Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 269

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Es gehört einiges dazu, unsere im internationalen Vergleich braven, ja allzu braven Studenten auf die Straße zu bringen. Es gehört viel dazu, die akademischen Lehrer zum Streik zu bewegen, und es gehört eigentlich noch mehr dazu, daß die Universitäten bei der Bevölkerung fast ungeteilte Sympathie für ihre Empörung finden.

Ist die pekuniäre Anerkennung eines Studiums über Kinder- oder Familienbeihilfen eine an sich fragwürdige und eine den Status letztlich abqualifizierende Form, so bedeutet der unerwartete und rückwirkend wirksame Entzug mit der Semestererfolgsklausel einen brutalen Schnitt. Die durchschnittliche Studienzeit beträgt derzeit mehr als 14 Semester und liegt um mehr als fünf Semester über den theoretischen Mindestzeiten. (Abg. Dr. Niederwieser: Das stimmt nicht!)

Herr Kollege, bei einzelnen Studienrichtungen sind es, wie Sie wissen, sieben und acht Semester mehr. Und wenn Sie so lachen: Hier herinnen sitzen mehr als 60 Akademiker; keiner von Ihnen ist mit der Mindeststudiendauer ausgekommen. Andernfalls lade ich Sie gerne zur tatsächlichen Berichtigung ein, Herr Kollege Niederwieser. (Abg. Dr. Niederwieser: Acht Semester!)

Die durchschnittliche Studiendauer der akademischen Abgeordneten liegt verläßlich über 13 Semester; dafür sorgt schon der kränkliche Exministrant Dr. Cap, der alleine unser aller Schnitt um ein halbes Semester hebt. Jeder von uns wäre nach dem Beschluß der Regierungsparteien der Beihilfe – mit einer Ausnahme, wie ich höre und akzeptiere – verlustig gegangen.

So wenig, wie wir aus Jux und Faulheit die Zeit überzogen haben, so wenig tun es die Studenten heute. Nur haben sie es heute beträchtlich schwerer, die Massenuniversität fordert ihre Opfer im Drop-out in den Semesterzahlen. Wenn Sie bedenken, daß 1980 auf einen Professor 65 Studenten entfielen und ein Assistent 18 Studierende zu betreuen hatte, 1995 auf einen Professor jedoch 130 Studenten entfielen und auf einen Assistenten 34 Studenten kamen, so ist das nicht weiter verwunderlich.

Die Menge des Unterrichtsraumes hingegen hat sich in diesem Zeitraum pro Student fast halbiert. Es sind keine leeren Worte der Rektoren Otruba, März, Skalicky & Co, wenn sie von Aufnahmesperre, eingeschränktem Betrieb und neuerlichen Streiks reden. Und während die ehrenwerten sozialistischen Bildungspolitiker den freien Zugang zu den Hohen Schulen lauthals verkünden, führen sie den Numerus clausus subtilis ein. (Abg. Dr. Mertel: Zu welchem Punkt der Tagesordnung sprechen Sie, Herr Kollege?)

Ich werde in Kürze auf den von mir gestellten Antrag, der von Ihnen im Ausschuß mit Sicherheit ohne Kenntnis desselben abgelehnt wurde, zu sprechen kommen.

Sie sind dafür verantwortlich, daß der Numerus clausus subtilis eingeführt wird: subtil, über die Sozialschranken hemmend und mit Untergrabung der Studienbedingungen. Monate und jahrelanges Warten auf Labor- und Übungsplätze, auf Prüfungstermine und Diplomarbeiten sind an der Tagesordnung. Ein Universitätsstudiengesetz wird seit geraumer Zeit angekündigt. Es soll Studienpläne entrümpeln und eine Verkürzung der Studienzeit bewirken.

Warum will man mit den Beihilfenentzugsgesetzen nicht bis zu diesem Moment warten? Warum will man den Studierenden das Vertrauen nehmen, die derzeit im Studium sind und das Studium begonnen haben, als von diesem Entzug nicht die Rede war?

Es wurde daher der Antrag 176/A (E) der Abgeordneten Dr. Grollitsch und Kollegen gestellt, in dem gefordert wird, daß für die derzeit Studierenden die Regelung der Plus-2-Semesterklausel bis zur Schaffung der nötigen Voraussetzungen, um die Mindeststudiendauer erfüllen zu können, ausgesetzt wird.

Dieser Antrag wurde im Ausschuß – wie erwartet – abgelehnt, ich bitte Sie aber trotzdem im Namen der akademischen Jugend, im Namen jener, die mit diesem Überfall nicht rechnen konnten, ihm hier zuzustimmen. – Danke (Beifall bei den Freiheitlichen.)

3.06


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