Arztbesuch machen, ist, sich wieder eine Zigarette anzuzünden. Das heißt, wenn wir irgendwo anfangen, dann bei der Jugend, bei den jungen Leuten, mit Kampagnen, die das Rauchen nicht mehr cool machen. In Kanada, in Irland, in Island werden Tabakprodukte in den Geschäften gar nicht ausgestellt, sondern man muss sie verlangen.

Und natürlich wäre auch ein Rauchverbot für unter 21-Jährige möglich.

Zu einem generellen Rauchverbot: Wir haben es geschafft, in Flugzeugen ein generelles Rauchverbot durchzusetzen, bei den Eisenbahnen, auch in den Büros. Daher wäre es doch sicher möglich, das auch bei den Gastronomen, bei den Wirten zu bekommen. In anderen Ländern funktioniert es auch. Mir wäre es lieber gewesen, hätten wir von Anfang an ein Gesetz mit einem generellen Rauchvorbot gehabt, dann hätten wir die Probleme mit den Investitionen der Wirte nicht gehabt. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

Diese ganze „Herumwurschtelei“ mit den Ausnahmeregelungen und Vorschrifts­änderungen führt zu Rechtsunsicherheit. Wir brauchen einfache, klare Gesetze – weniger Gesetze, weniger Vorschriften. Aber natürlich sind wir auch eine Wirtschafts­partei, wir sind für die Selbstständigen, wir sind für die Familienunternehmen, wir sind natürlich auch für die Wirte, Gastronomen und Hoteliers. Und im Sinne eines Kompro­mis­ses, von Fairness und Rechtssicherheit stimmen wir der vorgelegten Interpretation des Tabakgesetzes zu. Und ja, wir wünschen uns weniger Bürokratie und mehr Rechtssicherheit. – Danke.

16.14


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


16.15.00

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Jetzt habe ich mich doch zu Wort gemeldet. Herr Kollege Dörfler, Sie haben mich geradezu provoziert. Und zu meinem Vorredner: Ich finde es immer recht lustig, wenn Sie „wir“ sagen. (Allgemeine Heiterkeit, da sich der Redner eine Zigarette hinter das Ohr gesteckt hat.) – Ich zünde sie nicht an, aber ich wollte aus dem Leben eines Rauchers erzählen.

Ich bin ja – leider noch – Raucher, mit Fragezeichen. Ich habe momentan nicht vor aufzuhören, aber ich weiß, dass ich sollte. Wir Raucher und Raucherinnen haben eine Angewohnheit, wir rauchen überall dort, wo es erlaubt ist. Und dann ist es uns wurscht, ob es jemanden stört. Das ist das große Problem von Rauchern und Raucherinnen. Ich bin auch so ein asoziales Wesen. Ich versuche zwar, es nicht zu sein, aber es ist einfach tatsächlich so, dass man es tut, wenn man darf. Und wenn dann rundherum zehn Leute sagen, tun Sie es bitte nicht, tut man es trotzdem, weil man darf. Es ist so!

Ich bin auch   Jetzt tue ich das weg (die Zigarette vom Ohr nehmend), denn nun (sich auf Bundesrat Dönmez beziehend, der ein Handyfoto macht) wird schon fotografiert. Das ist schon auf Facebook oder auf Twitter. – Aber ganz im Ernst: Ich bin ein vielreisender Mensch, und es geht. Ich möchte jetzt nicht Italien oder Spanien oder andere warme Länder zum Vergleich hernehmen, wo die Menschen draußen stehen, weil es auch im Winter angenehm ist. Es funktioniert auch in Norwegen, es funktioniert


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auch in Island, dass man einfach sagt: Nein, in gastronomischen Betrieben darf nicht geraucht werden! Es funktioniert.

Ich sage Ihnen einen Punkt, warum ich als Rauchender – so wie Van der Bellen – innerhalb der Grünen ganz vehement für ein komplettes Rauchverbot im Gastronomie­gewerbe war: Das wichtigste Argument ist der ArbeitnehmerInnenschutz. Ich habe ja selbst die Tourismusschule Bad Ischl absolviert und während der Ferialpraktika und danach in meiner Studienzeit immer im Gastgewerbe gearbeitet. Man arbeitet tat­sächlich zehn bis zwölf Stunden in Räumen, wo kontinuierlich geraucht wird. Und ich kenne kaum einen Kellner und kaum eine Kellnerin, der oder die nicht raucht, weil man fast dazu gezwungen wird – weil es eh schon egal ist, sagen wir einmal so.

