Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 43

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Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg’ auch keinem andern zu. – Das gilt auch umgekehrt. Was du von den anderen unter schwierigen Bedingungen willst, mußt du auch bereit sein, selbst zu erfüllen.

Und fünftens und letztens möchte ich zur Kollegin Schmidt, die zu der Anerkennung von Staaten hier gesprochen hat, etwas sagen. Es stimmt schon, daß die Anerkennung eines Staates auch eine gute Gelegenheit ist, Verlangen an diesen Staat zu stellen, Wertungen dieses Staates in rechtlicher und anderer Hinsicht vorzunehmen.

Ich erinnere daran, daß wir bei einem baltischen Staat im Einvernehmen mit dem Herrn Außenminister damals auch von seiten des Parlaments zum Beispiel die Frage Minderheiten releviert haben. Ich glaube, es ist richtig – und da hat sie recht –, daß bei Anerkennung so etwas geschehen soll. Aber ob die Anerkennung an sich nur als Instrument, als Gütesiegel zu verstehen ist oder ob man auch anerkennen sollte unter Bedingungen, wo nicht alles paßt, das ist nicht nur eine Frage der Bewertung, sondern das ist auch eine Frage, ob man einen Sinn darin sieht, mit Staaten nicht nur ganz oder nicht, sondern auch abgestuft zu verkehren, sie in Gemeinschaften aufzunehmen, weil sie anerkannt sind, und dann in einem Prozeß auf sie einzuwirken. Und die Möglichkeiten, Staaten zu beeinflussen – das hat die Erfahrung gezeigt –, sind meistens erst dann gegeben, wenn sie anerkannt und aufgenommen sind in gewisse Gemeinschaften, wie die Vereinten Nationen. Es ist die Frage, ob man dann bestimmte Abkommen, Präferenzregeln als Druckmittel einsetzt.

Ich bin also dafür, daß man Restjugoslawien nicht als Nachfolger des alten Jugoslawiens, sondern als Staat möglichst rasch anerkennt und dabei auch sagt, was man sich erwartet. Aber ich glaube, dieses Anerkennen wird auch ein Schritt in die Richtung sein, daß man einwirken kann, daß dann auch untereinander die Beziehungen normalisiert werden, womit ein guter Beitrag auch zur Sicherheit und positiven Entwicklung insgesamt geleistet wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist der Abgeordnete Dr. Frischenschlager. Er hat das Wort.

12.28

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Dem meisten, was mein Vorredner, Kollege Schieder, gesagt hat, kann man durchaus zustimmen. Ich möchte aber trotzdem gerade seinen Schlußteil im Hinblick auf die Problematik Anerkennung Jugoslawiens als Aufhänger benützen, um hervorstreichen zu können, worum es bei dieser Debatte geht. Es geht ja an sich um eine eher formale Sache, aber ich möchte hervorstreichen, warum wir besonders in Europa bei der Durchsetzung von Menschenrechten und demokratisch-kulturellen Zuständen in Hinkunft nicht nur vorsichtig sein müssen, sondern, glaube ich, auch alle Möglichkeiten der politischen Durchsetzung einsetzen müssen.

Dieses Restjugoslawien ist meines Erachtens ein typisches Beispiel für etwas, wo wir zwei Dinge auseinanderhalten müssen.

Erstens: Selbstverständlich können wir diese Länder – und ich meine jetzt nicht nur Restjugoslawien, sondern auch unsere unmittelbaren Nachbarn östlich von Österreich – nicht mit den Maßstäben bezüglich Demokratie und rechtspolitisch messen wie in einem westeuropäischen Land, das fünf Jahrzehnte, ein halbes Jahrhundert also, Gottseidank eine friedlich-demokratische, rechtsstaatliche Entwicklung zu verzeichnen hat. Wir wissen, daß diese Länder im Übergang sind, aber wir müssen – ich komme jetzt auf das, was du im Schlußteil gesagt hast – im Zuge der Anerkennung drängen, daß sich die Verhältnisse dort so entwickeln, daß sie ungefähr den Mindeststandards in menschenrechtlicher und demokratiepolitischer Hinsicht entsprechen.

Und ein Restjugoslawien, das den Kosovo und die Bevölkerung dort so behandelt, wie es das tut, erfüllt diesen Standard eben nicht.


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