Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 213

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Als wir das letzte Mal – es war nicht bei der letzten Sitzung – im Unterrichtsausschuß über Begabtenförderung und auch über Ihren Antrag gesprochen haben, hat die Frau Bundesminister eine unheimlich breite Palette all jener Maßnahmen dargeboten, die für Begabtenförderung seitens des Unterrichtsministeriums, der Landesschulräte und der extra eingerichteten Koordinationsstelle im Ministerium durchgeführt werden. Das ist zu begrüßen, und das tun wir auch.

Akzeptieren wir doch, daß das bestehende österreichische Schulsystem durch seine Vielfalt und Differenziertheit, insbesondere im Bereich der Oberstufen der berufsbildenden höheren Schulen und der AHS, viele Möglichkeiten bietet, auf die vielfältigen Arten der Begabung entsprechend differenziert einzugehen. Viele Maßnahmen, die ich hier nicht aufzählen will, da die Zeit schon sehr weit vorgeschritten ist, stellen sicher, daß Begabtenförderung im Rahmen des integrativen Unterrichtes tatsächlich möglich und von unserer Warte aus durchaus sinnvoll ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall der Abg. Dr. Brinek. )

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Rossmann ist die nächste Rednerin.

22.15

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Frau Minister! Die Rechtschreibreform ist zwar in den Schulen bereits voll im Gange, eine Grundlage auf Verfassungs- und Gesetzesebene fehlt aber noch. (Abg. Schaffenrath: Nur weil Sie sich schwertun damit, setzen wir sie nicht aus!)

Wenn man die Kritik des Universitätsassistenten für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien liest, der diese Problematik deutlich festschreibt, dann frage ich mich schon, warum das am 1. August 1996 in einer rein politischen Absichtserklärung von Ihnen, Frau Bundesminister, mitgetragen worden ist. Sie wissen ganz genau, daß wir das nicht hätten tun müssen. (Abg. Schaffenrath: Geh!) Außerdem hätten Sie vorher in irgendeiner Weise das Hohe Haus informieren können. Wie oft bekommen wir Informationen über irgendwelche Arbeitskreise, über Thematiken, die eigentlich Peanuts sind, bei einer so wichtigen Frage jedoch haben Sie im wahrsten Sinne des Wortes über unsere Köpfe hinweg entschieden. Sie waren auch überhaupt nicht gewillt, uns mit einzubeziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wäre es nicht allein aus Ihrer politischen Moral heraus notwendig gewesen, dieses Haus darüber zu informieren und vor allem über Details in Kenntnis zu setzen?

Ich habe mir die Mühe gemacht, mit meinen ebenfalls davon betroffenen Kindern einige Punkte dieses haarsträubenden Schwachsinns herauszusuchen: Bei "jeder einzelne" schreibt man das "e" nach der Rechtschreibreform groß, bei "viele" hingegen schreibt man das "v" klein. Welche Begründung steckt da dahinter, und wie wollen Sie das einem Volksschulkind erklären? (Abg. Motter: Sie müssen es ja nicht lehren!)

Oder: In Briefen schreibt man "Ihr" und "Ihnen" groß, "du", "dich", "euer", "dein", "euch" aber plötzlich klein. (Abg. Schaffenrath: Ist das so schwierig? – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Motter und Schaffenrath. ) Sie wollen das nicht begreifen, Sie sind zu verkorkst dazu. Das ist aber Ihr Problem, nicht meines. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine neunjährige Tochter, sie geht in die dritte Klasse Volksschule, hat ihrer Taufpatin aus Wien eine Ansichtskarte geschrieben und hat bei "Ich wünsche Euch" das "euch" klein geschrieben. Ihre Taufpatin ist eine sehr bürgerliche, sehr penible Dame. Als ich dieses "euch" gelesen habe, habe ich zu ihr gesagt: Meine Johanna, du gehst in die dritte Klasse Volksschule, du mußt doch wissen, wie man "euch" im Brief schreibt! Darauf antwortete sie: Das ist die neue Rechtschreibreform! – Darauf habe ich ihr gesagt: Dann mach für die Tante Edith ein Ringerl mit einem Pfeil dazu und schreib einen Hinweis: Es tut mir leid, das ist nach der neuen Rechtschreibreform! (Abg. Schaffenrath: Dann wird sich die Tante Edith umstellen müssen, nicht das Schulsystem!) Sie sind zu verkorkst, Sie werden es nie begreifen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber die österreichische Bevölkerung ist nicht so verkorkst wie Sie! Die leidet darunter, wie auch meine Tochter darunter leidet, daß sie auf eine einfache Ansichtskarte plötzlich eine Rechtferti


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