Für mich ist das ein Hauptargument, warum ich dieser Halblösung nicht zustimme. Selbst in meinem Stammlokal, in einem meiner liebsten Restaurants, ist der Raucher­bereich die Bar, dort, wo die Kellner den ganzen Tag stehen und Bier zapfen. Das verstehe ich ja überhaupt nicht bei dieser halbherzigen Lösung. Deshalb hat Frau Kollegin Reiter vollkommen recht damit, dass das eine halbe und keine ganze Lösung ist, eine typisch österreichische Variante – man traut sich nicht darüber, also tut man ein bisschen etwas.

Abgesehen davon, Herr Kollege Perhab, diese großen Installationen, die die gastge­werb­lichen Betriebe einbauen mussten, kosten ja auch ein Vermögen. Die hätte man sich sparen können, hätte man gleich ein generelles Rauchverbot gemacht. Das geht in anderen Ländern auch.

Es gibt also viele Gründe dafür, dass man sagt, Rauchverbot in allen Lokalen, und dann gehe ich halt hinaus und genieße mein Zigaretterl oder rauche daheim. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.18


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Poglitsch. – Bitte.

 


16.18.54

Bundesrat Christian Poglitsch (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich bin ein bisschen über die Haltung der Grünen zum Rauchergesetz verwundert, vor allen Dingen zur Reparatur des Rauchergesetzes. Ich kann mich erinnern, dass ihr, als dieses Gesetz beschlossen worden ist, sehr wohl dafür gewesen seid. Jetzt soll es hier präzisiert werden, und ihr seid dagegen. Also ihr müsst selber mit euch ausmachen, wohin die Reise gehen soll. Ich glaube aber, dass ihr da sehr unglaubwürdig seid, denn einerseits habt ihr bei Genussmitteln eine sehr vage Ausrichtung – sage ich einmal so – und beim Rauchen in der Gastronomie wollt ihr dann die großen Verbes­serer sein.

Aber wenden wir uns einmal dem Gesetz zu. – Ich muss euch als Gastronom, der mit vielen Kollegen in Kontakt ist, schon eines sagen: Da ist schon eine Erleichterung zu spüren, dass dieses Damoklesschwert betreffend die Wirte, die kleinen Betriebe und die Pubs heruntergenommen worden ist, denn in Wirklichkeit hat jeder versucht, dem Gesetz Genüge zu tun, und hat Umbauten getätigt. Und – das ist heute schon gesagt worden – wir reden da von fast 100 Millionen €, die investiert worden sind! Wenn ich mir nur meinen Bereich anschaue, die Umgebung des Faaker Sees: Da hat jeder Betrieb umgebaut und hat sich nach dem Gesetz gerichtet.

So, und jetzt geht der Gesetzgeber her – und welcher Gerichtshof auch immer – und sagt: Nein, liebe Freunde, liebe Wirte, so kann es nicht sein; dass Nichtraucher durch den Raucherbereich gehen müssen, das ist nicht gestattet. – So kann es ja wohl


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wirklich nicht sein! Man kann ja nicht hergehen und die Wirte mit einem Gesetz zwingen, dass sie umbauen, und dann dieses Gesetz so reparieren, dass dann alle Investitionen entsprechend nichtig sind.

Ich glaube gleichzeitig, dass man auch die Wahlfreiheit der Gäste, aber auch der Wirte und der Mitarbeiter in den Vordergrund stellen muss. (Bundesrat Schreuder: Na, die Mitarbeiter haben keine Wahl!) – Selbstverständlich haben sie die Wahlfreiheit, es hindert sie niemand daran. Wenn jemand eingestellt wird, kann jeder sagen: Ich will dort nicht arbeiten, denn dort wird geraucht! – Es hindert ihn niemand, dass er in diesem Betrieb nicht arbeitet. (Bundesrat Schreuder: Weil er dann keinen Job kriegt!)

Bei den Gästen ist es dasselbe: Jeder kann in das Lokal gehen oder dort nicht hineingehen – das ist die Wahrheit. Und bei den Wirten kann dann jeder selbst entscheiden, ob er ein Raucherlokal, ein Nichtraucherlokal oder ein gemischtes Lokal macht, und das sollte auch in den Vordergrund gestellt werden.

Ich sage euch eines – im Wissen, welchen Schaden ein absolutes Rauchverbot angerichtet hat, nämlich im oberitalienischen Raum, und, Gerhard (in Richtung des Bundesrates Dörfler), du weißt das ganz genau –: Im Kanaltal, im Friaul hat dieses Gesetz ein Drittel – ein Drittel! – der Kaffeebetriebe wegrationalisiert. Dort ist ein Drittel weg, und die Täler und die Gemeinden sind fast ausgestorben. Da gibt es keine Pubs und Beisln mehr in dieser Form; es sind nur wenige, die überlebt haben.

