Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 72

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Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Mag. Stadler das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.30

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Die heute in Verhandlung stehende Regierungsvorlage stellt auf eine Ratsverordnung vom 22. November 1996 ab, in der ausdrücklich – ohne daß man die Vereinigten Staaten von Amerika beim Namen nennt – darauf hingewiesen wird ... (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) In der Einleitung dieser Ratsverordnung wird darauf hingewiesen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika durch ihre Gesetze, Verordnungen und andere Rechtsakte sowie deren extraterritoriale Anwendung geltendes Völkerrecht brechen.

Meine Damen und Herren! Es heißt in der Einleitung zur Ratsverordnung: Ein Drittstaat – gemeint sind die Vereinigten Staaten von Amerika – bricht geltendes Völkerrecht. Dies bezieht sich auf zwei Gesetze, das Helms-Burton-Gesetz und das D’Amato-Gesetz. Das erste richtet sich gegen Kuba, das zweite Gesetz richtet sich gegen den Iran und gegen Libyen.

Meine Damen und Herren! Amerika hat diese Gesetze nicht beschlossen, weil es ihm um die Sicherung irgendwelcher Menschenrechte geht, die ja immer dann als Vorwand dienen, wenn die Amerikaner ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen wahren wollen. Nein, diesmal geht es – wie sogar offen zugegeben wird – darum, die politischen und wirtschaftlichen Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika in diesen drei Ländern zu wahren. Die entsprechenden Rechtsakte richten sich gegen Firmen, die der Jurisdiktion der Europäischen Gemeinschaft unterliegen, über die die Amerikaner überhaupt keine Jurisdiktionsgewalt hätten – Frau Staatssekretärin, Sie werden sich an die entsprechende Debatte im Ausschuß erinnern –, sodaß die Amerikaner deswegen, weil sie dabei eine Jurisdiktionsgewalt behaupten, schlicht und einfach geltendes Völkerrecht brechen.

Nun aber geht die Europäische Union her und sagt: Die Firmen, die aufgrund völkerrechtswidrigen Verhaltens der amerikanischen Gerichte und des amerikanischen Staates belangt werden, müssen das innerhalb von 30 Tagen den Behörden der Europäischen Union melden. Unterbleibt diese Meldung, wird eine Strafe verhängt. Die in Rede stehende Regierungsvorlage nennt die Strafhöhe und schafft dafür die Rechtsgrundlage, indem sie dies als Verwaltungsübertretung einstuft. Wer keine Meldung erstattet, kommt nicht nur in die Schere der Amerikaner, sondern wird auch noch vom eigenen Staat mit einer Million Schilling bestraft. Meine Damen und Herren! Das ist die Politik der Europäischen Union! (Abg. Dr. Graf: Das ist ja unglaublich!)

Frau Staatssekretärin! Sie und Ihre Partei haben uns erklärt, die Europäische Union werde bewirken, daß Europa gemeinschaftlich stärker gegen Amerika auftreten und die Interessen europäischer Firmen gegen Amerika besser schützen können wird. – Wo ist nun der Schutz, den die Europäische Union den Firmen gewährt, die zu Unrecht, unter Bruch des geltenden Völkerrechtes, von den Amerikanern aus politischen und ökonomischen Motiven belangt werden? Wo ist dieser Schutz, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er ist nicht vorhanden, ja diese Firmen werden auch noch zusätzlich bestraft! In der Ratsverordnung wird eindeutig darauf hingewiesen, daß sich betroffene Unternehmen, wenn sie Schadenersatz bezahlen müssen, überdies selbst darum kümmern müssen, diesen wieder ersetzt zu bekommen. In diesem Fall müssen sie unter Umständen selbst in Amerika Klage einbringen, um dort gegen eine Entscheidung eines amerikanischen Gerichtes einen Schadenersatz für die Strafen, die Amerika ihnen aufgebrummt hat, durchzusetzen. – Dabei ist keine Rede davon, daß die Europäische Union zu jenen Maßnahmen griff, die gemäß Völkerrecht notwendig und üblich sind und die seit Jahrhunderten von den betroffenen Staaten praktiziert werden: nämlich Retorsionsmaßnahmen.

Frau Staatssekretärin! Bitte erklären Sie mir das! Sie waren im Ausschuß nicht in der Lage, zu sagen, warum die Europäische Union nicht das tut, was man bei einem Bruch des Völkerrechtes


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