Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 18

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Ich unterbreche nunmehr die Sitzung bis 15 Uhr. Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen wird die dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage 2347/J stattfinden.

(Die Sitzung wird um 12.06 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Ich gebe zunächst bekannt, daß ich die Abstimmung über den Antrag des Liberalen Forums betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Feststellung der politischen Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit den sogenannten Kurdenmorden, für den keine Debatte beantragt wurde, im unmittelbaren Anschluß an die nunmehr zur Verhandlung gelangende Dringliche Anfrage vornehmen werde.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, Hans Helmut Moser, Partnerinnen und Partner an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beschädigung der Glaubwürdigkeit Österreichs durch Fehlleistungen in der Außenpolitik im Verhalten rund um die Kurden-Morde, bei den Beziehungen zum Iran und in der NATO-Frage (2347/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: In diesem Sinne gelangen wir zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 2347/J an den Herrn Vizekanzler und Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten.

Da diese Dringliche Anfrage inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Zitat aus dem ,Mykonos‘-Urteil vom 10. April, bei dem das Kammergericht Berlin gegen zwei Mörder von Sadek Sharafkandi, dem Nachfolger von Rahman Ghassemlou als Führer der iranischen Kurden, lebenslange Freiheitsstrafen verhängte: ,Zu (den) wichtigsten Aufklärungsobjekten (des iranischen Geheimdienstes) gehörte die DPK-I, wie sich aus einem Fernsehinterview des iranischen Ministers für Information und Sicherheit Fallahian vom 30. August 1992 ergibt. Um diese Stimme zum Schweigen zu bringen, faßte die politische Führung Irans den Entschluß, die Führung der DPK-I nicht nur politisch zu bekämpfen, sondern sie zu liquidieren. Die Tötung des damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und zwei seiner Vertrauten am 13. Juli 1989 in Wien sowie die hier abgeurteilte Tat sind Folgen dieses Entschlusses. Der rote Faden, der die Geschehnisse von Wien und Berlin verbindet, ist unübersehbar. Es ist auszuschließen, daß sie auf Konflikte unter kurdischen Oppositionsgruppen zurückzuführen sind.‘ (Zitiert nach einer Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Justiz in Berlin, 11. 4. 1997)

Dieses Urteil, welches aufzeigt, daß der Iran durch die Handhabung der Kurden-Morde in Wien geradezu ermutigt wurde, weitere Attentate im Ausland zu initiieren, ist ein schwerer Schlag für die Glaubwürdigkeit der österreichischen Außenpolitik, sowohl was die Beziehungen Österreichs mit dem Iran angeht als auch was die Bewältigung der Ereignisse von 1989 betrifft.

Umso unverständlicher ist es, daß das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten im Gegensatz zu den Bundesministerien für Justiz und Inneres für einen eigenen Bericht zur Aufklärung der Vorkommnisse bis zur Ministerratssitzung am 29. April ,keine Notwendigkeit‘ (STANDARD, 29. 4. 1997) sah, obwohl es möglicherweise eine Drehscheibe in dieser Affäre war.

Befremdlich auch, daß die Parteichefs von SPÖ und ÖVP – im Gegensatz zu einigen Abgeordneten – derzeit die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ausschließen (Bundeskanzler Klima in ,Zeit im Bild‘, 22. 4. 1997, ÖVP-Obmann Schüssel im Rahmen eines einstimmigen Beschlusses des Bundesparteivorstandes am 24. 4. 1997). Da jedoch


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