Wollen wir in Österreich das haben? – Also ich will es nicht haben, dafür ist mir die Gastronomie ein zu bedeutender Wirtschaftszweig, und ich glaube auch, dass sie für die Republik Österreich bezüglich der Steuereinnahmen ein zu bedeutender Wirt­schafts­zweig ist. Deswegen finde ich, dass dieses Gesetz, diese Reparatur wichtig ist, und wir werden ihr selbstverständlich auch zustimmen.

Wenn ich hier schon am Rednerpult bin, möchte ich auch noch etwas dazu sagen. Ich glaube, dass wir als Gesetzgeber uns auch einmal Gedanken darüber machen müssen, ob wir nicht ein bisschen überregulieren, denn alles vorzuschreiben, das wird nicht funktionieren. Da werden uns die Gäste, die Menschen in diesem Land einmal die Freundschaft aufkündigen.

Wenn man Deutschland als Beispiel hernimmt, muss man eines sagen: In Deutschland gibt es genauso Ausnahmen, und das aus gutem Grund! In Bayern haben sie genau aus diesem Grund Ausnahmen eingeführt, nämlich weil es in manchen Ortschaften in Bayern nicht einmal mehr ein Beisl oder ein Wirtshaus gegeben hat!

Seien wir doch ehrlich: Wenn du in die Gasthäuser hineingehst, welcher Bereich ist denn gefüllt? Wenn einer Raucher ist, geht er hinein, trinkt seinen Kaffee und raucht eine, und der Bereich ist pumperlvoll. Das ist einfach Fakt!

Ich möchte jetzt noch eine Wirtin erwähnen, weil ich vor dieser Sitzung bei ihr in Drobollach war, das ist direkt am Faaker See. Da gibt es eine Wirtin, die ein kleines Lokal hat. Sie hat umgebaut, und wenn du dort hineingehst, da drinnen ist es proppen­voll. Sie hat gesagt: Lieber Christian, wenn das nicht gekommen wäre, dann hätte ich zusperren müssen, weil ich einfach den Standort nicht mehr erhalten habe.

Mir als Unternehmervertreter ist es wichtig, dass die Wirte hier eine entsprechende Reparatur bekommen und dass sie auch in Zukunft auf die Rechtssicherheit bauen können. Deswegen werden wir von der ÖVP diesem Gesetz auch selbstverständlich unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

16.23


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 58

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.23.285. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung – EuWO) geändert wird (82/A und 21 d.B. sowie 9134/BR d.B. und 9139/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen nunmehr zum 5. und letzten Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Bitte um den Bericht.

 


16.23.40

Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Dr. Brandstetter ganz herzlich bei uns im Bundes­rat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster ist Herr Bundesrat Brückl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.24.29

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der letzte Tagesordnungspunkt, der uns heute beschäftigt, befasst sich mit der Änderung der Europawahlordnung, und dieser Punkt ist sozusagen zweigeteilt: zum einen behandelt er eine Änderung bei den Vorzugsstimmen und zum anderen eine Änderung bei der Briefwahl.

Was die Änderung bei den Vorzugsstimmen betrifft: Da geht es eben darum, dass man die Vorzugsstimmen-Hürde von 7 auf 5 Prozent senkt. In der Vergangenheit ist das nicht allzu oft, aber doch vorgekommen. Ich erinnere hier an einen prominenten Fall. So hat nämlich der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer vor genau zehn Jahren den Sprung ins Europaparlament aufgrund der Vorzugsstimmen geschafft. – Wir Freiheitlichen unterstützen auch diese Änderung.

Wenn es aber dann um die Briefwahl geht, haben wir einen gänzlich anderen Zugang als die meisten anderen Parteien, weil die Briefwahl unserer Meinung nach ganz ein­fach nicht den Grundsätzen des Wahlrechts entspricht. Bei der Briefwahl kann nicht


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garantiert werden, dass die Wahl geheim ist, dass sie persönlich ist, dass sie frei ist – das fehlt hier ganz einfach. Und dabei stellt aber dieses Wahlrecht – das allgemeine, das unmittelbare, das freie, das geheime, das persönliche – ein Herzstück unserer Demokratie dar, und wir betreiben einen enormen Aufwand, um das auch immer wieder zu gewährleisten. Nur bei der Briefwahl tun wir das nicht, da fehlt das.

