Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 43

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Was die Haltung des neuen Bundeskanzlers betrifft, so mag man ihm jetzt vielleicht noch zugute halten, daß er im Moment wahrscheinlich sehr viel um die Ohren hat, daß er sich höchstwahrscheinlich nicht mit jeder Detailmaterie befassen konnte. Ich meine aber, das Mietrecht ist eine Materie, mit der sich gerade der neue Bundeskanzler sehr intensiv und sehr rasch befassen wird müssen, denn es geht, wie gesagt, dabei um Hunderttausende Haushalte, um Schicksale von Menschen, von Kindern, von Familien. Aber nun wird eine nicht nur unvernünftige, komplizierte, nicht rechtsstaatliche, sondern auch extrem gegen die sozial Schwachen gerichtete Regelung geschaffen.

Wenn der neue Kanzler antritt und sagt: Ich will mich mehr um die sozial Schwachen kümmern!, dann wird er sich sehr bald mit diesem Mietrecht beschäftigen müssen.

Es ist zwar traurig, daß wir das Mietrecht fast alle fünf Minuten novellieren müssen, weil offenbar politischer Mut und politischer Weitblick fehlen, aber ich garantiere Ihnen, daß der Druck so wachsen wird, daß sich der neue Kanzler schon sehr bald wird erklären müssen.

Ein Allerletztes: Ich sehe im Moment die Sozialministerin in spe noch nicht im Saal. Ich hoffe, sie wird bei der Abstimmung hier sein, und ich meine, ihr Abstimmungsverhalten wird sehr genau beobachtet werden, denn der grüne ... (Abg. Eder: Sie drohen?) Herr Abgeordneter, das ist keine Drohung! (Abg. Eder: Das klingt aber so!) Es ist doch wichtig, daß die Bevölkerung weiß, wie Abgeordnete, Volksvertreterinnen und Volksvertreter zu einer bestimmten Materie stehen. Es mag keine Schande sein, diese oder jene Haltung zu haben, aber eines ist schon sehr bedenklich: daß man den Vorschlag der Bundesarbeiterkammer außer acht läßt, einen Vorschlag, den ich übrigens für einen sehr weitgehenden Kompromiß halte, aber immer noch für einen tragbaren und guten. Es wird schon interessant sein, wie sich die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeiterkammer in diesem Hause, die immer sagen, es sei wichtig, daß die Sozialpartnerschaft im Hohen Haus vertreten ist, zu dem Antrag der Grünen verhalten, der wortidentisch mit dem Vorschlag der Bundesarbeiterkammer ist.

Ich meine, daß gerade Frau Hostasch in ihrer heutigen Funktion und in ihrer Funktion, die sie schon bald als Sozialministerin innehaben wird, auch in der Frage des Mietrechts persönlich gefordert ist, und ich fände es sehr traurig, wenn Frau Hostasch hier eindeutig Interessen gegen die sozial Schwachen vertreten würde und nicht einen sinnvollen Vorschlag der Bundesarbeiterkammer und der Grünen. (Beifall bei den Grünen.)

11.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Michalek gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

11.05

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Verständnis der Neuregelungen dieser Regierungsvorlage wird durch ihre Betrachtung im historischen Kontext erleichtert.

Von den drei Schwerpunkten haben die Befristungsregelungen und die Abrechnungsbestimmungen in "Mischhäusern" ihre Wurzeln im 3. Wohnrechtsänderungsgesetz beziehungsweise den Umständen dessen Gesetzwerdung, die Neuregelung im Zusammenhang mit der Mietzinsreserve im Wegfall der früheren steuerlichen Regelung durch das Strukturanpassungsgesetz 1996.

Wenn auch das geltende Mietrechtsgesetz 1981 vom Mietengesetz das Grundverständnis übernommen hat, daß der – vom Vermieter bloß sehr beschränkt kündbare – Mietvertrag auf unbestimmte Zeit der Regelfall sein soll, so hat es doch befristete Mietverhältnisse bis zu einer Dauer von höchstens einem halben Jahr zur Gänze aus seinem Geltungsbereich ausgenommen und Fristverträge bis zu einer Höchstdauer von einem Jahr gestattet.

Vor allem die Halbjahresverträge hatten in der Praxis gerade für sozial schwächere Mieter zu den heute schon angesprochenen erheblichen Problemen und Benachteiligungen geführt und waren auch Ansatzpunkt für viele Umgehungsversuche gewesen. Ihre Beseitigung war daher


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