Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 106

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Es muß auch außer Frage stehen, daß in der Phase des Lebensabends höhere Kosten bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen entstehen. Ich möchte Ihnen jetzt ein Beispiel zitieren. Es gibt den Dr. Thalé, der Ihnen allen wahrscheinlich schon ein Begriff ist, er hat über Sozialversicherung und Patienten ein Buch geschrieben, das sehr gut ist, das ich Ihnen empfehlen möchte, und er hat auch einen gesundheitspolitischen Artikel in der "Ärzte-Woche" veröffentlicht. Und da zeigt er folgendes Fallbeispiel auf. Da sagt einmal ein 83jähriger: "Ich kenne mich nicht mehr bei dieser Gesellschaft aus, bin ich denn zu alt zu leben?"

Es wird dann folgendes Beispiel gebracht. Es gibt einen 56jährigen Mann und eine 73jährige Frau. Beide leiden an cerebralem Schwindel, beide werden zu einer kernspintomographischen Untersuchung des Gehirns geschickt. Dem 56jährigen Patienten werden die Kosten dieser Untersuchung rückvergütet, dem 73jährigen nicht. Beiden wird ein Medikament verordnet, beide beziehen dieses Medikament in der Apotheke. Der 56jährige bekommt die Kosten ersetzt, die 73jährige nicht.

Der Schluß dieses Artikels ist folgender: "Wieviel alten Menschen ergeht dies so in unserer sozialen Gesellschaft? Die angeführten Fälle sind Anzeichen einer Entwicklung, die ein redlicher Mensch nicht verstehen – ein Arzt nicht mittragen kann."

Ich bitte Sie wirklich, das zu bedenken: Es ist ganz besonders notwendig, einen politischen Bewußtseinswandel zu vollziehen, gerade im Umgang mit unseren alten Menschen. Es ist keine noble Geste, diesen einfach ihre Bezüge und ihre Leistungen zu streichen. Und es ist auch bar jeder politischen Moral, wenn vor den Wahlen diametral anders argumentiert wird als nach den Wahlen.

Und nur ganz kurz – ich bin schon fast am Ende meiner Ausführungen –: Es wurde jüngst – Sie haben das sicher in den Medien gelesen – zum ersten Mal in der Geschichte ein französischer Politiker wegen eines gebrochenen Wahlversprechens zu einer nicht unbedeutenden Geldstrafe in Höhe von 42 000 S verurteilt. Ich gebe es Ihnen zu bedenken.

Wir von den Freiheitlichen bekräftigen daher heute unsere Ablehnung, unsere absolute Ablehnung diesem unintelligenten Belastungspaket gegenüber. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist mir persönlich ein ganz besonderes Anliegen, mich für sozial Schwache und vor allem auch für unsere alten Mitbürger einzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kollege Großruck. Er hat das Wort.

15.30

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Dolinschek – ein lieber Sitznachbar von mir – hat vorhin über das Arbeitszeitgesetz gesprochen und moniert, daß durch verschiedene Anträge die Gefahr besteht, daß die Bürger zu lange arbeiten müssen. Dolinschek, du hättest es gestern in der Hand gehabt, daß zumindest ein Teil der Bürger nicht so lange arbeiten muß, indem du der Geschäftsordnungsreform zugestimmt hättest, denn dann hätten jene Bediensteten im Parlament, die 18 Stunden und mehr arbeiten, dank deiner Zustimmung weniger arbeiten müssen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Das war nur ein kleiner Hinweis, der zeigt, daß die Praxis etwas anders ausschaut, als es in der Theorie hier heraußen verkündet wird.

Meine Damen und Herren! Die 53. Novelle soll also heute beschlossen werden. Es ist sehr viel gesagt und argumentiert worden. Ich möchte noch einen kleinen neuen Aspekt dazu einbringen.

Meine Damen und Herren! Nicht nur in Österreich haben wir Probleme mit dem Sozialstaat, nicht nur in Österreich muß novelliert werden. Im "Spiegel" vom 13. Mai 1996 ist ein Bericht über das Schlaraffenland, das in Deutschland angeblich abgebrannt ist, zu finden. Ich lese Ihnen ein paar Schlagzeilen vor, die zeigen, mit welchen Problemen das Wirtschaftswunderland Deutsch


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