Die Frage ist: Wann ist die Briefwahl geheim? – Wir wissen nicht, wer zuschaut. Es kann nicht gewährleistet werden, ob frei von Zwang gewählt wird, ob nicht doch jemand danebensteht. Und es kann nicht gewährleistet werden, ob die Stimme auch tatsächlich persönlich abgegeben wurde, ob der Stimmzettel nicht womöglich sogar verkauft wurde. Und wenn man ein bisschen recherchiert, kommt man drauf, dass zuletzt zum Beispiel in Bulgarien Stimmzettel zum Preis von etwa 50 € pro Stimmzettel verkauft wurden. (Bundesrat Beer: Danke! – Bundesrätin Grimling: Österreich mit Bulgarien zu vergleichen ist unglaublich!)

Also diese Grundsätze können bei der Briefwahl nicht gewährleistet werden, und daher sind wir der Meinung, dass man diese Briefwahl einfach herunterfahren sollte. Sie sollte im höchsten Fall für Auslandsösterreicher oder jene, die sich zum Zeitpunkt der Wahl nachweislich im Ausland befinden, sein. Für alle anderen gibt es in unserem Land die Möglichkeit der Wahlkarte, und damit kann gewährleistet werden, dass diese Wahl frei ist, dass sie persönlich durchgeführt wird, dass unbeeinflusst von anderen gewählt werden kann.

Und abschließend frage ich noch – weil immer vom Erfolgsmodell Briefwahl ge­sprochen wird –: Wie misst man diesen Erfolg? Wie wird da die Messlatte angesetzt? Denn besonders sicher, und das sehen wir ja, scheint sie nicht zu sein. Oder messen wir den Erfolg daran, dass die Zahl der Wähler, die per Briefwahl abstimmen, immer größer wird?

Dazu kann ich dann nur sagen: Die Wahlbeteiligung ist in den vergangenen Jahren stets und stetig gesunken, und daher ist es für uns unerlässlich, dass man die Brief­wahl einfach auf ein unbedingt notwendiges Maß reduziert und andererseits einfach Möglichkeiten sucht und vielleicht auch findet, dass man diese ... (Bundesrat Kneifel: Das ist Misstrauen gegenüber dem Bürger! Misstrauen ist das!) – Gegenüber wem? (Bundesrat Kneifel: Dem Bürger gegenüber!) Es sind nicht die einzelnen Bürger (Bundesrat Kneifel: Mehr Vertrauen gegenüber dem Bürger! Mehr Vertrauen!), Herr Kollege! Nein, nein, nein!

Tatsache ist, wir können nicht gewährleisten, dass derjenige, der dort den Stimmzettel ausfüllt, auch tatsächlich alleine dort sitzt, dass ihm nicht jemand den Kugelschreiber führt und dass nicht der Opa sagt: Liebes Dirndl, da machen wir das Kreuzerl! – Wir können es nicht ausschließen. Und solange das nicht der Fall ist, sollte man einfach diese Briefwahl herunterfahren, sie auf ein Minimum reduzieren. Ich sage es noch einmal: Auslandsösterreicher ja, Personen, die sich zum Zeitpunkt der Wahl im Aus­land befinden, ja, aber alle anderen nicht.

Was die Änderungen, wie eben gesagt, bei den Vorzugsstimmen betrifft: Das können wir uns gut vorstellen. Hier könnte man auch noch mehr tun, weil man ja weiß, dass das ein sehr kompliziertes System ist, dass das sehr komplizierte Regelungen sind, die da zu beachten sind. Ich brauche nur an die vergangene Nationalratswahl zu erinnern: Ich meine, wenn man den Stimmzettel genommen hat, das war mittlerweile ein DIN-A2-Blatt, glaube ich. Da kennt sich in Wirklichkeit ja kein Mensch mehr aus, und das merkt man auch daran, dass nach der Wahl die Menschen kommen, die Wähler kommen, die Bürger kommen und fragen: Hätte ich dich vielleicht ankreuzeln sollen? Wo hätte ich dich denn hinschreiben sollen? Und so weiter.


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Also hier kann man Änderungen machen, dafür stehen wir. Aber was die Briefwahl betrifft, die muss man ganz einfach herunterfahren, auf ein Minimum reduzieren. Und daher appelliere ich schlussendlich auch an Sie, dass Sie unsere berechtigte Kritik hier aufnehmen und dass wir dafür sorgen, dass es zu Änderungen eben im Bereich der Briefwahl kommt. Wir können daher diesem Punkt leider nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.29


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.30.04

Bundesrätin Ingrid Winkler (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich wirklich sehr, dass ich heute ein paar Worte zu diesem Tagesordnungspunkt betreffend EU-Wahlen sagen kann; ich denke nämlich, wir sollten uns verdeutlichen, was die EU-Wahl für uns überhaupt bedeutet: 380 Millionen Bürger stimmen über ein Parlament für 500 Millionen Europäer ab, und ich glaube schon, dass man, wenn man diese Zahlen hört, wissen muss, welch große Bedeutung diese Wahl hat.

