Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 21

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Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): All diese Bevölkerungsgruppen waren in diesen Beratungen nicht vertreten. Und all jene, die mit ihrer Zweidrittelmehrheit jetzt eine Husch-Pfusch-Novelle beschließen, nehmen diesen Bevölkerungsgruppen ihre Rechte. (Beifall bei den Grünen.)

9.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor wir uns im nachhinein in der Präsidialsitzung sorgenvoll über die Terminologie unterhalten, bitte ich, das lieber jetzt gleich zu bedenken.

Als nächster gelangt Kollege Dr. Kier zu Wort. – Bitte.

9.31

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das, was in dieser Einwendungsdebatte bisher zutage getreten ist, beunruhigt mich sehr. Kollege Kostelka hat entweder wider besseres Wissen argumentiert oder völlig den Überblick verloren. Denn hier von diesem Pult aus zu behaupten, die Valorisierungsbestimmungen seien zwei Stunden vor Ausschußbeginn vorgelegen, mag vielleicht für den Finanzausschuß stimmen (Abg. Dr. Khol: Ja!), aber nicht für den Sozialausschuß, Herr Kollege Kostelka! (Rufe bei den Freiheitlichen: Auch nicht!) "Vielleicht", sage ich; auch nicht. Diese Valorisierungsbestimmungen, die ja im ASVG-Bereich offensichtlich ein Problem waren, lagen bis zuletzt nicht auf dem Tisch, da bis zuletzt die allgemeine Auffassung geherrscht hat, die Sache sei im ASVG anders zu regeln. Das ist nicht zwei Stunden vorher vorgelegen! – Punkt 1.

Punkt 2: Im § 44 Abs. 1 der Geschäftsordnung steht, daß Beratungen 24 Stunden, nachdem der Ausschußbericht vorgelegt wurde, stattfinden können. – Es ist heute um 8.30 Uhr ein Exemplar des Ausschußberichtes den Klubs zur Verfügung gestellt worden, und wir haben jetzt 9.30 Uhr; also nur eine Stunde vorher. Die Geschäftsordnung ist kein Jux, wie Kollege Khol gemeint hat, und es sind keine Geschäftsordnungstricks, wenn man der Meinung ist, daß 24 Stunden eine kurze, aber wichtige Frist sind.

Nur deswegen, weil es Ihnen besser in Ihre komfortablen vorabgesprochenen Abläufe paßt, soll hier unter Mißachtung der Geschäftsordnung die Zweidrittelmehrheit als Notinstrument, als Hammer eingesetzt werden, damit die Oppositionsparteien nicht die Möglichkeit haben, die Sache noch etwas besser zu argumentieren. Damit haben aber auch die Abgeordneten Ihrer Fraktion – es waren ja nicht alle im Ausschuß, Herr Kollege Khol – nicht die Möglichkeit, vorher den Ausschußbericht zu studieren. Oder wollen Sie uns zu verstehen geben, daß jene Abgeordneten dieses Hauses, die nicht Mitglieder der jeweiligen Ausschüsse sind, diese 24 Stunden nicht brauchen? Ist es so, daß eine Stunde, nachdem der Ausschußbericht vorgelegt wurde, in Ihrer Fraktion die Befehlsausgabe ohnehin schon stattgefunden hat, sodaß alle wissen, wie sie abstimmen müssen, ohne daß sie den Ausschußbericht auch nur lesen konnten? – Dazu sind die 24 Stunden da; nicht nur für die Kolleginnen und Kollegen, die im Ausschuß verhandelt haben, sondern auch für alle anderen. Deswegen ist diese Aufliegefrist wichtig.

Wenn Sie der Meinung sind, daß alle anderen Kollegen Ihrer Fraktion den Ausschußbericht gefälligst ungeprüft zur Kenntnis zu nehmen haben, daß sie, ohne ihn studiert zu haben, hier gefälligst aufzustehen haben, wenn es Ihre Fraktion so wünscht, wenn Sie uns so deutlich demonstrieren, daß Sie den Klubzwang sogar dann einsetzen, wenn die Leute nicht einmal wissen, worüber sie abstimmen, dann, Herr Kollege Khol und Herr Kollege Kostelka, zerstören Sie ein gut Teil von Parlamentarismus! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Da Kollege Khol hier vom "beschaulichen Leben" der Geschäftsordnung spricht, muß ich folgendes sagen: Ich weiß nicht, wo Sie leben, Herr Kollege Khol, aber eine 24-Stunden-Frist als beschaulich zu betrachten bei einer Materie, die Sie selbst als Jahrhundertmaterie bezeichnen, ist nicht nur zynisch, sondern auch ignorant! Das sage ich in aller Deutlichkeit. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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