Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 106

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Die Referenten bei dieser Armutskonferenz haben gemeint, daß die neue Armutsdebatte in Österreich von Aufgeregtheit und sozialpolitischem Aktionismus gefährdet würde. – Ich sehe das nicht ganz so, denn ich denke, daß wir es schon mit steigender Armut und vor allem mit Armutsgefährdung zu tun haben. Es beruhigt mich nicht, daß die Armut, wenn man diesen Statistiken glauben kann, nur vorübergehend ist, aber es ist immerhin besser, als wenn es lebenslange Armut wäre.

Vor allem dürfen wir eines nicht vergessen: daß die Armut vorwiegend weiblich ist. Armut hat vorwiegend etwas mit dem Verlust des Arbeitsplatzes, mit Wohnungsproblemen, mit Ehescheidung, aber auch mit Überschuldung zu tun.

Zum Arbeitsmarkt: Wir müssen danach trachten, daß wir die bezahlte Arbeit anders verteilen, aber wir haben es verstärkt mit Teilzeitarbeit zu tun, und wer ist auf Teilzeitarbeitsplätzen zu finden? – Frauen. Wer ist in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zu finden? – Frauen. Und sehr viele Frauen sind – das weiß ich ganz genau, weil ich in einer kleinen Gemeinde lebe und das sehr gut beobachten kann – im Bereich der Schwarzarbeit tätig. Sie haben fünf, sechs, sieben Stellen, wo sie mit ihrer Hände Kraft wirklich schwerste Arbeit verrichten; es sind meistens Putzstellen. Diese Frauen bringen zwar ein angemessenes Entgelt nach Hause, haben aber keinerlei Alterssicherung, überhaupt keine soziale Absicherung.

Da müssen wir aufklärend wirken, meine Damen und Herren. Diese Arbeiten müssen von jenen, die sie heute erbringen, verweigert werden! Dabei müssen wir diesen Frauen aber Hilfestellung leisten, weil sie auf das Einkommen nicht verzichten können. Aber dann können wir bezahlte, sozialrechtlich abgesicherte Arbeit besser verteilen.

Meine Damen und Herren! Die meisten Arbeitsplätze finden wir im Bereich der sozialen Dienste, und wir sind aufgerufen, dafür Sorge zu tragen, daß diese Frauen – auch da sind es wieder überwiegend Frauen – angemeldet sind. (Beifall bei der SPÖ.)

In Salzburg haben wir auch mit sehr viel Armut aufgrund von Wohnungsnot und Wohnungsproblemen zu tun. In Salzburg ist das Wohnen ganz besonders teuer. Im Bereich der geförderten Wohnungen gelten 25 Prozent des Einkommens als zumutbarer Wohnungsaufwand. Dazu kann ich nur sagen: Bei einem hohen Einkommen ist das durchaus zumutbar, aber wenn jemand ein Einkommen von 8 000 S hat, können ihm 2 000 S doch keinesfalls zugemutet werden. – Vielleicht ist es ganz gut, sich mit der Forderung nach einer einheitlichen Wohnbauförderung und einer einheitlichen Sozialhilfe näher auseinanderzusetzen.

Ich möchte noch ein kritisches Wort zum Vorgehen der Versandhäuser verlieren, denn auch Menschen, die arm sind, haben ein gewisses Konsumbedürfnis.

Ich hatte vorige Woche einen interessanten Anruf – man hatte natürlich nicht gewußt, wen man dabei erwischt. Ich wurde angerufen, weil ich ein Fest gefeiert habe, und aus diesem Anlaß hat mir ein Versandhaus ein Geschenk angeboten. Man hat gesagt: Sie bekommen ein Geschenk, wenn Sie ein zweites bestellen! (Abg. Dr. Khol: Haben Sie Geburtstag gehabt, Frau Kollegin?) So etwas ähnliches. (Abg. Dr. Khol: Herzliche Glückwünsche!) Ist nichts mehr zum Feiern, Herr Kollege Dr. Kohl. (Abg. Dr. Nowotny: Ist immer zum Feiern!) Es wurde jedenfalls gesagt: Sie bekommen das Doppelte, müssen aber erst in drei Monaten bezahlen! Und da habe ich eingehakt. Es war dann von diesem Geschenk und auch von diesem Angebot nicht mehr die Rede. Man hat sich aus diesem Telefongespräch sehr schnell zurückgezogen.

Und genau das ist das Verwerfliche: Menschen, die naturgegeben auch ein Konsumbedürfnis haben, mit solchen Dingen zu ködern. Das müssen wir verhindern, und da müssen wir aufklärend wirken!

Ich habe in meinem Bundesland so etwas wie einen Katastrophenfonds, der Menschen, die in Not sind, eine Überbrückungshilfe gewährt. Da sehe ich zwar schon, daß es sich um eine vorübergehende Not handelt, daß es aber eine große Not ist, die wir nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen.


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