Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 181

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht mit Sicherheit einerseits um grundsätzliche Fragen, zum Beispiel ob Österreich tatsächlich einen massiven Beitrag in Richtung Errichtung einer "Festung Europa" anstrebt. Frau Kollegin Partik-Pablé hat dafür eigentlich die richtige Bezeichnung gefunden: Sie hat in Frage gestellt, ob Österreich bereit sei, dieses "Bollwerk" zu sein. Das war eigentlich verräterisch, und da unterscheidet sich eben die Kritik der Grünen und jene der Freiheitlichen diametral.

Es soll ein Grenzbollwerk errichtet werden. Es wird de facto der Abbau einer Binnengrenze zu Deutschland abgetauscht mit der Errichtung eines neuen Eisernen Vorhangs, einer massiv strengeren Grenzkontrolle und erschwerten Bedingungen auch für die wirtschaftliche Kooperation mit dem osteuropäischen und nordosteuropäischen Raum. – Das ist der erste grundsätzliche Punkt, den man diskutieren müßte.

Der zweite grundsätzliche Punkt betrifft die gesamten demokratiepolitischen, datenschutzrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Schengener Informationssystem, auch Fragen einer effizienten Steuergeldverwendung. Es gibt da eine Parallelstruktur etwa zum EIS, dem europäischen Informationssystem, und zu ähnlichen Aufbauten, Errichtungen und Konstruktionen im datenschutzrechtlichen Bereich im Rahmen von EUROPOL.

Der dritte Bereich, der öffentlich massiv diskutiert hätte werden müssen, ist die Frage der Kosten: Nach Schätzungen des Innenministeriums sind bis zum Jahr 2000 hierfür zumindest 2,7 Milliarden Schilling erforderlich. Ich glaube, diese Schätzungen sind relativ korrekt. 2,7 Milliarden Schilling sind in Zeiten, in denen es Einsparungen im Familienbereich, im Bildungsbereich et cetera gibt, eine Summe, über die man diskutieren müßte, ob sie tatsächlich angebracht ist. Ich behaupte und bin überzeugt davon: Nein, sie ist nicht angebracht. (Beifall bei den Grünen.) Das alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, ging jedoch im wesentlichen ohne öffentliche Diskussion über die Bühne.

Der zweite Punkt, den man grundsätzlich diskutieren müßte – wir haben im Ausschuß kurz mit dieser Debatte begonnen, es hat leider Gottes außer dem Innenminister nicht viele Redner gegeben, die auf diese Debatte eingegangen sind –, ist die Frage des Europas der zwei Geschwindigkeiten, das damit forciert wird. Einerseits hat eine Reihe von europäischen Ländern das Schengener Abkommen bereits unterschrieben, es ist auch bereits in Kraft getreten, und andererseits gibt es Staaten, die zwar unterschrieben haben, die beigetreten sind, in denen es jedoch noch nicht in Kraft getreten ist. Außerdem gibt es Staaten, die dem Schengener Übereinkommen noch gar nicht beigetreten sind. Es gibt also drei verschiedene Bereiche mit einer zentralen Machtkonzentration im Bereich Deutschlands, mit zentralen Befugnissen, die eingehandelt werden und dem Exekutivausschuß im Bereich Schengen zugeordnet werden.

Es gibt außerdem – ich bin darauf schon kurz eingegangen – massive Probleme im Bereich des Schengener Informationssystems. Herr Kollege Murauer! Ich habe heute Ihre Aussendung zu diesem Thema gelesen. (Abg. Murauer: Das freut mich!) – Ich lese das mit großem Interesse. Da Sie nach mir drankommen, muß ich vorher wissen, was Sie nach mir sagen werden, damit ich darauf eingehen kann.

Herr Kollege Murauer! Sie sind auf diese datenschutzrechtlichen Bedenken nicht eingegangen. Diese datenschutzrechtlichen Bedenken gibt es aber, sie sind nicht zu verleugnen. Es wurde zwar eine Datenschutzrichtlinie erlassen, aber Sie wissen hoffentlich genausogut wie wir, daß es gemäß dieser Datenschutzrichtlinie kein Beschwerderecht für den einzelnen betroffenen Bürger gibt und daß damit ein Datenschutz nach österreichischem Standard innerhalb des Schengener Informationssystems nicht gegeben ist.

Ein weiterer Bereich, der für mich eigentlich zentralste Bereich – die Mehrheiten sind eindeutig, die Zeichen sind gesetzt –, ist die Frage der parlamentarischen Kontrolle und der Information des Parlaments über jene Vorgänge, die im Bereich des Exekutivausschusses verwirklicht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesbezüglich herrscht eine paradoxe Situation, anders als bei vielen EU-Themen. Wir haben die paradoxe Situation, daß wir keine Kontrolle


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