Ich glaube, dass die Bedeutung dieser Institution bei uns leider manchmal noch viel zu sehr unterschätzt wird. Natürlich sind nicht alle Entscheidungen, die in der EU gefällt werden, richtig, aber ich frage Sie: Wer, der ein langes und arbeitsreiches Leben hinter sich hat oder gerade mittendrin ist, hat nur richtige Entscheidungen getroffen? – Das bedeutet aber nicht, dass wir unsere gesamte Arbeit hinterfragen!

Wenn wir jetzt vielleicht die Kernbotschaft der EU suchen, dann ist das für mich, dass sie das größte Friedensprojekt ist, das wir uns vorstellen können. Gibt es jemanden in diesem Raum, für den Frieden für sich selbst oder für die nachfolgenden Generationen unwichtig ist? – Ich denke, nein. Und deswegen sollten wir uns dessen bewusst sein, dass diese EU-Wahl und dieser Tagesordnungspunkt – ich werde dann noch einmal auf die Kernthematik eingehen – für uns sehr wichtig sind. Wir sehen gerade jetzt in fürchterlichen Bildern aus der Ukraine, wozu es führen kann oder welches Herzblut es bedeutet, wenn Menschen in diese Union wollen.

Damit konzentriere ich mich jetzt aber auch schon auf die zwei Themen dieses Tagesordnungspunktes, nämlich die Änderung des Wahlrechtes bei den Vorzugsstim­men und die Änderung bezüglich der Briefwahl.

Eine Herabsetzung des Prozentsatzes von 7 Prozent auf 5 Prozent der gültigen Stimmen für eine Vorreihung kann, wenn man das Persönlichkeitswahlrecht bevorzugt oder begrüßt, nur befürwortet werden. Man kann natürlich über das Persönlichkeits­wahlrecht geteilter Meinung sein – es ist in einer Demokratie immer so, dass man eine andere Sichtweise haben kann betreffend bestimmte Instrumentarien –, aber ich glaube, dass es durchwegs ein adäquates und auch einsetzungswürdiges Instrument ist.

Gestatten Sie mir auch, weil ich natürlich auch die Debatten im Nationalrat sehr auf­merk­sam verfolgt habe, Folgendes zu sagen: Ich glaube nicht, dass diese Vorzugs­stim­men eine besondere Hürde für die Frauen darstellen. Ich bin im Laufe meines Berufslebens immer wieder auf sehr engagierte und gute Frauen gestoßen. Auch hier im Bundesrat sind in jeder Fraktion sehr kompetente und engagierte Damen tätig, und ich glaube nicht – das glaube ich wirklich nicht –, dass diese Tatsache unbemerkt und ungoutiert bleibt. Deswegen – ich kann nur meine Meinung sagen – glaube ich nicht, dass diese Änderung betreffend die Vorzugsstimmen für die Frauen einen Nachteil darstellt.


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Ich denke auch, dass der zweite Aspekt dieses Tagesordnungspunktes, nämlich das Briefwahlrecht, eine Serviceleistung für die Bürger darstellt, und ich würde das nicht verteufeln. Ich habe mich manchmal nicht im Griff, ich habe drinnen gesagt, ich werde es nicht sagen, aber – verzeihen Sie mir! – ich sage es trotzdem. Manchmal habe ich schon das Gefühl: Wie der Schelm ist, so denkt er! (Bundesrätin Mühlwerth: Na, na, na, na!), denn wie kann man denn in einer Demokratie von Haus aus unterstellen, dass es ... (Bundesrätin Mühlwerth: Nicht von Haus aus unterstellen, es gibt ja Belege und Beweise dafür!) Für eine künftige Wahl kann es keine Beweise und Belege geben, und glauben Sie mir ... (Bundesrat Brückl: Aber aus der Vergangenheit!) – Aus der Vergangenheit gibt es Beweise, ja?

Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, für die es ein Instrument ist, das sie brauchen, um ihr Wahlrecht ausüben zu können. Und ich bin nicht so negativ eingestellt ... (Bundesrätin Mühlwerth: Aber das stimmt ja nicht!) – Wieso stimmt das nicht? (Bundesrätin Mühlwerth: Weil, wer nicht ins Wahllokal gehen kann, zu dem kommt eine fliegende Wahlkommission! – Bundesrat Kneifel: Weil das angenehm ist, wenn so ein Schwarm Leute kommt! Das möchte ich sehen!)

