Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 97

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Konzepte vorlegen kann, wie man herauskommt aus den Schwierigkeiten, darf zu Recht nicht mehr auf das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung hoffen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Insbesondere ist bedenklich, daß die Frauenerwerbsquote dabei noch stärker sinkt. Wir haben erstmals auch eine rückläufige Frauenerwerbsquote – und das in einem Land, in dem ohnehin niemals die Werte der skandinavischen Länder oder auch nur unserer unmittelbaren Nachbarländer erreicht werden konnten. Und das ist, glaube ich, gerade in Österreich angesichts der ökonomischen Situation der Frauen – die Alterspension der Frauen beträgt nicht einmal die Hälfte jener der Männer – ein Alarmsignal, das uns alle wachrütteln sollte.

Die Aufzählung der Gründe, warum diese Bundesregierung im Bereich der Innenpolitik und der Europapolitik nicht mehr auf das Vertrauen der Bevölkerung hoffen kann, ließe sich fortsetzen. Wer dieser Tage einen Blick auf die Universitäten gemacht hat, sieht, wozu das Belastungspaket dort geführt hat. Studentinnen und Studenten müssen vor versperrten Türen übernachten. Neunzigtausend Studierende können von 20 Beamtinnen und Beamten in den Evidenzstellen nicht mehr zeitgerecht und korrekt behandelt werden, und auch diese Tendenz setzt sich leider fort.

Wir werden daher zu all diesen Punkten, Beschäftigungssicherung, Wahrung der sozialen und ökologischen Standards und Neutralität, im folgenden Entschließungsanträge einbringen. Dann können Sie, anders als bei Ihren vagen und schwammigen Aussagen, endlich zeigen, ob Sie es ernst meinen, daß Sie die Chancen, die Sie bisher nicht genutzt haben, in Zukunft nutzen wollen, daß Sie endlich anfangen, das, was Sie vor dem 12. Juni 1994 versprochen haben, nämlich das Gewicht Österreichs aktiv zu nutzen, um Europa zu verändern, umzusetzen. Bis heute sehen wir zuwenig Signale. Wir hoffen, daß sich vielleicht doch der eine oder die andere Abgeordnete mit diesen grünen Entschließungsanträgen solidarisch erklären kann. Herr Bundeskanzler! Bisher ist es jedenfalls kein Wunder und nicht dumpfe Emotion, daß die Österreicherinnen und Österreicher Ihre Politik argwöhnisch beobachten. (Beifall bei den Grünen.)

15.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte.

15.12

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme nicht an, daß es sich um ein Arbeitsbeschaffungsprogramm des österreichischen Parlaments handelt, wenn die Klubobleute und der Präsident jetzt eine Telefonanlage bekommen haben. Genauso wenig glaube ich, daß Herr Haider sich weiter als Schutzpatron der Arbeiter bezeichnen kann, wenn er selbst, wie zum Beispiel vor kurzem, die Reduktion von Urlaubsansprüchen, die Streichung des zweiten Karenzjahres, den Sozialabbau als Mittel zur Überwindung der Krise sowie Pensionskürzungen für Arbeitnehmer, die oft arbeitslos waren, verlangt. Ich könnte diese Liste noch fortsetzen. (Abg. Dolinschek: Das ist nicht wahr!) Ich habe sie schon mehrfach dem Protokoll angehängt. (Abg. Dolinschek: Das ist die Unwahrheit!) Das ist die Unwahrheit? – Das sind die eigenen Worte Ihres Parteiobmannes, Herr Kollege! Ich zitiere nur Ihren Parteiobmann. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber in der heutigen Debatte sollen wir uns mit der Frage der Wirtschaft und der Integration auseinandersetzen. Ich glaube, daß sich gerade bei diesen beiden Themen im Fokus – das zog sich auch durch die Beiträge einiger Debattenredner – die Frage erhebt: Rahmenbedingungen oder schrankenloser und ungezügelter Markt? Dazu fällt mir ein, daß der vormalige Staatspräsident Gorbatschow zu Außenminister Schultz einmal gesagt hat: Ich werde Ihnen das Ärgste antun, was man Ihnen antun kann: Ich werde Ihnen den Feind nehmen.

Vergleicht man das mit der heutigen Situation in Europa, wenn es um Wirtschaftsdebatten geht, so habe ich persönlich das Gefühl, daß heute oft genug Arbeitnehmer als Feind gesehen werden, vor allem jene Arbeitnehmer, die soziale Schutzrechte einfordern, die auch ihren gerechten Anteil an dem gemeinsam erwirtschafteten Volksvermögen haben wollen. Wenn nämlich zum Beispiel Herr Abgeordneter Haselsteiner in einer Zeitung – er wird in "täglich Alles"


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