Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 31

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Herr "Werkvertragsminister"! Eher geht ein Kamel durch das berühmte Nadelöhr, als daß diese Werkvertragsbestimmungen saniert werden können!

Nur eines, Herr Minister: Die dilettantische Vorgangsweise der Regierungsparteien ist wirklich unzumutbar. Es herrscht in Österreich eine Rechtsunsicherheit, die nicht mehr zu überbieten ist. Herr Bundesminister! Wer übernimmt die Kosten, die Kosten für volkswirtschaftliche Schäden, die Sie mit diesen Bestimmungen hervorgerufen haben? Wer zahlt die Schulung, die Ausbildung von Zehntausenden Mitarbeitern in den Betrieben? Wer zahlt die EDV-Umstellungen, die mehrfach erfolgt sein mußten, weil immer wieder geändert wurde? Wer zahlt die anzuschaffende Fachliteratur?

Sie, Herr Minister, ziehen sich zurück und betonieren. Sie als geistiger Ziehvater dieser Werkvertragsregelung betonieren ab wie weiland Hesoun in Hainburg. Und Sie, Herr Minister, werden die Zeche dafür noch zu bezahlen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer, Herr Minister, hat eigentlich bisher an dieser Regelung verdient? – Im Regelfall hohe und höchste Ministerialbeamte, die durch die Lande gezogen sind und Regelungen erklärt und gelehrt haben, die noch gar nicht in Kraft getreten sind und die ständig geändert wurden.

Herr Bundesminister! Dadurch ist ein volkswirtschaftlicher Schaden in Millionenhöhe entstanden, und Sie tragen die Mitverantwortung dafür! Aber natürlich werden Sie wieder sagen: Wir brauchen das zum Schutz der Solidargemeinschaft, zur Sicherung des sozialen Netzes. – Herr Bundesminister! Diese Aussage ist eine nicht zu überbietende Art von Heuchelei!

Es war nämlich der Ausgangspunkt ein ganz anderer: Es waren finanzielle Mittel, die Sie für das Budget lukrieren wollten. Ich habe einen unverdächtigen Zeugen, nämlich Herrn Abgeordneten Stummvoll, der erklärt hat, und zwar am Donnerstag, dem 8. August 1996, im "WirtschaftsBlatt": Die politische Vorgabe war, darüber nachzudenken, wie aus Werkverträgen Mittel für das Budget lukriert werden können.

Das war der wahre Grund! Nicht die Solidargemeinschaft, nicht der Schutz der Schwachen! Wie könnten Sie sonst einer Ausnahmeregelung zustimmen, die tatsächlich sozial Schwache, die Kolporteure aus der Versicherungspflicht ausnimmt, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie reden nicht den sozial Schwachen das Wort. Diese Werkvertragsregelung ist absolut frauenfeindlich, weil sie immer mehr Frauen, die ein wenig dazuverdient haben, in die Abhängigkeit treibt. Herr Bundesminister! So kann es doch wirklich nicht gehen! Außerdem schaffen Sie die Möglichkeit, daß Unternehmer von einem echten Dienstvertrag in einen sogenannten freien Dienstvertrag ausweichen – mit dem Ergebnis, daß jene sogenannten freien Dienstnehmer keinen Mindestlohn haben, kein Arbeitslosengeld bekommen, kein Urlaubsgeld, keinen bezahlten Urlaub, keinen Schutz vor willkürlicher Kündigung haben. – Und das wollen Sie, Herr Bundesminister, als Sozialdemokrat vertreten? – Da verstehe ich Ihre Welt, Herr Bundesminister, nicht mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wiewenig Sie diese ganze Materie im Griff haben, zeigt eine Aussage der Kollegin Reitsamer vom 3. Juni 1996, die via APA erklärte: Sozialpartner und Wirtschaftstreuhänder – die Verhandlungen sind bereits so weit gediehen, daß die Vollziehung der Regelung mit 1. Juli 1996 gesichert sei. – Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Sozialsprecherin der Sozialdemokraten erklärt: Die Vollziehung dieser Regelung ist mit 1. Juli 1996 gesichert. – Heute, drei Monate später, verhandeln wir über ein Reparaturgesetz zum Reparaturgesetz.

Frau Reitsamer! Haben Sie wirklich keine Ahnung von der Materie? – Wenn doch, dann würde ich Sie bitten: Lesen Sie sich die freiheitlichen Anträge durch, und stimmen Sie mit uns für eine ersatzlose Aufhebung all dieser unsinnigen Bestimmungen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch die Österreichische Volkspartei, die sich anscheinend nicht aus der Geiselhaft der Sozialdemokraten loslösen kann, spielt hier ein trauriges doppelbödiges Spiel. Am 10. Juli 1996 hieß es laut Vizekanzler Schüssel:


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