Ich sitze seit Jahren selbst in Wahlkommissionen (Bundesrätin Mühlwerth: Ich auch!), und ich denke mir, dass es eine Ergänzung ist, und ich glaube nicht, dass das jemals das Wahllokal substituieren wird. Ich denke, dass wir in modernen Zeiten leben, in denen es neben einem Wahllokal auch adäquate Mittel geben muss, seine Stimme abzugeben. (Bundesrat Brückl: Wahlkarte!) Ich nehme natürlich zur Kenntnis, dass es verschiedene Meinungen geben kann. Unsere beziehungsweise meine Meinung ist, dass es eine schöne Ergänzung ist, vor der ich keine Angst habe. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich komme auch schon zum Schluss: Ich bin eine glühende Demokratin, eine glühende Österreicherin und Europäerin (Ruf: Das sind wir alle!), und das schließt sich nicht aus, das sage ich auch manchem in diesem Saal. (Bundesrat Mag. Pisec: Das ist ein geografischer Begriff: Europa!) Deshalb hoffe ich, dass möglichst viele diese Wahl, in welcher Form auch immer, annehmen. Und ich glaube, dass es uns alle am Ende des Mai freuen wird, wenn wir sehen, dass eine gestärkte Union sich neu an die Arbeit macht. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

16.36


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Dr. Reiter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.37.08

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Frau Präsidentin! Werte Kolle­gen und Kolleginnen! Um mit dem Positiven zu beginnen, der Briefwahl: Wir sehen die Briefwahl als positiv, und auch die hier gesetzten Schritte zur Veränderung, die neuen Fristsetzungen, die vermehrten Möglichkeiten der Abgabe in den einzelnen Wahlbehör­den sehen wir positiv. Wie gesagt, auch die Änderungen bei den Fristen, die damit verbunden sind, auch bei den Meldungen und dass man dadurch schneller zu einem Resultat kommt, sehen wir als positiv.

Was wir an dieser Vorlage als nicht so positiv sehen, das ist die Senkung der Vorzugs­stimmenschwelle, denn das greift zu kurz. Es wird Kommissionen geben bezüglich direkter Demokratie und wahrscheinlich dann auch zum Wahlrecht, was sich hoffentlich aus dieser Diskussion ergibt, und man muss die Diskussion über die Stärkung der Persönlichkeitselemente in der Demokratie und im Wahlrecht ernsthaft führen. Aber erst wenn man diese Diskussion auch ernsthaft geführt hat, sollte man hier eine entsprechende Änderung durchführen. Momentan ist das System einfach verwirrend.


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Da es nicht gelungen ist, das sozusagen einheitlich über die Länder und so weiter zu regeln, bleibt das sehr verwirrend. Die meisten von ihnen sind wahrscheinlich schon in Wahlkommissionen gesessen und wissen, dass es deswegen auch immer wieder zu Diskussionen kommt. Bis hin zur Niederösterreich-Regelung gibt es da verschiedenste Bestimmungen. Und das, denke ich, sorgt beim Wähler für Verwirrung, und da sollte man zu einer gemeinsamen Regelung kommen.

Es ist schon richtig – das wurde auch bei der Diskussion zu diesem Gesetz durch internationale Expertisen belegt –, dass die Senkung der Vorzugsstimmenschwelle nicht frauengerecht ist. Das führt zu einer Senkung des Frauenanteils in den Parla­menten, das zeigen internationale Expertisen. Ich finde das traurig, aber es scheint tatsächlich so zu sein.

Da wir alle dem Gleichheitsgrundsatz verpflichtet sind, muss es im Interesse des Gesetzgebers sein, alles zu tun, um den Frauenanteil in den Parlamenten zu heben. Eine solche Maßnahme ist aber nicht dazu geeignet, den Frauenanteil in den Parlamenten zu heben.

Wir werden diesem Gesetz also trotz der positiven Teile in der Briefwahl nicht zustim­men. Aufgrund des Wirrwarrs im Vorzugsstimmenbereich, der damit fortgeschrieben wird, werden wir dem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

16.40


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster ist Herr Bundesrat Schödinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.40.42

Bundesrat Gerhard Schödinger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­si­dentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! 25.5.2014: EU-Wahl. Die Änderungen im EU-Wahlrecht, vor allem die Senkung der Hürde für Vorzugsstimmen, die jetzt vorgenommen wurde, halten wir natürlich wirklich für eine sehr gute Sache.

Ich selbst komme aus dem Bundesland Niederösterreich, und bei uns hat nahezu jeder einen Vorzugsstimmenwahlkampf hinter sich, weswegen ich wirklich dazu neige, zu sagen, dass dieses Modell auch die Wahlbeteiligung erhöht. Das Engagement jedes einzelnen Mandatars ist ein wichtiger Punkt für die Erreichung einer höheren Wahlbeteiligung.

