Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 228

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Noch ein Wort zur Sprache. Natürlich ist die Sprache ein wichtiges Mittel der Integration, und sie muß gefördert werden. Es ist auch gesagt worden, daß die Bundesländer Maßnahmen im Bereich des Sprachunterrichts für Integrationswillige befürworten. Ich glaube aber nicht, daß es sinnvoll ist, hier zu Zwangsmaßnahmen zu greifen. Was ich mir aber vorstellen kann, ist, daß, wenn jemand seinen Integrationswillen zeigt, bereit ist, die Sprache zu lernen, die Frist für den Erwerb der Staatsbürgerschaft herabgesetzt werden könnte.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Reihe von Bestimmungen in diesem Gesetzentwurf, die kritikwürdig sind oder zumindest diskutiert werden müssen. Ich kann das jetzt aus Zeitgründen nicht tun. Ich kann auch nicht auf den Antrag eingehen, der dann als nächstes behandelt wird und der zum Teil ganz andere Positionen enthält.

Wir müssen uns jedenfalls dessen bewußt sein, daß es in diesen Fragen sehr unterschiedliche Standpunkte gibt, und ich glaube, daß wir diese in sachlicher und nicht polemischer Weise ausdiskutieren müssen. Heute werden wir dazu sicherlich nicht mehr Gelegenheit haben, aber wir sollten diese beiden Anträge dazu nützen, eine sachliche und vernünftige Diskussion über dieses Thema zu führen. (Beifall bei der SPÖ.)

1.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Kier vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.00

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich an die Ausführungen meiner Vorrednerin anschließen. Auch mein Interesse ist in erster Linie darauf gerichtet, daß wir zu diesem Themen eine wirklich offene und sachliche Diskussion führen. Ich möchte mich aber anläßlich der ersten Lesung des Antrages der Kollegen Großruck, Brader und Donabauer in den wesentlichen Punkten nicht verschweigen.

Ich glaube nicht, daß dieser Antrag in seiner Hauptrichtung für die Probleme, die wir real haben, sehr hilfreich ist, insbesondere was die Fristverlängerung bei der Einbürgerung anlangt. Wir haben in Österreich im europäischen Vergleich derzeit an und für sich außerordentlich lange Fristen, und der Weg, von zehn auf 15 Jahre zu gehen, ist der falsche. Wir sehen in diesem Ansatz keine wirkliche Verbesserung oder Hilfe für das Problem der Behörden, die entscheiden sollen. Es ist im Gegenteil ein Signal in eine ganz bestimmte, nicht integrative Richtung, und das wird, wenn man die Begründung des Antrages liest und sie sich zu Herzen nimmt, auch deutlich. Hier werden besondere Kenntnisse der österreichischen und europäischen Geschichte, des österreichischen Rechtssystems und der österreichischen und europäischen Kultur genannt, wobei ich keine inneren Vorbehalte gegen die österreichische Kultur, gegen die österreichische Geschichte und so weiter habe, ich wollte nur auf etwas Wesentliches aufmerksam machen. Wenn man solche Begriffe in die Rechtsordnung einführt und den falschen Anschein erweckt, es wäre möglich, einem Staatsbürgerschaftsgesetz einen rechtsverbindlichen Begriff von österreichischer Kultur, von europäischer Kultur und von österreichischer Geschichte zugrunde zu legen, dann kann ich davor wirklich nur warnen.

Ich meine, wir sind gut beraten, uns mit unserer eigenen Geschichte immer wieder auseinandersetzen und uns darüber zu verständigen, aber wenn wir daraus eine Rechtsverbindlichkeit ableiten möchten, so wie das hier in dem Antrag geschieht, dann bekommen wir – darauf mache ich Sie aufmerksam – allein für die zurückliegenden 90 Jahre ein paar Probleme für die vollziehende Behörde, wenn wir ihre Ermessensentscheidungen auf Kenntnisse in der europäischen und österreichischen Geschichte zurückwerfen. Es wird vielleicht Beamte geben, die bestimmte Positionierungen, die rund um das Jahr 1914, die rund um das Jahr 1918, die rund um das Jahr 1934 zur österreichischen Geschichte beziehbar sind, nicht als Kenntnis, sondern als Provokation erleben. Und bei anderen wird es genau umgekehrt sein.

Also wenn Sie solche Dinge, die im Feld der Kultur, der Menschenwürde spielen, auf diese Weise in die Rechtsordnung einführen wollen, dann machen Sie etwas ganz Gefährliches, vor allem bauen Sie eine Brücke zur Ausbürgerung auf. Denn leider Gottes erleben wir oft genug,


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