Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 148

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Ich erteile nunmehr der Frau Abgeordneten Mag. Stoisits als Antragstellerin des Verlangens das Wort, um die Debatte zu eröffnen. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.29

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Im In- und im Ausland vor allem ist in den letzten Monaten eine heftige Diskussion über Gold, das während der NS-Herrschaft ins Ausland, in verschiedene Länder geschafft wurde, entbrannt. Vor allem ist diese Diskussion in der Schweiz sehr heftig. Dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren, handelt es sich nicht nur um Gold aus Nationalbankbeständen, sondern in erster Linie geht es in dieser Diskussion um Gold von Verfolgten, das während ihrer Emigration, aber vor allem während ihrer Haft, ihrer Deportation, ihrer Gefangenhaltung und nach ihrer Ermordung in einem KZ gestohlen wurde. Es handelt sich hier um gestohlenes Vermögen.

In den Medien ist in den letzten Wochen und Monaten auch über den Umstand berichtet worden, daß die Alliierten zum Teil davon Kenntnis hatten, was damals passiert ist, und vor allem auch darüber, daß Teile dieses Goldes weiterhin in ihrer Obhut verblieben sind. Ein beträchtlicher Teil dieses Goldes und dieser Schätze stammt von österreichischen Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen und von Menschen, die damals auf dem Staatsgebiet des heutigen Österreich und des Österreich, wie es vorher bestanden hat, ansässig waren.

Für uns ist das wirklich Anlaß genug, konkret zu hinterfragen, welche Schäden die Opfer des NS-Regimes konkret in wirtschaftlicher Hinsicht erleiden mußten. Es ist doch wahrlich so, daß heute kein Zweifel mehr darüber besteht, daß es zur Aufarbeitung der österreichischen Geschichte gehört, daß dieser wesentliche Aspekt durchleuchtet wird.

Meiner Ansicht nach ist es ganz sicher nicht möglich, das menschliche Leid der Opfer, das menschliche Leid, das diese Opfer damals ertragen mußten und bis heute ertragen, das Leid, an dem Tausende, Hunderttausende, Millionen umgekommen sind, zu erfassen, und schon gar nicht, dieses Leid mit Zahlen quantifizierbar zu machen. Das ist etwas, was nicht versucht werden kann, denn dieses Leid läßt sich nicht quantifizieren.

Sehr wohl läßt sich aber in Zahlen darstellen – und das ist ganz wesentlich für diese laufende Diskussion –, was dem wirtschaftlichen Teil dieses Leides entspricht. Darüber, meine Damen und Herren, gibt es ganz divergierende Meldungen in der jüngsten Vergangenheit, daher haben wir diese unterschiedlichen Wortmeldungen über die Zahlen, die kursieren, zum Anlaß genommen, um an den Herrn Bundeskanzler in seiner Eigenschaft als Koordinator der Regierung eine Anfrage zu richten.

Meine Damen und Herren! Ich verhehle nicht, daß ich sehr enttäuscht bin über die Art der Anfragebeantwortung durch Dr. Vranitzky, deshalb besonders enttäuscht bin, weil gerade er es ist, der in den letzten Jahren als erster österreichischer verantwortlicher Politiker so klare Worte über die österreichische Mitverantwortung und über die österreichische Täterschaft in dieser Zeit gefunden hat.

Herr Staatssekretär! Wir wußten, daß der Herr Bundeskanzler heute in Dublin sein wird, aber die Möglichkeit, diese Anfragebesprechung zu machen, haben wir nur heute, die haben wir im Jänner nicht mehr. Da müßten wir sie von neuem stellen. Richten Sie ihm das bitte aus, daß diese Enttäuschung nicht nur bei mir, sondern bei sehr vielen, die davon betroffen sind, sehr groß ist. Denn so salopp auf einige Fragen zu antworten, das habe ich, ehrlich gesagt, von ihm nicht erwartet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was haben wir denn für Fragen gestellt, auf die es keine Antwort gibt? Wir haben einfach die Frage gestellt: Wann und unter Verwendung welcher Unterlagen, Angaben von Wechselkursen, Zinsverlusten und so weiter – wir dachten, da gibt es eine Menge Aufzeichnungen –, wurde zuletzt der wirtschaftliche Schaden, der den Opfern der NS-Herrschaft zugefügt wurde, zu quantifizieren versucht? Welche Gruppen waren davon betroffen? Wie hoch wird der Wert des zurückgelassenen, des gestohlenen, des arisierten Ver


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