Das Zweite, das dazukommt, ist die Briefwahl. Ich möchte sagen, dass die Briefwahl eine wirklich hervorragende Einführung ist und von unserer Seite ebenfalls dement­sprechend befürwortet wird.

Aber jetzt noch einige Worte zur FPÖ: Bis jetzt wurde in allen Reden nur über Öster­reicher im In- und Ausland gesprochen, aber Sie ignorieren zirka 450 000 EU-Bürger, die in unserem Land leben und hier großteils auch wahlberechtigt sind.

Dass die EU selbst ein großartiges Friedensprojekt ist, steht wahrscheinlich außer Diskussion. Da gibt es aber einige Punkte, die in diesem Zusammenhang vielleicht auch angeführt werden sollten: Wir haben nicht nur in Österreich eine großartige Wirt­schaftsleistung, sondern die gesamte EU hat eine tolle Wirtschaftsleistung. 7 Prozent der Weltbevölkerung erbringen 23 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Aber die noch wichtigere und größere Errungenschaft ist, dass 7 Prozent der Weltbevölkerung mit 23 Prozent der Wirtschaftsleistung 50 Prozent der Weltsozialleistungen erbringen. Das ist ein Punkt, den wir wirklich nicht außer Acht lassen sollten! (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich jetzt bitte einige Worte als Bürgermeister einer kleinen Gemeinde, die nur fünf Kilometer vom Stadtzentrum Bratislavas entfernt liegt und die täglichen Aus-


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 63

wirkungen der Europäischen Union am eigenen Leib verspürt, an Sie richten. Nach Ihrer Diktion müssten wir täglich von Räuberbanden überfallen werden, die Sozial­schmarotzer müssten unsere Häuser füllen, die Arbeitsplätze wären zur Gänze verloren gegangen. (Bundesrat Brückl: Davon haben wir überhaupt nichts gesagt!)

Ich sage Ihnen jetzt, wie es bei uns in der Gemeinde ausschaut. In den letzten Jahren haben wir einen neuen Kindergarten gebaut. Wir sind gerade dabei, eine neue Schule zu bauen. Wir haben einen neuen Sportplatz gebaut. Wir haben ein neues  (Bundesrat Jenewein: Aber Polizeiposten habt ihr keinen mehr!) – Bitte? (Bundesrat Jenewein: Polizeiposten habt ihr keinen mehr! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Wir hatten nie einen. Wir sind deswegen aber auch nicht ausgeraubt worden. Ich möchte noch dazusagen, dass wir ein neues Jugendzentrum gebaut haben.

Aber eines lassen Sie mich schon sagen: So, wie Sie das hier ins Lächerliche ziehen  (Bundesrat Jenewein: Sie dürfen sagen, was Sie wollen!) Ich möchte mich dagegen verwahren, wie Sie das hier ins Lächerliche ziehen. Sie schaffen mehrere  (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Sie sind die, die provozieren. Ich halte es aus. (Bundesrat Jenewein: Wir halten es auch aus!)

Ich möchte jetzt schon sagen, dass wir in unserer Gemeinde alles erneuert haben. Wir sind eine Gemeinde mit 1 000 Einwohnern und machen jetzt die dritte Kindergarten­gruppe auf. (Bundesrat Jenewein: Super! Bravo!) Das ist so, weil wir in unserer Gemeinde die Auswirkungen der EU auf das Positivste miterleben dürfen. Wir haben einen Bevölkerungsanteil von zirka einem Drittel an EU-Staatsbürgern in unserer Ge­meinde, und die Probleme, die Sie immer prophezeien, gibt es in keinster Weise. (Bundesrat Brückl: Welche Probleme sind das?) Wir sind stolz darauf und froh darüber, dass wir diese Mitbürger bei uns haben. Sie haben uns dabei geholfen, diesen Lebensstandard zu erreichen, was wir alleine wirklich nicht so geschafft hätten.

Sie können ruhig weiterlachen. Sie können sich aber auch einmal in der Realität anschauen, wie EU gelebt wird. (Bundesrat Jenewein: Ist schon gut!)

Ich verwahre mich wirklich gegen dieses ständige Schaffen von Feindbildern in der EU. Meine Meinung ist, dass das eine ausgestreckte Hand und ein Mehrwert für unsere Gesellschaft ist, und das ständige Schaffen von Feindbildern sollte es nicht geben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.45


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Blatnik zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.45.14

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Gospa president! Herr Bundeskanzler! Gospod zvezni kancler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! (Ruf bei der ÖVP: Herr Minister!) – Ach, Entschuldigung! (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Dr. Brandstetter sowie Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Danke vielmals. Herr Minister! Gospod minister! – Jetzt haben wir’s.

