Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 40

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Wenn ich mir Ihren Vorschlag zur Sonntagsöffnung mit der Familienbetriebsverordnung, die der Landeshauptmann auf Basis des Öffnungszeitengesetzes erlassen muß, und einer dazu noch notwendigen Verordnung zum Betriebszeitengesetz und so weiter anschaue, wird mir klar, daß all das in Wirklichkeit doch nicht administrierbar ist. Es wird den Händler A geben, der am Sonntag geschlossen hat, und den Händler B, der innovativ ist und aufsperrt, weil er Kunden erwartet. Dann wird der Händler A den Händler B bei der Wirtschaftskammer vernadern und so weiter und so fort.

Meine Damen und Herren! Es nützt nichts, wenn wir nicht den Mut haben, das Reglementierungsprinzip durch das Vertrauensprinzip zu ersetzen. Wir müssen klare, einfache Rahmen schaffen und feststellen, wer für die Einhaltung der Rahmen verantwortlich ist, und das Vertrauensprinzip anwenden und sagen, hier werden die Kontrollen einsetzen. Das Reglementierungsprinzip bis ins Detail jedoch führt zu einer Vielzahl an Bürokratie.

Dazu kommt noch, daß Sie die Kosten der Arbeitgeber für die Arbeit außerhalb des "kollektiven Glücks" – offensichtlich gibt es ein solches – verteuert haben, und zwar gemeinsam mit Ihrem Kollektivvertragspartner, denn dem müssen ja die Wirtschaftskämmerer zugestimmt haben. Das heißt, wir setzen jenen innovativen Unternehmen, die mit ihren Mitarbeitern bereit sind, im Sinne von mehr Beschäftigung, mehr Wertschöpfung neue Kundenbedürfnisse zu befriedigen, ein Kostenbild in Form von Mehrdienstleistungszuschlägen in der Normalarbeitszeit entgegen, das letztlich jede Innovation bremst.

Herr Bundesminister! Sie können Liberalisierungsvorschläge im Parlament einbringen, wir können sie hier beschließen, solange aber die Kollektivvertragspartner um die Ecke herum die Mehrdienstleistungszuschläge in der Normalarbeitszeit in einem Ausmaß erhöhen, daß die Öffnungszeit nicht mehr attraktiv sein kann, wird Liberalisierung nicht stattfinden.

Einen Satz zur Frage der Einzelhändler und der Kleinbetriebe. (Abg. Verzetnitsch : Liberalisierung zum Nulltarif!) Was heißt hier "Nulltarif", Herr Präsident? Sie können in einem Betrieb, wie Sie ja wissen, nur die Summe der Wertschöpfung, die Sie in diesem Betrieb haben, verteilen. Davon bekommt der Staat einen Teil an Steuern, die Mitarbeiter ihren Anteil als Gehalt, und das, was übrigbleibt, ist der Gewinn, und wenn nichts übrigbleibt, gibt es einen Verlust.

Wenn Sie heute mit Zuschlägen arbeiten, bedeutet das, daß Sie die Wertschöpfung (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch ) – Moment, hören Sie mir zu! – neu verteilen, daß die Grundlöhne sinken müssen, weil ein größerer Anteil der Wertschöpfung an die Zuschläge geht. Das ist doch relativ einfach. Aber durch Kundenverweigerung verringern Sie nur die Wertschöpfung, haben dadurch weniger zu verteilen und weniger Beschäftigung. So einfach ist die Ökonomie! (Beifall beim Liberalen Forum. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

40 Jahre lang hat man versucht, Kleinbetriebe zu schützen, mit dem Ergebnis, daß sie eingegangen sind. Die großen Fische fressen die kleinen, aber nur die langsamen. Wenn man die Kleinbetriebe daran hindert, schnell zu sein, indem man bürokratische Hürden aufbaut, werden sie den Wettbewerb gegen die großen nicht schaffen. Beim Preis können sie nicht konkurrieren. Aber sie können bei der Qualität der Kundenbetreuung, in der Sortimentspolitik und bei ganz klaren, emotionalen Faktoren den Kunden gegenüber konkurrieren.

Wenn Sie Kleinbetriebe hinsichtlich der Öffnung behindern, wenn Sie sie "schützen" – so wie die Wirtschaftskammer immer vorgibt, es zu tun –, dann bringen Sie Kleinbetriebe um ihre einzige Chance, die sie wirklich haben.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Wunsch an die Koalitionsregierung zusammenfassen: Wenden Sie sich ab vom Reglementierungsprinzip, schaffen Sie weniger Bürokratie und gehen Sie auf das Verantwortungsprinzip über! – Sehen wir Einkaufen nicht als lästige Versorgungspflicht, sondern als Einkaufserlebnis. Kommen Sie von der reglementierten zur selbstbestimmten Arbeitswelt, die durch Betriebsräte, durch ein neues Betriebsverfassungsrecht und durch eine neue Unternehmenskultur geschützt wird! Vom Angestellten zum Mitarbeiter und Kundenbetreuer! Es ist eine Frage der Unternehmenskultur, wie man mit Mitarbeitern umgeht. Von der geschützten Werkstatt zur Dienstleistungsgesellschaft! Statt Kreativitätshem


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