Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 87

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Meine Damen und Herren! Trotz Nörgelei und Fundamentalismus: Das Projekt Europa geht weiter. Mit Optimismus und Tatkraft auf die Baustelle. Ich freue mich auf den Tag im Jahre 1998, an dem wir den Vorsitz in der Regierungskonferenz übernehmen werden. Ein österreichisches Staatsoberhaupt, ein österreichischer Regierungschef und ein österreichischer Außenminister werden 1998 dort, wo 1815 das letzte Mal beim Wiener Kongreß Österreich Europa geführt hat, Europa führen. – Glück auf, meine Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager. – Ich erteile Ihnen das Wort.

14.19

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Die beiden Berichte unserer Regierungsspitzen haben mich insofern angenehm überrascht, als sie eigentlich in einem eher großen Bogen versucht haben, die europapolitische Dimension aufzuzeigen. Ich frage mich nur, ob derartige Reden erklären können, warum inzwischen so viele Österreicher –nachgewiesenermaßen, leider –, nachdem diese Zieldimensionen so klar dastehen, so ein tiefes Mißtrauen gegenüber der Europäischen Integration haben. Und ich frage mich auch: Was ist die Ursache dafür, daß sich jetzt ein wesentlich größerer Bevölkerungsanteil gegen einen Beitritt Österreichs zur Europäischen Union aussprechen würde?

Meine Damen und Herren von der Regierung! Ich frage mich schon: Was haben Sie eigentlich aus diesem unglaublich weitsichtigen Ja der Österreicherinnen und Österreicher zur EU vor über zwei Jahren im Hinblick auf eine europäische Zukunft Österreichs gemacht? Was haben Sie inzwischen an Europapolitik geliefert, sodaß ein Stimmungsumschwung im Zusammenhang damit jedenfalls nicht zu leugnen ist?

Ich möchte jetzt eigentlich nicht eingehen auf diese ganze jammervolle Entwicklung unmittelbar nach dem Referendum. Erinnern wir uns etwa nur an die Kompetenzstreitigkeiten, an das Gerangel um jeden Posten in der österreichischen Mission in Brüssel, damit ja schön jede Regierungspartei "ihre" Beamten dort hat. Österreich hat in Brüssel – nach Deutschland – die größte Mission. Die Bundesländer – mit Ausnahme von einem – haben dort noch zusätzlich ihre eigene Botschaft in Brüssel errichten "müssen". Selbst Kommissar Fischler hat sich damals sehr deutlich geäußert und gesagt: Was ist das alles an Praxisexport aus Österreich bei der Personalpolitik, indem man versucht, diese geradezu tragische österreichische Proporzpolitik nach Möglichkeit auch in die EU-Beamtenschaft hineinzutragen!

Also ich glaube schon, daß es fast wie eine Drohung klingt, wenn jetzt im Wahlkampf das Schlagwort von der "Verösterreicherung Europas" auftaucht. So stelle ich mir die europäische Zukunft nicht vor, wie sich eben nach dem Referendum die konkrete EU-Politik dieser großen Koalition darstellt. Das kann nicht unser Ziel sein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es geht mir aber, wie gesagt, jetzt eigentlich gar nicht so sehr darum, auf diese merkwürdigen Praktiken hinzuweisen, sondern was mich besonders stört – und das steht im Widerspruch zu ihren Reden heute –, ist, daß diese große Koalition – zumindest so, wie sich darstellt – die weitere politische Dimension der europäischen Einigung aus den Augen zu verlieren droht.

Ich habe heute sehr Schönes von Ihnen über den Binnenmarkt et cetera gehört. Aber ich frage – und da spreche ich besonders Sie an, Herr Vizekanzler –: Was soll man von einem Wirtschaftsminister halten, der als eine seiner ersten Aussagen unmittelbar nach seinem Amtsantritt den Österreichern allen Ernstes "patriotisches Einkaufen" und "patriotisches Urlauben" vorschreiben will?

Der neue Wirtschaftsminister wollte rund um Österreich Taferln in den Boden treiben und draufschreiben: Bleibt im Lande und bleibt redlich; es ist geradezu österreichischer Landesverrat, wenn ihr ins Ausland fahrt oder gar ausländische Güter konsumiert! (Abg. Verzetnitsch: Ihr Kollege Peter wirbt auch für Urlaub in Österreich!) Selbstverständlich, Herr Präsident!


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