Ich möchte nicht alles wiederholen, was meine Vorrednerin und mein Vorredner gesagt haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Reiter.) Vielleicht kann man einfach noch betonen, dass dieses Gesetz einer EU-Richtlinie angepasst wird.

Es wurde über die Herabsetzung der Hürde bei den Vorzugsstimmen gesprochen. Dazu möchte ich noch ergänzen, dass es zu einer Verbesserung, was die Meldung des Resultates betrifft, kommt. Das Resultat wird schon am Mittwoch nach der Wahl bekannt gegeben.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 64

Ich möchte noch etwas zu meiner Vorrednerin Ingrid Winkler sagen: Sie hat gesagt, dass das Vorzugsstimmensystem keine Hürde für die Frauen ist. Ich möchte das betonen, weil es von uns allen – von den Wählern und Wählerinnen – abhängt, ob wir Männern und Frauen unsere Vorzugsstimme geben. Wir haben gut qualifizierte Män­ner und Frauen. Ich würde euch einfach darum bitten, dass ihr Männern und Frauen die Chance gebt, mittels Vorzugsstimme vorgereiht zu werden. Es hängt von uns ab. Deswegen noch einmal: Ich appelliere, Männern und Frauen diese Vorzugsstimme zu geben!

(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Danke! Hvala lepa! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

16.47


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Brandstetter. – Bitte.

 


16.47.22

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Meine Damen und Herren Bundesräte! Nur zur endgültigen Klarstellung meiner Rolle: Ich bin der Bundesminister für Justiz und vertrete heute die Frau Bundesminis­terin für Inneres, die derzeit nicht in Wien sein kann.

Aber es trifft sich vielleicht ganz gut, weil ich eine kurze Bemerkung machen möchte, die meinen Fachbereich, meinen Kompetenzbereich durchaus tangiert. Es ist vom ersten Debattenredner erwähnt worden, dass es eben so Negativbeispiele für Wahlmanipulationen aus Bulgarien gäbe. Nun, es liegt mir völlig fern und steht mir auch nicht zu, die österreichische Rechtsordnung diesbezüglich mit der bulgarischen zu vergleichen.

Aber eines möchte ich dazu schon festhalten: Die theoretische Möglichkeit von Mani­pulationen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen ist kein Spezifikum der Briefwahl. Das gibt es natürlich immer wieder. Ich möchte Ihnen aber sagen, dass es in Österreich dagegen durchaus sehr scharfe Straftatbestände gibt. Wir haben auch im europäischen Vergleich sehr scharfe gerichtlich strafbare Tatbestände.

Das sind Straftatbestände, die auch wirken. Wir haben nicht viele Fälle, aber wenn es Fälle gibt, werden sie auch streng geahndet. Diese Straftatbestände wirken vor allem auch präventiv. Meiner Erfahrung nach und aufgrund dieser Tatsache kann man sich meines Erachtens durchaus etwas Optimismus und Großzügigkeit bei der Briefwahl leisten.

Wir stehen mit dieser Regelung auch im europäischen Vergleich nicht etwa unge­wöhnlich oder gar auffällig da. Das wollte ich nur dazu gesagt haben. Man muss auch immer dazu denken, dass wir eben Straftatbestände haben, die wirklich greifen, die entsprechend scharf sind, um von vornherein zu verhindern, dass es zu Manipu­lationen kommen könnte. Ich glaube das nicht.

Danke dafür, dass Sie mir Ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben. Ich habe mir ge­dacht, wenn ich schon bei Ihnen sein darf, dann möchte ich auch ein bisschen etwas sagen, wenn es passt. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

16.49


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll826. Sitzung / Seite 65

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

16.49.43Einlauf

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt eine Anfrage mit der Nummer 2961/J-BR/2014 eingebracht wurde.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen.

Als Sitzungstermin wird Mittwoch, 26. Februar 2014, 13 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unter­liegen.

Die Ausschussvorberatungen sind ebenfalls für Mittwoch, 26. Februar 2014, ab 11 Uhr, vorgesehen.

Bevor ich die Sitzung schließe, darf ich Ihnen alles Gute für dieses Jahr wünschen. Mit heutigem Datum beginnt ja das chinesische Jahr des Pferdes, das im Zeichen des Mutes, der Dynamik und der Durchsetzungskraft steht. Ich wünsche Ihnen ein schönes Jahr des Pferdes!

Die Sitzung ist geschlossen.

16.50.40Schluss der Sitzung: 16.51 Uhr

 

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