Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 127

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Ich appelliere daher an Sie, diesen Antrag im Justizausschuß zu unterstützen, damit wir auch etwas Konkretes tun und nicht nur nebulos darüber reden, was rein theoretisch an Bewußtseinsbildung gemacht werden soll.

Aber wenn wir von Bewußtseinsbildung reden, dann wäre es für mich schon notwendig, etwas auch ein bißchen zu hinterfragen, nämlich an die Wurzeln dieser Delikte zu gehen. Da rede ich jetzt von den Delikten, wie sie sich in Europa, durchaus auch in Amerika, aber jedenfalls nicht in der Dritten Welt abspielen, denn hier hat die Ausbeutung von Menschen und von Kindern und daher auch die sexuelle Ausbeutung ganz andere Ursachen. Aber ich behaupte, daß das Ausmaß dieser Delikte und das Ausmaß der Schäden, die Kinder und Menschen dadurch davontragen, in unseren Breiten zu einem gut Teil auf eine unglaublich verlogene Moral dieser Gesellschaft zurückzuführen ist, auf eine verlogene Moral, die unter anderem bestimmte Lebensformen sakrosankt erklärt und auf diese Weise die Seelenpein der Betroffenen noch verschärft. (Abg. Großruck: Meinen Sie die Ehe?)

Wir wissen, daß sich diese Delikte zu einem gut Teil (Abg. Großruck: Meinen Sie die Ehe?) – das ist jetzt ein sehr ernstes Thema – im Familienbereich abspielen. (Abg. Großruck: Ach so!) Ja, so ist es leider. Und nun ergibt sich leider, daß das betroffene Kind – ob Mädchen oder Bub – auf der einen Seite traumatische Erlebnisse über Gewalt hat, auf der anderen Seite sich das aber in der Normalität dieser Gesellschaft abspielt, nämlich in der Familie. Auf diese Weise kann das Kind gar nicht damit zurechtkommen, weiß es nicht, wie es damit fertig werden soll, traut es sich daher auch nicht, darüber zu reden oder zu irgendeinem Ansprechpartner außerhalb zu gehen, weil das doch unter dem Schutzschild dieser ach so heiligen Familie passiert.

Da muß man einmal hinterfragen, was da alles an Doppelbödigkeit drinnen liegt, denn das führt auch dazu, daß eben weggeschaut oder stumm zugeschaut wird, das führt dazu, daß es auch Mütter gibt, die zuschauen, weil hier irgendwo ein doppelter Boden eingezogen ist, was denn Sexualität beim Menschen überhaupt ist. Wenn einmal Sexualität und Vergewaltigung in unserem Strafgesetz unter dem Titel "Verstöße gegen die Sittlichkeit, Vergehen gegen die Sittlichkeit" abgehandelt werden, dann dreht es einem doch den Magen um, wenn nicht begriffen wird, daß das ein Teil der Menschenwürde ist. Das hat nichts mit irgendwelchen Sittlichkeitsgeboten zu tun, die sich halt immer wieder ändern in einer Gesellschaft und die in unterschiedlichen Kulturkreisen auch unterschiedlich sind. Wenn wir endlich begreifen, daß es um die Menschenwürde geht, dann werden wir zumindest die Dunkelziffer bei den heute angesprochenen Delikten reduzieren können. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei den Grünen.)

17.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. Sie hat das Wort. Redezeit: 10 Minuten.

17.17

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Bundesminister! (Abg. Dr. Khol: Das möchten wir auch auf slowenisch oder kroatisch hören!) In der allerletzten Debatte des Nationalrates 1994 – vor den Wahlen damals, vor den Nationalratswahlen – ist dieser ja heute schon so oft genannte § 207a zur sogenannten Kinderpornographie beschlossen worden. Ich habe mich damals – ich habe das jetzt nachgelesen – vehement gegen diesen Ausdruck gewehrt. Da geht es nicht um Kinderpornographie, da geht es um Gewalt, in dem Fall sexuelle Gewalt gegenüber Kindern.

Das Wort "Kinderpornographie" verniedlicht und unterspielt damit die Dramatik dessen, was geschieht. Wir brauchen uns ja nur an das zu erinnern, was im Fernsehen zu sehen war, und an das, was die Medien über die Verbrechen, die in Belgien passiert sind, berichtet haben. Das hat in meinen Augen nichts mit Kinderpornographie zu tun, das sind Verbrechen, und darum ist es so wesentlich, klarzustellen, wovon man redet. Man redet von Gewalt, die gegenüber Kindern ausgeübt wird, von sexueller Gewalt gegenüber Kindern.


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